Archiv für Mai 2021

Journal Montag, 10. Mai 2021 – Hochsommer im Mai

Dienstag, 11. Mai 2021

Das war ein eindeutiger Hochsommermorgen: Beim Aufwachen wehte von draußen lediglich die Ahnung einer Morgenkühle herein, es war schon ganz früh sehr warm.

Hey Linden: Gogogogo!

Ich brauchte für den Arbeitsweg nicht nur keine Jacke, es hätte nicht mal Ärmel gebraucht. So begegnete ich auch vielen Menschen in Hochsommerkleidung, dazwischen allerdings Passantinnen, die vielleicht am Sonntag nicht vor der Tür gewesen waren: Eine Radlerin in Anorak, Stirnband, Handschuhen, und eine Dame, die in Wintermantel offen über dickem Pulli und Wollschal aus einer Haustür trat, allerdings schon nach wenigen Schritten an ihren Hals griff, um den Schal zu lockern.

Auch über dem Westend Mauersegler.

Im Büro schaltete ich sofort auf Hochsommerverhalten: Jalousien runter, Fenster zu, dafür die Tür ins Atrium offen, den von dort kommt ein wenig Frische. Allerdings ging es mir wie immer bei plötzlichem Jahrezeitewechsel: Ich empfand es als sehr warm und schwitzte den ganzen Tag, ähnlich wie ich an den ersten kalten Tagen besonders friere.

Leichter Muskelkater vom sonntäglichen Kraftsport, allerdings nicht in der regelmäßig trainierten Bauchmuskulatur, sondern in LWS und Hüftbeuger vom Gegenhalten bei speziell diesen Übungen.

Zu Mittag gab es das letzte Vollkornbrot der Packung, außerdem Orangen mit Joghurt.

Viel Arbeit in der Arbeit, die Hitze (sie erreichte wohl wirklich die angekündigten 30 Grad) entkräftete mich.

Am späteren Nachmittag zog der Himmel zu, es wurde immer schwüler, mein Kreislauf gab auf und mir wurde schwindlig. Ich ging entsprechend langsam nach Hause, Einkaufsabstecher in den Supermarkt für Abendessen, Vorräte, Brotzeit.

Daheim eine gut machbare Yoga-Einheit, bei jedem Blick auf den Bücherschrank sah ich weitere Bücher zum Aussortieren.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Spaghetti mit selbst gemachtem Kohlrabiblätter-Pesto (Sie ahnen es: Ernteanteil), dazu machte ich Rucola-Salat. Nachtisch Schokolade.

Ich mache das mit den empfohlenen drei Tagen Alkoholabstinenz vor und nach der Impfung – nicht schwer, nachdem meine Alkohollust in den vergangenen Monaten eh selten ist (aber dann freue ich mich sehr daran). Mein Impfkleid aus den Kisten mit Inhalt des künftigen Einbauschranks gewühlt, passt nach vielen Jahren ohne Einsatz noch, wenn auch straff (elastisches Material).

Journal Sonntag, 9. Mai 2021 – Silberhochzeit verpasst

Montag, 10. Mai 2021

Mittel geschlafen, aber ich konnte ja ausschlafen.
Draußen der angekündigte Sommertag – perfekt durch das Eintreffen der Mauersegler: Erst hörte ich das Schrillen, stürzte sofort auf den Balkon – da glänzten sie silbern im Sonnenlicht am Himmel.

Ich buk die Zitronenschnecken: Nach den 35 Minuten regulärer Backzeit mit Alufolie abgedeckt nochmal zehn – perfektes Ergebnis.

Erst aber noch eine Runde Sport (das Ab Blasting Interval Workout kann ich jetzt also auch wieder, allerdings noch mit deutlich mehr Anstrengung als vor zwei Jahren) mit sensationeller Aussicht.

Aussicht beim Warm-up.

Aussicht bei der Gymnastik.

Dann präparierte ich den Balkon für den Sommer-am-Balkon-Nachmittag: Empörenderweise hatten sich die Bäume durch den neuen Teppich nicht davon abhalten lassen, Teile auf den Balkon zu schleudern; ich saugte gründlich und schrubbte Vogelkot weg.

Ausführliches Duschen und Körperpflege (haben Sie gestern auch dieses vielstimmige Plopp-plopp-plopp-plopp-plopp vernommen? Das waren zehntausende Selbstbräuner-Flaschen, die in Süddeutschland geöffnet wurden.). Zum Frühstück gab es erst mal Vollkornbrot mit Butter, weil ich schon wieder so große Lust drauf hatte (ich glaube, mein Vergnügen an saurem Brotgeschmack kommt von solchem Vollkornbrot), dann aber zwei Zitronenschnecken – köstlich.

Über meiner Wochenend-Zeitung wurde ich von den geballten Kohlenhydraten und der Wärme sehr müde – ich legte mich zu einer Siesta hin. Später am Nachmittag bekam ich doch Lust auf einen Spaziergang: Ich ging im Sommerkleid um Theresienwiese und Bavariapark.

Zum Abendessen hatte Herr Kaltmamsell aus der letzten Lieferung Ernteanteil-Kartoffeln der Saison spanische Tortilla gebraten; ich machte dazu aus dem ersten neuen Kohlrabi der Saison einen Salat mit Zitronensaft und Joghurt.

In der Abenddämmerung erfolgreich nach Fledermäusen Ausschau gehalten.

Wir hatten dann doch unsere Silberhochzeit verpasst: Ich habe Jahr und Monat im Kopf, aber nicht den Tag. Als ich gestern Herrn Kaltmamsell fragte, musste auch er nachsehen: Es wäre der Donnerstag gewesen. Nicht schlimm, der Rosentag hat für uns deutlich mehr Bedeutung, eine Hochzeit hatte es eh nicht gegeben. 2004, als ich die Geschichte bloggte, war ich ja noch anonym unterwegs. Hole ich jetzt also Fotos zur Geschichte nach:

6. Mai 1996 (ab jetzt kann ich das Datum hier nachschlagen): Frühstück im Augsburger PowWow (damals noch an der Heilig-Kreuz-Straße Ecke Klinkertorstraße) mit den zu diesem Zeitpunkt noch ahnungslosen Trauzeug*innen. Ich bin sehr froh, dass ich dadurch ein Foto von diesem Lokal habe, das wohl von allen meiner Studienzeit am wichtigsten war (die Cocktails! das Frühstück! die Musik – an der ich feststellte, dass ich den Anschluss verpasst hatte, weil es mir schien, als spielte über Stunden dasselbe Lied).

Nach Unterschrift vorm Augsburger Standesamt (ich war extra ein bisschen in die Knie gegangen, um die angemessen kleinere Statur der Dame auf dem Relief zu imitieren).

Auf dem Herkulesbrunnen auf der Maximilianstraße.

Menschen sind verschieden, andere nehmen diesen Verwaltungsakt als Gelegenheit, ihre Partnerschaft größtmöglich zu feiern, wieder andere wünschen sich den Segen ihres Gottes für die Beziehung. Meine Glückwünsche sind dann ehrlich und basieren auf dem Vertrauen, dass es auch unabhängig davon Verbindendes gibt. Bei Menschen, die mir am Herzen liegen, feiere ich inzwischen auch gerne mit: Wenn ihnen das etwas bedeutet, bedeutet wiederum das mir etwas.
Während für mich halt im Vordergrund die zahlreichen Einsichten in diesem wunderbaren Interview mit der erfahrenen Scheidungsanwältin Helene Klaar stehen:
“‘Im Gesetz steht von Liebe kein Wort'”.

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Ein Corona-Impftag aus der Perspektive einer gut organisieren Hausärztin – kein Spaß, langer Twitter-Thread.

Journal Samstag, 8. Mai 2021 – Anwandern von Pasing nach Gauting

Sonntag, 9. Mai 2021

Gut und lang geschlafen, zu überzeugendem Sonnenschein aufgewacht (und einer sehr lauten Mönchsgrasmücke).

Ich holte aus dem Keller die Wanderstiefel, auch die letztes Jahr schweren Herzens wegen Hüftweh eingelagerten Wanderhosen – die ich nicht nur sofort fand (->System in der scheinbaren Unordnung), sondern die auch noch problemlos passten (ich glaube aber, dass nicht-dünne Menschen da eine größere Toleranzspanne haben, bei dünnen kneift oder schlackert schneller was).

Wieder ging ich zum Corona-Schnelltest in die Sendlinger Straße (letzte Woche ausgefallen wegen Feiertag), beim Verlassen des Hauses sah ich eine singende Grasmücke im Baum. In den 15 Minuten Warten auf Testergebnis hollte ich Frühstückssemmeln und Wanderbrotzeit beim Zöttl am Alten Peter.

Daheim bemerkte ich, dass meine ledernen Wanderstiefel nach über anderthalb Jahren ohne Nutzung dringend gefettet werden mussten – das holte ich schnell nach. Zum Frühstück gab es ein Laufenzöpferl und eine Seele mit Butter und Orangenmarmelade.

Es war schon Mittag, als wir eine Bahn nach Pasing nahmen (wochenends ist die S-Bahn wegen Stammstreckensperrung kompliziert); bei unserem letzten Spaziergang dort die Würm entlang hatten wir gesehen, dass es einen Radweg nach Starnberg gibt, ebenfalls die Würm entlang, dessen Länge auf den Schildern mit 21 Kilometern angeben war: Den wollten wir als erste Wanderung nach Hüft-OP und als erste Wanderung der Saison gehen, so richtig mit Rucksack.

Die Strecke war auch sehr schön, Herr Kaltmamsell fand immer wieder per Karte bachnahe Pfade als Wander-Alternativen zu den Radl-Abschnitten, die Hauptstraßen entlanggingen. Es waren deutlich weniger Menschen unterwegs als bei unserem Würm-Spaziergang vor ein paar Wochen. Kurz hinter Pasing sah ich die ersten Mauersegler des Jahres, an der Würm gab es unter anderem immer wieder Kanadagänse, manche mit ultraniedlichen Küken.

Die Würm wurde von großen und kleinen Anwohnenden bespielt: Ab Planegg sahen wir auffallend viele Kinder in kleinen Gruppen, die am Ufer und im seichten Wasser des Bachs spielten, als Spielzeug reichten Äste oder Plastiktüten, ab frühem Grundschulalter sogar ohne Erwachsenenaufsicht (draußen unbeaufsichtigt spielende Kinder hatte ich schon sehr lange nicht mehr gesehen), Jugendliche saßen zu zweit, zu dritt im Ufergras und plauderten, einzelne sahen mit mächtigen Kopfhörern über den Ohren ins glitzernde Wasser – ich stelle es mir großartig vor, diesen bezaubernden Bach als Teil des Großwerdens zu haben.

Bis Starnberg kamen wir aber nicht: Nach fast vier Stunden mit einer Pause sahen wir ein Schild, auf dem die Reststrecke nach Starnberg mit zwölf Kilometern angegeben wurde – das hätte ich allen Ernstes nicht geschafft. Auch wenn ich bislang post-operativ maximal zweieinhalb Stunden am Stück gegangen war, überraschte mich, dass ich nicht einfach wie früher weitere Stunden leicht abwanderte. (Will heißen: Geschafft hätte ich das schon irgendwie, wäre aber auf unangenehme Weise fix und fertig gewesen.) Der Bewegungstracker meines Smartphones hatte bis dahin ja auch nicht die rechnerischen neun, sondern 16 Kilometer Wanderung gemessen.

In Gauting beendeten wir also die Wanderung und gingen zum S-Bahnhof. Das letzte Stück Gauting-Starnberg sehen wir uns dann mal als Spaziergang an, laut Karte muss es besonders schön sein.

Daheim versorgte ich erst mal eine Blase an der Innenseite der linke großen Zehe (?) und machte ich mich dann an die Anfertigung von Zitronenschnecken (nächstes Mal höchstens 200 ml Buttermilch, ich kippte sehr viel Mehl nach, bis ich keinen Rührteig mehr in der Schüssel hatte, sondern Knetteig), stellte sie backfertig in der Backform in den Kühlschrank, gebacken werden sie erst Sonntagmorgen. Zum Abendessen gab es wie geplant die Reste vom Freitagabend, auch aufgewärmt sehr gut.

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Die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim (wohlgemerkt: keine Politikerin, keine feministische Aktivistin, einfach eine Wissenschaftsjournalistin) wird so massiv angefeindet und bedroht, dass sie nicht mehr ohne Schutzmaßnahmen das Haus verlässt. Darüber und über Faktenleugner ein Interview mit ihr in der Zeit:
“‘Wissenschaft ist keine Demokratie'”.

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In Arztpraxen bleibt Impfstoff übrig, gleichzeitig suchen manche verzweifelt nach einer möglichst schnellen Impfgelegenheit: Diese Online-Plattform möchte beides unkompliziert und unbürokratisch zusammenbringen.
sofort-impfen.de

Journal Freitag, 7. Mai 2021 – Schnee-Mai im Vergleich mit den Vorjahren

Samstag, 8. Mai 2021

Sehr gut geschlafen, Wecker fast nicht gehört.

Draußen regnete es weiter und war kalt, ich griff für den Arbeitsweg nicht nur zu Schirm, sondern nochmal zu Handschuhen.

Vor lauter Sehnsucht nach Impf hatte ich verdrängt, wie sehr ich den Nicht-Winter liebe und vermisse. Sehnsuchts-Flashes nach Tüftelimüfteli-Sommerkleidern, nach Zikadengesang, nach Sommernachtdüften erinnerten mich daran, dass ich dieses Jahr schon arg lang auf Wärme und Sonne warten muss, ein Blick in meine Blog-Posts der vergangenen Maie zeigt, wie sehr die Bäume dieses Jahr hinterher sind.

2020 war die Kastanienblüte bereits am Ende.

Na gut: 2019 fuhr ich auf dem Weg zur re:publica durch ein verschneites Thüringen.

2018 blühten Flieder, Robinien und Kastanien gleichzeitig.

2017 blühte der Raps.

2016 wurde das erste Heu gemacht.

2015 gab’s Abendessen auf dem Balkon.

2013 war ähnlich kalt wie dieses Jahr (keine Bilder zum Vorzeigen).

Mittagessen war nochmal Vollkornbrot, Apfel, Banane. Nachmittags dann ein Graupelschauer vorm Bürofenster.

Ordentlich Arbeit gestern, aber durchaus anregende. In meinem Sichtfeld gab es immer mehr Meldungen mit Impfterminen und Erstimpfungen; es kann sich nur um wenige Wochen handeln, bis das Gehackel auf Twitter um Impf-Priorisierung kippen wird ins Gezeter über Impffaulheit/-weigerung, die uns um die Herden-Immunität bringt (siehe Länder wie USA, die mit dem Impfen sehr schnell waren).

Endlich Wochenende.

Auf dem Heimweg machte ich einen Abstecher zum Vollcorner und besorgte die Lebensmittel fürs Wochenende, die Herr Kaltmamsell nicht bereits abgehakt hatte, zudem Backzutaten für den Sonntagskuchen.

Zu Hause roch es bereits appetitanregend: Herr Kaltmamsell schmorte Short Ribs in Römertopf und auf dem Herd (zum Vergleich). Zudem duftete es nach Flieder, mit dem der Herr mich überraschte – draußen blüht er zwar auch, doch der Regen der vergangenen Tage hatte ein Duften verhindert.

Ich machte erst mal eine Runde Yoga, dann richtete ich die Vorspeise an:

Ruccola aus Ernteanteil und herrlich beißend scharf. Dazu hatte ich eine Flasche spanischen Dehesa La Granja aufgemacht, einer unserer Lieblingsweine. Der Hauptgang sah dann so aus:

Nur den grünen Spargel hatte ich beigetragen, sonst wurde ich wieder rundum bekocht. Schmeckte ganz ausgezeichnet und wird genug auch für Samstag sein. Zum Nachtisch reichlich Schokolade.

Wie angekündigt hatten sich draußen die Regenwolken verzogen, am Wochenende sind für Samstag sonnige 17 Grad angekündigt (Wanderwetter), für Sonntag Hochsommer.

§

Für mich überraschend ist das Ergebnis einer aktuellen Studie:
“Latte-macchiato-Trinker wählen grün? Wahlentscheidung hängt nicht vom Lebensstil ab”.

Das wollte ich genauer wissen. Die Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung war leicht zu finden – warum wird sie im Artikel nicht gleich verlinkt? Und “die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt” suggeriert eine Exklusivität, die nicht stimmt: Die Studie ist kostenlos und öffentlich für jeden und jede einsehbar.
“Lebensstilvielfalten vor der Bundestagswahl 2021”.

Fazit:

Für Deutschland sind die Zusammenhänge von Lebensstil und Nähe zu einer Partei (…) nur schwach ausgeprägt. Die Nähe zu einer Partei unterscheidet sich nicht stark zwischen den Lebensstilgruppen. Keine Partei kann auf die Stimmen aus einer der Gruppen verzichten, ohne ihr Ergebnis nennenswert zu verschlechtern. Eine deutliche Trennung der Wählerschaften nach Lebensstil ist nicht zu beobachten.

(…)

Die ähnliche Verteilung der Neigung zu den Parteien über die Lebensstile erschwert es den Parteien, eine speziell auf ihre Klientel zugeschnittene Politik anzubieten. Die Lebenssituationen und die Vorlieben oder Abneigungen sind in der Wählerschaft einer Partei nicht einheitlich. Andererseits ist eine Polarisierung der Bevölkerung, wie sie die politische Landschaft der USA kennzeichnet (McCarty 2019; Klein 2020), weit weniger wahrscheinlich und das ist eine gute Nachricht.

Ich fand auch interessant, mit welchen Fragen diese “Lebensführungstypologie” (neues Wort gelernt) erhoben wurde. Wobei diese Typologie von 2019 stammt und sich vielleicht erst noch erweisen muss, ob sie einem Erkenntnisgewinn zuträglich ist.

Von allen abgefragten Begriffen wird „konservativ“ am seltensten als Selbstbeschreibung gewählt.

Journal Donnerstag, 6. Mai 2021 – Beifang aus dem Internetz

Freitag, 7. Mai 2021

Trotz gutem Schlaf morgens schwer aus dem Bett gekommen.

Nachdem mein Vater eine Lösung für das Spiegelproblem im Bad gefunden hatte (den Spiegel, den ich als ideal passend ansehe, besitze ich bereits aus der alten Wohnung, doch er ist brutal schwer und auf der unpassenden Seite mit einer Aufhäng-Vorrichtung ausgestattet) und mich auf einen Bestellknopf bei Amazon für eine Spiegelleuchte geschubst, war ich endlich ausreichend motiviert, nach einem letzten Regal fürs Bad zu suchen. Das ist jetzt auch unterwegs, beim nächsten Einsatz meines Handwerkervaters kann das Bad fertiggemacht werden.

Düsterer Tag. In die Arbeit kam ich noch trocken, doch dann regnete es immer wieder.

Zu Mittag gab es Vollkornbutterbrot (zwei Scheiben waren zu wenig, merken), Apfel, eine Banane – die erste seit einem Jahr, weil sie mir damals plötzlich nicht mehr schmeckten. Vielleicht ist ledigliche meine Toleranz weiter Richtung unreif gerutscht; sie liegt derzeit bei kurz nach raue Zähne und damit weit vor Sommersprossen.

Der Tag wurde immer düsterer, für den kalten Heimweg brauchte ich den Not-Regenschirm aus der Schreibtisch-Schublade. Es regnete so ausdauernd, wie es der Boden eigentlich noch ein paar Wochen bräuchte.

Daheim nochmal die Runde Yoga vom Vortag, diesmal ohne Ablenkung durch Elternsprechtag. Zum Nachtmahl verarbeitete Herr Kaltmamsell Teile des eben geholten Ernteanteils: Rote Bete, Kartoffeln, Lauch wurden Ofengemüse, dazu gab es Sauerrahm/Joghurt mit Ernteanteil-Schnittlauch.

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Die britische Tageszeitung The Guardian wird 200 Jahre alt. Eine gute Gelegenheit an eine Werbung aus dem Jahr 1986 zu erinnern, die verantwortungsvolle Berichterstattung visualisiert (manipulative Berichterstattung zeigt wider besseres Wissen nur eine der Perspektiven).

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/_SsccRkLLzU

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Israel kämpft mit dem immer tieferen Graben zwischen der ultra-orthodoxen Bevölkerung und der säkularen Mehrheit. Die Massenpanik, die am Berg Meron zu 45 Toten geführt hat (sehr gute Seite Drei in der Süddeutschen zu den Hintergründen, gegen €), ist Anlass für diesen aufschlussreichen Kommentar in der Jerusalem Post:
“Meron tragedy underscores dangerous divisions in Israel – opinion”.
via @LilaR

Haredim (ultra-Orthodox), who believe in the literal truth of ancient Jewish teachings and truly desire religion to dominate their lives, cannot be expected to respect secular culture. And increasingly many make no pretense about viewing secular culture (from Ancient Greece to the Enlightenment to contemporary empiricism and liberal democracy) as an “empty cart” worthy mostly of disdain.
Secular people, meanwhile, cannot truly be expected to respect the haredi way. Liberals among them face the classic paradox of how to confront illiberalism.

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Noch nie drüber nachgedacht – aber im Moment der Bekanntschaft sofort fasziniert: Gewolltes Nichtwissen. Zwei Max-Planck-Direktoren haben es in den Fokus der Wissenschaft gerückt.
“Nichtwissen mit Bedacht”.

Hier auch ein Interview mit den beiden, Ralph Herwtig, Direktor am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, und Christoph Engel, Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern:
“‘Gewolltes Nichtwissen kann als kulturelle Fähigkeit verstanden werden'”.

Ralph Hertwig: Wir unterscheiden mindestens sechs Funktionen von gewolltem Nichtwissen. Eine wichtige Funktion ist die Emotionsregulierung. Bestimmte Dinge nicht zu wissen, kann uns helfen, negative Emotionen zu vermeiden. So treffen manche Menschen zum Beispiel bewusst die Entscheidung, ihre Stasi-Akten nicht einzusehen, weil sie befürchten, Dinge zu lesen, die sie extrem traurig oder auch zornig machen würden. Beispielsweise, dass jemand, der ihnen nahesteht, mit der Stasi zusammengearbeitet hat. Eine zweite Funktion ist das Aufrechterhalten von Spannung und Überraschung: Bei einem Krimi möchten wir nicht vorab wissen, wie er ausgeht. Eine weitere Funktion betrifft den Erwerb neuer Fertigkeiten. Wenn ich mich als Anfänger ständig mit Fortgeschrittenen vergleiche, die besser sind als ich, kann das demotivierend wirken. Gewolltes Nichtwissen kann aber auch strategisch eingesetzt werden. Für jemanden, der eine Leitungsfunktion in der Politik oder Wirtschaft hat, kann es strategisch sehr wichtig sein, wahrheitsgemäß sagen zu können: „Von diesen Vorgängen habe ich nichts gewusst“. So wie Franz Beckenbauer, der im Zuge der Sommermärchen-Affäre sagte: „Ich habe immer blind unterschrieben“. Darüber hinaus kann gewolltes Nichtwissen Menschen vor bestimmten Vorurteilen schützen und so zu besseren Entscheidungen führen. Außerdem können wir gewolltes Nichtwissen als Strategie zum Informationsmanagement einsetzen. Diese Strategie hilft uns zum Beispiel mit der Informationsflut in den digitalen Medien umzugehen.

Konkretes Anwendungsbeispiel (ohne zu einem Ergebnis zu kommen):
“Harry Potter und gewolltes Nichtwissen in der Wohlfahrtsökonomie”.

Journal Mittwoch, 5. Mai 2021 – Feierabend-Highlight Supermarkt

Donnerstag, 6. Mai 2021

Mittelgute Nacht, ich bekam genügend Schlaf.

Zu Regen aufgewacht, es blieb ein regnerischer Tag – aber für uns Bäuerinnen (Genossenschaftsgärtnerinnen) mit zu wenig Regen. Der Weg in die Arbeit war genau die eklige Mischung aus Kälte, Regen und Wind, für die ich als Lohn zumindest ordentlich Wasser auf die Beete haben möchte.

Mittags eine Breze, Quark mit Orange (mag ich derzeit besonders gerne: in eine Schüssel das Töpfchen halbfetten Quark stürzen, drüber die leicht angesuppten Stücke zweier supersüßer und saftiger Spätorangen, die ich vorgeschnitten im Schraubglas dabei habe – hat was von Käsesahnetorte).

Schon seit dem Vortag freute ich mich auf den geplanten Einkaufsabstecher in den Supermarkt. Mich hatte nämlich ungeheure Lust auf abgepackte Vollkornbrotscheiben mit dick Butter ergriffen, und dieses Vollkornbrot wollte ich kaufen (plus ein paar weiterer Lebensmittel, wenn ich schon da war). Kennengelernt hatte ich dieses Vollkornbrot in Kindheit und Jugend durch die Brigitte-Diät, und wie bei einigen Lebensmitteln, die viele Jahre auf dem Diätplan standen, dauerte es lange, bis ich, von den Diätfesseln befreit, herausfand, was davon mir eigentlich schmeckte und was nicht. Magerquark: bäh; Salat und rohes Gemüse: köstlich; Knäckebrot: echt nicht; Vollkornbrot und Pumpernickel: großartig – aber bitte nicht Brigitte-Diät-kaloriensparend mit Tomatenmark bestrichen, sondern mit Messerrücken-dick Butter. Hatte ich seit Jahrzehnten nicht mehr gekauft, zuletzt in der Rehaklinik gegessen und davor bei den Oldenburger Freundinnen, wo es herrlich malzig-schwarzen, säuerlichen Pumpernickel auf dem Markt gibt.
Zudem kaufe ich ohnehin besonders gerne Lebensmittel ein, praktisch überall – ich freute mich also auf ein ganz besonderes Highlight nach Feierabend. (Hey, ich war seit fast acht Monaten nicht mehr auswärts Essen oder Trinken, das muss dafür herhalten!) Im Edeka auf der Theresienhöhe entschied ich mich im großen Angebot für Pumpernickelscheiben.

Beim Heimkommen musste ich leise sein: Herr Kaltmamsell hatte Elternsprechtag. Im Wohnzimmer machte ich leise eine gute halbe Stunde Yoga (ok) und lauschte nebenher: In der Lehrerrolle habe ich Herrn Kaltmamsell ja schon von den Kulissen aus erlebt (nicht beim eigentlichen Unterrichten, sondern auf Schulveranstaltungen) und mich über die komplette Persönlichkeitsveränderung amüsiert (-> Greatest Showman), jetzt hörte ich einen erwachsen souveränen und aufmerksamen Gesprächsführer (der sonst von sich behauptet, er könne nicht mal Smalltalk).

Zum Nachtmahl holte ich Pizza aus einer neuen Quelle: Mit anderthalb Jahren Verzögerung hatte vor ein paar Wochen das Strada del Goethe aufgemacht, an der Ankündigung war ich zwei Jahre lang auf dem Weg zum Bahnhof vorbei gelaufen.

Für mich Pizza Napoletana (mit zu vielen Sardellen, deshalb zu salzig).

Herr Kaltmamsell hatte Capricciosa.

Ja, ich habe meine ganz geschafft (recht gut, aber der Rand war zu breit, bei aller hohen Teigqualität), war dann aber so voll, dass ich danach keine Süßigkeiten mehr geschafft habe (Diättrick?).

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Meks Tagebuch hinterher gelesen:

Wie Liebe aussehen kann.

Vom Texten mit Posthörnern und Hüftschwung (letzter Absatz).

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Nachtrag: Ach für andere war gestern der Supermarktbesuch ein Highlight, bitte lesen Sie bei Anne Schüssler.

Journal Dienstag, 4. Mai 2021 – Habe Impftermin!

Mittwoch, 5. Mai 2021

Sehr gut geschlafen, bis auf ein Aufstehen um zwölf sogar tief und durch.

Da die Praxis der Hausärztin ums Eck liegt und erst um acht öffnet, hatte ich Zeit für eine Runde Frühsport; es wurde Rundumkräftigung mit Hanteln und tat sehr gut. Ich guckte wieder auf die Terminliste des Impfzentrums und stellte fest, dass es auch am Montag keine Termine gegeben hätte: Es wird nur immer der aktuelle Tag angezeigt, die Termine müssten drunter gelistet sein, und da stand gestern genauso wenig wie heute.

Bei der Hausärztin Rezept und Attest abgeholt, mich von deren Impfliste streichen lassen.

Fußmarsch in die Arbeit, angenehme Luft. Mit Kolleginnen vereinbart, dass Impftermin alles andere sticht, dass jede jederzeit sofort ihre Arbeit hinschmeißen und losstürmen kann, wenn sich eine Impfmöglichkeit auftut – die anderen vertreten sie und kümmern sich um Terminverschiebungen.

Viel Datenbank- und Recherchearbeit. Zu Mittag gab es marinierten Feta mit einem Stück Ciabatta.

Nachmittags schaute ich wieder auf die Impf-Plattform – und ZACK! IMPFTERMIN! Ich bin nächste Woche dran und habe damit meine ersten Impfung vor einem Haarschnitt. Ich bin derart erleichtert! Auch wenn mir bewusst ist, dass selbst eine Komplettimpfung weder völlige persönliche Immunität noch Ende der Pandemie bedeutet (und schon gar nicht die erste Impfung), sehe ich zumindest eine Zukunft, in der ich weniger Angst zu haben brauche und in der Münchner Innenstadt nicht mehr vor allem auf der Straße gehe.

Weitere Körperlichkeiten: Wieder zerreißt es mir schmerzhaft die Lippen, Lanolin hat also schon mal nicht geholfen (keine Überraschung: es deutet zu viel darauf hin, dass die Ursache für die entzündeten Lippen von innen kommt). Aber jetzt habe ich genug Schmiere für die nächsten Jahre, die zumindest bei Entzündung lindert.

Ich war fürs Abendessen zuständig: Meine Eltern hatten am Samstag auf meine Bitte aus Ingolstadt Bauernwürscht mitgebracht, dazu kochte ich Sauerkraut. Während das köchelte, gönnte ich mir nochmal die Yoga-Einheit vom Vortag; sie gefiel mir so gut, dass ich sie für spätere Wiederholungen vormerkte. Während dessen musste Herr Kaltmamsell das Sauerkraut retten, das dann doch stärker köchelte, als ich es roch. Gutes Abendessen!

Beim Zusammenstellen der Unterlagen für Impf (@katzentratschen hat eine Checkliste zusammengestellt) zum Impfausweis gegriffen (kein Suchen nötig, schon vor Wochen sichergestellt, dass er dort war, wo er hingehört – bei mir mag es nicht ordentlich aussehen, aber alles hat seinen Platz; mit dem Nachteil, dass ich recht hilflos bin, wenn etwas nicht dort ist, weil ich nicht weiß, wo ich suchen soll). Der ist mein zweiter, weil ich mit etwa neun Jahren die Kinderarztpraxis gewechselt habe und die neue einen neuen Impfpass ausstellte, die bisherigen Impfungen übertrug – und meinen Namen vornedrauf falsch schrieb. Nachdem gestern bereits Lockerungen der Infektionsschutzmaßnahmen für Voll-Geimpfte beschlossen wurden und nur noch von Bundestag sowie Bundesrat verabschiedet werden müssen, fragte ich mich, ob der Buchstabendreher das dann wohl zentrale Dokument ungültig machen könnte (wo ich doch schon das große Familientreffen nach durchgehender Vollimpfung für Juli plane). Doch ist dieser gelbe Lappen ja wohl eh an Fälschbarkeit schwer zu übertreffen.