In Bayern sehen wir vor lauter extra kirchlichen Feiertagen ja praktisch nie den Arbeitsplatz, ichweißichweißichweiß. Aber gestern fiel der 15. August, Mariä Himmelfahrt, auf einen Sonntag und wurde uns damit geklaut, ich war verstimmt in diesem Jahr voller Samstags-/Sonntagsfeiertagen.
Das mit dem besseren Schlaf klappte, denn nach einigen Malen Aufwachen und einer Episode mit seitlichem Wadenkrampf schlief ich bis halb acht aus.
Über den Vormittag buk ich das 7-Pfünder Hausbrot, das ich am Vorabend angesetzt hatte. Morgenkaffee auf dem Balkon (Wetter: Hochsommer in Dunstig) mit Bloggen. Der Brotteig hatte deutlich mehr Trieb als gewohnt, wahrscheinlich wegen der sommerlichen Wärme, und ich stellte mich nicht rechtzeitig darauf ein.
Der Backstein bekam eine kleine Umarmung. Das Brot wurde insgesamt aber ok.
Ich beschloss einen faulen Sonntag und ließ die Gelegenheiten Hochsommertag sowie Zeit für ausführlichen Sport ungenutzt.
Bei doch recht großer Hitze spazierte ich für Frühstückssemmeln zum Bäcker, mit Rückweg über den Alten Südfriedhof.
Jemand hatte einen alten Grabstein mit Nelken geschmückt, ein Zettel mit einem zusätzlichen Namen und dem Jahr 1854 war angeklebt. Auf dem älteren, anscheinend fremdsprachigen Grabstein (es muss nicht unbedingt der ursprüngliche sein, nach der Zerstörung durch Bombenangriffe im Oktober 1943 wurde einige durch neue ersetzt) kann ich nur “Marie Farischkin” und das Jahr 1759 entziffern. Ich sollte mal wieder eine Führung mit Florian Scheungraber machen und mich auf neueren Stand bringen (meine letzte ist ja schon wieder vier Jahre her).
Nachtrag: Kommentatorin Kathrin weist auf diesen Wikipedia-Eintrag zu Marija Antonowna Naryschkina hin, die hier wohl begraben liegt. Wilde Geschichte!
Daheim Frühstück mit Tomaten und Semmeln. Die satte Bettschwere nutzte ich für eine kleine Siesta.
Auf dem Balkon las ich die Wochenend-Süddeutsche, wurde durch Rascheln auf Eichhörnchen auf den alten Kastanien aufmerksam und sah zweien beim Klettern und Spielen zu. Ich machte uns Eiskaffee, mangels Sahne nur mit Vanilleeis, war auch so sehr gut. Währenddessen zog der Himmel dunkelgrau zu, ein Gewitter mit Sturm und Regen entlud sich.
Einziger unfauler Programmpunkt gestern: ausführliches Bügeln, in drei Wochen hatte sich ein Zweieinhalb-Stunden-Stapel angesammelt. Dazu hörte ich zwei Podcasts:
1. Im Berufsleben wird heute erwartet, dass Angestellte nicht nur ihre Arbeit sehr gut und zuverlässig erledigen, sondern dass sie sich leidenschaftlich damit und mit dem Arbeitgeber identifizieren, dass sie ihr persönliches mit dem beruflichen Fortkommen gleichsetzen. Wie sich das im 20. Jahrhundert dorthin entwickelt hat und was das impliziert, zeichnet dieser Podcast aus historischer und soziologischer Sicht nach:
“Seit wann wir für die Arbeit brennen – Geschichte der Arbeitsfreude”.
2. Holger Klein hat für einen Podcast des Baumarkts Hornbach den Dudelsackbauer Florian Ganslmeier besucht. Zwar wusste ich einiges davon schon über ein Dudelsack-spielendes Familienmitglied, erfuhr dennoch sehr viel Neues. Highlight: Holgi imitiert eine Bourdunpfeife: “ÜÄÄÄÄÄH!”
Zum Abendessen gab es frisches Brot, Tsatsiki mit Ernteanteilgurke von mir, hochoffizielles Käse-Omelette von Herrn Kaltmamsell, der großen Omelette-Ehrgeiz hat. Nachtisch eine weitere direkt gekaufte Honigmelone – auch diese nach zwei Wochen Nachreifen weitgehend geschmacksfrei.
Die Nachrichten dominierte gestern der Zusammenbruch Afghanistans durch die Übernahme der Taliban. Auffallend in meinem Internet: Keine reflexartige Besserwisserei “man müsste doch nur” – über die Jahrzehnte hat sich wohl die Erkenntnis verbreitet, dass das hier extrem kompliziert und nicht einfach zu lösen ist.
Abendunterhaltung: Blues Brothers auf arte (Erstens: Blues Brothers ist inzwischen arte-Material!). Dass einer der Zitat-Hauptlieferanten meiner Jugend (u.a. “Du magst den Wagen nicht?” “Nein, ich mag den Wagen nicht.” / “We’re on a misson from God” – Deutsch und Englisch gehen in meinem Kopf wild durcheinander) zudem filmisch richtig, richtig klasse ist, sieht man schon an den ersten fünf Minuten.
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Nina Jäger nutzt ihr Blog, um vergangene Reisen zu erzählen, zum Beispiel:
“Alaska Airlines Milk Run (2019)”.
Mit vielen Passagierflugzeug-Nerd-Details, Fisch und Bären als Flugzeugunfallgefahren und atemberaubenden Fotos: Vieles habe ich noch nie gesehen. Manches davon gibt es möglicherweise schon jetzt nicht mehr, weil Klimakatastrophe.
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Der Spiegel provozierte mit einem Titel zu maternal gatekeeping (bedeutet: Väter würden ja gerne die Hälfte der Elternarbeit übernehmen, aber die Mütter lassen sie nicht), mein Internet sprang bereitwillig darauf an. Es ist mal wieder Patricia Cammarata, die das Thema sachlich einordnet und die eigentlichen Probleme dahinter aufdeckt:
“Offene Wunden”.
(Meine Erfahrung aus dem Berufsleben ist ja, dass diejenigen Väter, die tatsächlich Elternarbeit übernehmen – von Kita-Eingewöhnung über Teilzeit bis Hinweis auf nicht verhandelbaren Feierabend -, kein Gewese drum machen.)
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Der Journalist Günter Hack twittert über seine Balkonvögel, vom Psychospatz bis Madame Amsel: Folgeempfehlung @guenterhack. In einem Interview mit der taz erklärt er, warum er das macht.
Twittern über Vögel: „‚Didü‘ ist ein Stimmfühlungslaut“.
Würden Sie auch zu dem Menschen zurückkehren, der Ihnen Rosinen hinlegt?
So funktioniert Kapitalismus: Man muss jeden Tag zur Arbeit gehen. Ich denke aber, dass der Hausamslerich kein größeres Entfremdungsproblem hat, wenn er meine Rosine nimmt. Er mag ja lieber Würmer und nimmt die Rosine nur, wenn er grad nichts anderes findet.
Und warum kriegt er von Ihnen keine Würmer?
Weil er die selber findet.
Warum überhaupt Rosinen?
Weil Amseln Wein mögen.