Journal Donnerstag, 23. September 2021 – Lyrischer Morgen
Freitag, 24. September 2021Wegen Partylärm vorm Haus wieder mit geschlossenem Fenster eingeschlafen, mir zehn Minuten späteren Wecker gegönnt, weil ich ja schon geduscht war.
So ziemlich als Erstes nach dem Aufstehen goss ich die Balkonblumen, gestern unter sternenklarem Himmel, im Süden hinterm Küchenbalkon grüßte mich Orion – samt Schwert und allem. Den ich doch bislang doch als typisches Winter-Sternbild abgespeichert hatte.
Theresienwiese, auf der die Abwesenheit des Oktoberfests für Bodenarbeiten genutzt wird.
Auf dem Weg in die Arbeit ein bisschen französischer Film:
Eine junge Frau mit FFP2-Maske und Blick vor sich, offener Kamelhaar-Mantel über dunklem Abendkleid, schwarze Stöckelsandalen in der Hand, barfuß um halb acht morgens einen Bürgersteig im Westend entlang gehend.
Ich wünschte ihr innig, eine sensationelle Nacht gehabt zu haben.
(Wie man bereits am Bewegungsmuster des Körpers die Barfüßigkeit erahnt.)
Vormittag mit Workshop, zu Mittag Reste: ein Restl Brot, ein Rest Auberginenpüree, die restlichen Reisnudeln vom Vorabend.
Das Wetter war herrlich, in der Sonne sogar warm. Auf dem Heimweg ging ich beim Vollcorner für Einkäufe vorbei, dann bei einem Drogeriemarkt in der Sonnenstraße.
Zu Hause hatte Herr Kaltmamsell das Wohnzimmer umgestellt. Nachdem mich in den vergangenen Monaten eine immer größere Egalizität gegenüber dem Abschluss unserer Wohnungseinrichtung überkommen hatte (in meinem Schlafzimmer stehen die Bilder immer noch auf dem Boden hinter den Vorhängen, das Buchregal steht nicht, ein Sideboard/Nachttisch bleibt ungesucht – im Wohnzimmer fehlen neuer Esstisch samt Stühlen, ein Barschränkchen, ein Sofa, ein Teppich), war er vor einigen Wochen aktiv geworden. Jetzt steht zum Beispiel der alte Esstisch schon mal da, wohin der neue kommen soll.
Nochmal die Kurzeinheit Yoga, dann bereitete ich zum Nachtmahl Salat. Blattsalat war wenig dabei, denn der Kopf aus Ernteanteil war innen faulig – das Wetter war halt zu nass gewesen. Ich füllte mit Gurke und zugekauften Tomaten auf. Zudem gab es einen Käseteller, Nachtisch Süßigkeiten.
Herr Kaltmamsell hatte gestern Wandertag gehabt und einen Falken gesehen. In der Flugvorführung der Falknerei Rosenburg wurde daran erinnert, dass der Einsatz des hochgiftigen Pflanzenschutzmittels DDT in den 1970ern zu einem beispiellosen Wildvogelsterben geführt hat. Mir ist sehr bewusst, dass ich Störche, Kraniche, auch Greifvögel wie Milane und Bussarde tatsächlich erst als Erwachsene in der Natur gesehen habe – in meiner Kindheit gab’s keine. (Und Falknereien wie die auf der Rosenburg gehörten nach eigenen Aussagen zu den Stellen, die den Bestand durch Zucht und Auswilderungen sicherten.)
Im Bett ein neues Buch runtergeladen und angefangen: C Pam Zhang, How Much of These Hills is Gold, ein Wildwest-Roman aus der Perspektive chinesischer Einwanderer.
Mittwochabend hatte ich das antiquarische Buch über die Münchner Brücken ausgelesen. Seit seiner Veröffentlichung 1981 wurden ersetzt: Großhesseloher Brücke, Thalkirchner Brücke, Flauchersteg, Emmeranbrücke – es wird wirklich Zeit für einen neuen Band zum Thema. Der die neuen Erkenntnisse über Hochwasservermeidung berücksichtigt (1981 war das noch 100 Prozent Bändigen, Einbetonieren, Zivilisieren) und vielleicht auch weniger feuilletonistische B-Noten vergibt, bei denen eine funktionale John-F.-Kennedy-Brücke von 1962 (“Dies reine Ingenieurbauwerk, statisch, konstruktiv und bautechnisch sicher eine saubere Lösung, zeigt einmal mehr, daß derartiges allein nicht genügt.”) genauso schlecht abschneidet wie das schöne und fotogene Oberföhringer Wehr von 1924 (“Historische Reminiszenzen an befestigte Flußsperren oder Loireschlösser und die Überzeugung, Technik dürfe nicht allzu augenfällig auftreten, haben dazu geführt, daß hier eine recht kuriose, in ihrer Hilflosigkeit beinahe rührende Architektur einen ernsthaften technischen Anlaß zu beschönigen versucht.”).
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Ich habe solche Geschichte bislang nicht geteilt, weil es sich wie Nachtreten anfühlte. Doch Amerikanische Wissenschaftler Haben Herausgefunden (AWHH), dass diese Geschichten Impfskeptiker*innen (kein Euphemismus, sondern wörtlich) positiv beeinflussen können. Also hiermit.
“‘Ich war ein Impfgegner, aber das hätte ich nicht sein sollen'”.
Auf der Intensivstation des Schwabinger Krankenhauses in München liegen derzeit nur Patienten, die sich mit Corona infiziert haben. Sie alle haben eines gemeinsam: Sie sind ungeimpft. Ein Ehepaar bereut diese Entscheidung.