Archiv für Oktober 2021

Journal Sonntag, 17. Oktober 2021 – Wie ein Fisch / Der neue Bond

Montag, 18. Oktober 2021

Zu früh aufgewacht, bis sieben angenehm gedöst.

Ab dann folgte mein Tag einer recht straffen Planung, denn ich wollte sowohl Schwimmen gehen als auch den neuen Bond-Film No Time to Die sehen.

Wetter wunderschön, ich freute mich aufs Schwimmen – denn ich hatte die Runde im Dantebad und somit im Freien geplant: Dort ist das Wasser wirklich warm, ich hoffte, dass ich endlich nicht frieren würde.

Nach Morgenkaffee über Bloggen machte ich mich mit Duschen und Packen Schwimm-fertig, brachte aber erst mal einen Karton mit Sommerschuhen in den Keller. Radeln ins Dantebad; ich muss künftig daran denken, dass die Einlassprozedur in Schwimmbädern derzeit lange dauert – der 3DG-Check hält auf, vor allem bei Gruppen.

Das Schwimmbecken war überraschend voll, noch dazu hatten praktisch alle Schwimmspielzeug dabei, doch es herrschte allgemeines Wohlwollen und man arrangierte sich gut. Mein Kalkül ging auf: Obwohl sich das warme Wasser zunächst anfühlte, als tauchte ich in Suppe, gewöhnte ich mich schnell daran – und fror nicht! Ich glitt durchs Wasser wie ein Fisch. Nicht nur konnte ich mir so 2600 Meter gönnen, ich schwamm sie auch noch besonders schnell. Zudem genoss ich den Sonnenschein. Bis auf Weiteres schwimme ich also im Dantebad.

Gegenüber vom Dantebad.

Von dort radelte ich direkt zum Kino (Cinema). Ich hatte mir als Frühstück zwei Stück Apfelkuchen eingepackt, die ich gemütlich auf einer Bank vor dem Kino löffelte. Im Kino selbst (zweites Mal nicht nur Check meines Impf-Zertifikats, sondern auch Scan; das erste Mal war Freitagabend im Dantler gewesen) holte ich mir noch einen Cappuccino. Und konnte einer anderen Kinobesucherin helfen: Sie suchte jemand, der ihr Fahrrad mitabsperren konnte; sie hatte ihren Schlossschlüssel vergessen.

No Time to Die war ein schöner Bond, wenn auch zu lang – knapp drei Stunden ist keine 007-Geschichte wert. Aber ich genoss die vielen Anspielungen auf die gesamte Bond-Filmgeschichte, ob in Bild, Text oder Musik (UND Q macht nicht nochmal den Fehler, einen unbekannten Datenträger in einen Netzwerkrechner zu schieben, sondern nimmt explizit die “Sandbox”). Mehrere tragende Frauenrollen, ganz unterschiedlich. Die Story war sogar übersichtlich, es gab ja schon Bonds, bei denen ich ab der Hälfte aufhörte mitzudenken, weil die Story so kompliziert war, und mich statt dessen darauf konzentrierte, welches Weltkulturerbe als nächstes kaputtgemacht wurde. Das Drehbuch räumte ordentlich Handlungsstränge aus mehreren Folgen und alle Bösewichte auf.

Sehr spannend wird jetzt, wie es wohl weitergeht im nächsten Bond – wo es erstmals keinen James Bond mehr gibt. Vielleicht fangen sie wieder vorn an und wir bekommen einen Young James Bond, der in den 1940ern spielt? Und einen nächsten Bond wird es geben: Wie man mir früh beigebracht hat, blieb ich bis durch den Abspann im Kino, bis zur allerletzten Zeile auf der Leinwand – “James Bond will return”.

Zu Hause winterte ich die Balkone fertig und entfernte die Bohnenranken. Nächster Tagesordnungspunkt: Fertigbügeln. Check. Für die Montagsbrotzeit kochte ich die Ernteanteil-RoteBete, die Blätter briet ich, aus allem machte ich mit den Kernen eines Granatapfels und Joghurt einen Salat.

Nachtmahl war der Klassiker im Hause Kaltmamsell, wenn Chinakohl im Ernteanteil ist: Chinakohl-Lachs-Nudeln. Nachtisch Scholokade.

Ein sehr schönes Wochenende, doch ich war weder zum Zeitung- noch zum Romanlesen gekommen, hatte es auch nicht auf die Auer Dult geschafft. Muss also eindeutig zu wenige Stunden an diesen Tagen anprangern.

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Am Samstag hatten wir beim Wandern auch nach den Gemeinde-Aushängen der Dörfer geschaut und dabei die Veröffentlichung eines Volksbegehrens “Landtag abberufen” entdeckt. Nachdem ich gestern unterwegs dazu Plakate gesehen hatte, unterzeichnet von der Querdenker-Partei Die Basis, ging ich dem doch mal nach.
“Volksbegehren ‘Bündnis Landtag abberufen’ startet”.

Eine interessante Eskalationsstufe der Haltung, die demokratisch durch Mehrheit gewählten Volksvertreter nicht zu akzeptieren, wenn sie anders entscheiden, als man selbst das gerne hätte. Und dann einfach den Spieß umzudrehen und ihnen die Legitimiertheit abzusprechen – lustigerweise durch das Instrument Volksbegehren, das diese Volksvertreter eingerichtet haben.

Die bayerische Verfassung sei sehr großzügig gegenüber Elementen der direkten Demokratie, sagt der Verfassungsrechtler Martin Burgi von der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität. Dem Professor zufolge wird mit dem Volksbegehren ab heute Neuland betreten, das habe es in Bayern bisher noch nie gegeben. Burgi stellt eine “besonders verdichtete Form des Protests” fest: Anders als bisherige Volksbegehren richte sich dieses nicht gegen einen bestimmten Sachinhalt.

Journal Samstag, 16. Oktober 2021 – Wanderspaziergang bei Fürstenfeldbruck

Sonntag, 17. Oktober 2021

Eher unruhige Nacht, das war halt viel Alkohol gewesen.

Nachmittags war ich mit Herr Kaltmamsell zum Wandern/Spazierengehen verabredet (wir haben irgendwann festgelegt, dass der Unterschied im Rucksack mit u.a. Brotzeit besteht, und gestern hatten wir nur Wasserflaschen dabei, keinen Rucksack), den Vormittag nutzte ich zum Backen und Einkaufen.

Sonntagskuchen sollte dieser Italienische Apfelkuchen mit Ricotta und Olivenöl werden, die Äpfel dafür aus Ernteanteil.

Er ließ sich einfach zubereiten – fiel aber nach dem Backen zusammen und wurde sulzig.

Ich vermute als Ursache, dass der Teig zu dünnflüssig war: Das Rezept hatte den “Saft einer Zitrone” verlangt, und das ist eine ähnlich unpräzise Angabe wie der berüchtigte Bund Petersilie; meine Zitrone war sehr groß gewesen, doch ich hatte angenommen, dass das Rezept schon darauf hinweisen würde, wenn die Saftmenge relevant wäre.

Einkaufen: Bereits in Wanderkleidung ging ich in Sonne und milder Luft in den Gärtnereiladen am Viktualienmarkt, um einen Untersetzer für eine der vom Balkon geholten Pflanzenkübel zu besorgen. Der Markt und die Fußgängerzone waren sehr belebt, vor allem mit Touristen – vorm Alten Peter stand eine 30 Meter lange Schlange an. Unterwegs besorgte ich Frühstückssemmeln, die gab es dann auch zum Frühstück plus ein Stück warmen Kuchen (schmeckte gut!).

Für unseren Wanderspaziergang hatte Herr Kaltmamsell eine Strecke ausgesucht, die er zum Teil beim kürzlichen Wandertag mit einer Schulklasse gegangen war: S-Bahnhof Fürstenfeldbruck Richtung Osten. Da wir uns beide eher müde und unfit fühlten, schlug er eine kleine Runde vor, doch ich bat darum, im herrlichen Sonnenschein in noch vorwiegend grüner Landschaft Bilder für den anstehenden Winter zu sammeln. Wir gingen also eine größere Runde über Emmering, Eichenau, Biburg.

In der Sonne war es schön warm, doch auf den Anhöhen ging ein scharfer Wind.

Nach gut drei Stunden und etwa 14 Kilometern nahmen wir die S-Bahn zurück.

Während Herr Kaltmamsell daheim das Abendessen zubereitete (Spaghettikürbis aus Ernteanteil als Auflauf – ich fürchte, Spaghettikürbis hat nichts zu bieten außer der lustigen Textur und schmeckt einfach nur wässrig), baute ich für einen angenehmen Sonntag vor: Ich packte schon mal den gewaltigen Berg Bügelwäsche an, der noch hauptsächlich aus Sommerkleidung bestand. Nach einer Stunde war fast die Hälfte weggeschafft, bleibt nur noch etwa eine weitere Stunde für Sonntag.

Der Kürbisauflauf mit Hackfleischsauce und viel Käse war dann ok, der Kürbis verschwand. Etwas interessanter schmeckte die zweite Variante (links), die Herr Kaltmamsell nur mit Ei und Käse zubereitet hatte, weil darin der Kürbis noch erlebbar war.

Dazu im Glas eine Traminer Spätlese aus Sachsen von Steffen Loose, Teil eines Probierpakets, das uns die Empfängerin eines Großteils unserer ausgemusterten Bücher zugeschickt hatte.

Blumig in der Nase, Geschmack dann auch rass, die Süße brauchte zum Einbinden ein wenig Luft.

Eingeschlafen im Mondlicht, das durchs Fenster auf mein Bett schien.

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Jamie Lee Curtis kommt nochmal als queen of scream ins Kino, mit Halloween Kills. Obwohl ich eigentlich alles mit dieser wundervollen Schauspielerin angucke, kann ich halt Horrofilme gar nicht. Zumindest profitiere ich von der Vermarktung des Films, die den wundervollen Menschen zeigt. Zum Beispiel mit diesem Interview/Portrait im Guardian:
“Jamie Lee Curtis: ‘My biggest roles were to do with my body, my physicality, my sexuality’”.

Über ihre Unterstützung der #Metoo-Frauen:

“I think others will be empowered to speak up because of those brave women putting themselves on the line. See, I don’t risk anything by supporting them. I really don’t. What, they’re gonna fire me from Halloween? I’m an old lady. What are they gonna do to me? But those women did have something to lose. That is courage. They have existed throughout history – and, obviously, this is way too little, way too late – but things are changing, for sure.”

Über ihre Karriere heißt es:

The problem is that Curtis started out playing the clever girl in a genre that was considered dumb, so when she starred in genuinely stupid pictures, the disparity between her and the material was startling.

Journal Freitag, 15. Oktober 2021 – Abend im Dantler

Samstag, 16. Oktober 2021

Aufgewacht zu sternenklarem Himmel (ich lasse nachts schon seit einer Weile die Rollläden nicht mehr herunter, weil die Sonne zu spät zum vorzeitigen Wecken aufgeht) – und mit etwas verlegener linker Schulter.

Weg in die Arbeit durch herrlichen, aber sehr kalten Morgen. Beim Warten an der roten Ampel am Kaiser-Ludwig-Platz sah ich einen Turmfalken, der sich in goldenem Morgenlicht auf die Wetterfahne der Backstein-Gründerzeit-Villa setzte.

Schon am Donnerstag war mir aufgefallen, dass die über die Monate gewachsenen Büsche und Blumen auf der Theresienwiese verschwunden waren.

Voilà: G’mahde Wiesn. HAHAHAHAHA!
(Sie fragen sich sicher regelmäßig, wie ich es nur mit all den unglaublich witzigen Einfällen in meinem Kopf aushalte.)

Mittags gab es Apfel, Breze, Quark mit Joghurt. Nachmittags kämpfte ich leider wieder mit Schwindel, das war auch auf dem Weg nach Hause mit Einkaufsabstecher beim Vollcorner unangenehm.

Heimeranplatz in herbstlichem Technicolor.

Daheim nur kurzes Ausruhen (und Wegwerfen des Paars Schuhe, rote Pumps, das ich gestern nach zwei Jahren Pause getragen hatte und das böse Blasen verursacht hatte – mir war eingefallen, dass die noch nie richtig passten), zum Nachtmahl führte ich Herrn Kaltmamsell aus: Wir hatten einen Tisch im Dantler, das bis vor vier Jahren einer meiner Lieblinge war, das Upper Eat Side. Die Wirte Jochen Kreppel und Maximilian Süber blieben aber, die beiden Vollblut-Gastronomen setzten eine weitere Idee um (mögen sie ihnen nie ausgehen): Bayerisch Deli, “Dantler” heißt auf Bayerisch Händler, genauer Trödler – “Dantler” findet man auf Flohmärkten. Man kann dort jetzt auch Feinkost kaufen, im ursprünglichen Konzept lag der Schwerpunkt auf kleinen Deli-Gerichten, nur Freitagabend gab es klassisches Menü. Nach der Pandemie-bedingten Schließung hat der Dantler mit abends festem Menü wiederereröffnetet (mittags gibt es Einzelgerichte und ein kleines Menü), Freitagabend in einer umfassenderen Deluxe-Version. Und die ließen wir uns gestern nach einer kurzen U-Bahn-Fahrt nach Obergiesing servieren.

Stellte sich heraus: Auch als Dantler ist das Lokal uneingeschränkt empfehlenswert, vielleicht gerade jetzt, wo es noch nicht wieder auf Monate ausgebucht ist (wie zuvor schon das Upper Eat Side, in dem ich gerne viel öfter gegessen hätte und gerne auch Besuch mitgenommen – doch ein paar Wochen Vorlauf reichten nie).

Wir wurden wieder sehr herzlich empfangen, lernten neue freundliche Gesichter im Service kennen. Für den Aperitif erinnerte ich mich daran, dass die Wirte bei einer Brauerei ein eigenes IPA brauen ließen und bat um das – um zu erfahren, dass es inzwischen auch ein Dantler Pale Ale gibt. Also bestellten wir eins von jedem.

Das Pale Ale war tatsächlich wunderbar duftig, das Brot fast schon kuchig saftig, die Butter mit Zitrone aromatisiert.

“Topinambur”
Nußbutterschaum, Pinienkerne, Kohlrabi, Crostini – rundum köstlich, der erste war gleich mein Lieblingsteller des Abends.

Den Wein dazu ließen wir uns glasweise empfehlen, hier einen Weißburgunder Kellerei Eisacktal – eine perfekte Kombi.

“Hasenfutter”
Geröstete Karotte, Mandarine & Macadamia, Karottengrünmayo – viel Spaß mit den verschiedenen Röstgeschmäckern. Auf den Wein war ich besonders gespannt: Ein Naturwein “Fruit Loops” 2020 von Claus Preisinger aus Gols. Nach anfänglicher Begeisterung bin ich bei Naturweinen vorsichtig geworden, weil ich ein paar Mal zu oft einfach nur eine Most-Bombe im Glas hatte. Doch Clausi Preisinger kann man weiterhin blind vertrauen: Sein Naturwein, ein Cuvée von Furmint, Riesling, Scheurebe, ist perfekt zum Einstieg ins Thema, weil schön fruchtig, gleichzeitig eine Einführung, dass man bei Naturweinen nicht auf bisherige Weinschmeckerfahrung zurückgreifen kann, sondern neue Kategorien braucht.

“Carpaccio”
Saibling mit wunderbarer brauner Butter und gerösteten Mandeln. Ich hätte eine Weinpause gemacht, aber als ich nebenbei meinte, ich hätte ohnehin “ein Thema” mit Riesling, den Jochen gerade in der Hand hatte – musste ich zumindest ein Schlückchen dazu probieren; ich hatte vergessen, dass ich es mit einem erklärten Riesling-Botschafter und -Aficionado zu tun hatte. Der natürlich recht hatte: Der Wittmann “Riesling Fass 68” passte hervorragend und hatte nur eine ganz sanfte Riesling-Note.

“Risotto”
Steinpilze, Trüffelbutter, Pecorino.
Dazu ließen wir uns einen Lagrein Muri Gries einschenken, der wunderbar bewies, wie schön sich Südtiroler Rotweine inzwischen entwickelt haben.

“Flat Iron Steak”
mit Kartoffel, Sellerie, knackigen Bohnen mit Lardo – vor allem Letzteres Bombe. Wein war ein Valpolicella 2014 I Saltari, der sich hervorragend mit dem Gemüse verstand.

Maracuja-Weißbier – mit den explodierenden Zuckerbröseln meiner Kindheit.

“Pina Colada”
Ananas und Kokusnuss, ein Schluck Riesling Kabinett von Diel im Glas – kein Süßwein, sondern ein wunderbar vielschichtiger Kabinett mit ein wenig Restsüße.

Zum abschließenden Espresso gab es Trüffel – die die zauberhafte Bedienung als “von mir gemacht” servierte.

Ein großartiger Abend.

Journal Donnerstag, 14. Oktober 2021 – Strampeln mit Aussicht

Freitag, 15. Oktober 2021

Durchgeschlafen (hatte ich seit zwei Jahren nicht mehr), allerdings nur bis fünf.
Nur dass ich nach dem Aufstehen meine Bettsocken ein paar Meter vom Bett entfernt auf dem Boden sah. Hm, die hatte ich beim Einschlafen definitv benötigt – zwar wird mir fast immer im Lauf der Nacht zu warm darin, doch wann bitte hatte ich sie nicht nur abgestreift, sondern auch so offensichtlich weit geschleudert?

Es war weiterhin kalt, ich drehte selbst für Morgenkaffee und Fertigbloggen die Heizung auf.

Strammen Schritts in die Arbeit, um nicht zu frieren.

Mittagessen: ein Kanten Brot, Granatapfelkerne mit Hüttenkäse. Nachmittags eine Online-Veranstaltung zum aktuellen Stand Bildrechte, trotz regelmäßiger Befassung mit dem Thema fürs Blog einiges gelernt (auch aus den Fragen der anderen Teilnehmenden).

Wieder hatte ich meinen Rucksack mit Sportzeug dabei, diesmal kam er zum Einsatz: Ich marschierte nach Feierabend zum Verein. Durch Nachfragen an der Infotheke erfuhr ich, dass ich am Vorabend eh nicht in die Hot-Iron-Stunde gekommen wäre: Man muss sich Pandemie-bedingt weiterhin über ein Online-Portal anmelden. Gestern nutzte ich einen der Crosstrainer, aber das andere Modell: Es gibt eines mit an Bändern aufgehängten Pedalen, auf dem ich bisher gestrampelt hatte, mit dessen sehr langsamen Bewegungsmöglichkeiten ich aber nicht wirklich zurecht komme; gestern stand ich auf einem eher gewohnten Modell mit kleinerem Ellipsenradius.

In der Turnhalle unter mir gab’s Spannendes zu sehen: Links wurde Tischtennis gespielt (nicht allzu interessant), aber rechts trainierten Turnerinnen in der Altersspanne von kleines Kind bis junge Frau. Ich verfolgte eine Stunde mit langem Aufbauen (Übungsbarren, aufgeblasene Riesenmatte, Schwebebalken, viele Turnmatten), Aufwärmen bis Vordehnen.

Auf den Ohren hatte ich Musik, regelte Schritthöhe und Widerstand am Crosstrainer immer wieder so, dass ich im Rhythmus strampeln konnte.

Zu Hause schnelles Duschen und Cremen, damit ich vor der Tagesschau noch das Joghurtdressing für den Ernteanteilsalat plus Eiern zubereiten konnte. Nach Salat gab es ein wenig Käse, Eis und Schokolade.

Früh ins Bett zum Lesen.

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Von regelmäßigen Nutzerinnen der italienischen Fernzüge höre ich ja schon seit Jahren Märchenhaftes (zuletzt: Health & Safety Kit). Und jetzt:
“How Italy’s high-speed trains helped kill Alitalia”.

Vor allem aber: Was machen wir jetzt mit unseren nationalen Stereotypen? Der SBB in der Schweiz sahen wir ja noch den um Längen besseren Service und die Pünktlichkeit nach – ABER ITALIEN?!

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Johnny Häusler verlinkte auf Twitter einen alten Blogtext, seine Erinnerung an ein Punk-Konzert von etwa 1980. Sehr lustig.
“Konzert-Reviews. Jahrzehnte später.”
UND! Drunter ein Kommentar (Nr. 13) vom besprochenen Künstler.

(Leseempfehlung vor allem für das mitlesende Brüderchen, der in seiner eigenen Jugend ca. zehn Jahre später in einer ganz, ganz bösen Speed-Lärm-Band – wie hieß die Musikrichtung nochmal offiziell? – names Mörtel Schlagzeug spielte. Ich erinnere mich an ein Konzert, zu der die ganz, ganz böse Brüllband samt Equipment von den Mercedesen und Audis der Eltern gefahren wurde, in dem die Eltern sich das Konzert von der am weitesten von der Bühne entfernten Wand aus anhörten, denselben gerührt liebevollen Blick in den Augen, den ich später vom selben Brüderchen bei den Musikschul-Konzerten seiner eigenen Kindern kenne.)

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Von “impresionante” zu “que pena” in Sekunden – wer kennt’s nicht? (Blick des Königs sagt eindeutig: “¡una!¡vez!¡con!¡profis!”)

Journal Mittwoch, 13. Oktober 2021 – Wiedergefundene Pflaumen

Donnerstag, 14. Oktober 2021

Geweckt worden aus einem Traum, in dem eine riesige Muräne bei einem Tauchgang eine Rolle gespielt hatte.

Draußen war es regnerisch kalt, doch die Wolken verzogen sich pünktlich zu meinem Aufbruch ins Büro.

Mittags huschte ich raus in den nächstgelegenen Supermarkt; ich hatte zum Abendbrot (Herr Kaltmamsell war beruflich aushäusig) gefrorenen Rahmspinat für eine Suppe mit verlorenen Eiern besorgen wollen, doch die Tiefkühltruhe gähnte nahezu leer (sind das diese Lieferkettenprobleme, von denen ich so viel lese?). Also eine Dose Linseneintopf gekauft.

Mittagessen war Dickmilch, eine Scheibe Roggenbrot, Granatapfelkerne.

Morgens hatte ich voller Elan den Rucksack mit Sportzeug für eine Rückkehr nach zweieinhalb Jahren zu Hot Iron im Verein gepackt, doch nachdem ich schon am Vormittag wacklig gewesen war, wurde mir über den Nachmittag immer schwindliger. Das nahm mir jede Sportlust: Ich ließ die Pläne fahren und ging nach Feierabend direkt nach Hause.

Weiterhin ganz schön kalt, es ging auch ein unangenehmer Wind.

Daheim reichte die Stabilität für 45 Minuten Yoga. Bei denen ich feststellte, dass ich auch ein Jahr nach Hüft-OP nicht auf der operierten Seite liegen kann, weil das zu sehr schmerzt – zumindest nicht auf der dünnen Yogamatte und nicht mit Belastung.

Ich sah mich noch mal bei Crowdfarming um (weiterer Pluspunkt: Dort kaufe ich auch Obst und Gemüse, das den Schönheitskriterien von Supermärkten nicht entspricht und im konventionellen Vertrieb weggeworfen würde.). Die gestrige Entdeckung: Es werden Pruneaux d’Agen angeboten! Diese Köstlichkeit, halbgetrocknete und superaromatische Trockenpflaumen, hatte ich vor Jahren als Reisemitbringsel entdeckt, der Anbieter versendet leider schon lang nicht mehr ins Ausland (zuletzt hatte ich welche bei Manufactum gefunden). Gestern adoptierte ich einen Pflaumenbaum.

Dazu kam ein Orangenbaum von einer Plantage mit verschiedenen Sorten, die nicht nur unterschiedlich schmecken, sondern auch nacheinander von November bis Januar reif werden: Neben der Kiste, die im Adoptionspreis enthalten ist, bekomme ich diese über die Zeit zum Kauf angeboten.

Als Abendbrot machte ich die Dosenlinsen heiß, erinnerte mich sogar rechtzeitig daran, dass wir ja von den Vormietern eine eingebaute Mikrowelle übernommen haben (schon vergangenen Samstag hatte ich darin für die Schwarzwälder Kirschtorte Kuvertüre und Butter geschmolzen). Nachtisch war ein Apple-Crumble-Eis, das Herr Kaltmamsell gekauft hatte, und Schokolade.

Zur Abendunterhaltung ein YouTube-Video, das ich seit vielen Wochen als Tab offen hatte:

Morgan Donner, deren Thema sonst das Nähen historischer Kleidung ist, führt 500 Jahre Frisurenmode vor – an sich selbst.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/Wao0_uB4Zw4

§

Im Feuilleton der Süddeutschen gute und reflektierte Gedanken von Nele Pollatschek zur Bewertung des Werks von Literaturnobelpreisträger Abdulrazak Gurnah (€):
“Ist der gut?”

Egal wie gerne Leser und Kritiker es vergessen: Geschmack ist Sozialisierung, ist Gewohnheit, ist das Ergebnis von Übereinkünften innerhalb einer Rezipientengemeinde. Wenn sogar Essen, welches immerhin physiologische Grundbedürfnisse stillen muss, keinen universellen Bewertungskriterien unterliegt, wie soll man dann Literatur bewerten? Wie sollte jemand, der in den europäischen Literaturtraditionen sozialisiert wurde, die Qualität eines tansanischen Autors beurteilen?

Skepsis gegenüber dem diesjährigen Literaturnobelpreisgewinner Abdulrazak Gurnah ist auch Skepsis gegenüber den eigenen Kriterien, ein Verweis auf die Begrenztheit der eigenen Position, nicht aufgrund einer rassistischen Charakterschwäche, sondern weil auch die Einsicht in die Beschränktheit der eigenen Kriterien einen nicht über diese Beschränktheit hinausträgt.

§

Wie eine Bibliothek damit umgeht, dass die Frage nach Büchern zu bestimmten Themen viel Überwindung kostet: “Tough topics”. (Die Tafel steht hoffentlich auch noch in einem diskreten Teil der Bibliothek.)

Journal Dienstag, 12. Oktober 2021 – Herbst- und Winterkleidung

Mittwoch, 13. Oktober 2021

Gut geschlafen, aber morgens kämpfte meine Verdauung immer noch mit den mehreren Dezilitern Chiliöl vom Vorabendessen – bis in den Vormittag hinein.

Draußen herbstlicher Nebel, noch eher feucht als eisig.

Neben dem warmen Janker holte ich auch meine Kopfbedeckung mit der schönsten spanischen Bezeichnung heraus: mi boina, so richtig mit Hutband, vor vielen Jahren in einem Augsburger Hutladen gekauft, Ecke Karolinenstraße/Ludwigstraße, den es schon lang nicht mehr gibt.

Erst gestern fand ich heraus, dass das ursprünglich ein Wuppertaler Hersteller war und der Markenname Codeba die Abkürzung für “Companie deutscher Baskenmützenhersteller” ist, nach eigenen Angaben einst der “größte Militärmützenhersteller Deutschlands”.

Der Tag blieb grau bis dunkelgrau, im Büro brauchte ich immer wieder Licht.

Mittags gab es Apfel, Butterbrot aus Selbstgebackenem (Vorrat der Gefriere) und Granatapfelkerne.

Nach Feierabend spazierte ich in die Fußgängerzone, denn ich wünschte mir ein Büro-taugliches Strickkleid für diesen Winter. Die Sichtung des Angebots ergab: Man trägt heuer Stricksack, das gefällt mir nicht. Als ich schon aufgegeben hatte, sah ich im Erdgeschoss vom Konen doch noch ein Modell mit ein wenig Form. Es passte (die Fachverkäuferinnen dort kann man immer noch vertrauensvoll um Rat bei der Wahl der Größe fragen, die für die Abteilung zuständige Dame konnte mir die Kriterien nennen, die ihr sagten, dass ich die richtige trug), und jetzt habe ich ein hellgraues Strickkleid.

Auf dem Heimweg regnete es nonchalant herbstlich. Zu Hause Granatäpfel entkernt für Mittwochbrotzeit, während Herr Kaltmamsell Abendbrot kochte. Zum Nachtmahl servierte er Pakchoi aus Ernteanteil mit zugekauften Champignons und gebratenem Seidentofu – hoppla, versehentlich vegan. Und besonders wohlschmeckend. Dann Schokolade.

Früh ins Bett, um weiter Effingers zu lesen.

Journal Montag, 11. Oktober 2021 – Deutsche Küchen-Historie

Dienstag, 12. Oktober 2021

Zu einem kalten, klaren Morgen aufgewacht, beim Fensterschließen nach Schlafzimmerlüften sah ich wieder das Sternbild Orion mit vielen Details am südlichen Himmel.

Erst beim Gang in die Arbeit merkte ich, wie kalt es war: Raureif auf der Theresienwiesen, in Ledermantel und Lederhandschuhen fror ich. Ich werde also bald die Balkonpflanzen reinholen müssen und selbst auf Wintermantel plus Mütze und Wollhandschuhe umsteigen.

Mittags ein Apfel, eine restliche Scheibe gebratener Sellerie von Samstagabend, direktimportierte spanische Granatapfelkerne (köstlich!) und Grapefruit.

Auf dem Heimweg nach Feierabend ein paar Lebensmitteleinkäufe im Edeka, an der Kasse kurzer Befindensaustausch mit einer besonders zauberhaften Angestellten.

Zum Glück war es nicht mehr so saukalt, ich genoss das Überqueren der Theresienwiese.

Daheim eine halbe Stunde Rundum-Yoga.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Blumenkohl aus Ernteanteil in Chilibutter – viel, viel Chilibutter, mein Magen gurgelte danach überfordert. Ich konterte mit Schokolade.

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“Wolfram Siebeck & das deutsche Küchenwunder”
ist eine multimediale Online-Ausstellung von Sächsischer Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden und der TU Dresden – und wirklich spannend.

via Anke Gröner

Einem Filmchen von 1985 im Kapitel Köchinnen entnahm ich zum Beispiel: Für die Steinpilzfüllung ihrer Ravioli aus Kartoffelteig verwendete Sterneköchin Margarethe Bacher neben Salz – Glutamat. Neben weiterer Berichterstattung aus der Zeit stehen auch heutige Statements damaliger Protagonisten zur Verfügung, unter anderem wird die Entstehung berühmter (in Fachkreisen berühmter) Gerichte erzählt.

Die Online-Show zeichnet die Geschichte der Edel-Küche in Deutschland nach: Wie sie im 19. Jahrhundert internationales Niveau hatte, wodurch alles vergessen wurde, woher die Einflüsse nach dem Zweiten Weltkrieg kamen. Als in den 1970ern neuer Ehrgeiz in hochklassige Restaurantküchen einkehrte, war eines der größten Probleme die Beschaffung der Zutaten – mit origineller Lösung.

Neu waren mir Ursachen und Auswirkungen des Servierens auf Tellern, wie wir es heute kennen: Zuvor hatten entsprechend ausgebildete Kellner am Tisch tranchiert, flambiert, vorgelegt (wie ich es noch in hiesigen italienischen Restaurants kenne, zum Beispiel beim Servieren ganzer Fische, die mir ganz gezeigt werden, dann neben dem Tisch filetiert – oder bei der Vor-Ort-Zubereitung von Zabaione). Interessant auch der Einfluss von Technik: In den 1950ern gab es auch in der Spitzenküche nur Eiscreme von Lagnese – weil niemand Eis selbst herstellen konnte. Die Phase der vielfarbigen Pürees in den 1980ern hatte ich schon wieder vergessen. (Und fühlte mich mal wieder alt, weil ich so viele der beschriebenen Trends selbst miterlebt habe: Ich hatte ja schon früh so gerne sehr gut gegessen, dass ich immer wieder darauf gespart hatte und bereits als Studentin die besten Lokale in Augsburg getestet, damals die Ecke-Stuben und das heute Zwei-Sterne-Restaurant August. Heute habe ich die Freude an allzu komplizierten Gerichten verloren und bevorzuge die hervorragende Küche mit besten Zutaten, aber ohne Sterne-Ambition.)

Wie der Titel schon sagt, geht es auch viel um Leben und Rolle von Wolfram Siebeck – dessen Bedeutung ihm wirklich nicht in die Wiege gelegt wurde. Dass sie ohne seine Frau Barbara nicht möglich gewesen wäre und was ihr Beitrag war, wird zum Glück zumindest erwähnt.