Archiv für Dezember 2021

Journal Sonntag, 5. Dezember 2021 – #WMDEDGT

Montag, 6. Dezember 2021

Es war der 5. des Monates, ich hatte einen Tag ohne Arbeitsgeheimnisse, also kann ich mich an Frau Brüllens #WMDEDGT (Was Machst Du Eigentlich Den Ganzen Tag) beteiligen.

Von wegen Yoga macht stark: Schon beim Aufwachen um halb sieben (nach siebeneinhalb Stunden Durchschlafen! so schön!) spürte ich ordentlich Muskelkater im Po aufziehen. Apropos ziehen: Frischen Hausanzug angezogen, Bett abgezogen, Waschmaschine gefüllt.

Es war ja noch ein paar Stunden dunkel, also Lampen im Wohnzimmer angeschaltet, Milchkaffee für Herrn Kaltmamsell und mich gemacht. Auch diesen Winter schäumt eine sonst immer gut schäumbare Milch auf einmal nicht mehr: die Bio-Eigenmarke vom Rewe, Vollmilch “traditionell hergestellt”. Kein Erklärungsansatz für die Schäumbarkeit von Milch (Eiweißgehalt, Fettgehalt, Temperatur) hat mich bisher überzeugt: Gibt es ausgerechnet dazu keine sauberen Versuchsreihen, sondern nur Theorie?

Über Milchkaffee und einem Glas Wasser gebloggt, mit einer großen Tasse Tee Twitter nachgelesen. Dazwischen Wäsche versorgt.

Gegen zehn machte ich mich mit Zähneputzen und Katzenwäsche fertig für eine Laufrunde, die erste mit Handschuhen. Plan war, über den Südfriedhof zur Isar zu spazieren und an der Wittelsbacherbrücke loszulaufen, doch es war in meiner Laufkleidung (wie hier) zu kalt zum Spazieren: Ich joggte schon auf dem Südfriedhof los.

Jetzt, wo ich wieder Isarlaufen kann, sah ich selbst die Winterbader, von denen ich bislang nur las (ist wohl während der Corona-Schließungen eine Bewegung geworden). Am Flaucher war es gleich eine etwa Dutzend-köpfige Gruppe.

Keine weiteren Fotos, weil der Akku des Handy in der Kälte wieder schlapp machte. Laufen ging gut, fühlte sich in der ersten Hälfte aber anstrengend an. Ich trabte am Ostufer bis zu Maria Einsiedel, kreuzte die Isar, lief um den Hinterbrühler See, über Flaucher und Westseite der Isar zurück zur Wittelsbacherbrücke. Das waren anderthalb Stunden ohne irgendwelche Probleme, weder mit Hüfte noch mit Achillessehnen – ein Geschenk.

Nach dem samstäglichen Regen waren die Wege allerdings ausgesprochen Herbstlaub-matschig.

Ich kaufte Semmeln beim Wimmer in der Westermühlstraße und spazierte heim. Jetzt war ich ziemlich durchgefroren: Ich ließ mir das zweite Vollbad überhaupt in der neuen Wohnung ein – das ist halt nur mittel-attraktiv, wenn der Heizkörper im Bad nicht funktioniert. War dann ok.

Zum Frühstück gab’s zwei Semmeln, außerdem die letzten beiden kleinen Orangen aus der Crowdfarming-Lieferung und eine Banane.

Der Nachmittag gehörte dem Stollenbacken, zweite Runde. In den Geh- und Backzeiten bügelte ich (mein Muskelkater führte inzwischen zu lustigem Watscheln). Und bei all dem hatte ich Musik auf den Ohren, wieder den hochinteressanten Brudefamilien-Mix auf Spotify. Dabei Nachdenken über Weihnachtsgeschenke, ich hatte Ideen (und Beratung auf Twitter, aber leider gibt es wohl wirklich keinen menschlichen Bauchinnenraum aus Lego, auch keine Monopoly-Variante “Deutsches Gesundheitssystem” – sad).

Blumengießen, Bettüberziehen. Das Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell, es gab Schaschlik.

Und zum Nachtisch den Orangenflammeri – der mit fünf Gramm mehr Stärke nicht nur nicht fest, sondern sogar Sauce geworden war, ein Rätsel.

Wir löffelten ihn halt aus den Förmchen. Und schoben noch ein wenig Schokolade nach.

Fernseher aus, sonntagabendliches Computer-Backup auf externe Festplatte.

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Als am Samstag auf Twitter #MircoNontschew trendete, fürchtete ich lediglich, dass sich wieder ein Promi fürs Querdenken stark machte. Doch es war schlimmer: Mirco Nontschew war gestorben.
Ich war in den 90ern überrascht und hatte mich darüber gefreut, dass ein junger deutscher Komiker physical comedy machte, also Gaudi bloß mit Körper und Gesicht – das war und ist in unserem Kulturkreis selten. (Und ich erinnere mich, dass an genau seinem Beispiel Herr Kaltmamsell und ich unterschiedliche Geschmäcker erkannnten: Er mag physical comedy nicht.) Ein schöner Nachruf in der Zeit.

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Wieder bei Crocodylus gefunden:
“Warum die rührselige Armuts-Doku im ORF einfach nicht gut genug ist”.

Viele Beschreibungen aus Österreich sind auf Deutschland übertragbar.

In einer Szene besucht die Journalistin eine alleinerziehende Mutter und deren Sohn zu Hause im Gemeindebau. Was er sich denn zu Weihnachten wünsche? “Nicht viel, eigentlich gar nichts,” antwortet der Bub. Die Journalistin besteht auf einer Antwort: Wenn er was auf seinen Wunschzettel schreiben müsste? Da muss er schon darüber nachdenken, sagt er. Eine kurze Nachdenkpause, trotzdem, der 12-Jährige bleibt bei seiner Antwort. Er hat keinen Wunsch. Die Journalistin ist überrascht und lacht: “Du wünscht dir nichts zu Weihnachten? Na, du bist aber wirklich bescheiden!” Nein, möchte ich ihr zurufen, schreien will ich es. Der Bub ist nicht bescheiden, der Bub ist arm.

Wer als armes Kind geboren wird, weiß um die Last, die die Eltern tragen. Die Last ist unsichtbar, sie wird nicht ansprochen, nie erklärt, nicht in Worte gefasst. Ein armes Kind weiß davon, wie es weiß, dass der Himmel blau oder Wasser nass ist. Die Armutslast der Eltern ist so naturgesetzlich wie die Schwerkraft. Jedes arme Kind hat den Wunsch, dass die Mama, der Papa nicht mehr arm sind. Und nicht, weil dann das Paradies ausbricht, und man mehr Spielzeug bekommt, als man in sein winziges Kinderzimmer stopfen kann. Nein, weil es den Eltern eine Last nehmen will.

(…)

Dabei wollen alle Eltern das Beste für Ihr Kind. Für die einen bedeutet das, Babyschwimmen besuchen, musikalische Früherziehung buchen, Lebkuchenhaus basteln. Die anderen hängen nach der Schicht noch ein paar Stunden dran, fahren Nachtschicht, gehen am Wochenende rein, die Zulage ist wichtig, die Kinder brauchen Winterschuhe. Die sind jetzt dringender als die Zeit, die man braucht um bei der Hausübung helfen zu können.

Mir bleibt immer wieder die Spucke weg, wenn Privilegierte (wie ich) kein Mitgefühl aufbringen können und achselzuckend darauf verweisen, wie viele Hilfsangebote und -gelder es vom Staat gibt. Offensichtlich können sie sich nicht vorstellen, dass das Wissen um diese Angebote zu vielen Armen überhaupt nicht durchdringt, dass in vielen Bevölkerungsschichten die ganze Informations- und Organisationsstruktur eine andere ist. Irgendwann brachte ein Tweet diese bornierte Haltung auf den Punkt: “Wenn ICH arm wäre – wäre ich nicht lange arm.” Dabei besteht die größte Anstrengung offizieller Stellen darin, an die betroffenen Leute überhaupt ranzukommen, deshalb gibt es Sozialarbeiter*innen, Streetworker, Stadtteilzentren.

In meiner ganz kleinen Welt bin ich für Hilfe nur nah genug an zwei, drei armen Menschen: Kleine Infos im Einzelfall, Unterlagen kopieren.

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@robicellis verpasst ihren Anschlussflug und muss die Nacht am Chicagoer Flughafen verbringen. Statt sich zu grämen, holt sie in einem Twitter-Thread alles aus dieser Nacht heraus.

Journal Samstag, 4. Dezember 2021 – Regendrinni

Sonntag, 5. Dezember 2021

Ich hatte mir Joggen gewünscht, doch der Tag war eisregnerisch, so stark war der Wunsch dann doch wieder nicht. Also plante ich um und zog die Sonntagsgymnastik einen Tag vor – nach sehr gemütlichem Kaffeetrinken, Bloggen, Teetrinken, Twitterlesen.

Vor dem Sport stand der Kampf mit der Übertragung YouTube zum Fernseher: Trotz lauter Ok-Meldungen funktionierte das nicht, Herr Kaltmamsell musste von seinem Handy aus übertragen, damit ich “Low Impact Cardio and Abs Workout with Warm Up and Cool Down” turnen konnte (lautes Vorlesen der Übung ist gleich die erste Atemschulung). Die Übungen waren durchwegs kein Problem, ganz offensichtlich hält mich das tägliche Yoga dafür stark genug. Zum Abschluss der Einheit kam dann die Sonne raus, eh klar. War aber ein kurzes Vergnügen, der Tag blieb greislich und regnerisch.

Herr Kaltmamsell verließ das Haus für Einkäufe: Ich schärfte ihm höchste Vorsicht ein wegen der Glätte, derzeit will man wirklich, wirklich nicht ins Krankenhaus müssen, wegen nichts. @novemberregen hat mit ihrer Mutter genau das Albtraumszenario erlebt, wegen dem ich um meine Liebsten fürchte: Ich habe keine Angst, dass sie sich mit Corona infizieren, sondern dass sie ein Krankenhaus- oder sogar Intensivbett benötigen.

Porridge-Zeit!

Dieser hier wurde mit einem Rest Chai-Gewürz zubereitet, Gewürz in Butter angeröstet, Haferflocken mitgeröstet, bis sie nussig rochen, mit Wasser aufgegossen. Dazu Orangen und Banane, ein paar Löffel Joghurt. Und zwei Hand voll Plätzchen, ich naschte den ganzen Tag über aus der Plätzchenkiste.

Ein- bis zweimal im Jahr habe ich Lust auf Filterkaffee (wenn das der einzige Kaffee im Angebot ist, schwenke ich sonst immer auf Tee um). Um den bitte ich dann Filterkaffeetrinker Herrn Kaltmamsell, der ihn mir frisch aufbrüht. Schmeckte sehr gut.

Internet- und Zeitunglesen. Aus den fast restlichen Orangen kochte ich als Sonntagsdessert den Orangenflammerie aus Katharina Seisers Immer schon vegan – mit 30 Gramm Stärke statt der 25 im Rezept angegebenen, weil er beim ersten Versuch nicht sturzfest geworden war. Bei anderen hatte er ja auch funktioniert. Das kann doch nicht daran gelegen haben, dass ich statt Glasschälchen meine Puddingförmchen aus Plastik verwendet hatte.

Auch wenn es gerade wieder heftig regnete und seit einer Stunde dunkel war, wollte ich ein wenig Frischluft (und Schritte auf meinem Zähler), in warmen Schneestiefeln und mit Schirm ging ich eine Runde raus in die Stadtmitte. Die Fußgängerzone war mitteldicht besucht, vor manchen Läden standen Schlangen (Kleidung für junge Menschen, Funktionskleidung). Durch das stramme Marschieren wurde mit endlich warm.

Kurz nach mir kam Herr Kaltmamsell zurück nach Hause: Er hatte sich sechs Monate nach seiner zweiten Impfung die Auffrischungsimpfung geholt, mit Termin im Impfzentrum draußen in Riem, vor Wochen gebucht. Laut seinem Bericht keine Schlangen, keine Wartezeit.

Das Nachtmahl war kalt: Empanada vom Vortag, Käse aus der Behelfshöhle, eine Schüssel Portulak-Salat aus Ernteanteil. Vorher als Aperitif Whiskey Sour, dazu ein Glas restlichen Rotwein vom Vorabend. Nachtisch zu viele Plätzchen.

Als Abendunterhaltung guckte ich die erste Folge der zweiten Staffel Vienna Blood aus der ZDF-Mediathek – nicht so dicht erzählt wie die erste Staffel, und für meinen Geschmack mit zu viel Musik.

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Koch-Tiktok ist super, hier:
Veganer Grünkohleintopf aus der kleinen Scheißdrecksküche von Saskia Fröhlich.

Journal Freitag, 3. Dezember 2021 – Freier Freitag mit einmal alles

Samstag, 4. Dezember 2021

FREI! Wie kommt es nur, dass ich früher irgendwie öfter mal dazwischen einen freien Tag hatte? Der gestrige war ja Zufall, weil ich ihn ursprünglich für die Abschlussuntersuchung Hüft-OP eingereicht hatte.

Mit Anstrengung lang geschlafen: Nach dem Aufwachen um vier und um halb sechs legte ich mich energisch nochmal hin.

Am hellen Morgen gab es Schnee.

Statt den Tag mit dem Rad zu planen, kaufte ich also lieber über die App eine Tageskarte der Münchner Verkehrsbetriebe. Woraufhin prompt die Sonne rauskam – doch die genoss ich auch ohne Rad.

Zum Beispiel beim Spaziergang zum Corona-Schnelltest: Ich wollte Schwimmen gehen, und das ist laut derzeitigen Corona-Regeln nur geimpft, genesen und mit aktuellem Testergebnis möglich, also mit 2G plus.

Während ich auf die Übersendung des Ergebnisses per E-Mail wartete, räumte ich ein wenig zwischen Kammerl und Keller, machte mich dann per Tram vom Stachus aus auf den Weg ins Dantebad. Ich freute mich auf leere Bahnen, denn zum einen war es ja ein Arbeitstag, zum anderen würden sicher nicht alle Schwimmfreundinnen und -freund die Mühe des zusätzlichen Tests auf sich nehmen. Doch schon an der Kasse wurde ich misstrauisch, denn ich musste Schlange stehen. In Umkleide und Schwimmbecken dann die Überraschung: So voll hatte ich beides im Dantebad noch nie erlebt. Anscheinend haben doch erheblich mehr Menschen als gedacht Freitagvormittag frei.

Die Sonne schien aus knallblauem Himmel, und ich startete in Rekordtempo in meine Kraulbahnen – weil ich ständig überholen musste. Zu meinem Vergnügen ging das gestern aber wunderbar: Ich hatte Kraft, und meinem beengten Nackennerv geht es derzeit so gut, dass ich sogar mit fast ideal gehobenem Kopf durchziehen konnte. Nach den ersten 1500 Metern beruhigte sich die Lage in der Schmimmbahn, ich konnte etwas entspannter kraulen und wenden, bevor es gegen Ende meiner 3000 Meter wieder voller wurde.

Nymphenburg-Biedersteiner Kanal, der vom Olympiasee zum Schloss Nymphenburg führt, unter anderem hinterm Dantebad vorbei.

Tram mit zweimal Umsteigen in die Maxvorstadt: Mein nächster Programmpunkt war nach vielen Monaten mal wieder Frühstück im Café Puck. Mein Impfzertifikat wurde gründlich mit Scan und Ausweis-Abgleich geprüft (und ohne Entschuldigung, was ich gut finde). Freude über das Wiedersehen mit der Bedienung von immer.

Zu Capuccino und Apfelschorle wählte ich Eggs Benedict mit Lachs (Alternativen wären mit Avocado oder Speck gewesen), serviert mit dem Hinweis aus der Küche, die Hollondaise sei leider ein wenig dünn geraten – schon die längere Wartezeit hatte mir verraten, dass sie hier selbst gemacht wurde. Schmeckte dann sehr gut und überraschend zitronig. Zeitungslektüre.

Mein nächster Spaziergang führte mich zu einem weiteren Unterwäschekauf; ich habe beschlossen, die deutlich zu großen BHs für andere Zeiten zur Seite zu legen und mir mehr passende zu gönnen. Ich folgte dem Tipp aus den Kommentaren in ein Schwabinger Spezialgeschäft und wurde ausgezeichnet beraten.

Heimfahrt von der Nordendstraße mit der Tram, nach kurzen Auspacken und Handy-Aufladen zog ich im weiterhin wunderschönen Wetter nochmal los.

Lebensmittelabteilung des Kaufhofs am Marienplatz (wo es tatsächlich die sonst schwer zu findenden Cocktailkirschen mit Stil gibt), Dallmayr (mit Schlange davor, aber nur wegen der stark begrenzten erlaubten Kundenzahl innen, ich wartete keine fünf Minuten), Mehlkauf in der Hofbräuhausmühle.

Den Rückweg wählte ich über den Jakobsplatz, um an der Synagoge vorbei zu kommen.

Ich finde die Chanukkia zwar weiterhin greislich (die Leuchter sehen für mich provisorisch und unfertig aus, wie noch nicht ausgepackt), freue mich aber zu jedem Chanukka an dem Anblick.

Daheim war es schon Zeit für die Abendbrot-Zubereitung, ich wollte Empanada machen, nach wieder einem anderen Rezept. Den Hefeteig hatte ich schon am Vorabend mt ganz wenig Hefe angesetzt und im Kühlschrank gehen lassen.

Zwiebeln, Knoblauch, Paprika, Petersilie (Ernteanteil) für die Füllung, dann kamen noch verdünntes Tomatenmark, Salz Pfeffer, Pimentón de la vera (süß und scharf) dran, darüber verteilte ich auf dem Blech zwei Dosen Thunfisch.

Blöderweise erwies sich der Teig als ausgesprochen unkooperativ: Er war gleichzeitig klebrig und sprang beim Ausrollen/Ausziehen ständig zurück. Ich kam ganz schön ins Schwitzen, um daraus einen annähernd Blech-großen Boden und Deckel zu machen.

Während das Ergebnis im Ofen buk, telefonierte ich mit meinem Bruder zur Weihnachts- und Weihnachtsgeschenkplanung.

Abendessen mit zu viel Empanada, die sehr gut schmeckte (und mallorquinischem Rotwein) sowie zu viel Süßigkeiten – zur Strafe hatte ich danach Bauchdrücken. Dennoch unterm Strich ein ausgesprochen gelungener und erfreulicher freier Tag.

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Alle, die es ernsthaft versucht haben (und ich wünschte vor allem beim Spazieren, es wären mehr), wissen, wie aufwendig es ist, Hunde zu trainieren, also zum Befolgen von Kommandos zu bringen. Aleks in Schottland schildert am Beispiel seines Hunds Bunny, welchen weit verbreiteten Irrtümern er aufgesessen ist, und deutet an, was davon sich auf Kommunikation verallgemeinern lässt. Ich musste oft an Irrtümer beim Programmieren so genannter Künstlicher Intelligenz denken.
“We have a cue for that”.

We want to make sure that cues mean the same to me and to him. Sit is a good example. I thought Sit is just Sit. He did it right away, on the first day at home. Only months later it turned out that Sit really means to him: Go to Aleks, sit in front of him, and get a treat. Or at least a Good Boy. It took a number of training sessions to work out that misunderstanding. Now Sit is really Sit, wherever he is.

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Die englische Kultur hat einfach viel mehr akadamische Blödeleien, deren Leichtigkeit meilenweit von der biestigen Rechthaberei eines “Vereins für deutsche Sprache” oder der Bräsigkeit handelsüblicher deutscher Sprachkolumnen entfernt ist. Zum Beispiel die zur Frage, wohin im Christmas Carol “God rest ye merry gentlemen” das Komma gehört – natürlich gesungen.

Journal Donnerstag, 2. Dezember 2021 – Schwierige Abgrenzung zwischen Apokalypse und Weihnachten

Freitag, 3. Dezember 2021

Nach halb fünf nochmal eingeschlafen, im Traum einem Freund begegnet, mich sehr über das Wiedersehen gefreut.

Draußen war es windig und mittelmild, der morgendliche Regen hatte pünktlich zu meinem Arbeitsweg aufgehört.

Ein paar Tollwood-Reste und die dunkelgrauen Wolken erzeugten apokalyptische Weihnachtsstimmung über der Theresienwiese.

In der Arbeit wurde ich energisch und zackig, hatte unversehens zwei unangehme Jobs erledigt, weil ich im Kopf woanders war.

Mittags gab es Wirsing-Curry vom Vorabend. Das Glas mit Orangenstücken hatte ich morgens doch wieder zurück in den Kühlschrank gestellt, weil ich wusste, es würde mir zu viel werden.

Über den Nachmittag wurde es wieder kalt, erneut segelten Schneeflocken an meinem Bürofenster vorbei. Kleine Übergabe und Umstellen meines Telefons: Den Freitag, den ich eigentlich für die Abschlussuntersuchung im Klinikum Garmisch freigenommen hatte, behielt ich nach Absage des Termins einfach so frei.

Heimweg über Einkäufe im Süpermarket. Beim Passieren der Theresienwiese bemerkte ich, dass die großen Kunstwerke vom Tollwood immer noch standen und beleuchtet wurden – das war also Absicht. Und ich kam mal wieder an einem Pokémon-Arenakampf vorbei, will heißen: Ich wusste noch von vor drei Jahren, dass hier eine Arena ist, sah ein Dutzend Menschen mit Blick auf Smartphone dort stehen.

Fürs Abendessen war ich zuständig; da im gestrigen Ernteanteil Rote Bete angekündigt war, hatte ich Zutaten für Rote-Bete-Suppe mit Kokosmilch besorgt.

Während die Rüben garten, turnte ich eine eher kurze Folge Yoga mit Adriene, die vor allem aus Dehnen bestand.

Abendessen zu Tagesschau-Bildern vom Großen Zapfenstreich zur Verabschiedung von Kanzlerin Angela Merkel und Beschlüssen der Bund-Länder-Konferenz zur Pandemie-Eindämmung (nichts dabei, was die vierte Welle schnell stoppen kann). Zum Nachtisch aß ich die vorgeschnittenen Orangen.

Herr Kaltmamsell hatte schon am Mittwoch darauf hingewiesen, dass in unseren Regalen mit deutschsprachiger Literatur ausgemistet werden könnte. Ausmisten und Weggeben macht mir ja eigentlich Spaß, und innerhalb weniger Minuten standen drei Halbmeter-Stapel auf dem Tisch zum Weggeben. Aber im Dezember besteht halt die Gefahr, dass ich sage: “Alle!”

Journal Mittwoch, 1. Dezember 2021 – Keine Twitterlieblinge und Beifang aus dem Internetz

Donnerstag, 2. Dezember 2021

Die eigentlich ganz ordentliche Nacht endete leider schon um fünf.

Der Sturm hatte sich gelegt, es war gemischtwolkig mit Regenschauern. Auf dem Weg in die Arbeit spürte ich deutlich die zusätzlichen Grade Temperatur, keinerlei Glättegefahr. Zwischen Verkehrsmuseum und Bavariapark kamen mir zwei Menschen entgegen, einer eher Kind, einer erwachsen, die Jingle Bells sangen, leidenschaftlich und durch Schnaufer zerhackt (“Jingle bells – schnauf – jingle bells – schnauf – jingle aalll the way”). Das war schön. Fast hätte ich behauptet, singende Menschen auf Wegen und Straßen fände ich immer schön, aber dann fielen mir Fußballfans ein.

In der Arbeit unangenehme Jobs nach Grad der Unangenehmheit abgearbeitet, von “na ja, mach ich halt fertig” über “dann nehme ich mich halt mal zusammen” bis “das kann ich doch sicher bis morgen warten”.

Erst beim mittäglichen Twitterlesen gemerkt, dass ich die Twitterlieblinge für November vergessen habe, gründlich komplett.
No na, dann wird das zum Dezemberende halt eine Doppelfolge.
Interessant an meiner internationalen Twitter-Timeline: Wie in D und Ö Corona dominiert und in UK und USA – alles andere.

Mittagessen war nochmal Pumpernickel mit Frischkäse und viele Orangen – ich fürchte, die könnten mir im Gegensatz zu Granatäpfeln mal über werden, zumal Herr Kaltmamsell davon nur wenige übernimmt.

Möglicherweise hat mich das Turnschuhtragen endgültig gekriegt: Ich gehe ja eh gern zu Fuß, und zwar schnell, und jetzt genieße ich es so sehr, das in wirklich bequemen, federnden Schuhen zu tun! Dabei versuche ich, die aus Yoga erlernte Haltung des Stapelns (stacking) zu übernehmen: head over heart, heart over pelvis, also den Kopf senkrecht über dem Herzen zu platzieren, das Herz über dem Becken – das Bild hilft mir beim aufrechten Gang (nicht metaphorisch) mehr als das vom Faden am Kopf, der mich hochziehen soll. Sonst neige ich nämlich dazu, mit vorgerecktem Kopf und eher schräg zu gehen.

Auf dem Heimweg war der Sturm zurückgekehrt, wenn auch nicht so heftig wie am Dienstag. Einkäufe beim Vollcorner.

Zu Hause gleich mal Yoga, wieder die Folge vom Dienstag. Wenn ich, wie meist, eine neue Folge zweimal durchturne, fühlt sie sich durchaus verschieden an.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell auf meinen Wunsch ein Wirsing-Linsen-Curry aus Sebastian Dickhauts Ich koche gemacht (zugekaufter Wirsing, diesmal waren wir schon am Sonntag mit dem Ernteanteil durch – die Schwarzwurzeln aus dem jüngsten hatten wir allerdings verschenkt). Er war sehr misstrauisch gegenüber den Rosinen gewesen, die laut Rezept neben Mango-Chutney reinkamen, doch sie machten sich gut und waren vor allem für die Textur wichtig. Keine Lust auf Nachtisch.

Früh ins Bett zum Lesen.

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Das Wissenschaftsmagazin Spektrum berichtet über eine Prüfung von Schnelltests auf Zuverlässigkeit – es gibt große Unterschiede:
“Wie sicher sind die Ergebnisse von Schnelltests?”

Zum Beispiel weiß ich jetzt, dass ich nicht zu meinem üblichen Schnelltest greifen werde, wenn’s drauf ankommt.

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Dass die Bundeszentrale für politische Bildung einen schier bodenlosen Schatz an spannenden und fundierten Untersuchungen und Texten bietet, weiß jede, die mal reingesehen hat – man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Weswegen ich gar nicht erst anfange und umso dankbarer für jeden konkreten Hinweis auf einen Text bin. Zum Beispiel für den Hinweis von @TexasJim1 auf diesen Artikel von 2013:
“Solidarität als Ideologie”.
Durchgespielt werden hier verschiedene Konzepte der Solidarität am Beispiel der Eurokrise.

Die Dominanz der Rechtskategorie und des Gerechtigkeitsbegriffs lassen den Begriff der Solidarität verblassen, sodass sein Ort im Kontext der Sozialphilosophie und der Politischen Theorie undeutlich geworden ist. Das, wofür sie steht, die freiwillige (nicht zwangsläufig verpflichtende) Bereitschaft, anderen, denen man sich verbunden fühlt und die in Not geraten sind, zu helfen (ohne dass sie ein Recht auf Hilfe hätten), kommt empirisch zwar nach wie vor oft vor und wird entsprechend benannt, aber dieser empirische Gebrauch des Solidaritätsbegriffs bleibt theoretisch gewissermaßen sprachlos.

Dass das nicht nur theoretisch so ist, wurde in den vergangenen Monaten aufs Bitterste deutlich: Die Mehrheit, die in der Pandemie nicht nur die eigene Position sieht, sondern für die Gesellschaft (oder auch nur die Nachbarin) mitdenkt, kann nichts ausrichten gegen die Auswirkungen einer Minderheit, die aus der Perspektive ihres Einzelinteresses den rechtlichen Rahmen ausschöpft. (Anekdotisch fällt mir die offensichtliche Priorität eines Impfverweigerers ein, der sofort nach der Behauptung, die Infektionszahlen des RKI seien erfunden, und noch vor jedem Widerspruch von mir die Nummer und den Wortlaut des Meinungsfreiheitsparagrafen rief sowie: “Meine Meinung, Meinungsfreiheit!”)

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Auf Hinweis von Croco eine halbe Stunde launige Begegnung im U-Boot (das Format kannte ich nicht) mit Marina Weisband gesehen, die ich seit vielen Jahren auf Twitter verfolge, die mich von Anfang an beeindruckte und bei der ich besonders spannend finde, wo sie lernt und Ansichten ändert:
Käpt’ns Dinner Michel Abdollahi trifft Marina Weisband”.

Es geht um Identität von Einwander*innen (oder eben gerade nicht), um Kindheit nach Tschernobyl, um LARP, schwere Krankheit und um Zupacken. Unter anderem.

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Celeste Barber, die wir auf instagram lieben lernten, weil sie mit einem ganz normalen Frauenkörper alberne Model-Posen nachstellt, macht jetzt Werbung für Unterwäsche: Bras N things. Die ich zum einen verlinke, weil ich Celeste gerne beim Rumalbern in schöner Unterwäsche sehe, aber auch weil die Modelle der australischen Marke an ganz normalen Frauen gezeigt werden – das wünsche ich mir ja von allen Online-Kleidungsangeboten, weil ich daran viel besser abschätzen kann, wie das Teil an mir aussehen würde.

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Zwei Jahre COVID in 30 Sekunden (Ton an) (am besten mit Kopfhörern)

via @stedten*hopp

  1. Ja, einer von uns Internetschreiberlingen aus der Ära lustige Nicks. []

Journal Dienstag, 30. November 2021 – Waagrechter Sturm, dräuender innerer Dezember

Mittwoch, 1. Dezember 2021

Endlich mal wieder richtig gut geschlafen, mit nur zwei Unterbrechungen.

Der Weg in die Arbeit war unangenehm kalt, vor allem durch schneidenden Wind, zumindest sorgte eine frostige Schneeschicht auf dem Boden für guten Griff unter den Sohlen.

In der Arbeit viel Manuelles, zum Glück fast ohne Bastelnote, weil Sortieren von Weihnachtskarten. Draußen schneite es wieder, meist waagrecht.

Zum Mittagessen viel Orange, Pumpernickel mit Frischkäse.

Am frühen Nachmittag (also zwei Stunden vor Sonnenuntergang, buhuhu) brauchte ich etwas in einem Nebengebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite – und stellte fest, dass es so stürmte, dass ich mich fast waagrecht gegen den Wind stemmen musste.

Blöder Nachmittag, der meine grundsätzliche Niedergeschlagenheit verstärkte.

Bei Feierabend stürmte es immer noch, hatte aber entfrostet: Der Boden war auf meinem Heimweg nass.

Zu Hause eine fordernde Folge Yoga, die mich von den hängenden Flügeln ablenkte. Die marktüblichen Mittel des Wegbeamens stehen mir ja leider nicht zur Verfügung: Alkohol vertrage ich nicht in betäubenden Mengen, am Frustessen hindert mich der weiterhin fehlende Appetit, Wechseljahrhormone blockieren Flucht in Schlaf, Fernsehserien-Lobotomie funktioniert nicht, weil mich seit vielen Jahren keine auch nur genug interessierte (zuletzt habe ich wohl vor neun Jahren mehr als eine Serien-Folge hintereinander gesehen, das war Downton Abbey, und selbst da reichte das Interesse nur für zwei Staffeln). Ob Sport noch wie früher funkionieren würde, zum Beispiel mindestens eine Stunde Step-Aerobics mit grooviger Musik, kann ich derzeit wegen Pandemie nicht herausfinden.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell aus Rachel Roddys Pasta A to Z Mafaldine mit Tomatensauce und Ricotta.

Ganz ausgezeichnet.
Und mit zwei Portionen ein wenig zu viel. Es passte fast keine Schokolade hinterher.

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Nicht mehr neu, aber so schön: Dietmar und Nellia Ehrentraut waren schon vor vier Jahren ein Internet-Hit.

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https://youtu.be/qMglBwfhsN4

(Auch falls Sie sich gefragt haben, wie Tätowierungen dann im Alter aussehen.)
Nein, diese Beweglichkeit lernt man sich nicht erst in der Rente an: Das Paar tanzt seit über 40 Jahren und hat es bis zu Wettbewerben auf Europa-Ebene gebracht.