Archiv für Januar 2022

Journal Montag, 10. Januar 2022 – Wunderheilung

Dienstag, 11. Januar 2022

Am Sonntagabend hatte ich beim Vorbereiten meines Krankheitstags für die Arbeit noch gescherzt: “Außer es tritt Wunderheilung ein.”
Und dann bekam ich sie (tät ich beten oder nähme ich Zuckerkügelchen, wüsste ich warum). Schon in der Nacht auf Montag schlief ich tief, und bei den beiden Malen Aufwachen merkte ich deutlich: Nicht mehr krank.

Als der Wecker um sechs läutete, sprang ich wirklich munter und gesund auf, machte Milchkaffee, entfernte den Zettel für den Putzmann “Bin krank!” von meiner Zimmertür. Die nächsten Stunden fühlte ich mich lediglich light headed, schließlich hatte ich schon ziemlich lang nichts mehr gegessen, aber nicht mal richtig schwindlig. Hurra!

Ich kam erst so spät von Zuhause los, dass ich in den Schulradlverkehr geriet – und mehrfach vor den in Gruppen auf dem Gehweg radelnder Kindern auf die Straße ausweichen musste. Es war kalt, vereinzelte Schneeflocken in der Luft.

In der Arbeit ging es genauso heftig zu wie erwartet, wenn auch nicht in der Art und Weise wie erwartet. (Außer den Postbergen: Die hatte ich genau so erwartet. Waren aber nachmittags zügig weggeschafft.) Aber da ich auf Tumult und Durcheinander gefasst war, fest entschlossen, dabei locker in den Knien zu bleiben, da ich zudem alles Vorbereitbare vor Weihnachten vorbereitet hatte, war ich für meine Verhältnisse auch innerlich geradezu gelassen. Außerdem stellte sich heraus, dass über die Weihnachtsferien Menschen regelnd und konzipierend aktiv gewesen waren, mit denen ich nicht gerechnet hatte, und dass so eine Baustelle zumindest strukturiert war.

Mittags aß ich Hokkaido milk bread (wenn das Hefezopf ist, ist es der saftigste, fluffigste, den ich je hatte), Tarocco-Orange, Granatapfelkerne – also ganz normal. Das war wohl voreilig nach dem Infekt: Ich wurde extrem müde davon und fühlte mich nicht mehr so gesund wie mit leerem Magen. (Hätte vielleicht doch erst mal mit Salzstangen anfangen sollen?)

Nachmittags ging es heftig weiter, zum späten Feierabend hing ich ziemlich in den Seilen.

Doch draußen war die Luft gut und nicht zu kalt, ich genoss den Spaziergang nach Hause über Paketabgabe und Vollcorner. Daheim eine Runde Yoga, darin eine Reihe Übungen, die ich nicht schaffte.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell das Mufflon-Curry mit französischen Trockenpflaumen, das er schon am Sonntag zubereitet hatte. Ich bat vorsichtshalber um viel trockenen Reis, zu dem ich ein wenig davon versuchen wollte. Es schmeckte sehr gut, wahrscheinlich nahm ich den einen oder anderen Löffel zu viel. Auch Fruchtgummi zum Nachtisch traute ich mich.

Im Fernsehen lief aus Anlass von Sidney Poitiers Tod Rat mal, wer zum Essen kommt. Hatte ich vor vielen Jahren schon mal gesehen, dabei war mir aber nicht aufgefallen, dass Poitier eine doch vielschichtige Rolle hat, Katharine Houghton als seine Verlobte aber nicht mehr Merkmale als jung, hübsch, naiv bekommt. Zum Thema Rassismus/Antirassismus ist der Film von 1967 ein interessantes Zeitdokument; mittlerweile weiß man, dass “ich sehe keine Hautfarben” keineswegs zu Gleichberechtigung führt.

Sehr früh ins Bett weil müde.

Journal Samstag/Sonntag, 8./9. Januar 2022 – Nymphenburg und ein Tag krank im Bett

Montag, 10. Januar 2022

Der Sonntag war leider ein Komplettausfall: Nachdem ich mich morgens nach einem Aufwachen und Klogang um fünf wieder hinlegte, wurde mir schlagartig sehr schlecht. Den Vormittag verbrachte ich hauptsächlich im Bett liegend, mit regelmäßigen Ausflügen zur Kloschüssel – inklusive Komplett-Sauerei, die Kloputzen, Duschen und Kleidungwaschen nach sich zog. Ab Mittag beruhigte sich mein Körper, ich konnte längere Abschnitte schlafen. Nachdem ich erst ein paar Schluck Wasser bei mir behielt, blieb dann auch Fencheltee drin, den der fürsorgliche Herr Kaltmamsell auf meine Bitte zubereitet hatte.

Durch die herabgelassenen Rolläden hörte ich es am Morgen erst regnen und stürmen, später leuchtete sogar ein wenig Sonne durch die Ritzen. Der Kirchturm von St. Matthäus schlug die vollen Stunden und ließ den Nachmittag vorbeiziehen.

Kurz nach sechs probierte ich das mit dem Aufstehen. Zwar gähnte ich immer noch, war erschlagen und litt unter Kopfweh und Bauchzwicken – aber wenn ich in der folgenden Nacht schlafen wollte, musste doch eine Wachphase davor liegen? Außerdem taten mir die Knochen von 20 Stunden Liegen weh. Nahrungsaufnahme stand außer Frage (Herr Kaltmamsell kochte des geplante Abendessen trotzdem, jetzt hatte er mehr Zeit als am Montag, doch allein der Geruch ließ meinen Magen sich bedrohlich ballen), ich war froh, dass ich mit Tee zumindest Flüssigkeit in den dehydrierten Körper brachte. Zur Tagesschau schaffte ich sogar lösliche Gemüsebrühe für den Salznachschub.

Geplant hatte ich den Start des gestrigen Sonntags und letzten Tag vor Arbeitsanfang mit dem Backen des legendären Hokkaido Milk Bread, Roux dafür am Samstagabend gekocht, Butter und Ei zum Temperieren aus dem Kühlschrank genommen. Nachdem sich abzeichnete, dass ich dazu gestern nicht in der Lage sein würde, übernahm nachmittags Herr Kaltmamsell.

Ins Bett um halb acht, ich hatte bereits Nachrichten und Anweisungen für Kolleginnen und Chef vorbereitet, weil ich mir nicht vorstellen konnte, am nächsten Tag arbeitsfähig zu sein. Auch wenn der erste Tag nach Urlaub und dieser Tag ganz speziell aus einigen Gründen ausgesprochen ungeschickt für ungeplante Abwesenheit war.

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Auch der Samstag verlief anders als geplant, allerdings nicht komplett. Meine Eltern hatten für einen weiteren Handwerkseinsatz anreisen wollen, doch der anhaltende Schneefall machte es klüger, keine 80 Kilometer mit dem Auto zu fahren, sondern den – eh nicht pressierigen – Einsatz zu verschieben.

Statt dessen turnte ich eine Runde Yoga, holte Semmeln, frühstückte sie.

Nachmittags war ich zu einem Spaziergang am Nymphenburger Schloss verabredet und trug gleich mal meine neue Sonnenbrille: Im Winter und reflektiert von Schnee oder Wasser plagt mich das Sonnenlicht deutlich mehr als im Sommer von oben.

Rechts neben diesem Gebäude führte ein Weg zum alten kleinen Friedhof der Englischen Fräulein, den besichtigten wir erst mal – und entdeckten unter anderem das Grab von Ruth Leuwerik.

Es war ziemlich viel los auf den Wegen ums Schloss, da die Temperaturen gleichzeitig feucht-klamm waren, hielten wir den Spaziergang kurz.

Auf dem Rückweg gerieten wir mit der Tram in Verkehrsbehinderung durch einen Autocorso von Impfgegnern mit vielen, vielen Deutschlandfahnen (vielleicht noch von einem Fußballturnier?). Das letzte Stück ab Hackerbrücke ging ich entlang der Theresienwiese zu Fuß nach Hause und musste deshalb die Botschaften aus den Lautsprechern des Autocorsos hören, darunter Falschaussahen wie “die Regierung” habe erst behauptet, die Impfung helfe, dann die Impfung helfe nicht, oder dass sie behaupte, Virus-Mutationen würden durch die Geimpften verursacht. Nein, ich glaube nicht, dass an diese Leute durch Diskussionen ranzukommen ist.

Cocktail-Abend: Ich hatte Herrn Kaltmamsell informiert, dass es Whiskey Sour mit einer eigens dafür gekauften Bergamotte-Zitrone und Ciao Bella geben würde, er müsse allerdings die Reihenfolge bestimmen. Es wurde zuerst der Whiskey Sour (gut! den nächsten probiere ich aber mit weniger Zuckersirup), dann die Negroni-Variante.

Zu Essen gab es Irish Stew mit heimischem Mufflon (vor Weihnachten beim Wildhändler auf dem Viktualienmarkt gekauft und eingefroren) – wir hatten uns von diesem Fleisch das Hammelaroma erhofft, das ein Stew erst richtig authentisch macht. Funktionierte nur so halb, mir gefielen vor allem die typischen Gerstengraupen im Irish Stew.

Abendunterhaltung war im Fernsehen Reise ins Labyrinth von 1986, aus Bildungsgründen, denn ich hatte den Film nie gesehen. Meine Güte! Wirklich ein Kuriosum der Filmgeschichte, bizarr schlecht.

Journal Freitag, 7. Januar 2022 – Vegetarisches fine dining im Green Beetle

Samstag, 8. Januar 2022

Ausgeschlafen, und das auch noch gut.

Am dritten Tag konnte ich die Augen nicht mehr davor verschließen: Das ist tatsächlich eine leichte Blutung, meine blöde Gebärmutter will es doch noch mal wissen und hat ordentlich Schleimhaut geklöppelt, der Zähler der Tage seit letzter Menstruation saust von 335 zurück auf 0, keine Menopausenfeier im Februar, zefix.

Gestern war nochmal Schwimmen im Dantebad geplant, doch als ich bereits gepackt hatte und vor Anziehen und Losradeln nur kurz duschen wollte, hatte ich eine superoriginelle Idee: Ich könnte einfach nicht zum Schwimmen gehen und statt dessen alle sonstigen Vorhaben (Einkäufe, Frühstück, Zeitunglesen) supergemütlich und ohne genaue Taktung durchführen. Das machte ich dann einfach!

Das Wetter war hell und kalt, aber nicht unter Null, manchmal sah ich Schneeflocken, manchmal Sonne. Ich zog los zu einer Runde Lebensmitteleinkäufe für die nächsten Tage, besorgte auch Frühstückssemmeln.

Meine zweite Runde in die Innenstadt legte ich über den Odeonsplatz, um mal wieder Automatenfotos für mein Langzeitprojekt zu machen; aus dem Jahr 2021 gibt es nur eine einzige Aufnahme, das sollen dieses Jahr wieder mehr werden.

Leider musste ich feststellen, dass auch dieser Automat überbelichtet (neben dem am Josephsplatz und dem am Goetheplatz) – eigenartig, vor neun Jahren bekam ich in dem Automat derselben Firma am Sendlinger Tor noch Passfoto-Qualität.

Nächster Einkaufspunkt: Haushaltswaren-und-alles-Geschäft Kustermann auf der Suche nach einer besonders großen Seifendose (für meine Lavendel-Peelingseife) – vergeblich, ich bestellte später dann doch eine aus der großen Auswahl im Internet.

Zuletzt spazierte ich zum Eataly wegen Spaghetti chitarra – und in der Hoffnung, den einen oder anderen hochwertigen Panettone für die Hälfte abzustauben. Doch die Weihnachtsware war bereits verschwunden.

Zu Hause hatte Herr Kaltmamsell die Orangensauce aus den vielen Gläsern zurück in den Topf geschüttet und kochte sie nochmal. Die Marmelade wurde recht dunkel, und nun befürchtete er, Orangenkonfekt (wie Quittenbrot) produziert zu haben. Test beim Semmelfrühstück ergab: Perfekte Konsistenz, keineswegs schnittfest.

In aller Ruhe las ich Twitter und Zeitung. Anruf des Optikers, meine Sonnenbrille sei fertig. Die holte ich in früher Winterdunkelheit und bei leichtem Schneefall ab, auf dem Rückweg gönnte ich mir einen Strauß Blumen: Der Blumenladen in unserer Straße hatte schon vor einer Weile mit neuem Besitzer wiedereröffnet, jetzt dachte ich endlich mal zu seinen Öffnungszeiten an einen Einkauf.

Für den Abend und zum Feiern des Ferienabschlusses hatten wir einen Tisch im neuen vegetarischen Ableger des Käfer-Restaurants reserviert, im Green Beetle – wir sind ja beide immer noch auf der Suche nach einem Münchner Pendant unseres Restaurant-Lieblings in Brighton, dem vegetarischen/veganen Food for friends. Wir nahmen die U-Bahn, auf den letzten 500 Metern zu Fuß schneite es nass.

Wir wurde herzlich in sehr angenehmen und luftigen Räumlichkeiten begrüßt (und auf Impfstatus überprüft), dann verbrachten wir drei ausgesprochen schöne Stunden mit guten Speisen und Getränken.

Die Karte holten wir uns über QR-Code auf unsere Handys – die so bei den Speisen ganz gut lesbar war, die Weinkarte las sich damit allerdings sehr mühsam, ich sehnte mich nach einer klickbaren Navigation. Als Aperitif bestellte wir beide den “Signature Drink” Cinnamon Wiskey Sour – den gab es gestern allerdings nicht, sondern nur die klassische Version. Schmeckte frisch und gut. Wir entschieden uns für das vegetarische Menü in vier Gängen, dazu bat ich von der Weinkarte um den 2020 Sauvignon Blanc vom rheinhessischen Weingut Keth, das ich von ein paar anderen Weinen kannte. Doch auch den gab es nicht, auch nicht einen anderen Jahrgang, uns wurde statt dessen ein Gelber Muskateller Fiedesser aus dem österreichischen Weinviertel empfohlen – passte gut, schmeckte ganz wunderbar.

Als Gruß aus der Küche gab es Papierbrot und saures Gemüse, ein Schälchen mit Zwiebel-Hack und Karottenreduktionn – sehr gut.

Der erste Gang war gleich mein Favorit des Abends: Französische Brioche (schmeckbar die Version mit viel Butter) mit hauchdünner Steckrübe und mit Apfel, ein Viertel karamellisierter Chicorée.

Zur schön wärmenden und intensiven Champignon-Essenz wurde eine Polenta-Schnitte mit Estragon serviert, ganz wunderbar.

Das Krautwickerl war mit Sauerkraut gefüllt, ergänzt mit Birne, Pastinaken, Zimt – klasse.

Als Dessert gab es “Münchner Honig”: Mais-Ganache, Fingerlimette, Toffee Eis – eine erfreuliche Mischung aus knusprig und cremig. Zum Espresso stellte uns der aufmerksame Service ein Tellerchen mit Canelé, die seit einiger Zeit durch die Foodblogs geistern, jetzt weiß ich endlich, wie die schmecken (eher ein Textur- denn ein Geschmackserlebnis).

Satt und zufrieden gingen und fuhren wir heim durch nassen Schnee. Ein Münchner Food for friends hatten wir zwar nicht gefunden, das Green Beetle ist viel edler, doch zumindest eine ernst zu nehmende Anlaufstelle für ambitionierte und Zutaten-zentrierte Gemüseküche.

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Einen Clip von ihm habe ich ja schon verlinkt, jetzt empfehle ich den gesamten Tiktok von @adrianbliss – er ist ZU gut. Aktueller Liebling: Shrimp on Noah’s ark. (Wie er immer wieder in die Kamera guckt, wie so Passanten, die vom Fernsehen interviewt werden <3 <3 <3)

Journal Donnerstag, 6. Januar 2022 – Briefe aus 40 Jahren Vergangenheit

Freitag, 7. Januar 2022

Ausgeschlafen, ruhig aufgewacht.

Die Nacht ging mit einem nassen Schneeschauer in den Tag über.

Gemütlicher Morgen mit ausführlichem Bloggen. Auf dem Sportprogramm stand Krafttraining rundum mit Hanteln, mittlerweile schien die Sonne ins Wohnzimmer.

Zum mittäglichen Frühstück gab es ein paar Fleischklößchen, außerdem Birne, Banane, Trauben mit Hüttenkäse und Joghurt.

Nächster Programmpunkt (nein, so wird das mit dem Langweilen nichts): Badkacheln entkalken. Weite Bereiche der weißen Kacheln um die Dusche sind mit normaler Reinigung nicht glatt und glänzend zu bekommen, sie scheinen den Kalk vieler Jahre zu tragen. Absprache mit Herrn Putz 1 hatte als Grundreinigung aufgesprühte Essigessenz und eine Stunde Einweichen ergeben, an einer Testkachel hatte die Methode Erfolg gezeigt. Das Einsprühen von 3 Quadratmetern Kacheln legte ich gezielt auf gestern: Herr Kaltmamsell kochte am Dreikönigstag die jährliche Orangenmarmelade – und die Orangenmarmeladendüfte würden den unangenehmen Essiggeruch überdecken. Klappte beides: Gegen die beißenden Essigdünste öffene ich zusätzlich das Badfenster, die Kacheln schrubbte ich nach Einwirken mit Scheuermilch, nur ein paar werde ich nacharbeiten müssen.

Den restlichen Nachmittag verbrachte ich mit der anderthalb Jahre geschobenen Sortierung meiner großen Briefkiste. Da sie aus Korbgeflecht besteht, waren in den vergangenen 20 Jahren Staub und Schmutz eingedrungen: Mit jedem Stapel ging ich erst mal auf den Balkon zum Ausschütteln und Abpusten.

Die Briefe zu lesen, war ich nicht im Geringsten versucht, das Leben der Frau, die vor 30 Jahren meinen Namen trug, interessiert mich ebenso wenig wie meine 30 bis 40 Jahre alten Tagebücher. Es ging mir nur um Sortierung, also sah ich nur in Umschläge, wenn ich einen Brief nicht zuordnen konnte. Auch Weihnachtskarten hebe ich offensichtlich immer schon auf, die kamen auf einen eigenen Stapel.

Eine Überraschung war der Fund eines Umschlags mit Zetteln – auch die hatte ich völlig vergessen: An der Tür meiner Studentinnenwohnung im Augsburger Handwerkerviertel hing außen ein kleiner Block mit Stift. Wer mich nicht antraf, konnte mir darauf eine Nachricht hinterlassen. Was halt damals (1988-1997) eine gute Idee ware, weil es a) üblich war, bei Freund*innen und Bekannten einfach mal vorbeizuschauen, es b) lange keine Anrufbeantworter oder private E-Mails gab. Für Kurzkommunikation mit Kontakten verwendeten wir ZETTEL! Und ich habe sie offensichtlich aufbewahrt.

Weitere Entdeckung: Der 32 Jahre alte Brief einer Chor-Freundin während ihrer Ausbildung zur Bühnenbildnerin, in dem sie meine vorherige briefliche Schilderung einer Tanzstunde mit Wasserfarbe gezeichnet hatte. Dass es den Brief gab, wusste ich noch gut, hatte ihn aber für verloren gehalten.

Als Abendessen servierte Herr Kaltmamsell die restlichen Fleischklößchen und Blätterteig mit Spinatfüllung. Nachtisch Eis mit… Orangensauce, möglicherweise muss die Marmelade nochmal durchgekocht werden.

Als Abendunterhaltung ließen wir Kohlhiesels Töchter laufen. An Susis Frisur musste ich ja all die Jahre denken, in denen junge Frauen ihre langen Haar auf der Kopfkrone zusammenbanden (die Mode scheint durch zu sein) – und das Lachen von Liselotte Pulver macht mit seiner Anarchie zum Glück das frauenfeindliche Gesellschaftskonzept des Films in Sekunden zunichte.

Journal Mittwoch, 5. Januar 2021 – Ausflug ins Ingolstädter Medizinhistorische Museum

Donnerstag, 6. Januar 2022

Nach gutem Schlaf vom Wecker geweckt worden – den ich gestellt hatte, um vor unserem Ausflug zum Ingolstädter Medizinhistorischen Museum noch ein wenig Ruhe zu haben. Es regnete.

Nach einer Woche Pause machte ich nach all den Unternehmungen mal wieder einen Covid-Schnelltest. Der von der Arbeit gestellte von Lepu Medical zeigte wieder einmal gar nichts an, also auch keinen Kontrollstreifen: Diese Sorte hat bei mir eine Ausfall-Quote von über 20 Prozent. Ich ließ mir einen von Herrn Kaltmamsells Tests geben.

Mit dem Zug nach Ingolstadt, draußen blieb es greislich. Ingolstadt liegt gerne mal in einer anderen Wetterzone als München, bis Ankunft gab ich die Hoffnung nicht auf, dass wir die halbe Stunde von Hauptbahnhof ins Stadtzentrum zu Fuß gehen würden. (Zur Erinnerung: Der Hauptbahnhof von Ingolstadt liegt ungefähr so zentral wie der Flughafen von München, begründet in der Geschichte Ingolstadts als wichtiger Militärstützpunkt.) Doch in Ingolstadt war schlagartig Winter: Es ging ein eisiger, schneidender Wind, in der Luft ein wenig Schneeregen. Wir nahmen also die einzige hochfrequente Busverbindung der Öffi-feindlichen Autostadt, nämlich die zwischen Hauptbahnhof und Zentrum (Busbahnhof).

Erst in der Vorbereitung auf den Ausflug hatte ich gelernt, dass es das Ingolstädter Medizinhistorische Museum erst seit 1973 gibt und dass es ohne eigene Sammlung eröffnet hatte, also Exponate aus anderen Sammlungen zeigte. Das heißt, dass mein erster Besuch als Kind mit meinen Eltern kurz nach dieser Eröffnung stattgefunden haben muss. Ich glaube mich zu erinnern, dass in erster Linie Präparate in Glaszylindern ausgestellt waren, dazu historische Geburtswerkzeuge. Dass meine Mutter mir vieles so kindgerecht wie möglich erklärte, dass ich neugierig und fasziniert war. Sicher bin ich, dass sowohl meine Mutter als auch ich die Auswirkungen aufs kindliche Seelchen komplett unterschätzt hatten: Ich erinnere mich an eine lange Phase mit schlimmen Albträumen, dass ich einmal nachts hochschreckte und im Fenster meines Kinderzimmers ein Skelett zu sehen glaubte. (Sehe ich heute als Hinweis, dass ich schon als Kind nicht gut mit mir umgehen konnte: Die meisten anderen kleinen Kinder hätten sich rechtzeitig vor Ort gegruselt und gestreikt.)

Heute zeigt das Museum einen kleinen, aber interessanten Ausschnitt der mittlerweile großen eigenen Sammlung (im Herbst 2020 fertiggestellt und mit dem Bayerischen Museumspreis ausgezeichnet). Er ist thematisch sortiert, beleuchtet auch kulturelle und soziologische Aspekte. Daraus und aus dem hilfreichen Audioguide lernte ich u.a., dass die Ingolstädter Anatomie eine der am spätesten gegründeten in Europa war (dafür eine der wenigen mit eigenem Bau), dass es fast keine historischen Zeugnisse von Einrichtung und Abläufen gibt (zur multimedialen Erläuterung wurden deshalb die anderer Universitäten gezeigt). Und mir wurde bewusst, dass im Grunde erst seit nicht mal 200 Jahren mikroskopische Betrachtungen medizinische Forschung ermöglicht, wie wir sie heute kennen, dass bis dahin alle Therapien sich auf das “Herausziehen” von Krankheiten aus dem Körper konzentrierten, in Form von Aderlass, Schröpfen, Einläufen – was so manche Pseudo-Medizin auch heute wieder verkauft, aber die bestreitet ja auch gerne, dass es sowas wie Viren überhaupt gibt.

Christus anatomicus von 1700, Mischung aus Kruzifix und Anatomie-Lehre.

Die stillende Bettlerin – uneheliche Schwangerschaft konnte eine Frau bis vor gar nicht allzulanger Zeit komplett aus der Gesellschaft werfen.

Thematisiert wurde auch die Heldenverehrung berühmter Ärzte – mit einem echten Lacher.

Info für @Mirabilia: Schöne Garderobe im Untergeschoß, schöne Toiletten. Das Café mit Ausblick auf den Kräutergarten öffnete erst nach Mittag.

Die Sonderausstellung in einem Raum im Obergeschoß des Erweiterungsbaus (der mir ebenfalls neu war) lautete “In the Name of Love – AIDS-Gedenktücher als Zeichen von Trauer und Protest”. Sie thematisierte vor allem die gesellschaftliche Seite von AIDS seit Ausbruch.

Abschließend spazierten wir durch den schönen Heilpflanzengarten.

Im Hintergrund das Liebfrauenmünster (ein Turm kürzer, weil das Geld ausging).

Klassische Ansicht der Alten Anatomie.

Fürs Mittagessen steuerten wir aus nostalgischen Gründen das griechische Lokal an, in dem ich in meiner Ingolstädter Zeit wohl am häufigsten gegessen habe, und das es möglicherweise fast 40 Jahre gibt: das Poseidon. Unsere Impf-Zertifikate wurden löblich gründlich geprüft, wir aßen Grillfleisch mit Salat (Herr Kaltmamsell) und Salatteller mit Scampi und Tintenfisch, dazu Pita mit Knoblauch. Alles gut. Hier gibt es sogar immer noch griechischen Mokka, den ich liebe, wir bekamen ein Gläschen Metaxa dazu und die Empfehlung, beides zusammen zu genießen.

Mittlerweile hatte sich das Wetter beruhigt, sogar die Sonne blinzelte ein wenig. Doch es war weiter eisig und windig, eine ausführliche Runde durch die Innenstadt (die mir schon lang fremd geworden ist, es fällt mir sogar schwer mich zu erinnern, was da früher war) verschob ich auf den Sommer. Den Fußweg zurück zum Bahnhof machten wir also möglichst direkt.

Gab es zu meiner Zeit auch nicht: Kormorane auf der Donau (auf dem Felsen im Fluss).

Auf dem Heimweg Lebensmitteleinkäufe, zu Hause erst mal eine Kanne Tee – gegen den Durst und zum Aufwärmen. Eine Runde Yoga, dann bereitete ich das Abendessen zu: Ein Teil der restlichen Meatballs vom Vortag wurde Pastasauce, ich wollte endlich mal die ikonischen amerikanisch-italienischen spaghetti with meatballs (die Susi-und-Strolch-Szene?).

Nachtisch Pralinen.

Auf der Hinfahrt nach Ingolstadt hatte ich mich mit Herrn Kaltmamsell unter anderem über seine aktuelle Lektüre unterhalten: Er liest Wolfgang Herrndorfs Sand zehn Jahre nach Erscheinen nochmal. Vor allem sein Urteil, dass sich der Roman ausgezeichnet gehalten habe, machte mir Lust darauf, es ihm gleichzutun.

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Großer Dank an Anke Gröner, die mit Überlegungen und Recherche dem manchmal bis zur Verzweiflung peinigenden gesellschaftlichen Unwohlsein nachgegangen ist, das auch mich in den vergangenen Monaten beutelt:
“Diskontinuität und Konsensfiktion”.

Journal Dienstag, 4. Januar 2022 – Keine iphone-Reparatur, Spider-Man: No Way Home

Mittwoch, 5. Januar 2022

Guter Schlaf, aufgewacht zu grauem Tag. Wieder keine Zeitung im Briefkasten (dafür mal wieder in zwei anderen, deren SZ-Abo mir neu wäre – wahrscheinlich eine Verwechslung, aber ich nehme nicht auf Verdacht die Zeitung aus dem Briefkasten von Nachbarn).

Mein Rettungsversuch altes iphone (Modell 6s, gekauft 4/2017 – also nicht SO alt) scheiterte leider. Vormittags hatte ich wegen der unscharfen Fotos und des schwächelnden Akkus einen Termin bei Apple in der Rosenstraße. Nach dem Ergebnis des Diagnose-Laufs wurde mir angeboten, die Kamera zu reparieren und den Akku zu ersetzen, diese 114 Euro war mir die Rettung des Geräts vor dem Status “Müll” wert. Ich wurde mehrfach gewarnt, dass ein neues Betriebssystem schon im Herbst manche Apps überfordern könnte, doch auch ein halbes Jahr längerer Gebrauch schien mir attraktiv. Zudem konnte ich das Gerät bereits nach unter eine Stunde wieder abholen, auch das kam mir entgegen.

Nur dass man mich beim Abholen enttäuschen musste: Das Öffnen des Telefons habe einen Wasserschaden angezeigt (man zeigte mir ein Foto vom Inneren mit einem roten Lämpchen), deshalb dürfe es nicht repariert werden. Von einem Moment auf den nächsten hielt ich Müll in der Hand. Zwar bin ich mir sehr sicher, dass das Gerät nie getaucht hat, doch Feuchtigkeit beim Tragen am Körper beim Joggen oder ein paar Regentropfen beim Wandern – das hatte es durchaus abbekommen. Das muss ich erst mal verdauen, bis ich mir Gedanken über ein eventuelles Nachfolgemodell mache.

Während des Wartens aufs Smartphone hatte ich beim Konen eine Jeans gekauft – wie in alten Zeiten perfekt beraten von einer Angestellten, die meinen verzweifelten Blick auf die unzähligen Hersteller-Stationen mit unter anderem Jeans aufgefangen hatte, die ihr Sortiment kannte und mir daraus Modelle nach meinen Angaben in die Umkleide reichte, mich zudem mit bayerischer Anatomie-Benennung erfreute: “Hätt i jetza ned denkt, dass Sie so lange Fiaß ham.” (Ich brauchte eine längere Jeansgröße als vermutet.) Resultat: Neben einer schwarzen und roten besitze ich jetzt auch eine klassische blaue Jeans, die mir passt. Anschließend beschwingte Lebensmitteleinkäufe.

Doch nach der Enttäuschung im Apple-Laden kehrte ich appetitlos heim, machte mir lediglich einen zweiten Milchkaffee. Später dann doch noch Frühstück: Granatapfelkerne und Banane (darauf hatte ich beim Einkaufen seltenen Gieper gehabt) mit Quark.

Den Nachmittag verbrachte ich in der Küche, denn ich hatte mich für die Abendessen-Zubereitung gemeldet: Es sollte Meatball Sandwiches geben. Das dauerte länger als erwartet (über zwei Stunden), ich wurde knapp fertig, bis wir zum vorabendlichen Kinobesuch aufbrachen: Spider-Man: No Way Home im Matthäser.

Multiplex-Kinos sind für mich ja ungewohnt; obwohl für die Vorführsäle nicht mal ein Drittel der Plätze verkauft werden dürfen, gab es eine lange Schlange am Eingang zum Check der Impf-Zertifikate. Der Film war vergnüglich (allerdings auch dieser mit zweieinhalb Stunden zu lang – gibt es ein Verbot für nur 90 Minuten lange Filme, das mir bislang entgangen ist?), ich mochte den neuen Gedanken, dass man Superschurken nicht unbedingt töten muss, sondern auch versuchen kann, sie zu bessern. Außerdem ermöglichte das Multiverse-Konzept der Handlung (das uns den Filmvorschauen zufolge erst mal bleiben wird) ein Zusammentreffen aller drei bisherigen Spider-Man-Darsteller der vergangenen Jahrzehnte: Nicht nur sah ich den gealterten Tobey Maguire wieder (der immer mein Spider-Man bleiben wird), sondern die drei hatten endlich die einzig passenden Gesprächspartner für Austausch über die vielen inneren und äußeren Seiten der Spider-Manigkeit – rührend. Zendaya und William Dafoe großartig, das Drehbuch ermöglicht mit dem Ende einen weiteren Neuanfang der Serie.

Zu Hause überbuk ich die Meatball Sandwiches als Abendessen, verwendete dazu die letzten Scheiben selbst gebackenes Weißbrot – sehr gut.

Im Bett las ich Blai Bonet, Frank Henseleit (Übers.), Das Meer aus. Ich weiß ja nicht. 1958 auf Katalonisch veröffentlicht, spielt der Roman nach dem Bürgerkrieg in einem Lungensanatorium auf Mallorca und besteht aus Monologen von einzelnen Personen (Patienten und Personal), die vage die Geschichte eines Mordes zu Beginn des Bürgerkriegs erzählen, vor allem aber die Gedanken dieser Personen über sich selbst und die anderen Monologisierer*innen.

Die spanische Version wird vermarktet als „metaphysical novel as exemplified by Dostoyevsky“ – und an Dostojewski musste ich bei den verquasten und schier endlosen theoretischen Abhandlungen über Unschuld und Schuld in den Augen des katholischen Gottes durchaus denken, über Sünde, moralisches Verderben und Versuchung – was nicht als Kompliment gemeint ist, weil IM ERNST?! Ich will mich keineswegs über Menschen lustig machen, die sich mit solchen Fragen martern, denn Marter und Pein sprechen aus diesen Monologen der Protagonisten ganz deutlich. Aber sie liegen meinem eigenen Nachdenken über Ethik sehr fern, wie fast alle Metaphysik. Mit seiner zusätzlichen Handlungsarmut und seinen angestrengt-poetischen Beschreibungen (die mögen aber ebenso wie die orthografischen und grammatikalischen Fehler der Übersetzung und mangelndem Lektorat zuzuschreiben sein) ging der Roman komplett an mir vorbei.

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Handgestrickter Gartenzaun. (Verwendet wurde Garn für Fischernetze.)

Journal Montag, 3. Januar 2022 – Schwimmen und gelassene Geschäftigkeit

Dienstag, 4. Januar 2022

Gut und lang geschlafen, bis fast sieben.

Selten begrüßte ich den Lärm des Glascontainer-Entleerens so wie diesmal beim Aufwachen: Alle Sorgen um Wegwerfmöglichkeit der Leerflaschenbatterie im Flur kurz nach Silvester waren fort. Dabei hatten wir nicht mal besonders viel getrunken: Es waren nur zufällig ein paar Flaschen Schnaps gleichzeitig ganz leer geworden.

Gemütliches Kaffeetrinken und Bloggen, Räumen der Wohnung für Putzmanneinsatz, bevor ich unter trübem Himmel, aber in milder Luft zum Dantebad radelte.

Erstmals schwamm ich im neuem Bikini: Das Oberteil erwies sich als 100 Prozent schwimmtauglich, bei der Wahl des Unterteils hatte ich mich im Schnitt verschätzt: Obwohl es passte, rutschte es bei jedem kräftigen Abschlag ein wenig, ich musste es immer wieder hochzuppeln. Nachmittags bestellte ich ein anderes Modell nach, das hoffentlich besser hält.

(Gestern Schwimmen, für heute haben wir Kinokarten, Mittwoch planen wir einen Museums-Ausflug, Freitagabend ist ein Restaurant-Tisch reserviert, Samstag kommen meine Eltern zum Wohnungsbasteln – so wird das nichts mit dem Langweilen in den Weihnachtsferien, werden Sie sagen. Ich hatte ja auch vergessen, dass die Langeweile-Phase zwischen Weihnachten und Silvester liegt, und die habe ich mit Notar, Schwiegerbesuch, Bruderwandern verpasst.)

Über den Umweg Lebensmitteleinkauf radelte ich heim. Ich freute mich, dass ich Herrn Putz 1 nach langem mal wieder traf (sonst bin ich ja während seines Einsatzes in der Arbeit), konnte mich nach ihm, seiner Familie, Zurechtkommen mit der neuen Wohnung erkundigen. Wir fachsimpelten über unsere sportlichen Betätigungen (das war schon immer unser gemeinsames Thema) und wie wir körperlichen Gebrechen entgegen arbeiten (er ist nur wenig jünger als ich), Resultat: Er versucht’s dann doch mal mit Yoga, ich gebe der Faszienrolle nochmal eine Chance.

Ich verließ die Wohnung nochmal, um beim friendly neighborhood-Optiker endlich eine neue Sonnenbrille zu bestellen (beim Isarlauf am Samstag hatte ich wieder sehr unterm Blenden der Sonne gelitten, die vom Isarkanal gespiegelt wurde), genauer: Neue Gläser für mein vorhandenes, intaktes Sonnenbrillengestell. Mit den aktuellen Gleitsichtgläsern immer noch eklig teuer, aber nicht mehr Großteil-eines-Monatsgehalts-teuer.

Frühstück erst nach drei: Selbstgebackenes Brot, den Rest der Country Paté, Granatapfelkerne und Birne. Zu viel, wieder zwickte der Bauch – ich lerne es einfach nicht.

Wäsche gewaschen, Internet gelesen, Zeitung gelesen, in die empfohlene deutsche TV-Serie um eine Medienanwältin geguckt, Legal Affairs – die erste Folge machte tatsächlich einen guten Eindruck.

Zum Nachtmahl gab’s Reste vom Vorabend, also Kürbis-Lasagne, dazu einen Blattsalat. Nachtisch spanischer turrón – hart und weich.

§

In der gestrigen Süddeutschen eine interessante und nahegehende Reportage über die Folgen der Flutkatastrophe in den kommunalen Verwaltungen des Ahrtals (€):
“Wie es ist, in einer Katastrophe zu funktionieren”.

Sie mussten Todesurkunden ausstellen, Meldebescheinigungen ausgeben, sie mussten überlegen, was mit den Brückenresten passiert, die in der Ahr trieben, und was mit den Grabsteinen, die auf dem Friedhof umgerissen wurden. Sie mussten die Katastrophe verwalten. Aber kann das überhaupt gutgehen, wenn eine Behörde, durchstrukturiert in Dezernate, Abteilungen, Vorzimmer, auf etwas trifft, das weder Struktur noch Ordnung hat?

(…)

Am Tag nach der Flut trafen sich einige Abteilungsleiter und die Einsatzkräfte, aber die konnten nichts mit den Ortsangaben anfangen. Der Stadtteil Walporzheim war für sie der Untereinsatzabschnitt 7. Zwei Tage lang mussten Bauzeichner die Stadtpläne umzeichnen, damit sich Verwaltung und Einsatzkräfte verstehen. Zwei Tage.

(…)

Nach der Flut hatten die Abteilungsleiter überlegt, was alles organisiert werden muss, Duschzelte, Dixi-Klos, Internetempfang – und dann teilten sie sich auf. Ronstadt kümmert sich bis heute um die Verpflegung, er entscheidet, was er entscheiden kann, und wenn er etwas nicht entscheiden kann, ruft er den Bürgermeister an, etwa als er 20 000 Wasserbehälter bestellen wollte. Normalerweise hätte es Monate gedauert, eine Ausschreibung zu machen, Angebote einzuholen, Preise zu vergleichen. Aber dafür hatte er keine Zeit.

Auch hier sind offensichtlich neue Verordnungen nötig, die Kommunalverwaltungen für den Katastrophenfall trainieren (ähnlich Brandschutzübungen) – und ihnen im Ernstfall den dafür nötigen rechtlichen Bewegungsspielraum lassen.

§

Leider habe ich keine Geduld für all die TV-Shows weltweit, in denen Supersänger, -stars oder -tänzer gesucht werden. Umso dankbarer bin ich, dass manchmal Highlights davon als Schnippsel bei Twitter geteilt werden – zum Beispiel dieser.

§

Gibt’s in Corona-Jahr 3 überhaupt noch Sportvorsätze Anfang Januar? Wenn ich mir den Normalbetrieb auf meinen Joggingstrecken ansehe, sind die Sport-fähigen längst alle da. Trotzdem lustig:
“How animals would run if they were human”.

via @Klugscheisser