Journal Mittwoch, 2. Februar 2022 – Keri Hulme, Autorin von The Bone People, Ende 2021 gestorben

Donnerstag, 3. Februar 2022 um 6:44

Beim morgendlichen Reinigen zerbrach meine Knirsch-Schiene. Na ja, ich nutze sie schon viele Jahre allnächtlich, andere zerknirschen eine pro Jahr. Und mein Jahrestermin bei der Zahnärztin steht eh an.

Draußen war’s nass, und als ich das Haus Richtung Arbeit verließ, setzte Regen ein. Ich kehrte um und nahm einen Schirm mit – was sich als nützliche Entscheidung erwies, denn der windige Regen wurde auf dem Weg immer stärker.

Eigentlich sprach alles für die Aussicht auf einen geordneten Arbeitstag. Der sich halt nicht einstellen konnte wegen neuem IT-System.
(Symboldialog: “Brauche Berechtigung für Vorgang X, bitte erteilen.”
“Nein, Sie brauchen die Berechtigung nicht, Vorgang X unnötig.”
“Hier offizielle Anleitung, in der steht, dass ohne Vorgang X Gesamtprozess A nicht möglich.”
“Vorgang X gehört gar nicht zu Gesamtprozess A”. Etc. pp.)
Verdacht, dass die Dezentralisierung des Personals durch pandemische Homeoffice-Anweisung Mob-Bildung verhindert.

Mittags ein wenig Brot, eine Orange, Hüttenkäse.

Die Arbeit beruhigte sich am Nachmittag. Auf dem Heimweg machte ich einen Abstecher zu Aldi und kaufte große Mengen Süßigkeiten, die ich noch nicht kannte (plus ein paar Posten von der Einkaufsliste).

Zu Hause eine neue Runde Yoga, wieder besonders spannend mit ungewohnten Bewegungsabläufen und Haltungen; auch diese möchte ich wiederholen.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Suppe aus Restgemüse und Gemüseresten (warm und gut), dazu Weißbrot, danach viele Süßigkeiten.

§

Den Titel des Nachrufs hatte ich in englischsprachigen Medien aus dem Augenwinkel gesehen, doch den Namen Keri Hulme nicht gleich mit der Autorin eines der Meilensteine meiner Lese-Biografie in Verbindung gebracht: The Bone People, hier besprochen. Am 27. Dezember war Keri Hulme mit 74 Jahren in ihrer Heimat Neuseeland gestorben, die deutsche Presse hatte das wohl nicht vermeldet.

Auf der Booker Prize-Website (Hulme gewann den Preis 1985 als erste für ein Roman-Debut) eine ausführliche Würdigung von Buch und Autorin, mit vielen Details zu ihrem Werdegang, der Jury-Diskussion um die Preisvergabe und die Verleihung selbst (Hulme konnte nicht selbst teilnehmen, weil sie an dem Abend in Salt Lake City unterrichtete, den Preis nahmen ihre Verlegerinnen entgegen):
“How Keri Hulme’s The Bone People changed the way we read now”.

Sarah Shaffi looks back at the outsider who broke through the British establishment, and who forged a new literary lineage from Maori mythology and European tradition.

“Disturbing”, also verstörend, ist auch das erste Wort, das mir zur Beschreibung der Lektüre einfällt – doch anders als für die damalige Booker Prize-Jury hat das für mich noch nie gegen die literarische Qualität eines Romans (oder Films) gesprochen.

Keri Hulme wollte schon als Kind Künstlerin werden, schrieb und malte, lebte zuletzt in einem Haus, das sie selbst gebaut hatte, und verbrachte ihre Zeit, wie sie es sich von Kinderzeiten an gewünscht hatte: Mit Schreiben und Malen, Strandspaziergängen und Fischen.

The Bone People blieb ihr einziger Roman. Der lange keinen Verlag fand und dann vom feministischen Kollektiv Spiral praktisch von Hand veröffentlicht wurde, hier erinnert sich eine der Verlegerinnen, Marian Evans, ausführlich: “Keri Hulme’s ‘the bone people'”. Interessant sind für mich darin die vielen Details des Lektoratsprozesses (die veröffentlichte Version entspricht fast ganz dem Manuskript, an dem Hulme zwölf Jahre lang gearbeitet hatte), der Finanzierung, Produktion (die Titelillustration der Erstausgabe stammt von Keri Hulme selbst), Vermarktung. Evans erklärt sich den Erfolg des Romans so:

I think that its compassion for deeply damaged people is important; it gives space for readers to reflect on the pain in their own lives, including the pain they’ve caused, and to imagine what might bring healing.

Kommt gleich mal zu den Wiederlesen-Büchern.

§

Geschwisterliebe, so schön! Ethan Coen bespricht das erste Einzel-Filmprojekt seines Bruders Joel Coen.
“Joel Coen’s ‘The Tragedy of Macbeth’, Reviewed by Ethan Coen”.

via @DonnerBella

In the interest of full disclosure, my editor has requested that I mention that I was Mr. Coen’s writing partner, producer, and creative collaborator on the aforementioned 18 films. I am also his brother. We parted ways prior to Macbeth in a split that the press described as completely amicable. Despite my prior association with Mr. Coen, I feel that I am entirely capable of reviewing his work in a fair and objective way.

Genau, geht klar.

The Tragedy of Macbeth is the work of a fraud and a narcissist, a man who deceives others to serve his own needs. These habits don’t emerge, fully formed, in adults; they can be found in childhood. Early childhood. For example: September 1963, when I happen to know that Mr. Coen borrowed a Lite Brite that a family member just gotten for his birthday, and then fucking broke it, and blamed it on the dog. And he didn’t even get in trouble for it!

(…)

In summary: Joel Coen’s The Tragedy of Macbeth is a bowl full of lizard jizz from history’s greatest sociopath. One wonders if a UN Resolution calling for the phrase “ART HOUSE HACK” to be forcibly tattooed on Mr. Coen’s forehead might be called for. Joel Coen has so thoroughly put his foot through this “piece of art” that it’s really more of a “piece of FART”, but this time, he can’t blame his fuckup on the dog.

die Kaltmamsell

2 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 2. Februar 2022 – Keri Hulme, Autorin von The Bone People, Ende 2021 gestorben“

  1. Joël meint:

    Ha ha ha! Selten so laut schon früh am Morgen über eine Filmkritik gelacht.

  2. Nina meint:

    Oh, danke für den Hinweis auf den Tod Keri Hulmes. Das war auch vollkommen an mir vorbeigegangen. The Bone People ist bis heute eines meiner liebsten Bücher. Die erste Lektüre hat damals bei mir ganz deutlich den Übergang vom Jugend- zum Erwachsenenenlesen markiert.

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