Journal Sonntag, 13. Februar 2022 – Kalter Isarlauf in Sonne, flexibles Brauchtum
Montag, 14. Februar 2022 um 6:19Nachts oft aufgewacht, aber jedesmal wieder schnell eingeschlafen. Zu einem herrlichen Morgen aufgestanden.
Beim Schwimmen am Samstag war ich so oft mit dem rechten Ellbogen auf das Bahnentrenn-Plastik gedotzt, dass ich dort nicht nur einen blauen Fleck hatte, sondern auch den Arm nicht auf die Stuhllehne legen konnte. Dennoch gemütlicher Morgen.
Für meinen Isarlauf nahm ich eine U-Bahn zum Odeonsplatz und lief über Hofgarten und Englischen Garten an die Isar. Blöderweise begannen meine Waden schon nach 15 Minuten zu verhärten und zu schmerzen; ich beschloss sie zu ignorieren und weiterzulaufen, so lange der Schmerz erträglich war. Tatsächlich wurde er nicht viel schlimmer, ich lief meine anderthalb Stunden, wenn auch nicht ganz locker. Obwohl ich Sonnenbrille trug, blendete mich das Licht auf dem Rückweg, ich sah nicht allzu viel. Meine Referenz-Krokuswiese steuerte ich allerdings so gezielt an, dass sie mir nicht entging und ich vermelden kann: Ist bereits in Betrieb!
Es war bei aller Sonne ziemlich kalt, umso erstaunter war ich, dass fast alle anderen Joggerinnen und Jogger Mützen- und Jacken-los unterwegs waren, einige mit nackten Beinen. Bin ich dann doch so empfindlich?
Nach ausgiebigem Schlussdehnen (das meine Waden erfahrungsgemäß nicht beeindruckt, ich werde mindestens zwei Tage für diese Laufrunde zahlen müssen) nahm ich die Tram vom Isartor nach Hause.
Nach dem Duschen machte ich erst mal den Teig für Sauerteig-Cracker, um den gesammelten alten Sauerteig im Kühlschrank loszuwerden, dann kochte ich Custard (mit original Bird-Pulver) zum Apple Pie, britisch-amerikanische Freundschaft. Apfelkuchen mit Vanillesauce gab’s zum Frühstück nach einem großen Stück Tortilla vom Vorabend.
Nach dem Cracker-Backen las ich Internet und die Wochenend-Zeitung, dazwischen veranstaltete ich mit Herrn Kaltmamsell ein kleines Foto-Shooting für eine Verwandte im Krankenhaus.
Telefonate mit Eltern, eine Runde Yoga. Als Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Linsen mit Spätzle, sehr großartig. Nachtisch Süßigkeiten für mich, mehr Kuchen und Sauce für ihn.
Durch instagram-Bilder (und gestern geöffnete Blumenläden) stelle ich fest, dass das Begehen des Valentinstags offensichtlich ähnlich flexibel gehandhabt wird wie Halloween: Bereits am 13.2., also einen Tag vor St. Valentin, tauchten entsprechende Motive auf. Auch hier hat sich das Feiern wohl auf das nächstgelegene Wochenende verschoben. Ich bin ja sehr fasziniert, welche Details an Brauchtum ernst genommen werden und welche nicht. In diesem Fall wie bei Halloween nicht: das Datum. Ich sehe schwarz für die Zukunft von Heilig Abend am 24.12.
(Für das Feiern des Valentinstags braucht es ja nicht mal Verliebtheit, das weiß ich, seit ich in meinem früheren Leben von Dienstleistern zum 14.2. Schokolade mit Herzchen geschickt bekam. Aber nichts zum Muttertag, für Geschenke zum Muttertag scheint eine Fortpflanzungsbeziehung Bedingung zu sein. Noch.)
§
“Is it Fascism? Is it Socialism?”.
via @lyssaslounge
Tom Nichols erläutert, was die Begriffe, die in fast allen halbwegs politisch angehauchten Streitereien durch die Gegend fliegen, eigentlich bedeuten. Die Nebenfach-Linguistin in mir könnte zwar argumentieren, dass jede*r selbst bestimmen kann, was sie damit meinen, aber a) erwürgt dieser Ansatz ohne gemeinsame Basis jede Möglichkeit des konstruktiven Austauschs und b) gibt es tatsächlich Definitionen dieser Begriffe, über die sich Fachleute einig sind. Was genau der Ausgangspunkt des Artikels ist: “Words mean things.”
Tom Nichols erläutert (lustig und gut) die Definitionen folgender Begriffe, inklusive was sie nicht bedeuten.
Liberal Democracy
Authoritarianism
Totalitarianism
Libertarianism
Capitalism
Socialism
Communism
(Mal wieder beneide ich die englischsprachige Welt um den launigen Tonfall, in dem solche Artikel gleichzeitig respektvoll geschrieben sein können.)
Weniger lustig ist Nichols’ Schlusswarnung:
The term I wish more people would think about—and this is why I wrote a book about it—is illiberal democracy, because that’s where we’re headed. This is what happens when everything about liberal democracy—tolerance, trust, secular government, the rule of law, political equality—gets hollowed out and all people remember is the word democracy.
And of course, once you dump all that other stuff, democracy means “absolute rule by 50.01 percent of the voters.”
This is what we’re seeing now in Turkey, Hungary, Brazil, India, and many other places—including the United States. All that matters is elections, and all that matters is winning them in order to claim the right to untrammeled power. This isn’t “fascism” or “socialism” – yet. It is people fighting to win elections—real elections—and then spending their time in power trying to extinguish the rights of others and head off future challenges from their political opponents.
die Kaltmamsell
1 Kommentar zu „Journal Sonntag, 13. Februar 2022 – Kalter Isarlauf in Sonne, flexibles Brauchtum“
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15. Februar 2022 um 8:20
Vielen Dank für den Nichols-Newsletter! Der Text zeigt, dass es (noch) nicht so schlimm ist, wie man manchmal denkt. Er hat mir tatsächlich ein wenig die lähmende Angst genommen, was aus wichtigen verbündeten Ländern (und unserem Land) demnächst wird.