Journal Dienstag, 29. März 2022 – Rockänderungen

Mittwoch, 30. März 2022 um 6:17

Guter Nachtschlaf, nur zweimal unterbrochen, das zweite Mal gegen halb vier von einem ausdauernden Brüller im Park: Schlichtes Brüllen durch geöffneten Mund, Typ Urschrei, im Rhythmus mit dem Atem – Einatmen, Brüllen, Einatmen, Brüllen. Ich bekam zwar mit, wie ihm dabei langsam die Stimme versagte, wollte aber nicht so lange warten und schloss das Fenster. Das nächste Mal wachte ich kurz vor Weckerklingeln auf, was ein Glück war, weil ich wieder vergessen hatte ihn einzuschalten.

Weg in die Arbeit jetzt unter bedecktem Himmel, weiter kein Regen. Dafür soll’s am Wochenende in München nochmal schneien.

Ein unruhiger Arbeitstag mit wenig Erfreulichem, nachlassender Schmerz über Missstände musste zur Erbauung reichen.

Mittagessen gab es wegen Terminverschiebungen spät – und knapp, denn ich hatte einen Teil daheim vergessen. Also aß ich nur einen Apfel und ein halbes Volkornbrot, der geplante Hüttenkäse räkelte sich im heimischen Kühlschrank. Auch schon wurscht, der Ärger des Tages ließ eh keinen Appetit zu.

Nach Hause (Wolkenhimmel, nur noch Frühlings-warm) ging ich über die Änderungsschneiderei ums Eck: Meine seit vielen Jahren liebsten vier Sommerröcke lasse ich mir für die geliehene Figur passend machen. Wenn ich dann rauswachse, ist Neukauf in Ordnung, sie haben lang genug gedient. Die Angestellte warnte mich nach dem Abstecken, dass das keine günstige Angelegenheit wird, weil auch Reißverschlüsse versetzt werden müssen und ein Faltenrock dabei ist, aber es wird immer noch günstiger und vor allen ressourcenschonender als Neukauf. Zudem unterstütze ich das Kleingewerbe in der Nachbarschaft.

Daheim turnte ich Yoga (ohne Umfallen trotz Balancieren), der sehr erschöpfte Herr Kaltmamsell servierte zum Nachtmahl den schwarzen Rettich aus Ernteanteil (immer problematisch, weil uns dazu nichts außer Rohkost einfällt) als Pfannengericht mit Sojahack, dazu Reis. Schmeckte hervorragend, ab sofort ist schwarzer Rettich kein Problem mehr. Zum Nachtisch gab es Schneekuchen, den er am Nachmittag gebacken hatte. (Jetzt sind auch die letzten Eiweiße aus der Gefriere aufgebraucht.)

Früh ins Bett zum Lesen.

§

Ein Filmchen über den Apfelgarten des Kartoffelkombinats, den wir vor gut einem Jahr übernommen haben. Gärnter Fussi erklärt den Unterschied zwischen Plantage und Streuobst.

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https://youtu.be/JzpJTvm0Ibg

die Kaltmamsell

15 Kommentare zu „Journal Dienstag, 29. März 2022 – Rockänderungen“

  1. Hauptschulblues meint:

    Ich habe in Niederbayern eine Streuobstwiese und in München ein Obstgärtchen. Die Unterschiede waren mir im Wesentlichen bekannt, aber der Film hat das nochmal wunderbar zusammengefasst.

  2. adelhaid meint:

    Was ist das mit dem Brüllen?
    Wir hören sowas auch immer mal wieder (und es sind immer nur Männer, not very sorry to say), und es erschließt sich mir einfach nicht. Ich kann schon verstehen, dass es den Impuls zum Schreien gibt, aber dass dabei gleichzeitig die Scheuklappen runterfallen, und man nicht merkt, dass es a) dunkel, also vermutlich Schlafenszeit ist, und b) dass man zwischen Häusern, Ansiedlungen etc steht, und damit umringt ist von anderen Menschen, die im Kleinkind oder Erwachsenenalter usw sind, die vielleicht auch schreckhafte Haustiere haben usw, und durch die egozentrische Verhaltensweise aufwachen, erschreckt usw werden, das verstehe ich nicht.
    Bei jugendlichen Brüllaffen (menschlich) gibt es vielleicht Hormone, die das ansteuern, aber auch da fallen ja diese Scheuklappen.
    Meine Vermutung endet schlicht dort, dass es sich um ausgemachte Arschlöcher handelt, die sich so verhalten.
    Und das Schlimmste ist ja: Dieses Verhalten anderer lässt mich zur meckernden Alten am Fenster werden, die die Nummer der nächstgelegenen Polizeistation im Handy hat. Und so wollte ich eigentlich nie werden.

  3. die Kaltmamsell meint:

    Oy, adelhaid, ich ahnte nicht, dass das verbreitet ist. In diesem Park treibt sich ja eh G’schwerl rum, deshalb wunderte ich mich nicht. (Die Obdachlosen schlafen sehr still in ihren Schlafsäcken im Gebüsch.) Bei mir löste das Erinnerungen an meine Studienzeit aus, als mich in meiner Wohnung in der Augsburger Altstadt hin und wieder nächtlicher Bariton-Gesang weckte: Ein (stadtbekannter) Herr nutzte da die Akkustik der engen Gassen, ich war jedesmal gerührt. Jetzt nicht.

  4. Frau Klugscheisser meint:

    @adelhaid, bevor Sie wahllos verallgemeinern und verurteilen, möchte ich eine weitere Möglichkeit anbieten. Unter den Langzeit-Obdachlosen gibt es viele mit psychischen Störungen – auch manchmal durch jahrelangen Drogenkonsum (Alkohol) verursacht. Solche “Schreier” habe ich auch in der Psychiatrie angetroffen. Dort nimmt man sie bei uns aber nicht auf, weil sie ja obdachlos sind und drogenabhängig und erst mal zum Entzug sollen und… das System hat hier eine Lücke.

    In USA trifft man übrigens viele von diesen Schreiern auf der Straße an – vermehrt in San Francisco, Kalifornien.

  5. adelhaid meint:

    @Frau Klugscheisser: ich verallgemeinere nicht, sondern stelle meine beobachtung dar. bei uns ist es tatsächlich nicht das park-gschwerl, sondern es sind, vermutlich hormongetriebene, männer, die brüllend durch die straßen laufen oder radfahren. meist auf dem heimweg. mitunter in gruppen.
    beim konstantem, oder wie beschrieben rhythmischem, schreien, würde ich auch wen anrufen, aber allerdings mit dem wunsch um hilfe und betreuung für die schreiende person.
    ich kenne brüllen halt als affenverhalten. revier-dings.

  6. Frau Klugscheisser meint:

    Und ich beziehe mich auf die Schilderung Ihrer Beobachtungen, Adelhaid, die sehr schnell von der Vermutung zu einer Verallgemeinerung oder Verurteilung werden könnte.

    Sie schreiben oben im ersten Kommentar:
    “Meine Vermutung endet schlicht dort, dass es sich um ausgemachte Arschlöcher handelt, die sich so verhalten.”
    und im zweiten Kommentar:
    “bei uns ist es tatsächlich nicht das park-gschwerl, sondern es sind, vermutlich hormongetriebene, männer, die brüllend durch die straßen laufen oder radfahren. meist auf dem heimweg. mitunter in gruppen.”
    Woraus schließen Sie diese Annahme? Haben Sie alle Brüllenden gefragt oder einem psychologischen Test unterzogen? Ich glaube wohl eher nicht. In Teilen wird Ihre Annahme sicher richtig sein. Aber alle? Alles Arschlöcher?

    Sie schreiben von ihren Vermutungen und ich biete eine weitere Perspektive, die Sie in ihre Vermutungen mit einbeziehen können. Oder auch nicht – das bleibt ganz Ihnen überlassen.

  7. Sebastian meint:

    Alkohol?

  8. Croco meint:

    Fussi, der Baumwart☺️.
    Danke für die Vogue und die Erkenntnis, dass man Eiweiß einfrieren kann.

  9. die Kaltmamsell meint:

    Aber ja kann man, Croco, mache ich seit meiner ersten Backphase als Teenager! Allerdings musste ich erwachsen werden, bis ich das Gefrierbehältnis immer mit einem Aufkleber versah, auf dem Gewicht und Anzahl der Eiweiß steht – und damit meinem späteren Ich einen großen Gefallen tue.

  10. Hauptschulblues meint:

    Lassen Sie doch bitte alle den Begriff “Gschwerl”. Dieser Ausdruck ist drittes-reich-lastig. Es gibt andere Ausdrücke.

  11. die Kaltmamsell meint:

    Oh, Hauptschulblues, in welchem 3.-Reich-Kontext sind Sie denn darauf gestoßen?

  12. Hauptschulblues meint:

    Ja, Frau Kaltmamsell, das habe ich in einer Anweisung gelesen, in der sog. Ostmark “Zigeuner, Fahrende und sonstiges Gschwerl” zu zählen. Zugriff auf das Dokument habe ich leider nicht mehr. Seitdem reagiere ich immer wieder empfindlich auf diesen Ausdruck.

  13. die Kaltmamsell meint:

    Hm, Hauptschulblues: Google findet im ganzen Internet keine Stelle für diese Passage. Gefühlte Quelle basierend auf subjektiver Assoziation?

  14. Hauptschulblues meint:

    Ich hatte das Dokument in der Hand, es befand sich in einem Gemeindearchiv auf der österr. Seite des Inn. Weiß aber nicht mehr ob Braunau, Reichersberg oder Obernberg. Ist Jahrzehnte her. Was soll`s. Soll den Ausdruck verwenden wer will, ich halte meine subjektiven Reaktionen in Zukunft im Zaum. Gemeint war lediglich, dass “Gschwerl” auch Menschen sind, wie abstoßend sie auch sein mögen.
    Und Google ist kein Beleg für existierende oder nicht existierende Objektivität.

  15. die Kaltmamsell meint:

    Na ja, Hauptschulblues: Sie bitten um die Berücksichtigung Ihrer Gefühle beim Lesen des Worts, ich bitte um Berücksichtigung meiner Gefühle beim Verwenden. “Mensch” ist für mich nicht das Gegenteil von “G’schwerl”.

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