Journal Sonntag, 27. März 2022 – Tanztee

Montag, 28. März 2022 um 6:36

Sommerzeit! Wie fast jedes Jahr sorgt die Umstellung dafür, dass Tageslicht und meine innere Uhr synchronisiert werden: Gefühlt war es in den vergangenen zwei Wochen deutlich zu früh dunkel geworden.

Ich hatte gut (nur dreimal aufwachen) und lang geschlafen. Mein Sportrucksack war fürs Schwimmen fast fertig gepackt, während ich überm Milchkaffee den Blogpost fertigschrieb und die Bilder bearbeitete – da meldeten sich doch Bedenken: Der Fingerschnitt schmerzte unerwartet heftig, und obwohl er nur noch leicht nässt, vernahm ich eine Stimme der Vernunft. Hände sind beim Kraulen nun wirklich heftig im Einsatz, und selbst wenn die bereits durchgeplante Fingerschutz-Konstruktion mit Pflaster plus abgeschnittenem und mit Hansaplast festgepapptem Finger eines Gummihandschuhs halten würde: War es wirklich SO schlimm, sicherheitshalber aufs Schwimmen zu verzichten? Zumal es für den Tag ja bereits weitere Bewegungspläne gab?

Also plante ich um auf Ganzkörper-Hanteltraining mit Fitnessblender – hatte ich seit Monaten nicht mehr gemacht. Es wollte allerdings schwer erarbeitet werden: Erst übertrug mein Laptop die Aufwärm-Musik nicht an die externen Lautsprecher, ich turnte Laptop-beschallt. Dann erreichten weder Smartphone noch Laptop den Fernseher zur Übertragung des Trainings, zuletzt bekam gar kein Gerät mehr Internet, um die Trainingseinheit überhaupt vorzuspielen. Herr Kaltmamsell startete letztlich den Router neu, dann endlich konnte ich mit einiger Verzögerung loslegen. Zu meiner Freude hatte ich keinerlei Mühe mit dem Training und weiß jetzt, dass die fast täglichen Yoga-Einheiten hinreichend Kräftigung enthalten.

Die Bäume des benachbarten Parks und um unser Haus überschlagen sich mit Blätterwachstum: Das waren binnen 24 Stunden sicher ein paar Zentimeter. Durch einen weiteren vorzeitigen Frühsommertag spazierte ich zum Semmelholen, die Tische vor allen Cafés dicht besetzt. Frühstück um zwei waren Semmeln und Mandarinen.

Und dann machte ich mich fertig zum Tanztee! Der Newsletter des Kulturreferats der Stadt München hatte einen Tanztee von 15 bis 17 Uhr im Wirtshaus am Bavariapark angekündigt, also fußläufig, “Tanzen zur Live-Musik von 1900 bis 1960”. Noch sichern Pandemievorschriften, dass der Impfstatus von Teilnehmenden überprüft wird, dass Masken im Innenraum getragen werden (das Ende von Corona wurde offiziell auf 2. April verschoben, derzeit erreichen die Infektionszahlen immer neue Höchstwerte – und das bei einem Anteil an positiven PCR-Tests über 50 Prozent, was auf sehr viele nicht erfasste Infektionen hindeutet; der Betrieb in Unternehmen, Schulen, Krankenhäusern ist durch Ausfall von Personal deutlich gestört) – nach kurzer Rücksprache mit Herrn Kaltmamsell, der sehr gerne tanzt, hatte ich uns angemeldet. Und nach negativem Selbsttest am Morgen war der Weg frei.

Zum schwingenden Faltenröckerl kramte ich ein ganz altes Oberteil heraus und stellte fest, dass ich im Größensystem von Zara immer noch ein L bin. Eigentlich ein XL, denn das T-Shirt Größe L kniff ein wenig unter den Armen. Im Größensystem von Boden oder More & More stehe ich derzeit bei S. Und an alten Kleidungsstück kann ich sehen, dass heute mit Größe 36 ausgezeichnet wird, was vor 20 Jahren Größe 38/40 war – manchmal frage ich mich, wozu Konfektionsgrößen überhaupt noch gut sein sollen.

Mir fiel ein, dass ich passende Sommer-Handschuhe besitze, die perfekt für einen Tanztee dienten.

Mit Jacke überm Arm spazierte ich mit Herrn Kaltmamsell über die Theresienwiese zum Wirtshaus (Biergarten bereits gut gefüllt) (im März!), dort in einem Nebenraum saß bereits die Musik: das Salonorchester Jalousie.

Und es spielte ganz wundervoll Musik, die mich allein schon im Arrangement an alte UFA-Filme erinnerte – erstaunlich viel davon waren gemütliche Tangos. Wir tanzten viel, auch Foxtrott, Pasodoble, Polka, Langsamen Walzer, aber nicht alles (irgendwann wurden Wiener Walzer zu schweißtreibend), es gab genug Platz, und Tanzen ging mit FFP2-Masken ganz wunderbar. Wenn ich auch die einzige mit Handschuhen war: Andere hatten Fächer dabei, die Füchsinnen, daran hatte ich nicht gedacht. Der Altersdurchschnitt der Tanzpaare war erwartungsgemäß hoch, wir passten also genau rein.

Wenn Sie sich für solche Tanzereien und Volkstanzgelegenheiten in München interessieren, empfehle ich den Newsletter des Münchner Kulturreferats dazu, hier abonnierbar. Eben sehe ich, dass es mittlerweile sogar vier verschiedene Newsletter zu den Themen Jodeln, Musizieren, Singen und Tanzen gibt – angefangen hat das mit einer Papierliste vorm Tanzraum im Hofbräuhaus, in die ich meine E-Mail-Adresse schrieb, um über anstehende Volkstanz-Veranstaltungen benachrichtigt zu werden (Omma erzählt von Kriech).

Rückweg über die knallsonnige Theresienwiese, auf der viel gesportelt und gespielt wurde. Zurück daheim arbeitete ich den Bügelberg ab, beschienen von Sonne im Wohnzimmer.

Wer gerne Blusen trägt, muss Blusen bügeln.

Herr Kaltmamsell hatte das Nachtmahl gekocht, auf meinen Wunsch ein Gulasch aus Nierenzapfen nach einem Rezept aus Petra Hammersteins Zart und saftig. Dazu briet er die restlichen Kartoffelnudeln vom Vortag, das Weißkraut aus Ernteanteil hatte er zu Krautsalat verarbeitet – mit Meerrettich, Idee vom Wirtshausessen am Sonntag davor.

Schmeckte hervorragend. Nachtisch Schokolade.

§

Definitive Verschönerung meines Tags: Eine Eule namens Tito. (Ich hätte sie ja Dajan genannt.)

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Sonntag, 27. März 2022 – Tanztee“

  1. Christine meint:

    In der Tat werden die Konfertkionsgrößen im Laufe der Jahre immer mal wieder neu vermessen: https://de.wikipedia.org/wiki/Konfektionsgr%C3%B6%C3%9Fe#Neuermittlung_der_K%C3%B6rpergr%C3%B6%C3%9Fen

    So bin ich mit meiner Taillenweite von 73cm im Lauf der Jahre von einer 44 bzu einer 38 gerutscht.

    Darüberhinaus arbeiten einige Anbieter mit Vanity-Sizes nach dem Motto “Eigentlich ist die Größe der Hose ja eine 40, aber wir kleben eine 36 rein. Dann ist die Kundin geschmeichelt und kauft bestimmt.”
    Andere Anbieter verkleinern mit Absicht die Größen, damit nur die Zielgruppe da rein passt. Ein Teenie möchte ja nicht, dass Mutti in der gleichen Jeansmarke wie sie herumläuft.

  2. die Kaltmamsell meint:

    Ah danke, Christine: Mit den Hohenstein-Instituten hatte ich beruflich aus genau diesem Grund zu tun – aber die Neumessung 2007 hatte ich verpasst. Und das Gegenteil von Vanity Sizing ist dann Insult Sizing? Letzteres kenne ich von H&M.

  3. Christine meint:

    Ich habe H&M (kchkchkch “Hager&Mager”) des von mir beschriebenen absichtlichen verkleinern der Größen in Verdacht. Und Zara. Und besonders Mango. “Insult Sizing” finde ich einen prima Begriff.

    Es ist mir vollkommen egal, welche Größe in meinen Klamotten steht. Ich will einfach nur Herstellerübergreifende Zuverlässigkeit. Insbesondere in Hinblick auf die Retourenquote bei Bestellungen.

  4. Ulrike meint:

    Ich besitze eine Jeans in 26/32 in die ich tatsächlich hineinpasse. Ich denke das letzte Mal kaufte ich so eine Größe weit vor dem Nachwuchs.

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