Journal Mittwoch, 20. April 2022 – Seltener Kinobesuch: The Lost City
Donnerstag, 21. April 2022 um 6:39Wieder eine Nacht genug Schlaf bekommen, beim Aufwachen lachte mich schief der Dreiviertel-Mond an.
Auch gestern war ein zackiges Tempo beim Fußweg in die Arbeit nötig, um nicht zu frieren.
Frühlingsfest auf der Theresienwiese so gut wie startklar, am Freitag geht’s los.
Arbeit in der Arbeit, viel Gezicke von außen.
Mittags gab es Hüttenkäse mit Dickmilch, viel Orange.
Nachmittags musste ich mich noch ein paar Mal von Fremden anblaffen lassen. Ich weiß ja, dass die nicht mich meinten, es war trotzdem unangenehm.
Nach Feierabend erledigte ich im Vollcorner die dringendsten Einkäufe, dann holte ich endlich beim Schneider vier geänderte Sommerröcke ab.
Daheim nahm ich mir nicht mal die Zeit zum Aufhängen der Röcke, denn wir hatten Abendpläne: Kino. Davor passte noch eine Runde Yoga, zum Abendessen hatte Herr Kaltmamsell eine wunderbare Tomatensoße gekocht, die es mit apulischen Cicatelli gab. Nach dem letzten Bissen schnelles Anziehen, U-Bahn zum Stiglmaierplatz.
Im nicht sehr vollen Kino sahen wir The Lost City. Nette Komödie, Erinnerungen an all die Indiana-Jones-Abklatsche der 1980er. Sehr abgelenkt war ich allerdings durchgehend vom tot-operierten Gesicht der so geschätzten Sandra Bullock. Ich hatte mich für vorbereitet gehalten, weil ich es vor ein paar Monaten schon mal in einer Talk-Show gesehen hatte. Doch der Schaden geht weit darüber hinaus, dass ich mich um die Erfahrung gebracht fühle, sie altern zu sehen: Komikerin Sandy kann dieses einst so effektvoll eingesetzte Gesicht nicht mehr bewegen als Mundöffnen und -schließen (mit starr breitgezogenen Lippen), sie kann nicht mal mehr eine Augenbraue heben. Das muss ich erst einmal verarbeiten.
Lustig eingesetzt: Brad Pitt. Und wie schrieben die Fugly-Damen:
Channing is very good in the movie; he is excellent at the Hot Doofus With a Heart of Gold — and of course he is excellent at physical comedy; they also briefly let him dance because when you have Channing Tatum, you let him dance.
Vor dem Film ein paar interessante Trailer:
Everything Everywhere All At Once sieht aus, als machte endlich mal jemand was Gutes aus dem Multiverse-Konzept (Michelle Yeoh! Jamie Lee Curtis!)
https://youtu.be/wxN1T1uxQ2g
Und beim Trailer von The Unbearable Weight of Massive Talent musste ich laut auflachen: Nicolas Cage spielt sein eigenes Image:
https://youtu.be/x2YHPZMj8r4
§
Seit Tagen ein offener Tab, jetzt endlich gelesen. Constantin Seibt schreibt in republik.ch sehr lang und ausführlich:
“Russisches Kriegsschiff, fick dich!”
Der russische Präsident Wladimir Putin hat zumindest ein Ziel erreicht: eine neue Weltordnung. Der Kampf der Systeme ist zurück. Und es ist Zeit, das Lager zu wählen.
Detail- und faktenreiche Analyse der russischen Autokratie Putins, sehr spannend zu lesen.
die KaltmamsellAuch deshalb ist Putin der Held: Er hat die autoritäre Propaganda perfektioniert und weltweit finanziert.
Die neue Propaganda funktioniert sehr anders als im 20. Jahrhundert, als es vor allem darum ging, den Gegner von seinem System zu überzeugen. Sie ist weitgehend von jeder Substanz abgekoppelt: eine Mutation, die sie extrem automatisierbar, extrem anpassungsfähig, kurz: extrem viral macht.
Ihre Rezepte sind im Groben:
– Sie ist laut. Sie läuft auf möglichst vielen Kanälen – von Social Media bis zum eigenen Newssender bis hin zu Studien und Kongressen. Was zählt, ist die Quantität. Je öfter jemand dieselbe Aussage hört, desto plausibler wird sie.
– Sie ist schnell. Menschen tendieren dazu, an der ersten Information festzuhalten, die sie zum Thema gehört haben.
– Sie ist unabhängig von Fakten. Der Verzicht auf Recherche, sogar auf Plausibilität, ist ein entscheidender Vorteil, wenn es um Quantität und Tempo geht. (Und nie ist man schneller, als wenn man das Ereignis selbst erfunden hat.) Wobei auch Fakten nicht verschmäht werden. Wichtig ist nur, im Publikum permanent Zweifel zu säen. Und seine Feinde andauernd mit den eigenen Dingen zu beschäftigen.
– Sie pfeift auf Konsistenz. Was heisst, dass man unbelastet von den eigenen Argumenten losschlagen kann. (Etwa die Weltverschwörung der Juden beklagen und zehn Minuten später jemandem Antisemitismus vorwerfen.) Sodass man jede Beliebige mit jedem beliebigen Vorwurf vor sich hertreiben kann.Steve Bannon, der ehemalige Trump-Wahlkampfleiter, fasste seine Strategie so zusammen: «To flood the zone with shit.»
4 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 20. April 2022 – Seltener Kinobesuch: The Lost City“
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21. April 2022 um 7:32
Constantin Seibt liest sich nach meinem Empfinden exakt wie die Ankündigung eines neuen Actionfilms mit Nicolas Cage.
Nach einem Männerding.
Ich denke dazu: Putin nach Den Haag. Gerechtigkeit.
21. April 2022 um 8:56
Beide Trailer sehen wirklich vielversprechend aus. Danke für die Tipps.
22. April 2022 um 0:29
Meine wissenschaftlichen Analysen haben ergeben, dass Sandra Bullock höchstwahrscheinlich nicht operiert ist, sondern einen Mix aus Fillern und einer Spur zu viel Botox im Bereich zwischen Nasolabialfalten und Oberlippen und im Bereich der Marionettenfalten hat. Das baut sich von selbst wieder ab, deswegen sieht sie jetzt in den Interviews der den Film begleitenden Werbekampagne schon wieder minimal natürlicher und somit besser aus, als zu den Dreharbeiten im Frühjahr 2021. Ich frage mich manchmal, ob es irgendwo im Internet ein anonymes Forum gibt, wo sich die Opfer dieser verrutschten, betonierten Eingriffe treffen und mal ganz unter sich ihr Herz ausschütten. Ich meine: die sehen doch sicher selbst, dass das alles nicht optimal und gut aussieht. Bei Anne Will legt es sich auch langsam wieder, aber wirkt im Bereich oberhalb der Oberlippe immer noch zu gemacht. Ich habe auch keine Lust auf Plisseefältchen, es ist schon ein Dilemma! Aber solange Frauen, die Zugriff auf die hochpreisigsten, besten Ärzte haben, mit solchen Ergebnissen heimkommen, bin ich nicht überzeugt. Letzten Endes sehen sie immer in dem sensiblen Bereich um den Mund “gemacht” aber nicht jünger aus. Dass man keine Liebe zu bestimmten Falten hat, verstehe ich komplett. Es gibt definitiv interessante und attraktive Linien sowie eben auch Veränderungen aufgrund der Schwerkraft, die im wahrsten Sinne des Wortes nicht erhebend sind.
2. Mai 2022 um 10:28
Interessant, die Zutaten der autoritären Propaganda, danke!