Archiv für April 2022

Journal Karsamstag, 16. April 2022 – Verhagelte Ratzinger Höhe

Sonntag, 17. April 2022

Ruhige Nacht mit nur wenigen Unterbrechungen, bis fast sieben geschlafen.

Wir zogen zu zweit früh los für die restlichen Ostereinkäufe, die sich nicht vorher hatten erledigen lassen – ungernd, denn der Samstag vor Ostern ist bei Lebensmitteln einer der beiden umsatzstärksten Einkaufstage des Jahres.

Start war der Viktualienmarkt, weil er schon früh öffnet, mit geräuchertem Saibling. Vorm Metzger, bei dem Herr Kaltmamsell Fleisch bestellt hatte, stand eine lange Schlange – jetzt mischen sich unter die echten Einkäuferinnen am Viktualienmarkt halt wieder die vielen Tourist*innen, die bloß schaun wollen oder eben beim Metzger eine Leberkässemmel kaufen.

Ich besorgte ausnahmsweise auch das Gemüse hier, schaute aber genau nach, ob in die Tüte alle meine bezahlten Einkäufe gepackt worden waren (um nicht wie schon mehrfach zuvor erst daheim Lücken festzustellen).

Beim Kustermann mussten wir nur noch wenige Minuten bis zur Öffnung um zehn warten, ich wollte dann doch mal erwachsene Schälchen für Crème brûlée.

Für Ostersüßigkeiten ging ich zum Kaufhof. Er erwies sich als gut bestückt, doch fast ausschließlich mit Schokoladen, alternativ gab es nur Marzipan – also auch hier weder Schaum- noch Fondanteier, die ich als Deko für den polnischen Osterkuchen Mazurek haben wollte. Zumindest bekam ich hier endlich Osterdeko für unsere Wohnung.

Auf dem Rückweg fanden einmal Gelegenheit und Wunsch zueinander: Ich lud Herrn Kaltmamsell auf einen Cappuccino unterwegs ein. Die Patolli “Kaffeebar” stellte sich zu meiner Überraschung als ungeeignet für einen schnellen Kaffee an der Theke heraus, wir mussten bei der Bedienung bestellen. Dafür war der Cappuccino ausgezeichnet.

Daheim Vorbereitungen für eine Wanderung, wir wollten auf dem Obst- und Kulturwanderweg Ratzinger Höhe am Chiemsee nach der Obstblüte sehen.

Der Zug nach Prien war voll wie vor der Seuche, doch noch gilt in Öffentlichen Verkehrsmitteln Maskenpflicht.

Das Wetter hielt sich schon wieder nicht an die Vorhersage: Während für Karfreitag Wolken und milder Regen angekündigt waren – tatsächlich ein herrlicher Sonnentag -, hätte es am Karsamstag Kälte, aber Sonnenschein geben sollen. Wir waren also warm angezogen, hatten uns nach kurzfristiger Anpassung der Vorhersage sogar auf eine Mischung aus Sonne und gelegentlichen Schauern gefasst gemacht. Die tatsächliche Düsternis mit hauptsächlich Regen und Hagel war dann eine unangenehme Überraschung, auch wenn unsere superduper Wanderjacken uns die Nässe vom Leib hielten. Gerade als ich bereit war die Runde abzukürzen, weil die ich das Wasser von den nassen Beinen langsam Richtung Socken spürte und in dem Regen nicht mal an eine Brotzeitpause zu denken war, beruhigte sich das Wetter.

Das war wirklich erfreulich, denn wir hatten wundervolle Aussichten inklusive Regenschwaden, sahen viele Vögel, darunter mehrfach riesge Greifvögel im Start von Bäumen, aber auch Laufenten, außerdem vielfältige Blümchen und Obstbaumblüte – allerdings erst am Beginn, vielleicht schaffen wir die Runde nochmal in zwei Wochen zur vollen Blüte.

Traurige Entdeckung: Die hundertjährige Munzinger Linde, gewohnte Wegmarke im letzten Drittel, steht nicht mehr.

Blick von der Ratzinger Höhe auf den Chiemsee, kurz vor einem ernsthaften Hagelschauer – vor dem wir uns nach einer Weile doch lieber unterstellten.

Blick auf den Simssee im Regen – mit auffallend niedrigem Wasserstand.

(Den Turm der Hirnsberger Kirche im Hintergrund mit spätgothischem Satteldach sieht man beim Abstieg von Gattern schon von Weitem – wir nahmen uns vor, beim nächsten Mal einen Abstecher dorthin zu machen.)

Nach drei machten wir kurz vor Ulperting Pause. Der Regen hatte aufgehört, die Plastikbank ließ sich gut abtrocknen. Es gab Tee aus der Thermoskanne und Apfelschnecken für uns beide, ein Stück Focaccia für Herrn Kaltmamsell und Orangen (vorgeschnitten im Glas) für mich.

Vertraute Begegnung: die Charolais-Rinder von Bach.

Für die etwa 16 Kilometer brauchten wir mit der ausführlichen Pause viereinhalb Stunden. Auf den Zug zurück mussten wir wegen ungünstiger Ankunft am Bahnhof plus Zugverspätung dann doch 45 Minuten warten – wir hatten Lektüre dabei, aber es wurde ganz schön kalt. Wärme gab es dann in der vollen Bahn.

Beim Aussteigen schien in München wolkenlose Sonne, kalt war es aber auch hier. Daheim machte ich für den Ostersonntag bei Schwiegers erst mal Crème brûlée. Zum Abendessen servierte Herr Kaltmamsell eine Variation des lauwarmen Bohnensalats, Sardellenfilets hatten wir noch im Kühlschrank.

Zum Sattwerden gab es reichlich Schokolade.

Journal Karfreitag, 15. April 2022 – Sonnenschwumm und Häusliches, Frühlingsbewunderung

Samstag, 16. April 2022

Eigentlich gute Nacht, aber halt mit einer einstündigen Schlaflücke. (Wie freue ich mich auf Zeiten, in denen mein Nachtschlaf kein Thema mehr ist.) Beim Aufwachen war das Draußen grau und regnerisch, aber weiterhin mild.

Sauerteige aufgefrischt, weil jemand mit deutlich hochgezogenen Augebrauen darauf hingewiesen hatte, dass es in diesem Haus ja nie mehr Brot gebe. (Obwohl sie seit Monaten ungefüttert im Kühlschrank standen, legten Roggen- und Weizensauerteig umgehend wieder los und warfen Blasen.)

Der Regen hatte aufgehört, zu meiner Schwimmrunde im Dantebad nahm ich das Rad. Da gestern ohnehin Tag der roten Ampel war und ich in feiertäglich ruhigem Verkehr auf Paul-Heyse-Straße, Seidlstraße, Dachauer Straße von Ampel zu Ampel stop-an-go-te, hatte ich Gelegenheit, das Gebäude der Mayer’schen Hofkunstanstalt zu fotografieren (die Aufschrift ist dann doch eine andere als die erinnerte).

Im Dantebad stellte sich heraus: Tatsächlich, Betrieb als gäbe es kein Corona mehr. Lediglich die magische antivirale Plastikwand an der Kasse stand noch – vielleicht reichte deren Magie ja für sämtliche Räume. Ich behielt die FFP2-Maske in der Sammelumkleide auf, nahm sie aber nicht, wie bisher vorgeschrieben, hinaus für den Gang zu Dusche und Becken.

Ich bilde mir ein, nie so wenig alte Frauen und Behinderte in der Umkleide gesehen zu haben – ohne Schutz sind Risikogruppen wirkungsvoll ausgeschlossen (Inzidenz in München derzeit bei 994 – also sinkend, aber immer noch in einer Höhe, die wir uns vor einem Jahr nicht vorstellen konnten).

Kaum war ich im Becken, riss der Himmel auf, es schien auf meinen 3100 Metern Schwimmen fast durchgehend die Sonne. Ich hatte mit geschlossener Wolkendecke gerechnet und mich nicht sonnengecremt, hoffte jetzt auf die Milde der Aprilsonne. Schwimmen lief gut und ungestört; ich hätte Lust auf noch ein paar Bahnen gehabt, doch auf der 31. Runde krampfte die rechte Wade plötzlich und böse. Dann halt nicht. (Zefix.)

Auf dem Heimweg besorgte ich in Schwabing Semmeln. Zu Hause ließ ich mir von Herrn Kaltmamsell erst mal Rücken eincremen (wohl nichts verbrannt), spülte dann die Nase gegen Chlorschnupfen mit Salzwasser, denn diesmal hatte sie noch während des Schwimmens verdächtig gebitzelt. Dann gab’s zum Frühstück um zwei eine weitere Runde Milchkaffe, Semmeln, Orangen. Das verschaffte mir die nötige Bettschwere, mit einer Siesta die fehlende Stunde Schlaf nachzuholen.

Draußen strahlte die Sonne vor immer wieder dramatischem Wolkenhimmel.

Den restlichen Nachmittag nutzte ich für Tüchtigkeiten: Bügeln bei offener Balkontür, Staubwischen an Putzmann-blinden Stellen, Winterschuhe gegen die Sommerschuhe im Keller tauschen, Ostermenü-Recherche, eine Runde Yoga. Dabei genoss ich immer wieder den Blick durch unsere großen Fenster nach draußen, sah Herrn Specht beim Trinken auf unserem Balkon, sah Eichhörnchen.

Fürs Nachtmahl verarbeiteten wir möglichst viel Ernteanteil: Herr Kaltmamsell machte Karottensuppe (mit Polenta-Schnittchen und Sauerrahm), ich servierte den ersten Salatkopf der Saison mit Tahini-Dressing, Kresse und Eiern.

Zum Nachtisch gingen wir erstmals raus zur freundlichen Nachbarschafts-Eisdiele in der Landwehrstraße und holten in mitgebrachten Schüsselchen (vorgekühlt, wie man es uns dort beigebracht hat) je drei Kugeln (wir sind bei 1,60 €) mit Sahne.

§

Marina Weisband (Einwanderin aus der Ukraine, studierte Psychologin, Politik-erfahren, seit Jahren Beobachterin russischer Medien) erklärt sieben Minuten lang:
“Warum glauben Menschen Desinformation?” (Also unter anderem: Warum glaubt man in Russland dem Fernseher mehr als den eigenen Verwandten? Weshalb sind viele Lügen so lächerlich durchschaubar? Was können wir gegen Desinformation tun? Warum reicht Medienkompetenz nicht?)

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/gyu6gAp40dU

§

Scottish tour guide for Roman Wall doesn’t give a fuck. (Wir lieben Eleanor Morton als Craig.)

Journal Gründonnerstag, 14. April 2022 – Hausarztabenteuer und ein Abend in der Brasserie Colette

Freitag, 15. April 2022

Ich hatte morgens wegen Arzttermin um acht mehr Zeit und den Wecker vorgestellt. Wachte dennoch zur üblichen Zeit auf – nach einer wirklich gut geschlafenen Nacht.

Beim Verlassen des Hauses roch es wie schon am Mittwoch in herrlichem Wetter massiv nach Frühling, ich hatte heftige Wander-Assoziationen.

Der neue Hausarzt (Internist) ließ sich meine Klimakteriumsbeschwerden erzählen, schickte mich aber doch zum Gyn, denn dort gebe es die tiefe Fachkenntnis, die für die Einstellung einer Hormonersatztherapie nötig sei (ich bekam die Empfehlung für drei Praxen, auf einem Zettelchen als Ausdruck vorbereitet). Seine Aufgabe sah er darin, mögliche andere Ursachen meiner Beschwerden auszuschließen. In der daraus folgenden Fragerunde gab ich auch meinen Appetit- und daraus resultierenden Gewichtsverlust zu Protokoll.

Bei der Rundum-Erfassung durch eine freundliche und routinierte Medizinische Fachangestellte MFA musste ich auf die Frage nach meinem Körpergewicht komplett passen (“Ich habe keine Ahnung.”), konnte mich wegen Körperveränderung nicht mal mit einer Schätzung behelfen (eine Waage besitze ich ja seit vielen Jahren nicht mehr). Woraufhin mich die Angestellte auf die Praxiswaage stellte, ich sie aber rechtzeitig bitten konnte: “Bitte das Ergebnis nicht sagen.” (Wegen vieler lieber nicht aufzumachender Fässer.)

Als ich zur Durchsprache der Laborergebnisse an der Theke einen Termin vereinbarte, wurde ich gefragt: „Möchten Sie zu uns kommen oder per Video-Sprechstunde?“ Sie können sich vermutlich meine leuchtenden Augen vorstellen. Möglicherweise ist die neue Hausarztpraxis exakt die richtige für mich.

In der Arbeit nahm mir die Arbeit die einstündige Verspätung schwer übel und fiel mich vielfältig an, alles eilig, alles dringend oder menschlich.

Zu Mittag gab es übrige Grie Soß (SO gut!) mit kalten Kartoffeln und einen Apfel.

Obwohl ich eine Stunde später angetreten war, machte ich freitäglich gewohnt um halb fünf Feierabend – damit wahrscheinlich UNTERSTUNDEN!

Auf dem Heimweg Einkäufe, zu meiner Überraschung war die Osterware des großen Edekas im Forum Schwanthalerhöhe bereits so leer gekauft, dass ich keine Deko-Süßigkeiten für den polnischen Osterkuchen Mazurek mehr bekam – ich werde am Samstag nochmal losmüssen.

Das Wetter war sensationell, alles saß draußen, viele bare Arme und Füße, Sandalen waren durchaus angemessen.

Nachtmahl gab’s aushäusig, wir hatten in der Brasserie Colette reserviert. Ich zog mir dafür ein hübsches Bluserl an, Herr Kaltmamsell trug neue Jeans (er war gestern meinem Tipp gefolgt und hatte sich beim Hirmer – endlich – zu gut sitzenden beraten lassen), dann spazierten wir in herrlicher Abendluft durchs Glockenbachviertel und viel feierabendliches Volk ins Restaurant.

Keine Impfkontrollen, keine Masken – letztere hatte ich für Kundschaft in der Gastronomie eh albern gefunden, weil die Infektion durch Aerosole die Unterscheidung zwischen Sitzen am Platz und Aufstehen zum Klo unlogisch machte. Wir beide hatten uns zur (relativen) Sicherheit der anderen morgens noch gestestet.

Das derzeitige Monatsmenü orientierte sich an der Auvergne, das wollten wir, und zwar inklusive Weinbegleitung. Aber erst mal ein Glas Cremant, auf das ich mich schon den ganzen Tag gefreut hatte. Dazu gab es wie immer Cornichons und Brot mit Butter.

Das Menü startete mit Räucherlachs und ein wenig Linsen mit Salzzitrone.

War ok – wir lernten nichts, was wir über Räucherlachs nicht schon wussten. Dazu gab es einen elsässer Riesling Domaine Ostertag, der mir gut gefiel (also nicht sehr Riesling-typisch schmeckte).

Interessant war der Zwischengang: Patranque ist eine rustikale Auvergner Speise aus Roggenbrot und Käse, in der Pfanne rausgebraten. Hier serviert mit besonders köstlichen roten Zwiebelchen.

Schmeckte mir sehr gut. Auch der Wein dazu war spannend: Es gab einen betont un-blumigen, un-duftigen weißen von der Rhône aus autochthonen Reben: Château de Montfaucon Comtesse Madeleine Lirac 2020.

Gleich mal gemerkt.

Der Hauptgang gefiel uns beiden am besten: Gebratene Kaninchenleber, Ravioli mit Kaninchenschenkel gefüllt, dazu gelbe Bete und Feldsalat.

Auch den Rotwein dazu mochte ich sehr: ein Beaujolais Jean Foillard Morgon 2020.

Nachtisch war eine Apfeltasche mit Buttereis, schön fruchtig.

Der Süßwein dazu war ein Rivesaltes Ambré 17 ans, nett.

Für Espresso zum Abschluss spazierten wir heim, es war immer noch schön mild, die Leute saßen weiterhin draußen. Zu Hause machte ich uns (koffeinfreien) Espresso, dazu ein Glas 33 Jahre alten spanischen Brandy Cardenal Mendoza (wunderbar!) aus dem Bestand des besten Freunds meines Vaters, der seine Sammlung auflöst (der Korken war bereits so mürbe, dass er auseinander brach und ich den unteren Teil vorsichtig mit dem Korkenzieher entfernen musste – zum Glück in einem Stück und ohne Bröselei).

§

Sollten Sie jüdischen Freund*innen/Nachbar*innen das christliche Osterfest erklären wollen: Hier eine ausführliche Anleitung.

Journal Mittwoch, 13. April 2022 – Vorgezogener Grie-Soß-Tag

Donnerstag, 14. April 2022

Deutlich bessere Nacht: keine Löcher und Schlaf bis Weckerklingeln.

Gestern war auch der frühe Morgen nicht mehr frostig, ich kam auf dem Weg in die Arbeit mit einer leichten Jacke aus.

Arbeit mit weniger Druck und Parallelbeschäftigung, das war angenehm.

Mittagessen: Laugenzöpferl, Banane, Orange.

Die nächste Reihe Fensterwände am Heimeranplatz-Neubau.

Halbwegs pünktlicher Feierabend, Heimweg durch milde Frühlingsluft. Die Theresienwiese wurde rege für Sport und Geselligkeit genutzt.

Zu Hause Yoga, eine fordernde Folge, das Gelaber versuchte ich auszublenden.

Herr Kaltmamsell hatte schon gestern Grie Soß zum Nachtmahl zubereitet, weil wir am Gründonnerstagabend auswärts essen.

Kartoffeln aus Ernteanteil, die Grie Soß schmeckte diesmal ganz besonders gut, ich konnte die einzelnen Kräuter richtig rauskosten (ein weiteres Argument gegen Verwendung des Zerstörers) – und holte mir sogar eine zweite Portion. Nachtisch Süßigkeiten.

Vor Monaten schon hatte ich beim Erscheinen des Buchs Rosemary Mosco Pigeon Watching gekauft, Untertitel “Getting to Know the World’s Most Misunderstood Bird”. Denn die Einstellung zu Tauben ist im Hause Kaltmamsell gespalten: Während ich die Tiere interessant finde, sie ganz gerne beobachte, auch Individuen wiedererkenne, den Flug von Gruppen über den Nußbaumpark schön finde – reagieren andere hier mit großer und recht konsequenter Abwehr. Also schlug ich vor, dass wir einander abwechselnd aus diesem Buch vorlesen (deshalb Kauf auf Papier) und über Tauben lernen könnten, als Teil des Vogelbeobachtens, das wir ja beide reizvoll finden.

Nur dass es halt in unserem gemeinsamen Leben keinen rechten Slot dafür gibt einander vorzulesen. Gestern ergriff Herr Kaltmamsell die Initiative und trug zumindest schon mal Eingangszitate und Vorwort vor. (Interessantes Vorleseproblem: Das Buch enthält neben schönen Illustrationen auch Info-Kästen – an welcher Stelle liest man die vor?)

§

Mal was ganz Anderes, die Welt ist ja nicht kleiner geworden:
Am 5. Mai wird in Nordirland gewählt, und die Umfragen (ich weiß…) deuten auf einen historischen Sieg von Sinn Féin hin:
“‘Historical shift for Northern Ireland’: what a Sinn Féin win would mean”.

Das ist die Partei, die für ein vereinigtes Irland steht (und gerne mit “parlamentarischer Arm der IRA” beschrieben wird).

With the Scottish National party dominant in Holyrood, a Sinn Féin win would leave both Scotland and Northern Ireland’s legislatures led by parties advocating an exit from the UK.

Es folgen verschiedene Analysen der Gründe und möglichen Folgen.

Journal Dienstag, 12. April 2022 – Ereignisloser Arbeitstag

Mittwoch, 13. April 2022

Die gute Nacht endete kurz vor vier, danach nur noch unruhiges Dösen.

Fußweg in die Arbeit durch Frost, derzeit schwankt die Lufttemperatur über den Tag um 20 Grad. Wieder ein recht kurz getakteter Arbeitstag, viele Besprechungen, viel Menschliches, viel Orga, viel Manuelles.

Mittags Birchermuesli mit Joghurt und zwei Orangen – appetitlos runtergeschlungen aus Zeitmangel, ich kam nicht mal zum Zeitunglesen. Zumindest gab ich nicht der Idee nach, einfach gar nichts zu essen. Dazu wieder den ganzen Tag extreme Körpertemperatur-Achterbahn, ich gab das Fenster-auf-Fenster-zu auf und glühte oder fror halt.

Die zweite Hälfte des Arbeitstags bestand wieder aus sehr viel Arbeit. Einmal ging ich kurz raus in den Innenhof, es war warm geworden und sonnig.

Nach Feierabend erweiterte ich meinen Heimweg durch einen Einkauf beim Basitsch: Gemischten Satz von Feinstrick nachkaufen, der hatte mir am Wochenende nämlich sehr gut geschmeckt, dazu eine Flasche Rosé von diesem Winzer zum Probieren.

Zu Hause aber erst mal Yoga, eine kurze, ruhige Einheit reines Dehnen, gestern passte das.

Herr Kaltmamsell hatte nochmal georgisches Khachapuri probiert, diesmal nach diesem von @katha_esskultur empfohlenen Rezept: Imeruli Khachapuri.

Schmeckte großartig und kam dem Erlebnis aus georgischen Restaurants sehr nahe. Dazu hatte Herr Kaltmamsell Salatherzen besorgt, ich machte Joghurt-Knoblauch-Soße dazu.

Nachtisch waren Eiscreme und Schokolade.

Journal Montag, 11. April 2022 – Auch mal keine Meinung

Dienstag, 12. April 2022

Wieder eine ordentliche Nacht, ich bekam genug Schlaf.

Das Draußen war knackig frostig und sonnig.

Frühlingsfest im Aufbau. Die Corona-Infektionszahlen in München sinken, allerdings frage ich mich, ob sich nicht einfach immer mehr Menschen die Verifizierung ihrer Covid-19-Erkrankungen durch PCR-Test schenken (und sei es, um Quarantäne zu umgehen). Ob das Aufheben aller offiziellen Pademie-Eindämmung Auswirkungen hat, schlägt sich ja erfahrungsgemäß erst nach 14 Tagen in den Zahlen nieder (erfasste Infektionen, Hospitalisierung). Die Ausfälle in meiner Arbeitsumgebung sind gleichbleibend hoch.

In der Arbeit den Vormittag nahezu durchbesprochen, parallel Anfragen-Jonglieren.

Mittags gab es Äpfel sowie Pumpernickel mit Butter – mit besonders wenig Appetit, diesmal weil mein Bauch den ganzen Tag schon seltsam rumpelte.

Aufgeregtheiten in meiner Twitter-Timeline, vor allem um Waffenlieferungen in die Ukraine und den Rücktritt von Familienministerin Spiegel. Es mehren sich die komplexen Themen, zu denen ich mir leiste, einfach keine Meinung zu haben – in diesem Fall wegen fehlender Fachkenntnis zu Ersterem und flimmerndem Bezugssystem (framing) der Diskussion zu Letzterem. Sehr entspannend, Meinungs-Shavasana.

Kleinteiliger Arbeitsnachmittag, ich kam gründlich erledigt raus und mit Bauchweh. Gestern zwischen Glutattacken immer wieder heftiges Frieren. Ich bin es leid.

Auf dem Heimweg (es war mild geworden) wollte ich nach kurzer Lebensmittelbesorgung meine angepassten Sommerröcke aus der Änderungsschneiderei abholen, das Datum war vereinbart. Nur dass sie noch nicht fertig waren, es wird dann doch bis nach Ostern dauern. Na gut, lieber mit der Sorgfalt, für die ich diesen Schneider bisher so schätze.

Zu Hause eine Einheit Yoga, diese tat endlich mal wieder richtig gut mit ihren zügigen, aber unhektischen Bewegungen.

Das Nachtmahl bestand fast komplett aus Ernteanteil vom Kartoffelkombinat (serviert von Herrn Kaltmamsell): Pastinaken aus dem Ofen nach Ottolenghi, fast schon fruchtig, Perldinkel mit Zwiebel und Petersilie.

Danach noch einen der Hot Cross Buns, die Herr Kaltmamsell vormittags nach neuem Rezept gebacken hatte (Osterferien!), und Schokolade.

Wäsche aufgehängt, früh ins Bett zum Lesen.

Journal Sonntag, 10. April 2022 – Palmsonntag mit Schnee und entlang der Würm

Montag, 11. April 2022

Zwischen den Unterbrechungen gut und tief geschlafen, bis fast sieben.

Gemütlicher Morgen, zu unserer Wanderung wollten wir erst am späten Vormittag aufbrechen. Also hatte ich vorher noch Zeit für eine Runde Yoga. Doch als sich abzeichnete, dass es erst mal wieder ausführlich ums Schnaufen gehen würde, ließ ich das Video weiterlaufen, Adriene vor sich hin schaufen, und machte meine Bankstütz- und Seitstützübungen. Erst als sie nach zehn Minuten vom Schnaufen zu table top position wechselte, stieg ich wieder ein.

Das Wetter draußen hatte sich nicht an die Abmachung gehalten, es war genauso wechselhaft wie am Samstag. Egal, ich zog mich warm an mit einer Strumpfhose unter der Wanderhose und meinem dicksten Pulli unter der Wanderjacke, Mütze und Handschuhe eh.

Plan war, die Würm entlang von Pasing Richtung Starnberg zu gehen, so weit wir halt Lust hatten – Einzugsbereich MVV, also mit reichlich Möglichkeiten zur Rückfahrt. Brotzeit besorgten wir erst in Pasing, denn der Bäcker unterm Stachus war geschlossen. Wir zogen strammen Schrittes los, sahen viel Frühling, an der Würm Kanadagänse (LAUT!), Bachstelzen, Rotkehlchen, Buchfinken, Grasmücken, Stock- und Mandarinenten, Amseln,  Meisen, hörten unter anderem Wacholderdrosseln. Der seltsame Zweig oben auf dem kahlen Baum, der von der Weite wie ein Vogel ausgesehen hatte, stellte sich von Nahem tatsächlich als Vogel heraus: ein Turmfalke.

Es war nicht viel los, eine positive Folge der düsteren Wolken und regelmäßigen leichten Graupelschauer, die sich mit sonnigen Abschnitten abwechselten. Ich hatte diese Strecke ausgesucht, weil die Wege zum großen Teil gut befestigt sind und ich nach den Niederschlägen der letzten Wochen Matsch befürchtet hatte. Die Sorge war unberechtigt: Es hatte nicht genug für Matsch geregnet, leider.

Nach zwei Stunden machten wir Pause, es gab Nussschnecke und Apfel, außerdem heißen Tee aus der Thermoskanne.

Maibaumwerkstatt der Feuerwehr Gräfelfing, nicht im Bild die Bewachung (-> Maibaumstehlen).

In Gauting, nach gut drei Stunden Fußmarsch, machten wir Schluss. Herr Kaltmamsell fühlte sich nicht wirklich fit (morgens hatten wir uns beide auf Corona gestestet, aber es gibt ja auch noch andere Infekte), der nächste S-Bahn-Halt lag fast zwei Stunden entfernt. Also spazierten wir zum Gautinger Bahnhof und fuhren zurück.

Daheim holte ich über einer Tasse Tee das Süddeutsche Magazin vom Freitag nach, las unter anderem den Artikel von Catrin Lorch über ihr Handweben (€). Handwerklich Hergestelltes kostet Zeit, hohe Fertigkeit, Erfahrung – und doch empfinden viele den Endpreis als Abzocke. Lorchs Artikel liefert mir einen argumentativen Schlüssel:

Der kalifornische Handweber Travis Meinolf hat in einem Interview einmal die Rechnung umgedreht und vorgeschlagen, dass Kunden ihm für einen Schal, den er in dreitägiger Arbeit herstellt, doch bitte bezahlen mögen, was sie selbst in drei Tagen verdienen.

Abendessen war wieder der asturischer Bohneneintopf Fabada vom Vorabend – ist, wie fast alle Eintöpfe, schlecht in kleinen Mengen zu kochen. Am meisten genoss ich darin die weißen Bohnen.

§

Schriftstellerin und Kulturwissenschaftlerin Hanna Engelmeier über ihr instagram-Gucken:
“Andere Leben als meines”.

Bei meinen Exerzitien in Fremdscham und Anteilnahme denke ich regelmäßig an den Aufsatz, den ich eines Tages über diese Storys schreiben möchte, und bastele an dem Argument, dass hier ein neuer Werkbegriff her muss, einer, bei dem Autorinnenschaft nicht mit dem Ziel der Erschaffung bleibender Artefakte, sondern dem Aufrechterhalten beständiger Aufmerksamkeit für das eigene Tun verknüpft ist.

§

Auf Empfehlung sah ich gestern eine 3sat-Doku über den Schauspieler Christoph Waltz – und empfehle sie hiermit weiter (noch bis 16.4. in der Mediathek).
“Christoph Waltz – Der Charme des Bösen”.

Waltz äußert sich ausschließlich über seinen Beruf und seine Karriere, aber das höchst interessant. Immer wieder betont er, dass er nie besser sein kann als das Drehbuch, und dass sein Job ist, die Tätigkeiten von Drehbuch, Regie (Kamera, Schnitt) zu komplettieren, damit ein Film daraus werden kann. Auch die (bescheuerte) Frage, wie viel von ihm als Person in seinen Rollen stecke, beantwortet er damit: Sein Beruf sei, eine Rolle zu spielen; die Rolle müsse gut geschrieben sein und er die richtige Besetzung dafür – dann werde das Ergebnis gut. Das freute mich vor allem vor dem Hintergrund meiner regelmäßigen Verwunderung, wenn Schauspieler*innen fachlich zu den Inhalten ihrer Rollen interviewt werden, wenn zum Beispiel eine Schauspielerin, die gerade die Leiterin einer Jugendpsychiatrie gespielt hat, zum Stand der deutschen Jugendpsyche befragt wird – und auch noch antwortet. Die Frau ist keine Psychaterin, sie ist Schauspielerin!

§

Eine sehr schöne, ungewöhnliche Tango-Filmszene.