Archiv für August 2022

Journal Mittwoch, 17. August 2022 – Gesamtmasche

Donnerstag, 18. August 2022

Wenig erholsame Nacht: Um halb vier weckte mich Geschrei von draußen, das nicht mehr aufhören wollte. Nach Fensterschließen schlief ich nicht mehr richtig ein, fühlte mich bei Weckerklingeln zerschlagen.

Noch ein altgedienter Sommerrock (vor mindestens elf Jahren gekauft), den ich mir im Frühjahr passend hatte schneidern lassen.

Ein weiterer (viel zu trockener) Sommertag, aber es wird schon deutlich später hell (und abends deutlich früher dunkel).

Die Theresienwiese. Es kann nicht mehr lange dauern, bis zuletzt die Fahrgeschäfte aufgebaut werden.

Gollierstraße, im Hintergrund der Turm der Auferstehungskirche.

Mittags spazierte ich zu einer weiteren Kaffeerösterei im Westend, zu Beaver Coffee. Cappuccino gut – aber hier wird anscheinend auch Mokka angeboten: Dafür komme ich nochmal. Ich hatte die Kännchen und den Gasbrenner gesehen, aber auf der Tafel hinter der Theke kein zugehöriges Angebot entdeckt.

Trotz beruhigender Einstrichigkeit peinigten mich meine Nebenhöhlen. Da das im Grunde seit vielen Jahren so geht, lediglich mal mit mehr Schmerzen, mal mit weniger, raffte ich mich endlich zur Vereinbarung eines HNO-Arzttermins auf – was ich bislang wegen “soooo schlimm ist es ja gar nicht” umgangen hatte. Vielleicht muss es ja gar nicht sein, dass ich oft tagelang und vor allem nachts böse Kater-Kopfschmerzen habe – ohne vorherigen Alkoholgenuss.

Mittagessen war eine Portion des Zucchini-Kichererbsen-Kartoffel-Currys vom Vorabend, ein paar Aprikosen.

Thematisch zum Text von Dienstag passend lernte ich gestern beruflich, dass es im Fachzeitschriften-Paradies Deutschland auch ein Magazin Gesamtmasche gibt, Organ des Gesamtverbands der deutschen Maschenindustrie e.V.

Nach Feierabend brach ich in immer schwülerer Luft zu einem längeren Fußmarsch auf: Ich hatte einen Einkauf in einem besonderen Laden vor. Am Sonntag war ich noch eigens vorbeigangen um sicherzustellen, dass er nicht gerade Urlaub machte. Muss ein sehr spontaner Urlaub gewesen sein: Jetzt hing ein Zettel in der Tür, dass seit gestern und bis Ende August geschlossen ist. Ich ärgerte mich, weil das einen besonders schönen Plan zunichte machte.

Daheim erst mal abkühlen, dann eine Runde Yoga.

Das Abendessen wurde fleischig: Ich hatte am Dienstag sehr große Lust auf Entrecôte entwickelt und im Vollcorner ein glückliches solches gekauft. Gestern briet es Herr Kaltmamsell, dazu gab’s Ernteanteil-Kartoffeln als Pommes aus dem Speiseföhn. Nachtisch Schokolade.

Wieder schaffte ich, zumindest einmal mein Muster durchzustricken. In diesem Tempo könnte der Sommerpulli bis zum Urlaub sogar fertigwerden.

§

Ein sehr konstruktiver Ausgangsgedanke für Menschen, die ums Autofahren nicht rumkommen:

Du kannst Dir gerade überhaupt nicht vorstellen, wie ein Leben ohne funktionieren soll? O. k., die gute Nachricht: Auch als Autonutzer*in kannst Du zu einer erfolgreichen Mobilitätswende beitragen.

“Was Du als Autofahrer für die Mobilitätswende tun kannst”.

via @ankegroener

Journal Dienstag, 16. August 2022 – Bloggen für Privat, Strickerinnerungen

Mittwoch, 17. August 2022

Corona vorbei, ich ging wieder in die Arbeit. Entprechend unruhig war der Schlaf in der Nacht vor erstem Tag Arbeit.

Die Wettervorhersagen hatten je nach App/Wetterdienst ausgesprochen unterschiedliche Angaben gemacht; der Morgen trat mild und fast wolkenlos auf, ich entschied mich für die Hitzevariante und schlüpfte in ein Sommerkleid. Stellte sich im Lauf des Tages als die richtige Wahl heraus.

Ein wenig Schlepp auf dem Fußweg ins Büro: Ich musste ja meine gesamte IT-Ausrüstung zurückbringen, mit der ich mich für bequemes Homeoffice in Isolation ausgestattet hatte.

Im Büro nur eine kurze Panikphase, der Arbeitstag blieb aus verschiedenen äußeren Gründen halbwegs kontrollierbar. Es zeichneten sich keine Folgen der Infektion ab, ich fühlte mich frisch und bewegte mich mit Energie.

Mittagessen, während draußen die Sommersonne schien: Ein Laugenzöpferl, auf dem Arbeitsweg gekauft, Hüttenkäse.

Auf dem Heimweg Einkäufe im Vollcorner und Drogeriemarkt. Kurz beim Hausarzt vorbeigeschaut, um meine Kassenkarte nachzureichen für die Krankschreibung via E-Mail.

Während Herr Kaltmamsell in der Küche stand und fürs Abendessen sorgte, turnte ich eine weitere Folge Yoga mit Adriene, “Move”.

Es gab die Zucchini aus Ernteanteil als selbsterfundenes Curry mit Kichererbsen und Kartoffeln, leicht scharf – ganz wunderbar. Nachtisch viel Schokolade.

Abendunterhaltung war eine gespeicherte Doku über die Nicholas Brothers – die stilbildend bis hinein in Rap und Hiphop waren und die sehr wahrscheinlich den Stellenwert von Fred Astaire und Gene Kelly hätten, wenn man ihnen als Schwarze dieselben Chancen eingeräumt hätte.

Im Bett neue Lektüre, ich begann Zoë Beck, Schwarzblende.

Für mich selbst habe ich die vorhergehenden drei Tage sehr wohl aufgeschrieben, mit Fotos und allem, schließlich ist das hier mein wichtigstes Nachschlagewerk zum eigenen Leben geworden. Allerdings hat mir das Aufschreiben ohne Veröffentlichungsabsicht gezeigt, wie viel ich sonst auslasse, weil es halt die Öffentlichkeit nichts angeht: Nachbarschaft, Familie, überhaupt meine Interaktionen mit anderen Menschen. Diese müssen sich ja darauf verlassen können, nicht ungefragt in die Öffentlichkeit zu geraten. Selbst mein eigener Blick zurück ist dadurch stark gefiltert. Oft kann ich mich schon nach wenigen Jahren nicht mehr erinnern, wer die “Freundin” ist, mit der ich mich verabredet hatte; nur für mich hätte ich selbstverständlich ihren Namen erwähnt, auch die Verabredung samt Gesprächen detailliert beschrieben. So fehlen hier die interessantesten, die besten Geschichten, die ich bei persönlichen Begegnungen aus meinem Leben erzähle.
Ich weiß noch nicht, was ich mit dieser Erkenntnis mache.

Dieser Filter, so habe ich zudem bemerkt, wirkt sich auch auf mein Fotografieren aus: Tendenziell halte ich Veröffentlichbares fest, also möglichst keine Menschen. Doch aus größerem Abstand sind ja vor allem die Bilder mit Menschen drauf interessant, ihre Kleidung, ihre Frisuren. Also habe ich mir vorgenommen, künftig mehr für mein späteres Ich zu fotografieren, nicht nur fürs Blog.

Beim wiederaufgenommenen Stricken fielen mir lang vergessene Details des Strickunterrichts in meiner Grundschulzeit ein (Mitte 1970er, Nachtrag: in Bayern): Wie wir zunächst Maschenabheben lernten, also von einer Nadel unabgestrickt zur anderen. Und wie mich die scheinbare Sinnlosigkeit frustriert hatte. Erst jetzt, mit viel Erfahrung weiß ich, wie oft man diese Fertigkeit braucht. Ebenso wie das damals verhasste Zurückstricken, Masche um Masche: Nämlich wenn ich einen Fehler noch in derselben Reihe entdecke. Doch musste man unbedingt damit anfangen? Den Handarbeitsunterricht mochte ich eh nicht, bei meiner Dysbastelie lag mir jede Art von mechanischer Akkuratheit fern, Sorgfalt war ebenso wenig meins. Das Ergebnis wurde daheim als “schlampig” bezeichnet – was nur zu gut zu dem Bild passte, das man dort bis zu meinem Auszug von mir hatte.

Kurz fragte ich mich, mit welchem didaktischen Ansatz wohl heutzutage der Strickunterricht für völlig Ahnungslose beginnt – dann fiel mir ein, dass ich das ja in einem YouTube-Tutorial für Dummys sehr schnell rausfinden konnte: 1. Der Mann (EIN MAAAAAANNNNNN!) 2. schlägt schon mal anders an, als ich es damals gelernt habe (sieht praktischer aus, könnte ich übernehmen – interessanterweise scheint es auch hier kulturelle Unterschiede zu geben: das deutsche Lehrfilmchen zeigt die kompliziertere Methode, die ich in der Schule lernte), und 3. er strickt sofort los.

Ein weiterer kultureller Unterschied, der mir schon früh auffiel: Woanders, zum Beispiel in Spanien, wird das Strickstück auf langer Nadel unter den linken Arm geklemmt, es arbeitet nur die rechte Hand, für jede Masche legt die linke Hand den Faden um die rechte Nadel. Sah in meinen Augen immer sehr umständlich und langsam aus.

Ziemlich sicher habe ich mir das eigentliche Stricken später als Teenager selber beigebracht, im großen Strick-Boom der 1980er. Aber woher bekam ich die Details? Aus Strickanleitungen? Oder haben wir Strickerinnen einander unsere Tricks gezeigt? Ich kann mich nicht erinnern, nicht mal woher ich die Idee hatte, statt der langen, unpraktischen Stricknadeln (mit denen man immer das ganze bereits gestrickte Teil heben musste) Rundstricknadeln zu verwenden, auch fürs unrunde Geradausstricken, bei denen das Strickprodukt liegen konnte. Und woher erfuhr ich von so segensreichen Hilfsmitteln wie Zopfnadeln?

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Zum Thema Gasumlage beobachte ich in meinem Internet einen überraschenden Reflex: Sofort wird sich empört, Unternehmen bereicherten sich auf Kosten ihrer Kundschaft. Ja, das tun Unternehmen oft und gern, vor allem Aktiengesellschaften, deren Unternehmenszweck es ist, ihren Aktionär*innen Geld zu beschaffen. Aber in diesem Fall geht es doch um etwas völlig Anderes. Zum Glück kenne ich eine Expertin für Energierecht, nämlich @miriam_vollmer. Sie erklärt in einem Twitter-Thread, was diese konkrete Gasumlage tatsächlich ist.

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Vom Autor Maik Novotny auf Twitter angekündigt mit:

Ich habe möglicherweise die Zukunft der Architektur gesehen, und zwar nicht im verspiegelten Prestige-Megamumpitz in der arabischen Wüste, sondern in einer Bauteilbörse in einem Schweizer Gewerbegebiet.

Sein Artikel: “Wiederverwertung in der Architektur: Die Bauteiljäger von Basel”.

Buser und Honegger sind ohne Zweifel die Pioniere der Wiederverwertung in der Architektur. Schon in den 1990er-Jahren gründete Buser die Bauteilbörse, 1998 mit Honegger das “baubüro in situ”. Den Impuls dafür lieferte den beiden ein längerer Aufenthalt zur humanitären Hilfe in Afrika. Dort wurde ihnen klar, wie verschwenderisch man in Europa mit Materialien umgeht. Was in der Schweiz im Abfall landete (und das war auf dem Bau damals praktisch alles), sei besser als das, was man in Ruanda neu kaufte, sagen sie. Das führte zu einem komplett anderen Blick auf Architektur.

Journal Montag, 15. August 2022 – Corona Tag 9, Mariä Himmelfahrt

Dienstag, 16. August 2022

Ein paar Tage einfach nichts schreiben.

Journal Sonntag, 14. August 2022 – Corona Tag 8

Montag, 15. August 2022

Nochmal einfach nichts schreiben.

Journal Samstag, 13. August 2022 – Corona Tag 7

Sonntag, 14. August 2022

Einfach mal nichts schreiben.

Journal Freitag, 12. August 2022 – Corona Tag 6, Trübe

Samstag, 13. August 2022

Die Nacht war ok, aber ich hätte gerne länger geschlafen als ich konnte.1 Seit über 24 Stunden hatte ich weder Schmerzmittel noch Nasenspray benötigt, jetzt glaubte ich mir die Besserung wirklich. Weiter ein bisschen Husten (aber, wie es so schön heißt, “produktiv”), weiter zugezogene Nebenhöhlen, weiter Bitzeln im Rachen – nichts davon quälend. (Ich will raus!)

Auch gestern war es morgens bei wolkenloser Sonne zu kühl für Balkonkaffee, ein weiterer perfekter Sommertag ohne Hitze (im Rest der Republik ist es, mit Ausnahme der Küste, deutlich wärmer – und überall viel, viel zu trocken).

Das restliche Pan di spagna, also italienischen Biskuitboden, das ich für Triffle gekauft hatte, wurde Tiramisu, statt Löffelbiskuit. Endlich schaffte ich mal, nur die Hälfte des Rezepts für uns zuzubereiten (und statt Kahlúa nahm ich Rum).

Die dadurch übrigen Eiweiße kamen mir gerade recht, um am Wochenende das Eton Mess nachzubauen, das mir in Klagenfurt so gut geschmeckt hatte, nämlich mit roten Johannisbeeren (die mir sonst in allem zu sauer sind): Ich verarbeitete sie gleich zu Baiser.

Frühstück kurz nach zwei auf dem Balkon: Herrliche Tomaten aus Ernteanteil, eine Scheibe selbstgebackenes Brot, Honigmelone.

Innere Trübe, das Eingesperrtsein verstärkt diese Neigung. Ich legte mich zu einer Siesta hin, mir fiel keine Flucht ein.

Nachmittag auf dem perfekt temperierten Balkon mit Zeitunglesen und Stricken.

Eine anstrengende Runde Yoga besänftigte mich ein wenig.

Herr Kaltmamsell servierte als Nachtmahl Nizzanersalat, sehr gut gelungen.

Nachtisch Tiramisu (ein bisschen trockener als sonst, das Pan di Spagna ist dicker und dichter als Löffelbiskuit), dann Schokolade. Auf Alkohol hatte ich allein keine Lust; ich mag erst wieder, wenn ich mit Herrn Kaltmamsell anstoßen kann.

Draußen war wahrscheinlich eine schöne Sommernacht – ich musste alle Fenster schließen, weil die Partymusik im benachbarten Park so laut war, dass ich sonst den Fernseher nicht gehört hätte. Ich ließ The Gentlemen laufen, an dessen Kinotrailer vor zwei Jahren ich mich positiv erinnerte. Die Struktur des Drehbuchs mit Rahmenhandlung löblich, doch untern Strich sah ich doch einen konventionellen Gangsterfilm, überdurchschnittlich nur durch die Besetzung mit vielen hervorragenden Schauspielern und einer (!) Schauspielerin, Michelle Dockery, die allerdings mehr zu tun bekam als normalerweise Gangsterbräute.

  1. Vor dieses “als” kommt eigentlich ein Komma, doch weil sich seit Jahren auch in gebildeten Kreisen falsche Kommas bei Vergleichen verbreiten, nämlich auch wenn “als” keinen Nebensatz einleitet, blieb für diesen Nebensatzfall leider, leider keines übrig. Hier die eigentlich einfachen Regeln zum Nachschlagen. []

Journal Donnerstag, 11. August 2022 – Corona Tag 5, Besserung

Freitag, 12. August 2022

Eher unruhige Nacht, die damit begann, dass ich zum Einschlafen die Fenster schließen musste: Im Park vor meinem Schlafzimmer brüllten Männer – nicht aggressiv, sondern ausdauerndes “HEEEEEEY! HEEEEY! HEY! HEY!” oder andere Wörter, mal einzeln, mal zu mehreren, möglicherweise war die Absicht Gesang.

Bei einem meiner nächtlichen Aufwachen öffnete ich das Fenster in schöne Kühle, grüßte den von wolkenlosem Himmel scheinenden Fastvollmond.

Bei leichtem Schlaf machte mein Hirn Pläne für den Donnerstag. Neben Genesung (Stimme kehrte langsam zurück, ich konnte Herrn Kaltmamsell vernehmbar einen guten Morgen wünschen) waren diese: Zimmerpflanze umtopfen, Balkon von resultierender Sauerei befreien (Letzteres erfahrungsgemäß dreimal so aufwändig wie Ersteres, deshalb drücke ich mich davor bereits mehrere Monate), Fußpflege vor Duschen, Bügeln.

Das Umtopfen brachte ich gleich nach Bloggen und Morgenkaffee hinter mich, ein Topf mit Grünlilie bestand eigentlich nur noch aus dickem Wurzelwerk. Jetzt nicht mehr. Die dreckigen Finger weichte ich nach Aufräumen und Putzen gleich zusammen mit den Füßen ein, vielleicht würde ich den Dreck unter den Fingernägeln diesmal nicht erst nach Tagen wegbekommen.

Mit weichen Füßen und bunten Zehennägeln setzte ich mich auf den Balkon. Unerwartete Corona-Folge: Mir fiel mein Strickzeug wieder ein, das vor mindestens sechs Jahren mit einem angefangenen Sommerpulli aus dunkelblauem Bändchengarn liegengeblieben war.

Ich war gleich wieder drin in der Routine. Eine Befürchtung trat aber ein: Sehr bald Schulterschmerzen links, ich bekomme einfach keine entspannte Strickhaltung hin, ziehe die Arbeit immer wieder höher, obwohl meine Brille beste Sicht bei entspannten Schultern weiter unten ermöglicht. Gibt’s im Yoga ein Pendant zum runners’ stretchknitters’ stretch? Weitere Folge: Ich recherchierte nach einer Strickjacke, die ich im Anschluss an das aktuelle Teil angehen könnte. Das machte Spaß, aber ich rechne damit, dass vor Bestellen von Wolle die realistische Perspektive siegt: Offensichtlich habe ich ohne Erkrankung und Ausgehverbot ja keine Lust auf Stricken.

Um zwei frühstückte ich (Quark mit Joghurt und Pflaumen) – und mir wurde bewusst, dass ich den ganzen Tag weder Schmerzmittel noch Nasenspray gebraucht hatte! Eindeutige Besserung.

Den Nachmittag verbrachte ich mit Zeitunglesen und Stricken auf dem Balkon, ärgerte mich, als ich eine E-Mail von DHL bekam: Ein erwartetes Päckchen war bei einer Nachbarin abgegeben worden – obwohl bei uns zwei Personen durchgehend daheim waren.

Auch den Plan Bügeln setzte ich um. Dabei hörte ich Podcasts. Zunächst eine ganz alte Folge von Alexandra Tobors In trockenen Büchern; in dieser Serie hat sie sich zum Ziel gesetzt, besonders komplexe Sachbücher verständlich und aus persönlichem Blickwinkel zusammenzufassen. Ich hörte die Folge “Männer” von 2014: Alexandra spricht über das Jahrbuch 2014: Männer des deutschen Polen-Instituts Darmstadt. Ihre Zusammenfassung ist luzide und klug, sie weist auf einige verbreitete Denkfehler in der Geschlechterdiskussion hin. Gleichzeitig machte mich Alexandras Optimismus traurig: Seither ist so viel Schlimmes in Polens gesellschaftlicher und politischer Entwicklung passiert.

Der Bügelberg war hoch genug für einen weiteren Podcast, ich hörte die aktuelle Folge von Raúl Krauthausens Im Aufzug: “Im Aufzug mit Hazel Brugger”. Und erfuhr Interessantes, Lustiges, Empörendes aus dem derzeitigen Leben von beiden.

Ich fühlte mich fit genug für eine Runde Yoga und dehnte mich mit derselben Folge Adriene wie am Vortag eine gute halbe Stunde durch.

Bei Herrn Kaltmamsell hatte ich Deutsches Abendbrot bestellt – aber dabei vergessen, dass der Spaß überschaubar ist, wenn alle Bestandteile in der Küche stehen statt auf dem gemeinsamen Esstisch und wir beide uns getrennt daran bedienen, Herr Kaltmamsell sich mit seinem Teller in sein Zimmer zurückzieht und ich mich mit meinem an den einsamen Esstisch.

Dennoch aß ich mit Appetit Salat aus Ernteanteil mit Walnussöl-Dressing, selbst gebackenes Bauernbrot, frische Salzgürkchen (diesmal habe ich das Rezept aufgeschrieben), Tomaten aus Ernteanteil, pickled Zucchini (vor zwei Wochen eingelegt von Herrn Kaltmamsell), Käse, dreierlei getrocknete Blutwürste mit Speck. Nachtisch Schokolade, alles insgesamt ein bisschen zu viel.

Im Bett las ich neue Lektüre: Die Mansarde von Marlen Haushofer. Zum ersten Mal hatte ich mir als eBook einen Roman gekauft, den ich bereits auf Papier im Regal stehen habe: Um im Bett auf Papier zu lesen, muss ich alle Lichter einschalten und zum Ausschalten nochmal aufstehen. Der eBook-Reader bringt sein eigenes Licht mit. An die Erstlektüre vor über 30 Jahren (laut handschriftlichem Exlibris) habe ich keine Erinnerung; diesmal war ich umgehend berührt von der scheinbar schlichten Sprache und von der Hauptfigur, gelernter Grafikerin. In ihrem Arbeitszimer scheitert sie seit Jahren an ihrem aktuellen Zeichenprojekt.

In den letzten Jahren habe ich mich fast ausschließlich für Vögel interessiert. Ich habe ein bestimmtes Ziel vor Augen, kann mir aber nicht vorstellen, was ich tun sollte, falls ich es jemals erreichen würde. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum ich nicht recht weiterkomme. Es ist mein Ziel, einen Vogel zu zeichnen, der nicht der einzige Vogel auf der Welt ist. Ich meine damit, man müßte dies auf den ersten Blick erkennen.

Erst als diese Ich-Stimme im Folgenden ihre gescheiterten Versuche detaillierter beschreibt, wurde mir das Herzzerreißende ihres Vorhabens klar.