Journal Freitag, 28. Oktober 2022 – Es wird zu Mastodon gewandert
Samstag, 29. Oktober 2022 um 8:26Wieder ein Stress-Traum, diesmal aber zumindest mit der erfreulichen Komponente Wohnung, noch dazu meine Lieblingswohnung im Studium am Augsburger Elias-Holl-Platz. Ich war zu Besuch in Augsburg und kam auf die Idee, in meiner alten Wohnung zu übernachten, da die derzeitige Mieterin außer Haus war. Der Hausmeister ließ mich rein (als Aussehen griff mein Visualisierungszentrum zu dem eines hochbetagten Dienstleisters, mit dem ich regelmäßig zu tun habe). Die Wohnung war jetzt schön renoviert, Raumhöhe verdoppelt, sodass eine zweite Ebene als Podest auf Holzgestell mitten im Raum mit Schreibtisch darauf Platz hatte. Draußen war eine Holzterrasse über das Dach des Nebenhauses angebaut, alles sehr geschmackvoll. Allerdings war die Wohnung sehr unaufgeräumt, irgendwo stand eine halbleere PET-Flasche Fanta herum. Doch dann kam die Bewohnerin unerwartet zurück, inklusive ihren Eltern, Geschwistern, deren Partnern. Deshalb Stress-Traum: Die Situation war mir superpeinlich, ich entschuldigte mich vielmals, weil ich hinter ihrem Rücken eingedrungen war, das hätte ich wirklich vorher ankündigen sollen.
(Blog like nobody’s reading – mir ist sehr bewusst, wie abgrundtief langweilig anderer Leut’ Träume sind.)
Fußmarsch in die Arbeit zu einem weiteren wunderschönen Sonnenaufgang; gestern trug ich gleich ein kurzärmliges Oberteil und lediglich Jeansjacke drüber, es waren wieder über 20 Grad angekündigt. Nein, das ist nicht gut. Die Vermieterin in San Sebastián erzählte erst von der wochenlangen brutalen Hitze bis kurz vor unserer Ankunft Mitte September (in Nordspanien! an der rauen Atlantikküste!) und scherzte dann, dass bald die Spanier*innen Sommerurlaub in Deutschland machen, weil’s da nicht so heiß ist (ich brachte nicht übers Herz, ihr die Wahrheit der diesjährigen Hitzewelle und Trockenheit in Deutschland zu sagen). Wer bis jetzt noch nicht erschrocken ist, tut’s vielleicht, wenn man den ganzen Winter nicht skifahren kann? (Ob ich nächstes Jahr auf den Süd-Küchenbalkon ein Feigenbäumchen stelle?)
Mittags gab es Äpfel, Körnerbreze, Granatapfelkerne mit Joghurt (ich muss mich bei den Granatäpfeln ranhalten, die nächste Lieferung, nur zwei Wochen nach der ersten, musste auf kommende Woche vorverlegt werden). Hotelreservierung für Großfamilienurlaub nächstes Ostern in Kastilien klargemacht.
Nach pünktlichem Feierabend spazierte ich in die Fußgängerzone: Ich brauchte wirklich neue Laufschuhe, das textile Obermaterial der alten ist zerrissen, bevor ich die Sohlen abgelaufen habe. Im Sport Schuster macht der Kauf wieder Spaß und ging schnell. Ich lief zwei Paar von verschiedenen Herstellern Probe, eine kurze Video-Analyse ergab: Ja, ich bin tatsächlich wie angegeben Vorfußläuferin (behaupten Menschen das auch irrtümlich?), laufe mit nur wenig Schwerpunkt auf dem Außenfuß, links mehr als rechts (haha, die gute rechte künstliche Hüfte).
Dann schlenderte ich durch viele Menschen zum Dallmayr und holte mir fürs Samstagsfrühstück Beinschinken.
Kurz vor sechs, es wurde schon dunkel, zeigte das Thermometer vom Juwelier Fridrich im Schatten der Sendlinger Straße 23 Grad an.
Zu Hause turnte ich wieder Yoga mit Mady, einen anstrengenden, aber spannenden Flow (nur bei der Krähe musste ich aussetzen) – mache ich auf jeden Fall nochmal.
Zum Nachtmahl ein Ausgleich zum schlimmen Schaufelsalat zum mittwöchlichen Mittagessen:
Mit letzten (supersüßen) gelben Tomaten aus Ernteanteil und Meyer-Lemon-Knoblauch-Vinaigrette – da Herr Kaltmamsell aushäusig war, für mich allein und sehr, sehr gemütlich gegessen. Dann noch ein wenig Käse mit Quittengelee, abschließend viel Schokolade.
Nachdem der offensichtlich unzurechnungsfähige Elon Musk Twitter gekauft und gleich mal die Führungsriege entlassen hat, bewegt sich meine Twitter-Timeline (die beste der Welt) dann doch zusätzlich Richtung Mastodon. Ist dezentral und wird hier von Netzpolitik erklärt:
“So klappt der Umzug auf Mastodon”.
Der durch und durch zurechnungsfähige @dentaku hat die Instanz fnordon.de unter seinen Fittichen, Empfehlung. Ich bin @kaltmamsell@fnordon.de
Schon um halb neun konnte ich es kaum erwarten, mit dem wochenendlichen Ausschlafen anzufangen. (Und ich freute mich schon auf den café con leche mit Haselnussmilch am Samstagmorgen.) Aus mir wird in diesem Leben keine Eule mehr.
Beim Zu-Bett-Gehen öffnete ich die Schlafzimmerfenster in eine Nacht, die man nur als “mild” bezeichnen konnte.
Am Donnerstag hatte ich Elizabeth Wetmore, Valentine ausgelesen: Ein gruslig nachvollziehbares Bild typischer Frauenleben in einem gottverlassenen texanischen Nest der 1970er. Am Anfang steht die brutale Vergewaltigung eines 14-jährigen Mädchens in Umständen, die heute als “date rape” bezeichnet würden. An diesem roten Faden hängen die Geschichten von Mädchen und Frauen, die einen näheren oder ferneren Bezug zu diesem Verbrechen haben; fast alle sind trost- und hoffnungslos.
Mir gefiel der Einblick in diese fremde, ferne Welt – für echtes Lob war er mir aber zu dramatisch detailreich, manch eine Stimmungserzeugung fand ich zu platt durchschaubar.
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Christian Fischer macht als Abonnent einen Krautreporter-Artikel mit lesenswerten Gedanken zugänglich:
“Bin ich Rassist?”
Zum einen tendieren Menschen ja zu Wahrnehmung in Mustern. Sozialpsychologe Jens Förster erklärt zudem:
„Unser Langzeitgedächtnis speichert Emotionen, die mit bestimmten Verhaltensweisen oder sozialen Gruppen zusammenhängen. Das erlaubt es uns, schnell auf Eindrücke von außen zu reagieren.“ Ganz einfach: Ich bin als Radfahrer besonders oft von SUVs geschnitten worden, deshalb halte ich jetzt SUV-Fahrer:innen für schlechte Menschen. Ein Vorurteil ist geboren. Dabei müsste ich die Erfahrung nicht einmal selbst machen. Obwohl ich quasi nie Kontakt mit Hunden hatte, bin ich als Kind zum Beispiel regelmäßig vor Angst ausgeflippt, einfach, weil mein Vater selbst sehr große Angst hatte und mir beigebracht hat: Hunde sind gefährlich. Dieses Vorurteil habe ich übernommen.
(…)
Weil Vorurteile jahrelang dabei geholfen haben, die Welt zu erklären, schreibt Förster, höre unser Gehirn nicht einfach damit auf. Es brauche Zeit und bedürfe einiger Arbeit an sich selbst, um spontane negative Reaktionen durch positive zu ersetzen. „Selbst wenn man den festen Willen hat, dauert es, ein Vorurteil zu zertrümmern.“
(…)
Statt uns also auf unseren störrischen Gehirnen auszuruhen und Vorurteilen nachzugeben, sollten wir uns zwei Dinge klarmachen. Erstens: Wir denken und handeln in Schubladen und Vorurteilen und reproduzieren damit auch Rassismen. Und zweitens: Wir sind dadurch nicht automatisch schlechte Menschen.
Journalistin und Autorin Canan Topçu hat ein Buch über Rassismus und Antirassismus geschrieben:
Konflikt sei ein Grundprinzip von Gesellschaft, erklärt mir Topçu. „Wir sollten lernen, mit Situationen und Menschen umzugehen, die man als fremd, beängstigend und unheimlich empfindet“, sagt sie weiter. Nur dann könnten wir unseren Umgang mit Ungleichheit reflektieren und es besser machen. Dazu gehöre aber auch das Bewusstsein über die eigenen Vorbehalte. Nur: „Was wir verlangen können, ist, dass die Leute sich nicht nach den Vorbehalten verhalten.“
(…)
In einer Migrationsgesellschaft zu leben, klingt schwieriger als es ist. Abseits der aufgeheizten Debatten über Sprech- und Denkverbote gibt es gute Nachrichten. Der Soziologe Aladin El-Mafaalani beschreibt das in seinem Buch „Wozu Rassismus? Von der Erfindung der Menschenrassen bis zum rassismuskritischen Widerstand“ so: „Dadurch, dass immer häufiger und lauter über Diskriminierung gesprochen wird, kann schnell der Eindruck entstehen, alles sei schlimmer geworden. Das Gegenteil ist der Fall: Früher haben Betroffene nichts gesagt, weil die Ungleichbehandlungen derart präsent und allgegenwärtig waren, dass sie kaum thematisiert werden konnten.“ Heute, so El-Mafaalani, seien wir viel stärker sensibilisiert und deswegen würden Diskriminierungen stärker auffallen.
§
DA! Schon WIEDER eine vergessene Heldin der Geschichte. Zum Glück gibt es die Carolin Kebekus Show. Sehen Sie hier alles über
“Die Erfinderin des Hotel-Bettschals”.
(Extraliebe für die Musik von Grand Budapest Hotel im Hintergrund.)
8 Kommentare zu „Journal Freitag, 28. Oktober 2022 – Es wird zu Mastodon gewandert“
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29. Oktober 2022 um 9:29
Ein Kollege verteilte letztens eine große Schüssel Feigen an die KollegInnen … er wohnt im Vogelsberg. Eigentlich keine Feigenanbaugegend!
Ich sehe immer reich tragende, große Feigenbäume in der Frankfurter Innenstadt.
Fehlen nur noch die Frankfurter Bananen, aber das ist auch nur eine Frage der Zeit.
29. Oktober 2022 um 10:02
In Wiesbaden erntet eine Freundin immer im November köstlichste Kiwis, die an ihrer Pergola ranken. Wir erwarten demnächst Ananas im Rheingau.
29. Oktober 2022 um 10:25
Ich fand den Traum urkomisch!!
Als Ergänzung zur Feige würde sich ein Meyer Zitronen Baum gut machen!!
29. Oktober 2022 um 10:33
Mir hat der Traum wunderbar gefallen.
Schönes Wochenende von einer leidenschaftlichen Eule.
29. Oktober 2022 um 13:18
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Gerne gelesen
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29. Oktober 2022 um 17:51
Der Traum ist doch prima.
Man macht was, was man sich im wachen Zustand nicht trauen würde.
29. Oktober 2022 um 19:41
Wir wohnen auf der Höhe von Straßburg, viele wissen nicht, dass hier Tabak angebaut wurde und wird. Mein Vater müsste in den 60ern in luftiger Höhe Tabakblätter zum trocknen aufhängen. Feigenbäume, Kiwis, Pfirsichbäume und Aprikosen sind hier sehr verbreitet. Diverse Melonen werden aber nur in Sommern wie dem vergangenen richtig reif. Khaki-Bäume nehmen auch zu, wobei die hier wachsenden Khakis meiner Meinung nach nicht sonderlich gut schmecken.
29. Oktober 2022 um 20:39
Kiwis hatte meine Oma schon vor über dreißig Jahren reichlich im Garten – am grüneren Rand des Ruhrgebiets. ;)