Journal Sonntag, 6. November 2022 – Sonntagsruhe

Montag, 7. November 2022 um 6:19

Symbolbild Nacht, Anblick beim Aufwachen. Meine ganz oberen Atemwege wehrten sich mit beeindruckender Schleimproduktion gegen den Infekt (*pottpottpott*, gut gemacht), ich wachte immer wieder vom Blubbern in der Nase auf. Gegen die infektkalten Füße hatte ich mir die erste Wärmflasche der Saison mit ins Bett genommen, sie hatte funktioniert. Coronatest negativ.

Das Wetter hatte Regnen eingestellt. Dennoch war ich vernünftig genug, meine ursprünglichen Jogging-Pläne zu verwerfen und nur einen längeren Spaziergang anzupeilen. Ich fühlte mich nicht wirklich krank, nur Hirn-benommen wie nach einem großen Glas Rotwein. Vormittags war mir dann aber doch nach Ibu, meine Nebenhöhlen taten, was sie bei jedem Atemwegsinfekt sehr schnell tun: weh.

Das Wetter wurde wirklich freundlich, ich ging raus. Hatte ich eigentlich schon Samstag tun wollen: Die restliche Lindwurmstraße nach Westen abgehen und Fotos der verbleibenden Lokale in die eine Richtung aufnehmen – um nachsehen zu können. Es bleiben tatsächlich nur noch sechs.

Ich hatte Lust auf mehr Spazierengehen und erweiterte die Runde zum Westpark.

Die Plätze des Freiluftcafés Gans am Wasser waren dicht besetzt.

Auf der Theresienwiese sah ich einen ADAC-Rettungshubschrauber landen, der aber von den bereitstehenden Krankenwagen nicht entladen wurde, sondern gleich wieder abhob. Was das wohl bedeutete?

Nach zwei Stunden Spaziergang kam ich zurück, jetzt gab es Frühstück: Apfel, Feldsalat aus Ernteanteil und Marmeladesemmeln.

Ruhiger Nachmittag mit Lesen und einer weiteren Einrichtungsidee: Fürs bislang absichtlich nackte Westfenster des Wohnzimmers holte ich vorhandene weiße lange Stores aus dem Keller und umrahmte das Fenster damit; wenn im Winter die Sonne hier durch die kahlen Bäume reinknallt, muss ich vielleicht nicht gleich mit den hässlichen Rollläden ganz dicht machen, sondern kann damit durch Zuziehen etwas filtern. Und es sieht gut aus, Herr Kaltmamsell bekam den Auftrag, Gardinengleiter zu besorgen.

Nach Einbruch der Dunkelheit machte ich Yoga, wieder eine Runde mit viel Erklärungen und langsamen Bewegungen – auch beim Halten von Positionen, deshalb durchaus anstrengend.

Als Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell mir einen weiteren Wunsch erfüllt: Es gab sonntagsfestliches Kalbsrahmgulasch mit Spätzle. Der Mann hatte praktisch den ganzen Sonntag in der Küche verbracht, erst mit der Erstellung von Christmas Pudding und Christmas Cake (müssen ja noch bis Weihnachten reifen und gegossen werden), dann fürs Abendessen.

Früh ins Bett zum Lesen. Den aktuellen Irving The Last Chairlift lese ich bereits nach 10 Prozent in doppelten Tempo, also indem ich weite Passagen lediglich überfliege: Diesmal versteigt sich Irving in einen irrelevanten Detailreichtum und in so ausschweifende (und dabei komplett vorhersehbare) Schilderungen, dass sowas wie ein Lektorat unmöglich dran gewesen sein kann.

die Kaltmamsell

8 Kommentare zu „Journal Sonntag, 6. November 2022 – Sonntagsruhe“

  1. Alexandra meint:

    Hm. Würden Sie persönlich in diesem Detailreichtum John Irving mit Thomas Mann vergleichen?

    Ich kenne Irving nicht und bin damals aus Manns “Zauberberg” panisch geflohen …

    Seither ist Mann für mich das Sinnbild für zwanghaftes “Du musst die Szene bis auf die Lichtnuance genau vor Dir sehen, fühlen wie ich mir das vorstelle!”

  2. die Kaltmamsell meint:

    Nein, Alexandra, überhaupt nicht.

  3. engl meint:

    einen irving lektoriert man wohl nicht mehr. (ich bin da schon lange raus.)

  4. fraurage meint:

    ich hab bei irving schon länger abgehängt; ich glaube das letzte war «letzte nacht in twisted river», das fand ich schön. nachher gings bergab mit ihm und mir. ich finde auch den neuen franzen nicht schön und keinen lesegenuss mehr. mit mann würde ich das aber niemals vergleichen; the great american novel ist (für mich) schon ein anderes genre als ein deutscher bildungsbürgermilieuroman eines bildungsbürgerabkömmlings aus dem letzten jahrhundert. beides hat seine schönen seiten – ich persönlich kann es nicht mehr lesen. allerdings habe ich dieses jahr zweimal im zauberberg in davos genächtigt; es ist ein wunderschöner ort oberhalb des dorfes und es trieft immer noch von den hans castorpen, die ihre gesundung suchten. (ich kanns trotzdem nicht mehr lesen.)

  5. Poupou meint:

    Irgendwie schade. Ich bin nach “until I find you” ausgestiegen und hoffe seither immer, dass mal jemand sagt, das neue Buch ist richtig gut, musst du lesen. Aber das scheint nicht mehr zu kommen. Vielleicht lese ich einfach mal wieder die alten Romane. Seufz…

  6. Eva meint:

    Grüße vom Mann am Frühstückstisch (fährt seit gefühlt immer regelmäßig 1-2x im Monat Notarztdienste): wenn der Hubschrauber unverrichteter Dinge wieder abfliegt, heißt es zum Glück nicht immer, dass der- /diejenige, für den/die der Hubschrauber gerufen wurde, verstorben ist. Manchmal wird beides gleichzeitig alarmiert und dann ist der Vorfall z. T. auch nicht so schlimm und der Hubschrauber darf wieder abfliegen.
    Liebe Grüße
    Eva

  7. Judith meint:

    Der Heli sammelt auch manchmal auf der Wiesn jemanden auf, z.B. den Kindernotarzt, und fliegt ihn dahin, wo er gebraucht wird. Der Arzt wird dazu aus dem Klinikviertel mit dem RTW zur Wiesn rübergefahren.

  8. die Kaltmamsell meint:

    Vielen Dank für die Hintergründe zum Rettungsheli, Eva, Judith!

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