Journal Samstag, 24. Dezember 2022 – Sonniger Heilig Abend

Sonntag, 25. Dezember 2022 um 9:08

Mild und schneefrei: So mag ich mein Weihnachten.

Nach erstem Aufwachen kurz nach fünf schlief ich nochmal ein und genoss es sehr. Das Draußen zeigte sich bewölkt und mild, es sah nicht nach Regen aus.

Vor meiner Laufrunde stellte ich den Kartoffelsalat für abends fertig: “Norddeutscher Kartoffelsalat” nach diesem Rezept von Stevan Paul.

Mit der auffallend leeren U-Bahn zum Odeonsplatz, von dort über Hofgarten Richtung Isar.

Beim Passieren des Milchhäusls hörte ich aus der tiermedizinischen Fakultät energisches Hähnekrähen.

Ich weiß, es ist Weihnachten, aber ich möchte bitte einen Fluch aussprechen: Verflucht sei der Reißverschluss meiner rechten Laufwestentasche, der gestern klemmte, als ich sofort an mein dahinterliegendes Handy ranwollte, um von unten zu fotografieren, wie gerade zwei Polizeipferde oben um den Monopteros geritten wurden, eines braun, eines schwarz. Es wäre mein Münchenfoto des Jahres geworden. Zefix.
(Der beste Fotoapparat ist immer der, den man im richtigen Moment zur Hand hat.)

Hier sieht man das schwarze, wenn man’s weiß, gerade noch rechts hinterm Monopteros verschwinden.

Blick über München vom Monopteros aus.

Der Chinesische Turm mit neuem Dach.

Ich genoss das Laufen, und so wenigen Menschen war ich an einem unverregeneten Tag schon sehr lange nicht mehr an der Isar begegnet. Der Himmel riss sogar auf, auf dem allerletzten Stück schien mir die Sonne ins Gesicht. Auf die Tram nach Hause musste ich ein wenig warten, ich nutzte die Zeit für gründliches Durchdehnen.

Vor der benachbarten Matthäus-Kirche stand schon seit Freitag ein Großaufgebot an Wagen und Lastern des Bayerischen Rundfunks. Ich wage einen Tipp abzugeben, welche evangelische Christmette dieses Jahr übertragen wurde.

Nach dem Duschen kochte ich uns zum Frühstück Porridge, wegen Verfügbarkeit zum ersten Mal mit kernigen Großblatt-Haferflocken statt mit den kleinen, zarten.

Mit Tarocco-Orangen, Joghurt, Ahornsirup, Quittengelee. Es stellte sich heraus, dass ich das Porridge so sogar lieber mochte.

Herr Kaltmamsell bereitete den veganen nut roast für das Festmahl am zweiten Weihnachtsfeiertag bei meinen Eltern in Ingolstadt vor, ich kochte das Blaukraut für den ersten Weihnachtsfeiertag bei Schwiegers in Augsburg.

Gegen vier brachen wir zu unserem Wir-suchen-das-Christkind-Spaziergang auf. Diesmal freute ich mich besonders auf den Start am Alten Südfriedhof: Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause spielten wieder Blechbläser vor dem Stephanskirchlein Weihnachtslieder. Ich hörte sie schon von Ferne, *zack* – warm ums Herz.

Es waren wieder reichlich Anwohnende da, mit Kind und Kegel. Wir sangen mit, wo’s ging (Einmerker für 2023: Liedtexte mitbringen).

Nach ein paar Stücken spazierten wir zur Isar und das Ufer auf der Rodenstock-Seite hoch zur Brudermühlbrücke, auf der anderen Seite zurück. Ich fand es genau richtig kalt: Deutlich über Null, aber es brauchte Mütze und Handschuhe. Im letzten Tageslicht sahen wir riesige Krähenschwärme, die ihre Schlafbäume an der Isar anflogen, aus den Bäumen war viel Krahens.

Das Foto täuscht und verbessert die Ansicht: Kirchen und Gebäude wie das Deutsche Museum sind derzeit zum Stromsparen nicht angestrahlt, in Wirklichkeit war die Museumsinsel ganz duster.

Daheim Umziehen und Tischdecken. Zum Glück hatte die Post auf den letzten Drücker geschafft, uns gestern ein paar liebe Weihnachtsgrüße zu bringen: Ich hatte schon befürchtet, die Wohnung müsse zu Heilig Abend komplett ohne festliche Deko auskommen.

Das Heilig-Abend-Menü: Eggnogg, selbst gebeizter Lachs mit norddeutschen Kartoffelsalat, dazu Luxemburger Crémant Alice Hartmann, zum Nachtisch Christmas Pudding mit Brandy-Butter.

Ich aß von allem zu viel, weil es so gut schmeckte.

Ein Geschenkpaket gab es auch auszupackeln, die Bruderfamilie hatte uns sportlich auf den neues Stand gebracht (erstaunlich, wie schwer ein Paket ist, das zwei Drei-Kilo-Hanteln enthält). Telefonat mit meinem Bruder, dort Fröhlichkeit im Hintergrund, dann kippten wir zu nahezu üblicher Zeit in unsere Betten.

§

In der Wochenend-Süddeutsche ein lesenswerter Artikel über ein Pflegeheim, das beweist, wie Alter und Pflege menschenfreundlich sein können. Das nicht die letzte Station vor Sterben ist, sondern immer wieder alte Menschen wieder fit fürs Leben in der eigenen Wohnung macht. Und das zeigt, dass sich dieses Konzept sogar rechnet (nur gegen €, aber hier lohnt sich mal wieder ein Tagespass – dass man ohne bereits eingeloggt zu sein allerdings nur auf eine Fehlerseite trifft, der Artikel ohne bezahlten Login nicht mal zu finden ist, das nehme ich der Süddeutschen wirklich übel):
“Raus aus den Betten”.

Unter anderem erinnerte mich der Artikel daran, dass früher Menschen oft aus eigener Überlegung und durchaus gelassen ins Altenheim wechselten:

Menschen, die heute ins Pflegeheim kommen, seien oft 80, 90 Jahre alt, sagt Christoph Happe, der seit 25 Jahren in der Evangelischen Altenhilfe arbeitet. Bei ihm melden sich Angehörige, wenn sie einen Platz für ihre betagten Verwandten suchen. Vor zwei Jahrzehnten, sagt er, seien viele Menschen eher schon mit 70 Jahren ins Heim gekommen – und zwar nicht, weil sie pflegebedürftig gewesen seien, sondern weil sie sich nicht mehr um alles im Leben kümmern wollten.

Das tun heute nur noch Menschen, die sich ein Zimmer oder eine Wohnung in einer “Residenz” leisten können.

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Samstag, 24. Dezember 2022 – Sonniger Heilig Abend“

  1. Croco meint:

    Selbst gebeizter Lachs! Ich glaube, ich kann ihn bis hierher riechen. Ein tolles Menu.
    Die Altenheime hier sind keine mehr, es sind Pflegeheime.
    Geplant war es anders. An einen Herrn erinnere ich mich, ehemals Abgeordneter und Minister. Er zog ins Heim, hatte aber das Auto dabei. Und er war ein gefürchteter Autofahrer.
    Ansonsten geh man, wenn man Geld hat, ins Augustinum. Dieses bietet die gepflegte und sorglose Umgebung, die man sich wünscht. Den zukünftigen Erben ist es meist zu teuer, was mir immer sehr gefällt.
    Die Süddeutsche ist ein bisschen arrogant, oder?

  2. Sigrid meint:

    mit googeln habe ich mit dem “raus aus den Betten süddeutsche” einen Link gefunden, der nicht auf einer Fehlerseite endet

    https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/politik/pflegeheim-haus-ruhrgarten-haus-ruhrblick-oskar-dierbach-muelheim-e729102/?reduced=true

    Danke für die Empfehlung

  3. Biggi Lu meint:

    Ha! Weihnachtsliedtexte zum immer dabeihaben gibts hier: http://netznotizen.com/advents-und-weihnachtslieder-app/ Schlummern das hanze Jahr über auf dem Handy, aber wenns dann ans Singen geht ist man der Star… ;-)
    Schöne Weihnachten und danke, dass ich jeden Tag einen Fitzel ihres Lebens lesen darf <3

  4. Carsten meint:

    Zunächst las ich “ich nutzte die Zeit für gründliches Durchdrehen.”
    Schöne Rest-Weihnachten Ihnen!

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