Archiv für Dezember 2022

Journal Dienstag, 20. Dezember 2022 – Friseurkriterien und Rollwende beim #Lindwurmessen im Öeins

Mittwoch, 21. Dezember 2022

Schon am Vorabend die Erschütterung: Moment – es ist erst MONTAG?! Der Tag war wohl sehr voll gewesen.

Gestern aufgewacht aus einem mittelinteressanten Wohnungstraum: Ich hatte mit Herrn Kaltmamsell einen Wohnungsbesichtigungstermin vereinbart, und zwar in einem kürzlich kernsanierten großen Brownstone-Haus in New York (Brooklyn?). Bis in die zu besichtigende Wohnung kam der Traum aber gar nicht, wir lernten erst mal die anderen Bewohner des Hauses kennen: Wir spazierten durch die Wohnung einer weißen Familie mit drei Kindern (alles sehr bunt eingerichtet, interessanter Gegensatz zu den blanken Betonwänden), aber es stellte sich heraus, dass das Treppenhaus in der Wohnung lag, alle in die oberen Etagen durchlaufen mussten; wir trafen auf ein älteres weißes Frauenpaar, auf ein weißes Männerpaar mittleren Alters, das sich, und das war das Interessanteste an dem Traum, mit nur einem Namen vorstellte (Happybubbly oder so ähnlich), denn “we are an item”. Wir scherzten, dass vermutlich bald andere die Teile des Namens dem einen und dem anderen zuordnen würden, und sie gaben zu, dass sie damit rechneten.

Der Arbeitsweg war nicht mehr klirrend kalt wie in den Tagen davor, aber ich lernte durch ein leichtes Ausrutschen, dass es auf den Straßen und vor allen Fußwegen sehr glatte Stellen gab.

Ordentlich viel Arbeit in der Arbeit, aber alles strukturierbar.

Mittagessen Ernteanteil-Äpfel, Pumpernickel mit Butter.

Die Wochentags-Verwirrung drehte weiter: Gestern war für mich innerlich Freitag (an dem ich diese Woche gar nicht arbeite). Und das so überzeugend, dass ich Team-Anwesenheiten durcheinanderbrachte und unnötigen Deadline-Druck machte.

Nach pünktlichem Feierabend ein besonders ersehnter Friseurtermin: Der Abstecher zu einem Friseursalon ums Büro-Eck vor acht Wochen war ein Fehler gewesen, kein schlimmer, aber doch. Ich bitte Sie: Rundbürste! In den Wochen nach dem Besuch dort fiel mir ein, wie ich seinerzeit beim endgültigen Abschied aus Augsburg von meinem sehr geschätzten Haarschneider dort Tipps bekam, woran ich einen vertrauenswürdigen Friseurladen (für meine Bedürfnisse) erkennen konnte: Keine Pokale, keine Uniformen, keine Rundbürsten.

Ich stellte allerdings fest, dass ich auch bei Beachten dieser Kriterien nicht so leicht einfach einen Haarschnitt bekam. Ohne Kundinnenverwöhnung mit Prosecco-Angebot und -bindung (zumindest weiß ich jetzt, dass ich wirklich keine “Kopfmassage” mag, bitte einfach kurz Haarewaschen) sowie freundlich gemeinte Aufmerksamkeiten. Im Gesamtpaket dauerte das nämlich so lange, dass ich vor meiner Abendessensverabredung weder zum Einkaufen noch nach Hause kam, sondern Herrn Kaltmamsell bat, mich für unser nächstes #Lindwurmessen gleich beim Lokal zu treffen:1 Wir waren an der Rollwende unseres Projekt angekommen, nahmen in Kauf, dass das Lokal nicht die Adresse Lindwurmstraße trug und aßen im Öeins Stemmerhof. Ich ging zu Fuß vom Westend die westliche Theresienwiese entlang hin (die Fußgänger-Abkürzung zum Harras über Lipowskystraße hatte ich mal beim Spazierengehen entdeckt).

Ich war etwas misstrauisch, denn die vielen Sonderaktionen auf der Website sowie die dicke Schnaps- und Cocktailkarte sahen nach Party-Location aus.

Mein Misstrauen war unbegründet: Von der Herbstkarte hatte ich den Wildschweinbraten (mürbe, mager und saftig) mit Blaukraut und Semmelknödel (beides sehr gut), dazu ein Glas Wien 2 vom Weingut Pfaffl. Herr Kaltmamsell bestellte Wiener Schnitzel vom Kalb mit Petersilienkartoffeln und war sehr zufrieden damit, trank ein Viertel Mischsatz von Holger Hagen. Die Bedienung war freundlich und aufmerksam, wir glaubten sogar einen kuk-passenden ungarischen Akzent zu hören (ein richtig ungarisches Restaurant hätte ich sogar noch spannender gefunden).

Sehr satt spazierten wir zur U-Bahn-Station Poccistraße und nahmen die U-Bahn nach Hause.
Dort passte noch Schokolade zum Nachtisch rein.

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Mir fiel auf: Altwerden ist auch deshalb anstrengend, weil mir zu so vielen Themen immer mehr Vergangenheit einfällt, die aber größtenteils komplett irrelevant ist. @giardino hatte dazu den passenden Calvin-und-Hobbes-Cartoon.

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Danica Salazar ist Lexikografin, im Guardian schreibt sie über die Vokabel-“Geschenke” von Nicht-Muttersprachlern ans Englische:
“English is picking up brilliant new words from around the world – and that’s a gift”.

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Gogglen Sie mal Dinner for One und klicken dann auf den Tiger. Bitteschön.

  1. Wir futtern uns nacheinander durch alle Lokale an der Südseite der Lindwurmstraße von Sendlinger Tor westwärts bis Stemmerhof, dann an der Nordseite wieder zurück. []

Journal Montag, 19. Dezember 2022 – Styling gegen Düsternis

Dienstag, 20. Dezember 2022

Endlich Anlass für das Styling, das Harry Styles mit dieser Aufnahme inspirierte – oder genauer: Stylist Ibrahim Kamara (gleich mal merken, sollte ich jemals professionelles Styling brauchen).

Mittlerweile weiß ich, dass Harrys wunderschöner grüner Riesenpulli in diesem Winter keineswegs zu warm fürs Büro wäre, sondern genau richtig; unter dem orangen (orangenen?) Pulli oben trage ich zusätzlich ein wärmendes Shirt. Und Herr Styles hat die schöneren Schuhe dazu.

Für den Weg in die Arbeit, immer noch knackig frostig und streckenweise sehr glatt, schlüpfte ich aber in die dicken Schneestiefel.

Heftiger Arbeitsvormittag mit Abstimmungen, Besprechungen, Info-Veranstaltungen in fast lückenloser Reihe. Kein Vormittags-Hafermilchkaffe möglich.

Als Mittagessen hatte ich das Punjab-Kichererbsen-Curry dabei, das Herr Kaltmamsell mir am Freitag gekocht hatte. Zeit zum Aufwärmen war allerdings nicht, es schmeckte auch kalt wunderbar aromatisch, gleichzeitig scharf und ingwerfrisch.

Nachmittags beim Dunkelwerden (15 Uhr) schneller Hofgang für etwas frische Luft: Es war bereits deutlich wärmer geworden. Ab 15.30 Uhr gab es dieses Jahr wieder in Präsenz eine Jahresendfeier, es waren viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Homeoffice reingekommen. Ich freute mich für die Geselligkeitsfreund*innen.

Heimweg über Sulzschnee und erste Pfützen, ich genieße jedes zusätzliche Grad Temperatur.

Daheim erkundigte ich mich nochmal nach meinem kranken Vater, er wartete immer noch auf Besserung.

Ich probierte neues Yoga aus, die empfohlene Jessica Richburg und ihre halbe Stunde Beginner Yoga waren gestern genau das Richtige: Ruhige Dehungen, gut angeleitet.

Herr Kaltmamsell verarbeitete den Ernteanteil-Lauch und Fleischbrühe aus der Gefriere zu einem köstlichen Risotto.

Nachtisch Schokolade.

Beim Browsen im Fernseher stieß Herr Kaltmamsell auf eine spanische TV-Serie in Schwarz-Weiß von 2018: Arde Madrid – spielt im Spanien von 1961, dreht sich um die US-amerikanische Hollywood-Diva Ava Gardner und ihre Zeit in Madrid, die dort ein ausschweifendes Leben führt. Das ist dem Franco-Regime ein Dorn im Auge, die linientreue Ana Marí wird bei ihr als Haushälterin und Spionin platziert. Herr Kaltmamsell fand den Schalter für die unsynchronisierte Originalversion, hier die acht Teile in der Mediathek.

Journal Sonntag, 18. Dezember 2022 – Adventspaziergang 2022 nach Böhming

Montag, 19. Dezember 2022

Ausgeschlafen, die Augen aufgeschlagen zu einem hochneblig grauen Tag. Was schade war, denn gestern fuhren wir zum alljährlichen Adventsspaziergang mit meinen Eltern und mit Bruderfamilie (deshalb bereits gepackte Weihnachtsgeschenke, die nahmen wir bei dieser Gelegenheit mit).

In Ingolstadt ließen wir uns am Hauptbahnhof abholen, gestern endete die Bahnverbindung von München nach Nürnberg hier bis zum Nachmittag, von dort Schienenersatzverkehr (aber mit Ankündigung). Im abholenden Auto saß nur meine Mutter: Mein Vater war krank, einer der derzeit grassierenden Atemwegsinfekte hatte ihn so böse erwischt, dass er ins Bett musste – das ist sehr ungewöhnlich bei ihm. Erster Adventspaziergang ohne meinen Vater, und meine Mutter, die den Infekt bereits hinter sich hatte, war auch noch recht gebeutelt und ungewöhnlich still.

Wir fuhren erst zur Bruderfamilie. Dort stand bereits der Christbaum geschmückt im Wohnzimmer: Wir konnten ihn also lauthals loben (-> Christbaumloben), “a so a scheena Chrisbamm!”, und bekamen dafür den entsprechenden Schnaps. Willi vor zwölf auf nüchternen Magen, kann man mal machen.

Zu acht und mit zwei Autos fuhren wir ins Altmühltal. Wie immer hatte meine Mutter erst jetzt das Ziel des Ausflugs verraten: Wir stellten die Autos in Kipfenberg ab und spazierten nach Böhming, um dort im Wirtshaus Römercastell zu Mittag zu essen.

Auf dem gut halbstündigen Weg unter grauem Himmel aber mit hellem Schnee sahen wir Reiher fliegen und Kormorane hoch in einem Baum über der Altmühl sitzen.

Böhming.

Im Römercastell war es schön warm. Wir wurden freundlich umsorgt, bekamen gutes Essen. Ein Knaller:

Beste Kinderkarte jemals.

Ich aß eine Forelle aus Regelmannsbrunn, dazu ein alkoholfreies Weizen.

Rückweg nach Kipfenberg, oben Schloss Kipfenberg.

Wie immer fuhren wir anschließend zu meinen Eltern. Mein Vater schlief, wir sorgten uns. Es gab Plätzchen, frischen Mohnstollen, Tee, Kaffee, weißen Glühwein – ich hielt mich an den Tee. Geplauder und Austausch von Informationen, leider sind nun im langjährigen und so lebensfrohen und feierfreudigen Freundeskreis meiner Eltern Krankheit und Tod eingekehrt. Gefeiert wird dennoch.

Die Rückfahrt im Zug war ruhig – ein wenig zu ruhig, wir kamen recht verspätet an.

Nur wenig Abendessen: Eine übrige Semmel vom Samstag mit Butter und ordentlich Ernteanteil-Kresse, Süßigkeiten.

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Was Männer wirklich geschenkt haben wollen (nein ernsthaft, auf Twitter hat sie jemand mal selbst gefragt).

Journal Samstag, 17. Dezember 2022 – Schneepracht im Sonnenschein

Sonntag, 18. Dezember 2022

Nach dem ersten Aufwachen um sechs probierte ich es mit Weiterschlafen; ich schaffte nur Dösen, genoss es aber. Als die Glocken von St. Matthäus sieben Uhr schlugen, war es schon nicht mehr ganz dunkel.

Ein echt sonniger Wintertag, das machte sich in Kombination mit dem Schnee durchaus hübsch.

Das Bloggen über den Fotoaustausch vom Vorabend erinnerte mich an die Mühen, die es zu Analogzeiten bereitete, wenn man Fotoabzüge von jemandem haben wollte. Anlass, nach Langem mal wieder eine Geschichte im Techniktagebuch zu hinterlassen:
“Das Erfüllen von Fotowünschen früher und heute”.

Zum Schwimmen im Olympiabad nahm ich aus Sicherheitsgründen lieber die U-Bahn – Fahrradfahren ist selbst zu besten Wetterbedingungen in München eine riskante Angelegenheit, bei Eis und Schnee war mir das Risiko zu hoch. Auf dem Fußweg von der U-Bahnstation Olympiazentrum kam ich im Olympiapark zu weiteren schönen Anblicken.

Der erste Blick nach der Kassenschranke in die Schwimmhalle wird nie aufhören, mich zu erheben. Und die blütenartigen Knöpfe in der Zeltdecke sind doch wohl vergleichbar mit denen in meiner handgefertigten Matratze?

Schwimmen auf der wenig genutzten Bahn ging gut. Zwar fröstelte mich wieder ab 1.300 Metern, doch das steigerte sich nicht zu echtem Frieren, so schaffte ich 2.700 Meter.

Diese Glastüren zwischen Umkleideraum und Schwimmhalle wurden erst in der jüngsten Renovierung eingesetzt und sind eine hervorragende Idee.

Zurück spazierte ich zu einer Tram-Haltestelle, wartete auf den Transport mit Blick auf die Kirche St. Sebastian, schönes Beispiel für die Architektur der Neuen Sachlichkeit (Eduard Herbert und Otho Orlando Kurz).

Erst der Schnee wies mich auf die vielen kleinen Klinker-Vorsprünge in der Fassade hin.

Von der Linie 27 ließ ich mich durch Schwabing und Maxvorstadt schaukeln. Semmelkauf beim Bäcker Wünsche in der Sendlinger Straße.

Zum Frühstück gab es vor den Semmeln noch einen Ernteanteil-Apfel, dann musste ich nochmal raus zum Einkaufen: Ein bestelltes Geschenk, Briefkasten-kompatibel, war auch nach fünf Tagen noch nicht da (mei, es war mir halt erst spät eingefallen), ich brauchte Ersatz.
Raten Sie, was bei meiner Rückkehr um halb fünf vor der Wohungstür lag.

Restliches Geschenke-Einpacken: Dieses Jahr hatte ich es besonders einfach, weil viele passende Geschenktüten im Haus waren – die auch noch wiederverwertbar sind!

Abschlussrunde Yoga aus Adrienes “Dedicate” (wie immer ohne Ansagen, also mit viel Schielen auf den Fernsehbildschirm), jetzt nehme ich mir Ihre Tipps aus den Kommentaren vor.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell auf meinen Wunsch diese Short Beef Ribs mit Pappardelle und Ricotta von Astrid Paul nachgekocht, sie hatten den ganzen Nachmittag bei niedrigerer Temperatur im Ofen vor sich hingeschmort.

Das Ergebnis schmeckte hervorragend, wenn auch ganz schön mächtig (und wir können beide problemlos sehr fett essen). Die Schärfe und der Sternanis machten sich gut, Basilikum und Ricotta ebenfalls. Zum Aperitif hatte es Whiskey Sour mit Meyer-Zitronen-Saft gegeben, zum Essen hatte ich die Flasche Blaufränkisch von Heinrich aus dem Burgenland ausgesucht: Bei ihr war die Gefahr gering, auf die fruchtige Note zu stoßen, die ich derzeit im Rotwein nicht mag. Treffer: Seine Säure, leichte Tannine, Pfeffer- und Ledernoten passten wunderbar zum Schmorfleisch und besonders zu der Schärfe. Der Wein schmeckte für seine fünf Jahre Alter sehr jung, hätte gut noch mehr Luft und längeres Lagern vertragen – aber zum Lagern fehlen uns halt die Bedingungen (zum Glück! was würde ich unvernünftig viel Wein kaufen, wenn ich ihn lagern könnte!).

Nachtisch ein wenig Christmas Pudding, Schokolade.

Journal Freitag, 16. Dezember 2022 – Vor 10 Jahren, vor 20, vor 30

Samstag, 17. Dezember 2022

Es schneite weiter, ich stapfte morgens im Dunklen mit hochgezogenen Schultern und gesenktem Blick in die Arbeit.

Dort war sehr viel zu tun, behindert durch dysfunktionale Software (diesmal eine ganz andere als sonst, mein Arbeitsleben steckt voller aufregender Überraschungen). Gleichzeitig nahm ich eigentlich an einem Meeting teil (ohne aktiven Part), das mich sehr interessierte, aus dem ich aber mehrfach zum Brandlöschen aussteigen musste.

Draußen schneite und schneite es wie in einem scheiß Hollywood-Weihnachtsfilm.

Mittagessen: Äpfel aus Ernteanteil (sehr gut, bis jetzt wurden sie durch Lagern besser), Pumpernickel mit Butter, Kaki.

Zu Feierabend schneite es fast nicht mehr. Ich spazierte erst zu Einkäufen im Vollcorner, dann zum Bahnhof, um mal wieder Automatenfotos für mein nun schon 17 Jahre dauerndes Projekt aufzunehmen (dieses Jahr habe ich sogar sieben Mal dran gedacht), anschließend durch die mittelvolle Kaufingerstraße zum Marienplatz für Geschenkpapierkauf im Kaufhaus. Auch die Sendlinger Straße und der reduzierte Christkindlmarkt am Sendlinger Tor waren für einen Freitagabend wenig voll.

Daheim die Yogafolge vom Donnerstag (mir fiel mal wieder auf, wie enorm sich Adriene zwischen dem Programm Dedicate 2019 und Home 2020 in ihren Ansagen weiterentwickelt hat), dann machte ich mich an den ersten Schwung Weihnachtsgeschenke-Einpacken.

Herr Kaltmamsell war aushäusig, also hatte ich mir zum Abendessen endlich mal wieder Rahmspinat besorgt. Den verdünnte ich mit Gemüsebrühe zur Suppe, ließ zwei Eier darin stocken. Dann sehr große Mengen Süßigkeiten. (Herr Kaltmamsell hatte mir sogar ein Abendessen vorgekocht, Kichererbsen-Curry. Das hob ich mir für die Montagsbrotzeit auf.)

Spät kam eine WhatsApp-Nachricht meines Bruders, der mit seinen alten Jugendkammerchor-Mitsänger*innen in Ingolstadt zum jährlichen Weihnachtstreffen zusammensaß. Er schickte ein Foto von der Chorreise 1987 in die schottische Partnerstadt Ingolstadts Kirkaldy, das eine Mitsängerin dabei hatte, eine Aufnahme für die dortige Lokalzeitung in Schwarz-Weiß. Ich revanchierte mich mit dem Gegenstück in Farbe, das ich aus einem Fotoalbum abfotografierte.

Die vorderste Sängerin mit kurzem dunklen Haar bin ich.

Im Bett mit wärmender Wärmflasche las ich noch lang und gern in meiner derzeitigen Lektüre: Helga Schubert, Vom Aufstehen: Ein Leben in Geschichten.

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Gaga Nielsen bloggt hin und wieder zehn Jahre alte Fotos von sich. Das finde ich eine zauberhafte Idee, die nehme ich auf.

Vor zehn Jahren (Foto: Herr Kaltmamsell).

Vor 20 Jahren (Bewerbungsbild?).

Vor 30 Jahren in Swansea.

Das machen wir jetzt öfter.

Journal Donnerstag, 15. Dezember 2022 – Bavaria in Weiß

Freitag, 16. Dezember 2022

Ich wachte auf zu einem weißen Schneeparadies inklusive Schneefall. Paradiesisch halt für Leute, die sowas mögen.

Zumindest machte der Neuschnee die Wege griffig, ich konnte gutes Stapf-Tempo vorlegen. Wie wohl die Menschen in den orangen Wagen und Wägelchen das Wetter finden, die Schnee räumen und in großen Mengen Split streuen?

Beim Autobesitzer unter verschneiten Ästen, der Schnee und Eis von seinem Wagen schaufelte und kratzte, beobachtet von einem zitternden Rehpinscher in Hundemäntelchen, kann ich es mir ungefähr vorstellen (oder projiziere ich mal wieder und Autofahrer können Autohaben so super finden, dass ihnen winterliches Schaufeln und Kratzen nichts ausmacht?).

Also gut, bitteschön, einmal im Jahr ist das ja ganz hübsch.

Umtriebiger Arbeitsvormittag, ich konnte es mir im Büro halbwegs warm machen. Mittagessen Pumpernickel mit Butter, Clementinen.

Nachmittags weiter dicht mit Arbeit, zudem aber auch mit Schwindel. Eine seltene Heißhungerattacke, genau dafür habe ich Flapjacks in der Schreibtischschublade, von denen ich einen verschlang (Chia, Dattel und Pistazie). Auch deshalb eine gute Idee, weil sein Mindesthaltbarkeitsdatum anstand.

Gleichzeitig fiel mich eine superüble Laune an, destruktiv schwarz in alle Richtungen.

Zu Feierabend hatte der Schneefall aufgehört, auf dem Heimweg nur noch unangenehme Kälte.

Zu Hause die vorletzte Folge Yoga aus Adrienes Programm “Dedicate” – die so viele überraschende Wendungen enthielt, dass ich sie dann doch noch mal ohne Überraschungen turnen möchte. Gerade aufs Balancieren möchte ich bitte ein bisschen vorbereitet werden.

Den eben abgeholten Ernteanteil verwandelte Herr Kaltmamsell zu großen Teilen zu Ofengemüse und servierte ihn mit Kresse-Sauerrahm. Sehr gut. Nachtisch viel Schokolade.

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Mir ist der Weihnachtsklassiker Love actually ja leider vor ein paar Jahren abhanden gekommen, weil ich mich plötzlich bei fast allen dargestellten Beziehungen unwohl fühlte und weil die Kitsch-Ebene nicht mehr zur Verbrämung reichte.

Der Psychotherapeut Jonathan Decker analysiert warum.

https://youtu.be/vCtW4hgm9SM

via @stedten*hopp

Decker benennt das Hauptproblem: Der Film “treats infatuation as love”. Womit der Film natürlich in einer sehr langen Tradition steht (winkt Romeo und Julia heran).

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Tango – ganz anders: Vanessa Gauch.

Journal Mittwoch, 14. Dezember 2022 – Freier Tag mit Schwimmen, Eisregen und Theater

Donnerstag, 15. Dezember 2022

Wohlig ausgeschlafen bis fast sieben, ich hatte ja freigenommen.

Nach Bloggen zu Milchkaffe gab es eine Kanne Tee und Internetlesen.

Zum Schwimmen wäre ich am liebsten geradelt. Doch es war überfrierender Regen angekündigt, die nassen Straßen sahen auch genau so aus. Also erfüllte ich den explizit getwitterten und getröteten Wunsch medizinischen Personals aus zusammenbrechenden Kliniken, sich bitte, bitte nicht zu verletzen und nicht auf glatten Wegen zu radeln (die Bitte lautete tatsächlich: “Bleibt daheim!” – aber ich hatte doch einen freien Tag!): Ich kaufte eine MVV-Tageskarte und nahm die U-Bahn Richtung Olympiabad (der zuverlässigste Transport, auch Trambahnen und Busse waren durch das Eis beeinträchtigt).

Erster Blick vor die Haustür: Eis.

Die Wege waren gut gestreut, ich ging trotzdem in weiterem Regen vorsichtig.

Das Schwimmen fühlte sich nach erster Anstrengung im nicht sehr warmen Wasser gut an. Doch wieder fröstelte mich, ich beließ es bei 2.500 Metern, machte dafür auf den letzten 500 Metern Tempo.

Aufwärmen unter der Dusche und beim Haarefönen – die Zeiten, in denen ich dampfend aus dem Hallenbad kam, sind (vorübergehend?) vorbei.

Aber es ist schon ein besonders schönes Bad.

Draußen schmolz das Eis auf den Wegen, es regnete aber weiter unangenehm. Tram in die Maxvorstadt und zum Frühstück im Café Puck. Ich kam ziemlich durchfeuchtet an, wurde auch dort trotz Schneestiefeln, langem Shirt und Kaschmirpulli nicht richtig warm (auch hier Heizungsparen?).

Ich aß alles auf. Dann Zeitunglesen und Nachdenken über Geschenke.

Das Wetter blieb supergreislich und regnerisch, statt dem geplanten Bummel über die Hohenzollernstraße zum Christkindlmarkt an der Münchner Freiheit ging ich nur (wärmend schnell, half aber nicht wirklich) für Espressobohnen zum San Lucas und nahm dann eine U-Bahn nach Hause. Ich bin die, die auch nach Wegfall der Maskenpflicht in diesen dichten Menschenmengen Maske trägt, gar nicht mal so wegen Corona, sondern wegen all der superekligen Atemwegs-Infekte, die gerade einen beeindruckenden Anteil der Bevölkerung mit beeindruckender Wucht ins Bett fegen. Dieses Jahr hatte ich bereits Magen-Darm (2x), Corona und Erkältung: Danke schön, das reicht. Und da leiderleider keine Lehre aus der Pandemie ist, dass kranke Menschen eine Maske aufsetzen, schütze ich mich.

Daheim wärmte ich mich mit weiteren Socken, Jacken, heißem Tee und an der Heizung.

Gegenstück zum Schwimmen sollte eine Runde Yoga sein, drittletzte Folge des 30-Tage-Programms “Dedicate” von Adriene (ich hatte noch bei keiner einzigen Folge das Bedürfnis nach Wiederholung, aber Durchziehen will ich es aus Prinzip). Als das besinnliche Anfangs-Geplapper im Schneidersitz wieder kein Ende nehmen wollte (bei mir kommt es an wie die Lehrerinnen-Laute in den Peanuts), spulte (schob) ich einfach vor zur Bewegung in Minute 6.

Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell aus Erntanteil Lauchnudeln mit Thymian und Zitrone. Und dann – nahm ich zum ersten Mal seit Februar 2020 mein Kammerspiel-Abo wahr: Erst hatte mich die Corona-Schließung abgehalten, dann Verwirrung über Termine, zuletzt spontane Trägheit. Doch der gemütliche Tag gestern erhielt meine Aufnahmefähigkeit, außerdem schien mir der Weg mit U-Bahn-Fahrt und vorsichtigem Gehen in Turnschuhen unfallsicher.

Dreimal oben: Foyer und Bühnenraum.

Um Maskentragen wurde gebeten, Garderobe und Programm jetzt gratis. Dennoch nahmen viele ihre dicken Mäntel mit rein, behielten sie zum Teil auch an – dabei war ausreichend geheizt (endlich!), ich musste ohne Mantel nicht schon wieder frieren.

Der Zuschauerraum war nur zu höchstens einem Drittel besetzt. Gegeben wurde die Uraufführung Like lovers do von Sivan Ben Yishai, deutsch von Maren Kames. Ich bekam erst mal ein wirklich hässliches Bühnenbild und fünf Darsteller*innen in Kostümen, die mich heftig Flash Gordon von 1980 assoziieren ließen, es wurde getanzt und sich vielsagend bewegt. Schließlich kam aber Text dazu, Beschreibungen von Sex und sexualisierter Gewalt, von Liebes- und Sexphantasien in immer neuem Rahmen – mal als Erinnerung an Kindheit und Jugend in einem Freundinnenkreis, mal als Empfindungen, monumental gegen Ende der Monolog einer weiblichen Stimme mit Forderungen an einen männlichen Partner, gesprochen und gespielt von einem Mann, Bekim Latifi. Wie ohnehin das Geschlecht der Stimmen nicht dem der Darstellenden zugeordnet wurde (alle beeindruckend). Dazwischen in Passagen auch Reflexion über das eben Geschehende, wie Anprangern und Trigger-Warnungen voyeuristische Haltungen erst erzeugen können. Viel Musik dazu, aber ohne kommt wohl keine Inszenierung mehr aus.

Auffallend: Die Bewegungen (oft tänzerisch) und Kostüme in Kontrast zu den Texten völlig ent-sexualisiert.

Ich fühlte mich angeregt und unterhalten, in der Süddeutschen bringt Christine Dössel den Abend in eine Struktur: “Dieses Lied den Liebenden”.

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“Steinkäuze im Main-Taunus-Kreis:
Wo ist der Kauz aus Röhre sechs?”

Von der Autorin Andrea Diener getrötet mit der Erkenntnis: “Besser wird es dieses Jahr beruflich nicht mehr.”

Wenn von den Eulen gesprochen wird, die man nicht nach Athen tragen soll, dann ist eigentlich der Steinkauz gemeint.

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Deutschungshoheit.*

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/yp-Q2FRVwcY

via @sixtus

* Welch großartige Wortschöpfung. Genau das meinte ich, als ich schon vor Jahrzehnten darauf hinwies, dass auch Leute mit Namen wie meinem z.B. als Guides in der KZ-Denkstätte Dachau normal sein sollten, denn wenn wir (selbstverständlich) zu Deutschland gehören, gehört auch dieser Teil zu uns und wir zu ihm – ich beanspruche die Deutschungshoheit.
(Gleichzeitig macht mich das Video aus einem ganz abwegigen Grund fertig: Alle essen Bananen in einem Reifegrad, in dem ich sie nur noch in Form von Bananenmilch oder -kuchen ertrage – GAH!)