Journal Dienstag, 17. Januar 2023 – Mehr Lindy Hop
Mittwoch, 18. Januar 2023 um 6:20Zu früh aufgewacht, dann konnte ich nicht mehr einschlafen, weil mein Hirn unbezahlt Arbeitsorga-Probleme wälzte (durchaus mit umsetzbaren Ergebnissen). Also stand ich auf, ich konnte die zusätzliche Zeit am Morgen ja für die nächste Yoga-Folge nutzen.
In der Vorschau hatte ich bereits am Kuschel-Outfit der Vorturnerin Adriene gesehen, dass das eine Folge mit Thema Entspannung war. Ich schummelte, indem ich die ersten sechs Minuten Sitzen mit Geplapper für meinen täglichen Bankstütz/Seitstütz verwendete (“find what feels good”? eben das). Die restlichen 20 Minuten dehnte, saß, beugte, lag und schnaufte auch ich.
Wieder ein wolkenloser Arbeitsweg, nur gestört von einem rechten Schnürschuh, der nach Jahren der Nutzung zum Sockenfressschuh wurde.
Im Büro machte ich mich umgehend an die Umsetzung meiner schlafstörenden Orga-Ideen – über den Vormittag immer müder, ich hätte lieber den Schlaf statt dessen gehabt.
Dazwischen Beseitigung der Sauerei, die ein wahrscheinlich schon längeres Umkippen und teilweises Auslaufen meines Glases schwarzer Tinte in einer Schublade verursacht hatte. Inklusive anschließendem Scheuern meiner Hände: Ich wollte sie zum abendlichen Tanzkurs bitteschön vorzeigbar haben.
Mittagessen: Apfel, Avocado, Pumpernickel.
Es war kälter geworden, der Himmel hatte zugezogen. Auf dem Heimweg erledigte ich Einkäufe beim Vollcorner und im Supermarkt. Daheim checkte ich nur kurz die Orangen aus der eben angekommenen Crowdfarming-Lieferung, dann war es schon Zeit für den Aufbruch zum Lindy-Hop-Kurs. Ich hatte mir mittlerweile online die superbilligen Stoffschnürschuhe mit Gummisohle besorgt, die ich an Tanzlehrerin und bei Lindy-Hop-Wettbewerben sehe, die verwende ich künftig ausschließlich für diesen Tanzboden (vergangene Woche trug ich wegen des Straßenschuhverbots meine Aerobic-Hallenturnschuhe, die doch etwas klobig waren).
Diesmal war der Saal nicht ganz so voll, ich kam viel zum Tanzen mit wechselnden Partnern und Partnerinnen. Von diesen lernte ich viel, über die beigebrachten Tanzschritte, aber auch über sie (ohne dass wir uns unterhalten hätten). Durch den häufigen Wechsel, so mein Eindruck, sank die Befremdung und Überwindung, einen fremden Menschen anzufassen, insgesamt waren es ja doch etwa ein Dutzend. Dennoch entschuldigten sich manche für ihr Schwitzen. Hätte ich das auch tun sollen? Auch mein T-Shirt fühlte sich gegen Ende sicher feucht an. Der Wehlaut “Und wie komm ich jetzt da wieder raus?!” eines Leaders in der ersten Hälfte der Stunde erheiterte mich, es ging aber um eine Tanzfigur.
Mich überraschte, wie viel der dazu gespielten Musik ich erkannte: Die ausgiebige Bigband-Phase meiner Jugend, angestoßen durch den James-Stewart-Film The Glenn Miller Story im Fernsehen, hatte ich bereits vergessen.
Zurück daheim wartete das Abendessen auf uns: Herr Kaltmamsell hatte aus einem kleinen Blaukraut aus Ernteanteil einen Salat mit Orangen, Apfel, Feta gemacht. Danach Schokolade.
Im Bett neue Lektüre: Gabrielle Zevin, Tomorrow, and Tomorrow, and Tomorrow.
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Eben bloggte ich zu Gina Lollobrigida noch, dass sie 94 Jahre alt und lebendig sei – da stirbt sie mir mit 95 weg.
Hier ein wunderschöner Rückblick im Guardian in Fotos.
“Gina Lollobrigida: a life in pictures”.
(Auf dem Foto vom Berliner Filmball 1954 gleich mal geguckt, ob ich im Hintergrund die legendäre Tante Rita von Herrn Kaltmamsell entdecke – die frequentierte solche Veranstaltungen damals.)
Der Verfasser des eigentlichen Guardian-Nachrufs auf sie, John Francis Lane, verstarb bereits vor 2018 (an einem 15. Januar). Denn selbstverständlich haben Medien Nachrufe von bedeutenden Menschen im Stehsatz, damit sie bei Bedarf auch gründlich recherchiert sind.
die Kaltmamsell5 Kommentare zu „Journal Dienstag, 17. Januar 2023 – Mehr Lindy Hop“
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18. Januar 2023 um 9:05
So, und jetzt warten wir auf den Aufschrei über die vermeintlich mangelnde Pietät von vorgefassten Nachrufen (die Pointe mit dem vorzeitig verstorbenen Nachrufer ist Ironie des Schicksals ) – derweil wüsste ich ja nur zu gerne, warum manchmal Schuhe plötzlich Socken fressen.
18. Januar 2023 um 10:15
Ich tanze auch Lindy Hop. Viele Leute lassen sich eine Ledersohle auf die Tanzschuhe kleben, kann gut sein, dass das bei den Tanzlehrer*innen auch so ist, Leder slydet einfach besser (beim ersten social dance mit Ledersohlen hat es mich dann auch erst mal hingepackt.
Für’s schwitzen entschuldigen finde ich ungewöhnlich, aber ich habe mich schon sehr oft mit anderen Lindy Hoppers über’s schwitzen unterhalten. Am Anfang habe ich mich bei socials immer gewundert, wie unverschwitzt manche Leute trotz viel tanzen sind, bis ich gemerkt habe, dass viele Leute Oberteile zum wechseln dabei haben.
18. Januar 2023 um 18:58
Gina Lollobrigida gehörte zu den drei südeuropäischen Ikonen der Sixties, die mir als große Filmdiven bewusst wurden: Sophia Loren, Claudia Cardinale und Gina Lollobrigida. Als ich klein war, brachte ich sie noch durcheinander, alle hatten den gleichen Lidstrich und tolle Kurven und Ausschnitte. Am liebsten mochte ich (bis heute unverändert) Sophia, dann Claudia, zuletzt erst Gina. Sophia war die Allerschönste und hatte auch die schönste Synchronstimme und viel Wärme. Claudia war etwas kesser, nicht ganz so supergöttlich, eher sexy-frech. Gina etwas gesetzer und autoritärer, auch strenger. Dass sie auch Fotografin war, wurde eigentlich sehr früh auch in der deutschen Yellow Press abgehandelt, da sie ja Prominenz fotografierte. Eine Nähe habe ich zu ihr nie empfunden, aber als sie sich als Vorsitzende der Berlinale-Jury gegen den Strich gebürstet rebellisch zeigte, weil sie überhaupt nicht mit der Auswahl des besten Films (Stammheim) der Jury-Kollegen einverstanden war, und sich nicht diskret fügte, gefiel mir richtig gut! Das galt als Skandal, haha.
20. Januar 2023 um 8:25
Noch der Hinweis, daß zwei Filme mit La Lollo derzeit in den Mediatheken schwirren: Die schönste Frau der Welt und Der Glöckner von Notre Dame.
20. Januar 2023 um 9:16
Meine bleibende Erinnerung an Gina ist, dass wir im Lateinunterricht Anfang der 60er Jahre, als wir die Figura etymologica durchgenommen haben, diese unter uns Schülern nur als Figura Lollobrigida bezeichnet haben. Auch der Lehrer hat geschmunzelt, als er das mitbekam.