Journal Montag, 9. Januar 2023 – Zweiter Arbeitsanfang
Dienstag, 10. Januar 2023 um 6:30Ächz. Vergangene Woche war wohl nur eine Übung, die große Arbeits-Neujahrswelle kam erst am gestrigen Montag.
Mein Nachtschlaf schien das geahnt zu haben: Nach Langem wieder eine wirklich schlechte Nacht mit vielfachem Aufwachen (allerdings nicht das klimakterische ZACK!), üblen Gefühlen, Schlaf nur bis fünf. Düsterer Himmel, nasskalte Luft. Seit Sonntag ging mir eine wunderbare Formulierung auf Hotel Mama durch den Kopf:
januar ist wie nachts losfahren, um irgendwann im tag anzukommen, man muss da halt durch, die langen dunklen stunden ohne anfang und ende, ich mag das eigentlich, aber der weg ans licht ist im allgemeinen und besonders in berlin viel zu weit, es wird wieder dunkel, wenn ich gerade wach geworden bin, und danach ist dann februar.
Im Büro hatte ich eine hocheffiziente halbe Stunde (Privileg von uns Lerchen), bevor das ganze Haus sein Arbeitsjahr startete, “gutes neues Jahr”. Mit hoher Schlagzahl, “ein gesundes neues Jahr!”, auch menschlich, “erst mal ein gutes neues!”, ging es durch bis vier, “frohes neues!”, allerdings hatte ich eisern fast eine halbe Stunde Mittag gemacht, mit einer Mandarine, einem Kanten Brot, einem Becher Hüttenkäse, der Süddeutschen vom Tage. Dann erst kam ich wieder zu mir und konnte mich sortieren.
Dabei hatte ich gestern extra dieses Outfit gewählt.
Ich bin draufgekommen, warum ich mit steigendem Alter immer mehr Vergnügen an auffallend albernen Outfits habe (die Neigung war allerdings schon immer da): Ich bilde mir ein, dass bei deutlich nicht-jungen Frauen nicht Hübschizität oder Attraktivität als Ziel unterstellt wird.
Gestern freute mich, dass ein Stadtwerke-Handwerker, mit dem ich in der Teeküche ein wenig plauderte, mich komplimentierte: “Guad schaung’S aus!”. (Noch mehr freute mich, dass er auf meine Reaktion “Danke schön! Ist Absicht.” herzlich lachte.)
Auf dem Heimweg, es war fast schon winterkalt, ging ich im Vollcorner vorbei – wo ich überraschend wenig von meiner Einkaufsliste bekam. Zu Hause erst mal eine Runde Yoga, sie tat gut.
Als Nachtmahl war der Rest der sonntagabendlichen Gemüsequiche geplant, doch Herr Kaltmamsell servierte davor auch noch ein Tellerchen heiße Linsensuppe. Zur Quiche machte ich ein wenig Ruccola-Salat. Nachtisch einige Erdnusskekse, die Herr Kaltmamsell gestern gebacken hatte (Sabbatical ist toll), außerdem Schokolade – dass die Cailler-Milchschokolade hauptsächlich aus gezuckerter Kondensmilch besteht, schmeckt man. Ich bin noch nicht sicher, ob ich das mag.
§
Dirk Knipphals verabschiedet sich:
“Autofahren als Freiheitsversprechen:
Stets auf Achse”.
Die Mutter unseres Autors war immerzu Automobilistin. Sie lebt nun im Heim und ihr Sohn reist am Steuer ihres letzten Wagens zurück in die Vergangenheit.
3 Kommentare zu „Journal Montag, 9. Januar 2023 – Zweiter Arbeitsanfang“
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10. Januar 2023 um 8:07
Wieder einmal vielen Dank für die Links. Der Automobilistinnen-Artikel gefällt mir besonders gut; er beschreibt so schön diese emotionale Verknüpfung mit einem eigentlich ja völlig seelenlosen Gerät. Seit fast 20 Jahren ist shared mobility ein Lebensthema bei mir und oft schüttle ich den Kopf, wie stark die Emotionen gegen jedes rationale Argument beim Autobesitz eigentlich sind.
Meine Kinder wachsen ohne Auto auf und ich freu mich, dass ihre Erinnerungen später mit langen Bahnfahrten und Singen im Lastenfahrrad verbunden sein werden. Vielleicht schreiben sie dann später darüber Artikel?
10. Januar 2023 um 9:22
Cooles Outfit! Ich merke auch, wie ich mich mit steigendem Alter immer wohler in meiner Haut fühle und mich eben anziehe, wie ich es gut finde. Liegt fast nur daran, merke ich mit Erschrecken, dass ich mich nicht mehr mit anderen Frauen vergleiche und/oder überlege, wie ich auf Männer optisch wirke. Die Pandemie hat auch geholfen, da konnte man sich ja gar nicht vergleichen. Jetzt überlege ich, wie ich diese Erkenntnis meinen Töchtern nahebringen kann, damit diese früher als ich ein leichteres Leben habe. “Die Körper anderer Leute gehen dich nichts an”, war der erste Versuch. Muss ich wahrscheinlich noch ergänzen um “und dein Körper geht auch niemanden etwas an”.
10. Januar 2023 um 11:53
Man wird mutiger mit den Jahren. Das Bedürfnis nach Konformität lässt nach. Und es ist einem wurschd, ob es jemand anderem gefällt oder nicht.
Und siehe da: es gefällt.
Mein großes Vorbild ist ja Iris Apfel, die New Yorker Designerin, die in diesem Jahr wohl 102 Jahre alt wird. Und natürlich Vivienne Westwood.