Archiv für Januar 2023

Journal Dienstag, 3. Januar 2023 – Ruhiger Arbeitsstart, Schulerinnerungen

Mittwoch, 4. Januar 2023

Schlaf nicht durch bevorstehenden ersten Arbeitstag nach Urlaub belastet: Ich vermute als Ursachen zum einen die Verinnerlichung des Umstands, dass in den Weihnachtsferien halt echt nichts passiert, zum anderen dass ich wirklich und bis ins Unterbewusstsein noch nicht auf Arbeitsrhythmus eingestellt war.

Trotzdem klingelte der Wecker um 5:40 Uhr und mich in Orientierungslosigkeit.

Düsterer Weg in die Arbeit, aber mild und trocken. Die Büroflure lagen verlassen, die meisten Arbeitenden (gestern erster offizieller Arbeitstag nach Weihnachtsferien) taten das wohl von Daheim aus. So hatte ich vor allem mit den Kolleginnen und Kollegen aus anderen Bereichen zu tun, die wie ich Dinge wegschaffen mussten, zum Beispiel Rechnungen oder die Post von mehreren Abteilungen seit 22. Dezember, für die ich zuständig bin.

Mittags ging ich im milden und leichten Regen auf einen guten Cappuccino ins Emilo, so lange es das noch gibt, nahm auch ein Kilo Espressobohnen mit.

Mittagessen später im Büro: Apfel, Clementinen (besonders gut), Pumpernickel mit Butter.

Nachmittags weitere Geschäftigkeit, die sich aus dem Vormittag ergeben hatte.

Pünktlicher Feierabend ohne Probleme, ich war verabredet mit zwei Menschen aus einer lang vergangenen Vergangenheit, nämlich Mitschülerinnen. Kein Regen mehr, wir trafen uns im Café Pfundig – und ich entdeckte erstmal, dass wir beim #Lindwurmessen dieses Lokal übersehen hatten: Ich hatte es in der Häberlstraße gewähnt, doch die Adresse lautet Lindwurmstraße.

Fast drei Stunden erzählten wir einander, ich erfuhr aktuelles Leben (studierende Kinder, seltsame Schwager), aber auch erstmals, wie der Lebensabschnitt dieser beiden Frauen direkt nach dem Abitur verlaufen war, als ich sie sofort aus den Augen verloren hatte (dass die dritte Kollegstufe und Abitur gar nicht mit uns gemacht hatte, sondern auf ein anderes Gymnasium gewechselt war, hatte wir beiden anderen nicht mal in Erinnerung).

Herr Kaltmamsell wartete mit Abendessen auf mich: Die zweite Hälfte Kürbis aus Ernteanteil gab es mit Erbsen, Tamarinde, Tomate, dazu Reis. Nachtisch Pralinen.

§

Dass es problematisch sein kann, große Datenmengen im Web zum Trainieren von Algorithmen zu verwenden, die oft KI genannt werden, wurde schon früh klar. Michaela Menken schildert in einem Aufsatz, wie unterschiedliche problematische Verzerrungen eigentlich entstehen und welche Lösungen es geben könnte:
“Bias in / bias out – Warum wir mehr Datenethik brauchen”.

Noch nie bedacht hatte ich zum Beispiel:

Manche Dinge tauchen in natürlicher Sprache gar nicht häufig auf, obwohl sie hochfrequent in der Welt vorkommen. In solchen Fällen sprechen wir von der Reporting Bias. Merkmale, die implizit vorhanden oder so geläufig sind, dass sie nicht extra erwähnt werden müssen, sprechen oder schreiben Menschen einfach nicht mit. Kaltes Eis, gelbe Zitrone, aber auch das Verb blinzeln, all das sind Wörter und Kombinationen, die in unserem Weltwissen verankert sind, über die wir aber nicht mehr reden müssen. Das stellt für ein maschinelles System ein Problem dar, da der Computer natürlich nicht weiß, dass wir alle paar Sekunden blinzeln, oder dass Eis grundsätzlich kalt ist. Implizite, ontologische Kenntnis der Welt steht der KI nicht vollumfänglich zur Verfügung, da Teile unseres sprachlichen und Weltwissens in Texten nicht auffindbar sind.

Die Autorin war so freundlich, auch einen darauf vorbereitenden Hintergrundartikel herauszukramen:
“Ethical by Design? – Die menschliche Verantwortung hinter der künstlichen Intelligenz”.

Journal Montag, 2. Januar 2023 – Rückfahrt Bern-München

Dienstag, 3. Januar 2023

Am Rückreisetag gar nicht so früh aufgestanden, denn unser Zug verließ Bern erst nach zehn.

Also hatten wir noch ein wenig Zeit, um mit unseren Freunden Kaffee zu trinken, Gespräche weiterzuführen. Im Kanton Bern war gestern Feiertag, die beiden mussten nicht arbeiten und chauffierten uns wieder: Ein letztes Mal, zum Bahnhof in Bern. Herzlicher Abschied mit innigem Wunsch nach einem baldigen Wiedertreffen, diesmal in München.

Reibungslose Fahrt. Beim Umsteigen in Zürich hatten wir eine halbe Stunde, in der wir ein wenig im dortigen Einkaufszentrum mit Gleisanschluss einen Cappuccino tranken, herumspazierten (unter anderem fast nicht mehr aus dem Migros rausgekommen wären – so viele spannende Dinge in den Regalen, zum Beispiel Ruchmehl!). Im IC der SBB nutzte ich das etwas dünne, aber durchwegs vorhandene WLAN, um den Blogpost über den Vortag online zu stellen, Twitter und Mastodon zu lesen. Dass die Sitze selbst bei hochgestellter Lehne kein aufrechtes Sitzen ermöglichten, sondern auf eine Lounge-Haltung ausgerichtet waren, nahm mir mein marodes Kreuz allerdings mit der Zeit übel (in einer Zeit eingerichtet, in der noch nicht mit Laptop-Arbeit beim Fahren gerechnet wurde?). Ankunft in München kurz nach drei, Wetter auch hier trocken und sehr mild.

Daheim nur kurz Abladen, eine Waschmaschine gestartet (nichts aus dem Koffer, sondern Handtücher und sonstiges Weißes). Zusammen mit Herrn Kaltmamsell ging ich Einkaufen in den Vollcorner und genoss ein wenig Bewegung.

Räumen und Tun, es galt den ersten Arbeitstag nach den Ferien vorzubereiten – noch bin ich gar nicht darauf eingestellt. Ich goss unsere Zimmerpflanzen; eine drinnen kümmernde Balkonpflanze bekam einen radikalen Schnitt, der sie hoffentlich wiederherstellt.

Vor dem Abendessen freute ich mich über eine Runde Yoga: Einmal Durchdehnen mit Adriene. Außerdem: Zum ersten Mal einen Schakal am namibischen Wasserloch gesehen (in der dortigen Abenddämmerung).

Herr Kaltmamsell war von den sensationellen Kochkünsten unseres Berner Gastgebers sehr angespornt. Wir hatten noch einen Butternut-Kürbis aus dem jüngsten Ernteanteil; die Hälfte verarbeitete er zu “Butternut squash polenta with rosemary chilli oil”.

Hammer – der Salbei machte sich hervorragend. Ich steuerte Salat mit Gurke und Walnussöl-Kirschbalsamico-Dressing bei. Nachtisch: Die hervorragenden Pralinen aus Königsbrunn vom Café Müller, die wir zu Weihnachten geschenkt bekommen hatten.

Journal Sonntag, 1. Januar 2023 – Erlebnis Jungfraujoch

Montag, 2. Januar 2023

Wir begannen das Jahr 2023 sehr zeitig: Unsere Gastgeber hatten einen Ausflug zum Jungfraujoch geplant und vorbereitet – bei dem ich sehr viel lernte, unter anderem dass dieses touristische Ziel für viele, vor allem außereuropäische Reisende ein Muss ist.

Ein ganzer Strauß von Verkehrsmitteln brachte uns hin: Nach schnellem Kaffee stiegen wir im Morgengrauen ins Auto nach Thun. Von dort nahmen wir einen Zug nach Interlaken Ost, eine erste Zahnradbahn fuhr bis Kleine Scheidegg – schon ziemlich weit oben in den Bergen. Dann ging’s mit einer weiteren Zahnradbahn aufs Jungfraujoch. In jedem Abschnitt Fahrkartenkontrolle – immer mit zarter Slapstick-Note: Unsere Gastgeber hatten uns bereits für die Fahrt in die Schweiz zum Halb-Tax der SBB verholfen (was sehr wahrscheinlich Auswirkungen auf unsere Urlaubsplanung 2023 hat), diese vorläufigen Dokumente mussten wir vorzeigen, dazu natürlich die eigentlichen Zugtickets, unsere Gastgeber besaßen weitere Vergünstigungsausweise, die ebenfalls kontrolliert wurden. Ich war ungemein dankbar, dass sie diese ganze Orga übernommen hatten.

Das Wetter kam uns entgegen, in jedem Teil der Strecke waren die Anblicke großartig – tatsächlich ab Haustür Gastgeber, denn auf den Wiesen und Feldern standen ausgesprochen dekorative Reiher.

Thuner See.

Eiger Nordwand beim Umsteigen in Kleine Scheidegg.

Zwischenstopp Eismeer mit Foto-Op.

Das letzte Stück steile Fahrt nach oben verlief durch Tunnel, Unterhaltung gab es über Bildschirme, die uns auf die Attraktionen des weitläufigen Gebäudes auf dem Jungfraujoch vorbereiteten: Aussichtsplattformen, Geschäfte für Uhren, ein „Eispalast“ mit verschlungenen Eisgängen, in Nischen Eisskulpturen, Geschäfte für Souvenirs, Restaurants, eine bunt beleuchtete Ausstellung zur Geschichte der Jungfraubahn und des Gebäudes, Geschäfte für Schokolade.

Kurz nach elf trafen wir ein und sahen uns das dann auch an – in allererster Linie die atemberaubenden Ausblicke.

Durch die Scheibe der Aussichtsplattform innen, es gab Brotzeit mit mitgebrachten Sandwiches.

Aussichtsplattform außen mit reichlich Gebirgsdohlen, denen der scharfe Wind offensichtlich nichts ausmachte.

Blick ins Berner Oberland.

Selfie muss man hier halt (aber, darauf möchte ich hinweisen, muss es nicht ausschließlich – wir waren die Ausnahmen).

Links die höchste Bergspitze: Jungfrau.

Blick auf die Aussichtsebene im Freien, auf die auch uns die Tour durchs Gebäude brachte.

Dort standen die Leute zwölf Meter Schlange für ein Bild mit Fahne „Jungfraujoch“ (rechts).

Wir waren auf mehr als 3.400 Metern über Meereshöhe, auf der Fahrt war durchaus darauf hingewiesen worden, dass man das körperlich spüren könnte. Dennoch brauchte ich eine Weile, um meine Kurzatmigkeit beim Treppensteigen, den leichten Schwindel und das leichte Kopfweh damit in Verbindung zu bringen: Außer beim Flugzeugfliegen war ich mit Abstand noch nie so hoch gewesen.

Den Rückweg hatten unsere Gastgeber variiert: Mit der Zahnradbahn fuhren wir nur bis Eigergletscher (abwärts ein deutlich seltsameres Gefühl der Steile als nach oben), stiegen dort in eine Gondel nach Gruindelwald Terminus, von dort brachte uns eine Zahnradbahn bis Interlaken Ost, hier ging ein deutscher ICE zurück nach Thun, Auto zurück nach bei Bern.

Gondel-Blick.

Skifahren in Zeiten des Klimawandels: Kunstschnee zwischen grünen Wiesen.

Auch an diesem Abend wurden wir viergängig bekocht – kulinarischer Luxusurlaub.

Es gab nach einem Absinth-Cocktail Erbsenhummus (Erbsen aus Eigenanbau) mit selbst gebackenen Brötchen, dann Kürbis-Ingwer-Suppe (wunderbar), ein sämig-aromatisches Safran-Risotto mit Steinpilzen.

Die Einführung der Gastgeberin in Schweizer Weine (so spannend!) führte gestern Abend nach Wallis und Tessin nach Neuchâtel/Neuenburg: Erst gab es einen Pinot gris vom Château d’Auvernier (dunkel, blumig kräutrig ohne Parfümiertheit), dann vom selben Weingut einen Pinot noir, der ganz besonders meinen derzeitigen Geschmack traf und hervorragend mit den Steinpilzen harmonierte. Wie ärgerlich, dass die Schweiz nur zwei Prozent ihrer Weinproduktion exportiert.

Dessert war ein Töpfchen Absinth-Soufflé glacé Mitterrand mit Geschichte, sehr besonders und sehr gut.

Obwohl wir uns den Tag über nicht viel bewegt hatten, waren wir (von der Höhenluft?) so erledigt, dass wir uns schon um zehn zur guten Nacht verabschiedeten.

Journal Samstag, 31. Dezember 2022 – Schokolade bei Cailler, Giger in Gruyères

Sonntag, 1. Januar 2023

Gut, aber nicht so lang geschlafen, wie möglich gewesen wäre im ausgesprochen bequemen Gästebett unserer Freunde in bei Bern.

Sie hatten einen Ausflug nach Gruyères und das dortige Giger-Museum vorgeschlagen. Herr Kaltmamsell, der drei Bildbände von Giger besitzt, war sofort darauf angesprungen. Und weil es in der Nähe auf dem Weg lag, außerdem das Giger-Museum erst nach Mittag öffnete, war auch ein Besuch bei Cailler geplant.

Nach Morgenkaffee ließen wir uns bei hellem und milden Wetter im Auto der Gastgeber hinchauffieren.

Wir hatten Tickets für die 11.30-Uhr-Führung dabei, rechts vom Gebäude auf dem Foto ging es in den Besucherbereich. Er bestand aus einem riesigen und sehr gut besuchten Shop (ich hörte Sprachen aus fast aller Herren Länder) und dem Zugang zur Führung, für den wir als Gruppe von zwölf einen Audio-Guide in Wunschsprache umgehängt bekamen. Und dann öffnete sich die Tür zu einer Show in acht Räumen, in denen es Erläuterungen zur Geschichte der Schokolade und der von Cailler gab:

In jedem der Räume gab es ein Kapitel in Form von Bühnenbild mit Bewegung und Lichtführung, wirklich liebevoll und eindrücklich gestaltet (eines der Kapitel spielte in einem Schiffsbauch, in dem die kleine Schifflaterne über unseren Köpfen sogar schwankte).

Die Tür des letzten Raums (es war immer spannend, was im Raum sich als Tür zum nächsten öffnen würde) ging in einen Raum mit Erläuterungen zu den Rohstoffen, die verarbeitet wurden (Kakaobohnen, Zucker, Mandeln, Nüsse, Milch), von Anbau über Beispiele zum Anfassen und Riechen. Es gab auch eine kleine Show-Produktion, die die einzelnen Schritte der Schokoladenproduktion im Haus vorführte. Und schließlich eine angeleitete Verkostung eines Stückchens Cailler-Schokolade, von Ansehen über Anhören (wie klingt das Knacken einer Zartbitter- im Vergleich zur Vollmilchtafel), Riechen, Schmecken, Nachschmecken. Das war alles wirklich liebevoll und professionell gemacht.

Im Shop hatte ich mich beim Warten auf unseren Termin-Slot bereits gründlich umgesehen, die abschließende Einkaufs-Eskalation verlief sehr strukturiert.

Weiter im Auto nach Gruyères, einem kleinen mittelalterlichen Örtchen auf dem Gipfel eines Hügels (ja: auch der Käse Gruyère kommt von da, wir passierten Herstellungs- und Verkaufsstellen; und überall wird Fondue angeboten).

Der Parkplatz am Fuß des Hügels war reichlich belegt, entsprechend ging es in den wenigen idyllischen Gässchen zu.

Das Giger-Museum liegt in einem dieser idyllischen Häuser. Das Gebäude war sehr interessant, die Ausstellung schon auch – aber erwartbar.


Na gut: Mit unerwarteten Ausnahmen.

“Visual Design”, die Disziplin, für die H.R. Giger seinen Alien-Oscar bekam, beschreibt sein Werk vielleicht am besten.

Sehr schön waren die Aussichten aus den Fenstern des Museums.

Wir gaben uns die volle Packung und kehrten anschließend in das Giger-Café auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf Getränke ein.

Abschließender Spaziergang durch Gruyères und um die Burg.

Nach Rückkehr gelassender Silvesterabend bei den Freunden bei Bern. Herr Kaltmamsell erkundete die Bibliothek.

Es gab köstliches Abendessen, das mit Franciacorta begann (die Gastgebenden argumentierten, dass bei unserer Veranlagung nicht sicher sei, ob wir zu Mitternacht noch anstoßfähig sein würden, also zogen wir den guten Schaumwein lieber vor).

Ein Schälchen örtlichen Feldsalat mit Tomätchen, würzige griechische Auberginen aus der Pfanne, Rinderzunge mit Kapernsauce und Reis (meine erste Rinderzunge natur, ich kenne sie sonst nur gepökelt, geräuchert – oder beides, ohne schmeckt sie viel intensiver nach Rind), Vermicelles mit Meringe und Sahne – alles ganz wunderbar und von Weinen aus dem Tessin begleitet.

Es waren definitiv die idealen Freunde zum Silvesterfreiern: Wir gingen ganz normal vor elf ins Bett, am Sonntag ist ein Ausflug auf einen Berg geplant.