Journal Freitag, 24. Februar 2023 – Reise nach Bonn

Samstag, 25. Februar 2023 um 8:44

Noch vor Weckerklingeln von Angst geweckt worden – im Grunde ein ebenso physisches Gefühl wie Blasendruck (wäre schön, wenn es dafür ein Gegenstück zum Wasserlassen gäbe – Angstlassen).

Geschäftiger Morgen daheim: Bettwäsche abziehen (Übernachtungsbesuch am Montag) und Waschmaschine einschalten, Geschirrspüler ausräumen, Blumengießen. Das Köfferchen fürs große Fest in Bonn, ein gemeinsames für Herrn Kaltmamsell und mich, war schon vorgepackt. Außerdem Corona-Test: Nachdem in meinem Umfeld die Infektionszahlen steigen (aber meist ohne PCR-Test, also nicht in Statistiken erfasst), die Abwasseranaylsen ebenfalls auf erhöhte Fallzahlen hinweisen und ich am Wochenende auf ein Fest mit vielen Leuten gehe (plus Bahnfahrten), teste ich mal lieber wieder täglich. (Wobei es wahrscheinlicher ist, dass ich aus der Rheingegend etwas heimbringe als hinbringe.)

Marsch in die Arbeit durch nicht sehr kalte Luft. Dort Geschäftigkeit, ich konnte noch einiges wegarbeiten und anschieben.

Feierabend halbe Stunde nach freitäglicher Kernzeit, U-Bahn zum Hauptbahnhof.

Ich war mit Herrn Kaltmamsell im Zug verabredet, der ICE nach Stuttgart war gut besetzt.

Umsteigen in Stuttgart dank Pünktlichkeit kein Problem, doch der Anschluss-IC war sehr voll, Menschen standen. Draußen wurde das Wetter immer düsterer, die schönen Aussichten den Rhein entlang kamen nicht zur Geltung. In Bonn (zehn Minuten Verpätung, völlig ok) war es Nacht und es regnete dann so richtig. Wir machten auf dem Fußweg von der Stadtbahn-Haltestelle zu unserer Unterkunft am Stadtrand wieder Bekanntschaft mit einer der legendären Bonner Bahnschranken, die ab abends nicht mehr nach jedem Zug geöffnet werden. Wir mussten drei Züge abwarten und wurden sehr feucht.

Kurzes Einchecken im Hotel gleich hinter der samstäglichen Feier-Location, dann gingen wir Essen. Vom letzten Besuch vor sechsfünf Jahren an gleicher Stelle hatte ich ein italienisches Lokal in guter Erinnerung – doch es liegt jenseits der Bahnschranke und ich wollte kein langes Warten auf dem Heimweg riskieren. (Wie stark beeinflusst der Faktor Bahnlinie wohl zwischenmenschliche Beziehungen und Lebensentscheidungen in Bonn?) Eine Alternative hatte ich recherchiert, wir gingen in die Gegenrichtung zu einem Vorstadt-Italiener und aßen Melone mit Schinken (ich), Seeteufel-Carpaccio (er), dann Seeelachs-Röllchen mit Spinatfüllung (ich), Tagliatelle mit Scampi und Pfifferlingen (er), dazu gab es eine Flasche sizilianischen Weißwein, Nachtisch Panna cotta mit Himbeeren – alles anständig, der Alkohol hochwillkommen.

Auf unserem viertelstündigen Rückweg ins Hotel wurden wir dann richtig nass, es schüttete. Nicht so schlimm, trocknete ja wieder.

§

Der britische Humor ist ja berühmt, vor allem weil die Briten regelmäßig darauf hinweisen. (Als Deutsche bin ich leider komplett humorbefreit und muss das so formulieren.) So konditioniert versuchen wir anderen Europäer*innen immer noch über den Schabernack Brexit zu lachen – und ich bin immer stärker beeindruckt, zu welchen Anstrengungen die UKler für diesen Lacher zu gehen bereit sind. Derzeit sind zum Beispiel die Supermarktregale in den Gemüse-Abteilungen leer (anders als die in den russisch besetzten Gebieten der Ukraine), Brüller. Und die britische Umweltministerin Thérèse Coffey setzt eine weitere Pointe drauf: Die Briten mögen sich doch bitte auf das heimische saisonale Gemüse rückbesinnen und Weißrüben wertschätzen.
“Environment secretary urges Britons to ‘cherish’ turnips amid food shortages”.

die Kaltmamsell

6 Kommentare zu „Journal Freitag, 24. Februar 2023 – Reise nach Bonn“

  1. Angela meint:

    Herzlich willkommen in der geteilten Stadt! Die Schranken werden übrigens auch tagsüber nicht nach jedem Zug geöffnet. Ziemlich entschleunigend.

  2. Frau Irgendwas ist immer meint:

    @Angela
    Ich lache gerade sehr darüber das jetzt Bonn die geteilte Stadt ist, nachdem es jahrzehntelang meine Heimatstadt war … auch wenn es hier leider nicht nur Bahnschranken waren.
    Teilung gewechselt und auch den Status als Hauptstadt, Ausgleich???!!

  3. Croco meint:

    Es gibt tatsächlich ein paar Unterführungen, die man aber etwas suchen muss. Viel Spass beim Fest. Ich winke mal rüber :).

  4. Karin meint:

    Angstlassen – Ja, das wäre was. Ich fühle mit Ihnen.

  5. Carsten meint:

    Herzlich willkommen in unserer trotz Schranken und gelegentlichem Regen sehr schönen Stadt und einen angenehmen Aufenthalt!

  6. Lotti meint:

    So viele vertraute Orte in Ihrem heutigen Blogeintrag. Da bleibt nur
    zu sagen: Willkommen in unserer Hood; (allerdings reden wir eher vom “Dorf” als der Vorstadt.) Vielleicht sind wir uns unter Kapuzen und Regenschirmen verdeckt sogar begegnet an diesem verregneten Samstag. Wir haben ein Großteil des Tages auch an der Museumsmeile verbracht (allerdings im Museum König).
    Das Warten an der Bahnschranke!? Ist wirklich krass. Aber es gibt durchaus Bahnübergänge die häufiger öffnen als der an der Ollenhauerstraße. Das macht einen dann doch etwas ärgerlich, wenn man eins weiter nördlich oder südlich die Menschen passieren sieht und man selbst vor geschlossener Schranke steht. Der Übergang am Basecamp ist der mit der längsten Wartezeit. Die Schranke ist definitiv mehr unten als oben und wir haben schon bis zu 25 Minuten dort gestanden. Die Tochter muss täglich mindestens 2x dort rüber, denn die weiterführende Schule liegt auf der anderen Seite der Kreuzung. Die SchülerInnen nehmen es erstaunlich stoisch.
    Ich nehme an, Sie haben bei La Vita gegessen, da können wir sogar mit unseren vier kleinen Kindern essen gehen – sehr familienfreundlich. Dann auf Wiedersehen in Bonn!

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