Journal Donnerstag, 6. April 2023 – Großfamilienurlaub 5: Madrider Stadtgeschichte, Parque del Retiro, ein bisschen Museo Reina Sofía

Freitag, 7. April 2023 um 9:29

Plan für gestern Morgen: Ausschlafen. Ich tat das sogar bis neun, langsam komme ich in einen lokalen Rhythmus. (Spanien gehört ja eigentlich zur falschen Zeitzone, mit der Stunde Verschiebung, die das ähnlich gelegene England hat, würde sich alles korrekt anfühlen.)

Gestern teilten wir uns nach dem Frühstück (keine Churros und Porras, alle noch voll vom Abendessen) von Anfang an in verschiedene Interessen und Ziele. Ich besuchte mit meinem Vater und anderen zunächst das nahe gelegene Museo de Historia de Madrid. In der Nähe hatte meine Großtante gewohnt, tía Vitória, Schwester meiner Yaya, an die ich liebe Erinnerungen von der Sommerfrische auf dem Dorf habe.

Auf dem Weg dorthin sahen wir bereits Absperrungen für die nächste Karwochen-Procesión. Das Museum erwies sich als nett, aber dann doch eher nüchtern zur Geschichte Madrids – zumal es beim Ersten Weltkrieg endet (Darstellung der Zeit danach zu politisch heikel und umstritten?). Im Eingangsbereich gab es eine Sonderausstellung zu 120 Jahren Policía municipal mit zahlreichen historischen Fotos: Die setzten bei meinem Vater am meisten Erinnerungen frei (unter anderem dass man die weißen Helme der Verkehrspolizisten, die vor der späten Einführung von Ampeln in den Kreuzungen standen, “urinales” genannt habe).

Als wir wieder hinaustraten, hatte die Sonne auch die Luft gewärmt, die Jacke konnte offen bleiben. An der Plaza de Barceló entdeckte ich zu meiner Überraschung Bauhaus-Architektur: Das Teatro Barceló von 1930.

Nach ein wenig Recherche: Vielleicht doch nicht Bauhaus, sondern “Racionalismo madrileño”?
Jetzt vereinzelte ich mich und spazierte Richtung Parque del Retiro. Auf dem Weg dorthin setzte ich mich zu einem Mittags-Cortado.

Er schmeckte mir sehr gut. Der Gründonnerstag ist hier wie der Karfreitag Feiertag (nicht aber Ostermontag, der hiesige Katholizismus feiert ausufernd Leid und Tod Christi, die Auferstehung eher nicht).

Straßen und Plätze waren voll, nicht nur voller Touristen.

Beim Kreuzen der Plaza de Cibeles entdeckte ich ein Denkmal für die Todesopfer der COVID-19-Pandemie.

Der Parque del Retiro so gut besucht wie der Englische Garten in München bei solchem Wetter, ich spazierte ausgiebig.

Pavo real – Königstruthahn.

Das Dunkelpink der Judasbäume sticht in der ganzen Stadt heraus.

Endlich bekam ich ein wenig Appetit, und zwar auf Quark mit Joghurt und vorhandenen, sehr süßen Mandarinen. Kurz vor der Ferienwohnung bog ich also in einen Supermarkt für den Kauf von Zutaten. Der queso fresco erwies sich als sturzfest gelatiniert, ich bekam also nur eine Annäherung an meinen Wunsch, doch mit einem Apfel vorab wurde ich um halb fünf gut satt (um diese Uhrzeit greife nicht mal ich mehr zu Bezeichnung “Frühstück”).

Später war ich nochmal mit der verwandten Reisegruppe verabredet: Einige von uns nutzten den freien Eintritt, den das Museo Reina Sofía in den letzten beiden Öffnungsstunden von 19 bis 20 Uhr gewährt. Ich spazierte von der Ferienwohnung rüber, der andere Familienteil hatte sich bereits in die lange Schlange am Eingang gestellt.

Sie ging fast einmal um den ganzen Platz.

Um Punkt sieben begann der freie Einlass, ab dann ging es sogar recht zügig.

Ich hatte Lust auf Zeitgenössisches (außerdem hatte ich die “Ach-da-hängt-das!”-Gassenhauer Picasso/Cubismus bereits ausführlich gesehen), konzentrierte mich auf den 1. Stock mit den derzeitigen Ausstellungen politischer Kunst und mit der Sammlung Susana y Ricardo Steinbruch, die mir Zeitgenössisches aus Brasilien nahebrachte.

Die Eröffnung neuer Perspektiven, das Ankratzen unhinterfragter Blicke und Annahmen, also was ich mir von zeitgenössischer Kunst erhoffe – das schaffte dann der Museums-Shop, genauer: deren großer Teil mit Guernica-Merchandise.

Guernica auf Hoodie, als 1000- oder 3000-Teile-Puzzle, auf Fächer, Einkaufstasche groß oder klein, Untersetzer, T-Shirt, Kaffeetasse, Platzdeckchen, Schreibheft.

Ich bin noch in erster Linie innerlich am Stolpern, kann mir aber vorstellen, dass hier eine ganze Seminararbeit drinsteckt (Kunstgeschichte? Kulturwissenschaften? Soziologie?).

Nach Museumsschließung spazierten wir in die Ferienwohnung zurück, die Abendrosa-beleuchteten Straßen der Innenstadt wimmelten vor Menschen in Feierabend-/Feiertagslaune.

Herr Kaltmamsell hatte bereits Teile des Abendessens vorbereitet, gemeinsam komplettierten wir es, so dass es für alle neun Heimgekehrten gab: Tortillas, Wok-Gemüse mit Reis und Tofu-Topping, Salat, Brot. Schmeckte alles sehr gut, tat gut, danach wurden noch geröstete Maiskörner und Mandelschokolade geknabbert.

Während ein Teil der Gruppe zu Bett ging, räumte und spülte der andere – das funktionierte ohne weitere Absprachen (<3).

die Kaltmamsell

5 Kommentare zu „Journal Donnerstag, 6. April 2023 – Großfamilienurlaub 5: Madrider Stadtgeschichte, Parque del Retiro, ein bisschen Museo Reina Sofía“

  1. Sabine meint:

    Guernica-Merch! Na, dann würde sich doch auch Desastres-de-la-Guerra-Merch anbieten.

  2. Frau Irgendwas ist immer meint:

    Ich lache gerade sehr über den Pavo real – Königstruthahn. Ist das die offizielle spanischen Bezeichnung für das prächtige Tier mit der schrillen `Stimme`?
    Sie geben mit ihrem Reisebericht meiner Neigung `Bracelona muss nicht, Madrid muss sehr wohl` reichlich Nahrung, danke dafür.

  3. die Kaltmamsell meint:

    Pavo real ist wirklich die spanische Bezeichnung für Pfauen, Frau Irgendwas ist immer. Mir ging erst kürzlich auf, was das wörtlich übersetzt heißt.

  4. TomInMuc oder Tomate meint:

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    Gerne gelesen

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  5. Eva meint:

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    Gerne gelesen

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