Archiv für Juni 2023

Journal Donnerstag, 15. Juni 2023 – Wanderstiefeltest, französischer Abend

Freitag, 16. Juni 2023

Eine gute Nacht. Ich stand mit Energie auf, räumte die Spülmaschine aus, goss die Pflanzen, setzte mich dann erst zum Morgenmilchkaffee.

Im kühlen Sonnenschein rustikaler Marsch in die Arbeit: Ich hatte einem Superschnäppchen lederner Meindl-Wanderstiefel nicht widerstehen können, ab jetzt nutze ich jede Gelegenheit, dieses Ersatzpaar vor dem Wanderurlaub einzulaufen.

Liefen sich sehr gut, haben einen kürzeren Schaft als meine alten, das bedeutet: Weniger Stütze für den Knöchel, die den Fuß durch Kraftverteilung auf langen Strecken entlastet, aber ich nehme an auch weniger wanderkrätzende Wärme an der unteren Wade. Das Leder zeigte schon nach diesem ersten Einsatz helle Falten, ich werde die Stiefel also gleich mal einwachsen/-fetten, wer weiß, wie der Händler sie gelagert hatte.

Mittags ging ich auf einen Mittagscappuccino, die Kühle ließ mich jeden Sonnenstrahl auf dem Weg suchen.

Mittagessen Pumpernickel (die Liebe hält an) mit Butter, ersten Pfirsich der Saison (meh), erste Aprikosen der Saison (gut! danke, Standler!).

Nach Feierabend direkt und Luftlinie nach Hause, es galt vor der Abendverabredung noch einen Baskischen Käsekuchen für das große Fest am Freitagabend zu backen.

Die Verabredung brachte mich zum Abendessen mit zwei Schwestern in die Brasserie Colette. Auf das Glas Cremant zum Start hatte ich mich schon seit Stunden gefreut. Die Speisekarte setzt jetzt sehr auf Menüs, die sonstige Auswahl war kleiner geworden und ließ keine saisonalen Einflüsse erkennen.

Ich hatte einen Salat Mesclun als Vorspeise, unter dem marinierten Gemüse zumindest jetziger Spargel – schmeckte sehr gut.

Und auch mein Boeuf Bourguignon mit Kartoffelpü als Hauptspeise war wieder hinreißend gehaltvoll und aromatisch, diesmal mit einer überraschend scharfen Note. Auch auf den Côtes du Rhône Saint Cosme hatte ich mich gefreut, zurecht.

Die Tischgesellschaft wie erwartet charmant, nur der drohende Arbeitstag am Freitag verhinderte längere Gespräche.

Heimweg durchs Glockenbachviertel, trotz der frischen Außentemperaturen wurde vor aller Gastronomie draußen gesessen, beleuchtet vom allerletzen Hell des Himmels nach zehn.

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Erzähltechniken finde ich hochgradig spannend, eigentlich in allen Medien, vor allem aber in geschriebenem Erzählen; mit Herrn Kaltmamsell unterhalte ich mich oft darüber. Er hat sich jetzt die Zeit genommen, seine Gedanken zu Erzählinstanzen, zu meiner Schulzeit noch “Erzählperspektiven”, strukturiert zu bloggen. (Weitaus tiefer als unsere Gespräche natürlich, in denen wir uns einig sind, dass keine der Systematiken, die wir im Studium dazu gelernt haben, wirklich nützen zur Untersuchung dessen, was an Erzählinstanzen eigentlich interessant ist: Welche Auswirkungen haben sie beim Lesen? Was allerdings wiederum mein ganz spezifisches Forschungsinteresse ist: Einflussfaktoren auf Rezeption.)
“Erzähltheorie: Wo überall die Erzählinstanz drinsteckt”.

Wenn Herr Kaltmamsell gefragt wird, was er in seinem Sabbatjahr so macht, antwortet er mittlerweile: “Dasselbe wie sonst auch. Nur ungestört von Erwerbsarbeit.” Ich profitiere sehr davon.

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Mehr gute Nachrichten! Und das endlich auch im Zusammenhang mit Corona, hier ein Überblick auf spektrum.de:
“Der erste coronafreie Sommer seit drei Jahren”.

Das Gefühl, dass das Coronavirus Sars-CoV-2 für die allermeisten Menschen in Deutschland keine Rolle mehr spielt, ist nicht nur ein Gefühl. Es lässt sich auch mit Zahlen belegen. Die dem Robert Koch-Institut (RKI) offiziell gemeldeten und PCR-bestätigten Neuinfektionen sind zwar schon seit Monaten kaum noch aussagekräftig, da sich nur noch die wenigsten testen lassen. Doch auch die Zahl der mit oder wegen Covid-19 ins Krankenhaus eingelieferten Menschen sowie derer, die daran sterben – was nach wie vor genau gezählt wird –, ist drastisch gesunken.

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Außerdem empfehle ich Ihnen dieses Filmchen einer Basstölpel-Attacke.
(@giardnio ist gerade in Schottland und guckt Vögel)

Journal Mittwoch, 14. Juni 2023 – Isar-Frühschicht

Donnerstag, 15. Juni 2023

Unruhige Nacht, immer wieder weckten mich Krämpfe – diesmal in Zehen und Fußsohlen (!). Auch die bekam ich durch Dehnung der LWS-Muskulatur (Yoga-Vorbeuge) weg, aber geweckt war ich halt schon.

Den Wecker hatte ich auf Fabrikfrühschicht-früh für eine Laufrunde vor der Arbeit gestellt. Wieder stand ich prolemlos und munter auf, trank Morgenkaffee, putzte Zähne, stieg in Laufkleidung aufs Rad zur Wittelsbacherbrücke.

Isarwerk 1.

Die Bewegung tat richtig gut, ich trabte selbstvergessen. Mein Windbraker über Laufshirt war wieder hochwillkommen, doch auch München ist schon wieder zu trocken, ich kam mit staubigen Laufschuhen heim.

Auf den letzten paar hundert Metern kamen mir an der Isar zwei sonnengegerbte Wandernde entgegen, ihrer Ausrüstung nach auf der Langstrecke. Sie wurden gerade von einem Jogger überholt, der fragte: “Wo geht’s hin?” “Venedig!”
Schick! (Ob’s die Wanderung auch mit Gepäcktransport gibt?)

Radeln in die Arbeit. Im Büro schlechte Nachrichten: Ich hatte recht engen Kontakt mit einer Person gehabt, die Corona-positiv testete. Umgehender eigener Test ergab vorerst negatives Ergebnis.
Kurz darauf noch mehr schlechte Nachrichten: Eine Lieblingskollegin hat gekündigt. Dazu kamen unangenehme Telefonanrufe.

Darauf ein Mittagscappuccino bei der Nachbarfirma. Diesmal bestellte ich einen großen; der kleine ist eher mein Geschmack.
Mittagessen Apfel, Sahnequark mit Joghurt.

Emsiger Nachmittag, ich raffte mich endlich in einigen Angelegenheiten zum Nachhaken auf.

Nach Feierabend zum Beine-Enthaaren, dann radelte ich noch zu Besorgungen an den Stachus, hielt kurz an einem Obst-Standl.

Üblicher Feierabend daheim: Yoga-Gymnastik, Brotzeitvorbereitung, Nachtmahl.

Es gab Spaghetti Carbonara, die Herrn Kaltmamsell besonders gut gelangen. Danach Pralinen und Schokolade.

Nerviges Fingernägelschneiden und -feilen auf dem Balkon (warum sind das so VIELE? warum WACHSEN die so SCHNELL? wann gibt es endlich einen Vollautomaten dafür?!).

Endlich rieche ich die Linden, sie haben sich dieses Jahr lange zurückgehalten (die Kälte?), doch jetzt beginnt ihre wochenlange Duft-Arbeit. (Die Robinien haben sich dieses Jahr nahezu duftlos durch ihre deutlich sichtbare Blüte gemogelt.)

Journal Dienstag, 13. Juni 2023 – Weiter Sommersonne ohne Sommerwärme

Mittwoch, 14. Juni 2023

Gut und tief geschlafen, doch mit dem Gefühl aufgewacht, dass irgendwas in den beiden vollen Wochen vor Urlaub nicht zueinander passt und vorsichtshalber Termine gecheckt. Das Gefühl war berechtigt, ich musste ein wenig rumschieben.

Der Morgen war bei aller wolkenlosen Sonne ganz schön knackig frisch, doch da ich keine Lust auf feierabendliches Jackenschleppen hatte, marschierte ich jackenfrei in die Arbeit und fror ein bisschen.

Mittags kurz raus für einen Cappuccino bei der Nachbarfirma und einen Einkaufsabstecher – zwar weiterhin in wolkenloser Sonne, doch die angekündigten 22 Grad Höchsttemperatur wurden ziemlich sicher nicht übertroffen.

Der Arbeitstag insgesamt strukturiert, ich hatte sogar Energie, mich mit Menschen zu befassen. Mittagessen: Apfel, Pumpernickel mit Butter.

Auf einer instagram-Werbung sah ich sehr, sehr schöne Schuhe. Einen Impulskauf verhinderte ich durch einen Trick, den ich mir vor vielen Jahren bei Buchkauf-Impulsen antrainiert habe: Listen statt kaufen. Interessante Bücher, von denen ich erfuhr und die ich daraufhin SOFOCHT haben wollte, setze ich seither auf eine Amazon-Wunschliste. Dort stehen sie ungelesen genauso gut wie im Buchregal. Seit ich Bücher praktisch ausschließlich als Dateien lese, gehe ich bei Bedarf zu dieser Liste und suche mir dort das nächste aus: Seit diesem Jahr checke ich erst, ob es in der Bücherei zur Verfügung steht und lade es dort runter, wenn nicht, kaufe ich es halt notfalls von der Wunschliste weg.

Die Abwandlung für sehr schöne und tragbar aussehende Schuhe (oder Kleidung): Ich kopiere den Kauf-Link in eine Liste, die ich im Back-end meines Blogs als Blogpost-Entwurf führe. Sollte mir der Schuh / das Kleidungsstück auch nach Wochen nicht aus dem Kopf gehen, finde ich es dort für einen Kauf wieder – ist interessanterweise noch nie vorgekommen. (Diese altmodischen Schuhe übrigens.)

Nicht zu später Feierabend, ich war mit Herr Kaltmamsell zum aushäusigen Abendessen verabredet. Auf dem Heimweg ein paar Lebensmitteleinkäufe, daheim noch eine Runde Yoga-Gymnastik. Wir hatten einen Tisch in der Taverna Melina reserviert – das Draußenessen davor gehört mittlerweile zum Sommerprogramm. (Auf dem so viele Punkte stehen, von Eiskaffee über Salade niçoise auf dem Balkon bis eine Reihe Biergärten und Restaurants, dass kaum Platz für Neues ist.)

Herr Kaltmamsell bestellte Fritokis mistokis1 und Tarama, ich aß eine gegrillte Dorade und genoss sie. Über den mitbrachten Pulli war ich wirklich froh, um uns herum wurden ausgeteilte Fleece-Decken um nackte Schultern und Beine geschlungen – kein warmer Sommerabend. Wir beschlossen, dieses Jahr noch einen solchen hier zu verbringen, wenn er mal kommt.

Zur Rechnung gab’s wieder aufs Haus griechischen Joghurt mit Walnüssen und Honig. Dennoch passten daheim noch Pralinen und Schokolade hinterher.

  1. Na kommen Sie, so heißt Frito misto ganz sicher in Wirklichkeit auf Griechisch. []

Journal Montag, 12. Juni 2023 – Anstrengender Wochenstart, Kindheitskorrektur

Dienstag, 13. Juni 2023

Nach Langem mal wieder eine schlechte Nacht mit langem Unruhe- und Angst-Loch nach drei. Ich fand mich drein und verließ mich darauf, dass die vielen guten Nächte davor das ausglichen.

Die Wanderung am Samstag hatte mir wieder Wanderkrätze unterm Schaft der Wanderstiefel eingebrockt, ich linderte das Brennen mit Fenistil.

Ein Sonnenmorgen, in frischen Temperaturen marschierte ich in die Arbeit.

Sehr emsige Arbeit, ich musste viel auf die nächsten Tage schieben.

Als ich zu meinem Mittagscappuccino spazierte, war es im Schatten immer noch frisch, ich ging jackenlos in kurzen Ärmeln die Sonnenseiten der Straßen entlang.

Kann es sein, dass das Thema “Speciality Coffee” schwer ver-dude-det ist? (Besetzung, Wortwahl der Gespräche, Tonfall)

Das Mittagessen zurück am Schreibtisch bestand aus einem Apfel, außerdem Mango (endlich mal wieder eine sehr gute) mit Joghurt.

Am Nachmittag mehr Emsigkeit, mal wieder war ich gegen vier eigentlich fix und fertig – aber die Arbeit halt nicht.

Entsprechend später Feierabend. Die Luft draußen war herrlich, von Hitze in München weiterhin keine Spur. Auf dem Heimweg Edeka-Einkäufe (Brotzeit für die Woche, Süßigkeiten).

Zu Hause turnte ich nochmal die knackige Yoga-Gymnastikeinheit vom Vortag (abends kämpfe ich beim Strecken der Zehenspitzen immer mit Zehenkrämpfen), dann servierte Herr Kaltmamsell das Nachtmahl:

Eine Karotten-Galette (Ernteanteilkarotten); sie sah dunkler aus, weil die Karotten eine lila Sorte waren. (Im verlinkten Rezept tauchen die Zwiebeln nur bei den Zutaten auf, dann nicht mehr – Herr Kaltmamsell briet sie mit den Karotten an.)

Schmeckte ganz hervorragend! Dazu Gurkensalat mit Sahne und frischem Oregano (Ernteanteil) – eine etwas unkonventionelle Kombination, aber sie funktionierte (und der frische Oregano musste weg, so ein großer Bund gibt ganz schön aus).

Auf der Suche nach anderem stieß ich auf dieses Kindheitsbild von mir. Es ist in Italien aufgenommen, Urlaub bei der Familie meiner Tante, an meinem Geburtstag (wohl der 12.). Meine Erinnerung an diesen Geburtstag ist überschattet davon, dass ich dieses Kleid zwar sehr schön fand (wie so Vieles im Freundeskreis durchgereicht, ich glaube es stammte ursprünglich aus einer Boutique und war schon dadurch etwas ganz Besonderes), doch dass es recht knapp saß, was dazu führte, dass ich geschimpft wurde, weil ich offensichtlich schon wieder zugenommen hatte. Wo ich doch eh zu dick war. Ich schämte mich für das Kneifen des Kleids, ich schämte mich, weil ich schon wieder versagt hatte. Und erst heute fällt mir die Möglichkeiit ein, dass ich vielleicht einfach rausgewachsen war? Kann es sein, dass mir in Kindheit und Jugend immer unterstellt wurde, ich hätte zugenommen, wenn ich de facto aus Kleidung einfach rauswuchs? Weil Kinder halt größer werden, in mehr Richtungen als nach oben?

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Feiern Sie bitte mit mir zusammen, dass Pia Ziefle wieder etwas geschrieben hat. Vorerst einen Blogpost, genießen Sie die Lektüre. Und natürlich träumen wir jetzt alle von ihrem nächsten Roman.
“Niemand fliegt hier in den Urlaub”.

Falls Ihnen der Name nichts sagt, sie also Suna noch nicht gelesen haben, empfehle ich sehr ein Nachholen – Sie wissen hoffentlich, dass ich noch nie einen Roman aus Gefälligkeit empfohlen habe. (Beim Nachlesen meiner eigenen Buchbesprechung von 2012 wird mir klar, wie viel sich seither im Genre deutschlsprachiger Einwandererliteratur getan hat: Es gibt sie!)

Journal Sonntag, 11. Juni 2023 – Grillen bei Elterns

Montag, 12. Juni 2023

Zum Abschluss des ganz langen Wochenendes wagte ich mich für den Morgenkaffee doch raus auf den Balkon – in Wollsocken und Strickjacke.

Ich genoss es sehr, den Tag draußen zu beginnen.

Bevor wir zum Bahnhof spazierten, meine Eltern hatten in großer Familienrunde zum Grillen eingeladen, hatte ich noch Zeit für eine flotte Runde Yoga-Gymnastik, reines Bauchtraining.

Die Bahnreise wurde wegen Verspätungen ein bisschen aufregend, der Zug knallvoll.
(Ich bin jetzt offiziell diese nervige Alte, die dem Deutschlandticket-Bahnfahr-Nachwuchs ungefragt beibringt, wo es in Regionalbahnen Verstau-Möglichkeiten für Gepäck gibt, um Sitzplätze frei zu machen.)

Wir trafen als letzte der Runde ein, aber unterm Strich doch nur 20 Minuten später als geplant. Der Weg vom Bahnhof Ingolstadt Nord zu meinen Eltern immer vorbei an dem Grundstück, auf dem jetzt ein ca. 10-Parteien-Wohnhaus steht und auf das man beim Passieren deuten muss und sagen: “Da gab’s mal Hühner.” Weil vor vielen Jahren darauf ein kleines, krummes Vorstadt-Häusl stand, im reichlich Platz darum Hühner scharrten.

Und vorbei an den eingesperrten Steinen, die man heutzutage gerne als Gartenzaun hat.

Dann begann ein wundervolles Treffen unter anderem mit Menschen, die ich seit dem gemeinsamen Spanienurlaub nicht mehr gesehen hatte und bei denen sich seither einiges getan hatte.

Die sensationelle Rosenbank im Elterngarten.

Nach Aperol Spritz als Aperitif gab es erstmal wunderbaren Gazpacho. Meine Mutter stand am Grill und servierte Auberginen, Zucchini, Tomate, Röstbrot, vegane Bratlinge, Chistorra, Hähnchenflügel, Schweinebauch, Lammkoteletts, dazu gab es Kartoffelsalat und Salat aus gegrillten Paprika. Das alles müssen Sie sich auf einem runden Tisch auf Terrasse unter Sonnenschirmen vorstellen, darum zehn bis elf Personen.

Die Gespräche drehten sich unter anderem um Abitur an einer Klosterschule, Studienpläne, Auszug von daheim, Reha-Erlebnisse am Chiemsee, Hüten unserer Wohnung während England-Urlaub, dass man bei böser Klo-Verstopfung bitte die Fachleute in der Familie um Rat fragen soll (Selbstversuch bitte nur mit heißem Wasser), es wurde ein USB-Stick mit Familienstammbaum und über 2.000 Posten über den Tisch gereicht.

Zum Nachtisch Rotweincreme, Vanilleeis, außerdem Honigmelone für die Veganer*innen, nur wenig später Kaffeeundkuchen (da stieg ich aus).

Abschied diesmal nur für wenige Tage, schon Ende der Woche steht die nächste Familienfeier an, sehr großartig.

Die Heimfahrt verlief reibungslos in einer wieder sehr dicht besetzten Regionalbahn.

Daheim einiges Räumen zur Vorbereitung der Arbeitswoche, zum Tagesabschluss noch Süßigkeiten. Schwung holen für die letzten beiden Wochen vor Urlaub.

Journal Samstag, 10. Juni 2023 – Isartal-Wanderung – und ein weiteres Loch in der Blogwelt

Sonntag, 11. Juni 2023

Früh aufgewacht, Morgen genutzt: Ich hatte an diesem herrlichen Sonnentag vor der geplanten Wanderung noch Zeit für ein paar Hüftübungen und für Yoga-Gymnastik.

Erster Einsatz des neuen Wanderrucksacks. (Dazu bitte die unverwechselbare Duftkombination Sonnenmilch/Mückenspray vorstellen.)

Die gestrige Route hatte Herr Kaltmamsell anhand einer Wanderung auf Komoot ausgearbeitet, dort kann jede*r Strecken einstellen und teilen. Er hatte die Vorlage mit von (Online-)Kartenmaterial ein wenig variiert und erweitert. Das Ergebnis war eine Tour an der Isar ab der S-Bahnstation Buchenhain mit Abstecher zum Georgenstein, durch Grünwald, zum Wildschweinpark Grünwald, über Straßlach-Dingharting zurück zum Isar-Hochufer, wieder nach Grünwald und dann weiter nach Pullach. Wir mussten uns immer wieder mit GPS zurechtfinden, denn Ausschilderung gab es natürlich keine, kamen immer wieder durch wirklich bezaubernde Abschnitte, mal in praller Sonne, mal unter Sommerwolken, mussten aber auch immer wieder Straßen entlang gehen.

Es war ganz wunderbar, sowas mal auszuprobieren – doch bislang bevorzuge ich offizielle Wandertouren, die Profis ausgearbeitet haben, die ausgeschildert und gepflegt sind, auch weil so mancher Pfad in der Karte deutlich sichtbar war, vor uns aber nur Wiese mit hohem Gras oder ein Wald mit Unterholz lag. Dann wiederum: Sobald wir auf richtigen Wanderwegen waren, waren da auch viele Radler*innen und wir konnten nicht mal nebeneinander gehen.

Insgesamt definitiv ein Genuss (die Libellen! das energische Summen vieler Insekten im Wald!), wir wanderten beide ohne Beschwerden. Und der neue Rucksack stellte mich sehr zufrieden. Laut meinem Smartphone waren wir in sechs Stunden mit zwei Pausen 21 Kilometer unterwegs – was uns trotz einigen Steigungen recht wenig erschien.

Buchenhain.

Wir sprachen unterwegs immer wieder über Mark Twains The adventures of Tom Sawyer.

Georgenstein – an dem kamen wir am Schluss auf der anderen Flussseite nochmal vorbei. Der Abstecher war nett, doch die Wege gehörten eindeutig dem radelnden Volk.

Nachdenken über die Nützlichkeit einer Warnung, die unbekannte Fachwörter verwendet. (Herrn Kaltmamsell war vorher aufgefallen, dass das Wasser am Ufer entgegen der Flußrichtung zog.)

Rüber nach Grünwald, dort war ich noch nie gewesen.

Kantiger Brückenheiliger.

Kantiger Flößer; am Fuß Grünwalds fließen Isar und Isarwerkkanal – auf dem bis heute Floße fahren, mittlerweile zu Partyzwecken: Über die nächste gute Stunde war unser Weg mit live Schunkelmusik von unten beschallt.

Erinnerungskultur funktioniert: Der Gedenkstein für Dr. Thomas Max brachte mich dazu, über die Freiheitsaktion Bayern zu recherchieren.

Ein sympatischer Ortskern, dieses Grünwald: Der Ort ist noch sehr Vitalia, nicht Vollcorner.

Bereits Teil des “Walderlebniszentrums Grünwald”: You can’t beat German humor.

Kurz darauf machten wir in der Anlage des Zentrums Brotzeitpause, ich hatte Walnussbrot und Apfel dabei.

Vor Straßlach – auch dieser Gedenkstein nützlich, denn ich hatte fast vergessen, wie lange es den RAF-Terror gab.

Am Isar-Hochufer.

Der Aussichtpunkt heißt “Zugspitzblick”, doch das gestrige diesige Wetter ließ die Bergkette hinter Kloster Schäftlarn nur erahnen.

Zweite Pause am Ufer eines Isar-Arms. Hier sahen wir verschiedene wunderschöne Libellen – und beobachteten entfernt eine Bisamratte.

Fischtreppe bei Buchenhain.

Vor Grünwald gingen wir eine ganze Weile direkt an der Isar – jetzt beschallt von der Wummermusik aus Schlauchbooten, in denen sich feiernde Menschen den Fluss hinab treiben ließen.

Abschließendes Einkehren im Pullacher Rabenwirt. Zum Münchner Schnitzel vom Kalb gab es auf der Terrasse Aussicht hinunter ins Isartal. Sehr gutes Essen, der reichliche Ruccola im Kartoffelsalat machte sich hervorragend. Dazu für mich ein alkoholfreies Weißbier.

Auf der Terrasse ging ein frischer Wind, ich schlüpfte in mein Wanderhemd (erkennbar am Karo, auch wenn es sich eigentlich um ein abgelegtes Kurzarmhemd von Herrn Kaltmamsell handelt).

Schock beim gemütlichen instagram-Lesen in der S-Bahn nach Hause, der sich auf Nachfrage vertiefte: Hakan Surat, hier auf instagram, als Blogger maz, wieder so ein Blogger der ersten Stunde, den ich 2005 auf der Blogmich persönlich kennenlernte – er lebt nicht mehr, hier die Todesnachricht seiner Motorrad-Familie Outlaws. (Und ich hebe doch extra für seine Sammlung ein 25 Jahre altes Apple PowerBook auf!)

Hakan war einer der ganz frühen im Web gewesen, der die Folgen von Herkunft aus einer türkischen Einwandererfamilie durchscheinen ließ, einfach weil das der Alltag dieses hoch-selbstgebildeten, reflektierten, loyalen und doch mit Umständen hadernden Menschen war (das war es ja viele Jahre lang, was Blogs so anders und neu machte: direkter Einblick in andere Leben, mit denen ich anders nie in Kontakt gekommen wäre). Welch ein Verlust.

Als wir heimkamen, lärmte eine Demo die Sonnen- und Lindwurmstraße entlang – mit Wummermusik in einer Lautstärke, die unsere Möbel vibrieren ließ, sowas hatte ich noch nie erlebt. Als ich nachlas, stellte sich heraus: Genau das war die Absicht, es handelte sich um eine “Krachparade”.

Mit der sogenannten Krachparade wollen die Veranstalter sich zum einen dafür einsetzen, dass kulturelle Freiräume für junge Menschen in der Stadt erhalten und geschaffen werden – und nicht immer mehr den Interessen ruhebedürftiger Neumieter in den Innenstadtbezirken zum Opfer fallen. Zum anderen demonstrieren sie für mehr bezahlbaren Wohnraum.

Wir schlossen alle Fenster, schade um den Sommerabend, aber das verhinderte, dass mir von der Lautstärke schlecht wurde (keine Metapher). Zum Glück war der Krach um acht Uhr zu Ende.

Noch ein paar Erledigungen, dann gab es zum Nachtisch Erdbeeren und selbst gebackene Cantuccini mit Vin Santo.

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Julia Bähr bekunden im Tagesspiegel ihren
“Respekt für die Frauen der Gen Z: Die beste Generation, die es je gab”.

Der Fall Rammstein hat wieder gezeigt: Die Anfang Zwanzigjährigen von heute könnten es schaffen, das Patriarchat endgültig zu besiegen. Warum wir alle Hymnen auf sie singen sollten.

via @habichthorn

Wir wissen, was ihr durchmacht. Wir wissen, dass sexuelle Belästigung ein Teil eures Alltags ist. Und wir erinnern uns noch gut, wie wir mit solchen Dingen umgegangen sind: Wir haben versucht, es mit Humor zu nehmen, auch wenn das völlig unangebracht war. Wir haben darüber gesprochen, aber nur mit anderen Frauen, um sie zu warnen. Wir sind weggelaufen oder haben weitergemacht. Aber wir haben uns viel zu selten gewehrt.

§

Immer mehr englische Wörter im Deutschen – seit Jahrzehnten unerschöpflicher Quell feuilletonistischen Gemaules in deutschen Medien, eigentlich seit Kriegsende.1 Interessant wird dieses durchgenudelte Thema in der Außensicht, zum Beispiel aus der Perspektive des Englisch-Muttersprachlers, der eine englischsprachige Berlin-Zeitung herausgibt, Alexander Wells:
“Beamer, Dressman, Bodybag”.
Untertitel:

On the unexpected joys of Denglisch, Berlinglish & global Englisch

Denn er kommt zum Ergebnis:

I have (…) stopped taking Denglisch so seriously. In the highly multicultural, highly Jens Spahn-baiting district of Neukölln, Denglisch has even begun to feel normal, until the moments when it doesn’t. Anytime a language shifts its borders, japesters and salespeople rush into that new space. German social media loves to mock awful Denglisch marketing attempts: « Law is in the air », announced one otherwise German legal academy ad. But when the bilingual puns are good, they’re good — and enhanced by the thrill of belonging. I love this one billboard ad for classic indie radio that reads Everybody hörts (« everyone listens to it »), and I love it not only because I like the pun, but because I feel a surge of pride that I’m in on the joke, that maybe I do really speak German. This is exactly the effect that they’re going for, I suppose, just flipped 180 degrees.

Und Wells amüsiert sich über sein eigenes Verhalten:

In what can only be described as a fearless act of radical anti-neocolonialism, I insist on speaking German when I’m there. So do the baristas. There’s no chance — my accent being as it is — that they haven’t seen through me. My coffee order of choice doesn’t help in that regard. «Hallo,» I say each time, «uh, ein Flat White bitte». «Ein Flat White, Kuhmilch?» the Aussie barista asks. «Ja, Kuh.» Hearing us both butcher the language of Goethe and Schiller while absolutely nailing the pronunciation of «flat white» would surely leave Jens Spahn begging us to please, please just speak in English. But that, mein lieber Jens, is something that I simply will not do.

  1. Sind wir schon so weit, dass man den Krieg spezifizieren muss? Sollte ich zur Sicherheit eine Jahreszahl ergänzen? []

Journal Freitag, 9. Juni 2023 – St. Brück mit ernsthaften Anschaffungen

Samstag, 10. Juni 2023

Nach gutem Schlaf ausgeruht aufgewacht.

Vor allem anderen stand Brotbacken.

Teiglinge aus dem Kühlschrank geholt, Ofen vorgeheizt.

Beim Kippen aufs heiße Blech fiel der kleinere ein wenig zusammen – also doch Übergare?

Das Ergebnis sah aber sehr gut aus.

Anschnitt am Nachmittag nicht so großporig wie auf dem Rezeptfoto, aber wirklich gut. Nächstes Mal ohne Übernacht-Gare.

Gestern brach ich früher als sonst zum Schwimmen ins Dantebad auf, Radeln unter wolkenlos blauem Himmel. Die Schwimmbahnen waren gut zu nutzen. In der zweiten Hälfte meiner 3.000 Meter aber schoben sich immer wieder Wolken vor die Sonne, auch ganz dunkle: Ich fröstelte und mein Plan eines anschließenden Sonnenbads schwankte – ohne Sonne würde ich halt direkt nach dem Schwimmen über Einkäufe heimfahren. Letztendlich überwog am Ende meiner Schwimmerei die Sonne, ich legte mich sonnengecremt und in trockenem Bikini auf die Wiese.

Auf dem Rückweg absolvierte ich die erste Runde Besorgungen: Espresso beim San Lucas, Milch und Äpfel (Wanderobst) im maxvorstädter Vollcorner, Tee im Bremer Teekontor unterm Stachus.

Daheim gab es zum Frühstück reichlich Walnussbrot.

Geduscht und in schönem Kleid startete ich die zweite Runde Besorgungen, lang geplant.
(Als ich die Wohnung verließ, machte ich mit Herrn Kaltmamsell eine beunruhigende Entdeckung an der Wohnungstür, der wir nachgehen werden müssen.)

1. Leichter Wanderrucksack
Dafür nutzte ich die wirklich riesige Auswahl im Globetrotter, einen Rucksack muss ich testen können.
Das Modell, das von den vielen anprobierten am besten saß und genau meine Anforderungen erfüllte (u.a. klein, Außentasche für Trinkflasche, übersichtlich wenige Taschen, alle gut erreichbar, Bauch- und auch höhenverstellbarer Brustgurt, gut gepolsterte Schultergurte, Belüftungssystem für Rücken) war dann explizit “Women’s fit” und altrosa. (Lektionen in Demut)

2. Wechselwanderschuhe
Meine großartigen Leder-Wanderschuhe, 25 Jahre alt, gut gepflegt, mit hoffentlich weiteren 25 Jahren vor sich – sind zwar wasserdicht, aber wenn sie dann doch mal bis innen nass werden, wie zum Beispiel auf unserer Tour “Costa de la muerte” in Nordspanien, dann trocknen sie nicht über Nacht für den nächsten Tag. Für diesen Fall wollte ich ein zweites Paar.
In der ebenfalls riesigen Auswahl beim Globetrotter entdeckte ich, dass es sehr wohl noch Leder-Wanerschuhe gibt, sogar ein echtes Nachfolgemodell meiner jetzigen, preislich allerdings in der Oberklasse -> ZACK! umgehende Kauf-Paralyse.
Auf dem Heimweg kam ich zum Entschluss, dass Turnschuhe als Wechselschuhe reichen müssen.

Dafür lief der anschließende Abendessen-Einkauf beim Tölzer Kasladen auf dem Viktualienmarkt ziemlich aus dem Ruder. (Was meiner Meinung nach bei aller Konsum-Kritik an zwei Orten akzeptabel ist: Pralinenläden und Käseläden/-theken). Wieder nahm man sich viel Zeit für mich, erklärte Hintergründe, erzählte Geschichten – das funktioniert bei mir als Verkaufstaktik mit Käse zu 100 Prozent.

In der Sonne war es heiß, doch im Schatten zeigte das Thermometer (Apotheke) angenehme 25 Grad an. Zumindest in München ist weiterhin und wie halt für Juni angemessen kein Hochsommer: Abends wird’s umgehend kühl, ein morgendlicher Balkonkaffee ist nicht in Sicht.

Auf dem Balkon las ich Zeitung – und spürte Muskelkater von der spannenden TRX-Übung beim Physio am Donnerstag, hmpf.

Herr Kaltmamsell hatte uns anlässlich der Ernteanteil-Minze Pimm’s gemacht, die Minze kam auch im Nachtmahl als Wassermelonensalat vor.

Dann noch ein wenig Erdbeeren, ein wenig Schokolade.

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Maximilian Buddenbohm stellt in seiner Kolumne fürs Goethe-Institut eine Frage (durchaus ohne Antwort), die ich viel interessanter finde als Beschwerden über Nicht-Funktionieren: Warum funktioniert in unserer Gesellschaft etwas? Und was kann man daraus über Nicht-Funktionieren lernen?
“Das kann man alles so machen”.