Früh aufgewacht, Morgen genutzt: Ich hatte an diesem herrlichen Sonnentag vor der geplanten Wanderung noch Zeit für ein paar Hüftübungen und für Yoga-Gymnastik.
Erster Einsatz des neuen Wanderrucksacks. (Dazu bitte die unverwechselbare Duftkombination Sonnenmilch/Mückenspray vorstellen.)
Die gestrige Route hatte Herr Kaltmamsell anhand einer Wanderung auf Komoot ausgearbeitet, dort kann jede*r Strecken einstellen und teilen. Er hatte die Vorlage mit von (Online-)Kartenmaterial ein wenig variiert und erweitert. Das Ergebnis war eine Tour an der Isar ab der S-Bahnstation Buchenhain mit Abstecher zum Georgenstein, durch Grünwald, zum Wildschweinpark Grünwald, über Straßlach-Dingharting zurück zum Isar-Hochufer, wieder nach Grünwald und dann weiter nach Pullach. Wir mussten uns immer wieder mit GPS zurechtfinden, denn Ausschilderung gab es natürlich keine, kamen immer wieder durch wirklich bezaubernde Abschnitte, mal in praller Sonne, mal unter Sommerwolken, mussten aber auch immer wieder Straßen entlang gehen.
Es war ganz wunderbar, sowas mal auszuprobieren – doch bislang bevorzuge ich offizielle Wandertouren, die Profis ausgearbeitet haben, die ausgeschildert und gepflegt sind, auch weil so mancher Pfad in der Karte deutlich sichtbar war, vor uns aber nur Wiese mit hohem Gras oder ein Wald mit Unterholz lag. Dann wiederum: Sobald wir auf richtigen Wanderwegen waren, waren da auch viele Radler*innen und wir konnten nicht mal nebeneinander gehen.
Insgesamt definitiv ein Genuss (die Libellen! das energische Summen vieler Insekten im Wald!), wir wanderten beide ohne Beschwerden. Und der neue Rucksack stellte mich sehr zufrieden. Laut meinem Smartphone waren wir in sechs Stunden mit zwei Pausen 21 Kilometer unterwegs – was uns trotz einigen Steigungen recht wenig erschien.
Buchenhain.
Wir sprachen unterwegs immer wieder über Mark Twains The adventures of Tom Sawyer.
Georgenstein – an dem kamen wir am Schluss auf der anderen Flussseite nochmal vorbei. Der Abstecher war nett, doch die Wege gehörten eindeutig dem radelnden Volk.
Nachdenken über die Nützlichkeit einer Warnung, die unbekannte Fachwörter verwendet. (Herrn Kaltmamsell war vorher aufgefallen, dass das Wasser am Ufer entgegen der Flußrichtung zog.)
Rüber nach Grünwald, dort war ich noch nie gewesen.
Kantiger Brückenheiliger.
Kantiger Flößer; am Fuß Grünwalds fließen Isar und Isarwerkkanal – auf dem bis heute Floße fahren, mittlerweile zu Partyzwecken: Über die nächste gute Stunde war unser Weg mit live Schunkelmusik von unten beschallt.
Erinnerungskultur funktioniert: Der Gedenkstein für Dr. Thomas Max brachte mich dazu, über die Freiheitsaktion Bayern zu recherchieren.
Ein sympatischer Ortskern, dieses Grünwald: Der Ort ist noch sehr Vitalia, nicht Vollcorner.
Bereits Teil des “Walderlebniszentrums Grünwald”: You can’t beat German humor.
Kurz darauf machten wir in der Anlage des Zentrums Brotzeitpause, ich hatte Walnussbrot und Apfel dabei.
Vor Straßlach – auch dieser Gedenkstein nützlich, denn ich hatte fast vergessen, wie lange es den RAF-Terror gab.
Am Isar-Hochufer.
Der Aussichtpunkt heißt “Zugspitzblick”, doch das gestrige diesige Wetter ließ die Bergkette hinter Kloster Schäftlarn nur erahnen.
Zweite Pause am Ufer eines Isar-Arms. Hier sahen wir verschiedene wunderschöne Libellen – und beobachteten entfernt eine Bisamratte.
Fischtreppe bei Buchenhain.
Vor Grünwald gingen wir eine ganze Weile direkt an der Isar – jetzt beschallt von der Wummermusik aus Schlauchbooten, in denen sich feiernde Menschen den Fluss hinab treiben ließen.
Abschließendes Einkehren im Pullacher Rabenwirt. Zum Münchner Schnitzel vom Kalb gab es auf der Terrasse Aussicht hinunter ins Isartal. Sehr gutes Essen, der reichliche Ruccola im Kartoffelsalat machte sich hervorragend. Dazu für mich ein alkoholfreies Weißbier.
Auf der Terrasse ging ein frischer Wind, ich schlüpfte in mein Wanderhemd (erkennbar am Karo, auch wenn es sich eigentlich um ein abgelegtes Kurzarmhemd von Herrn Kaltmamsell handelt).
Schock beim gemütlichen instagram-Lesen in der S-Bahn nach Hause, der sich auf Nachfrage vertiefte: Hakan Surat, hier auf instagram, als Blogger maz, wieder so ein Blogger der ersten Stunde, den ich 2005 auf der Blogmich persönlich kennenlernte – er lebt nicht mehr, hier die Todesnachricht seiner Motorrad-Familie Outlaws. (Und ich hebe doch extra für seine Sammlung ein 25 Jahre altes Apple PowerBook auf!)
Hakan war einer der ganz frühen im Web gewesen, der die Folgen von Herkunft aus einer türkischen Einwandererfamilie durchscheinen ließ, einfach weil das der Alltag dieses hoch-selbstgebildeten, reflektierten, loyalen und doch mit Umständen hadernden Menschen war (das war es ja viele Jahre lang, was Blogs so anders und neu machte: direkter Einblick in andere Leben, mit denen ich anders nie in Kontakt gekommen wäre). Welch ein Verlust.
Als wir heimkamen, lärmte eine Demo die Sonnen- und Lindwurmstraße entlang – mit Wummermusik in einer Lautstärke, die unsere Möbel vibrieren ließ, sowas hatte ich noch nie erlebt. Als ich nachlas, stellte sich heraus: Genau das war die Absicht, es handelte sich um eine “Krachparade”.
Mit der sogenannten Krachparade wollen die Veranstalter sich zum einen dafür einsetzen, dass kulturelle Freiräume für junge Menschen in der Stadt erhalten und geschaffen werden – und nicht immer mehr den Interessen ruhebedürftiger Neumieter in den Innenstadtbezirken zum Opfer fallen. Zum anderen demonstrieren sie für mehr bezahlbaren Wohnraum.
Wir schlossen alle Fenster, schade um den Sommerabend, aber das verhinderte, dass mir von der Lautstärke schlecht wurde (keine Metapher). Zum Glück war der Krach um acht Uhr zu Ende.
Noch ein paar Erledigungen, dann gab es zum Nachtisch Erdbeeren und selbst gebackene Cantuccini mit Vin Santo.
§
Julia Bähr bekunden im Tagesspiegel ihren
“Respekt für die Frauen der Gen Z: Die beste Generation, die es je gab”.
Der Fall Rammstein hat wieder gezeigt: Die Anfang Zwanzigjährigen von heute könnten es schaffen, das Patriarchat endgültig zu besiegen. Warum wir alle Hymnen auf sie singen sollten.
via @habichthorn
Wir wissen, was ihr durchmacht. Wir wissen, dass sexuelle Belästigung ein Teil eures Alltags ist. Und wir erinnern uns noch gut, wie wir mit solchen Dingen umgegangen sind: Wir haben versucht, es mit Humor zu nehmen, auch wenn das völlig unangebracht war. Wir haben darüber gesprochen, aber nur mit anderen Frauen, um sie zu warnen. Wir sind weggelaufen oder haben weitergemacht. Aber wir haben uns viel zu selten gewehrt.
§
Immer mehr englische Wörter im Deutschen – seit Jahrzehnten unerschöpflicher Quell feuilletonistischen Gemaules in deutschen Medien, eigentlich seit Kriegsende. Interessant wird dieses durchgenudelte Thema in der Außensicht, zum Beispiel aus der Perspektive des Englisch-Muttersprachlers, der eine englischsprachige Berlin-Zeitung herausgibt, Alexander Wells:
“Beamer, Dressman, Bodybag”.
Untertitel:
On the unexpected joys of Denglisch, Berlinglish & global Englisch
Denn er kommt zum Ergebnis:
I have (…) stopped taking Denglisch so seriously. In the highly multicultural, highly Jens Spahn-baiting district of Neukölln, Denglisch has even begun to feel normal, until the moments when it doesn’t. Anytime a language shifts its borders, japesters and salespeople rush into that new space. German social media loves to mock awful Denglisch marketing attempts: « Law is in the air », announced one otherwise German legal academy ad. But when the bilingual puns are good, they’re good — and enhanced by the thrill of belonging. I love this one billboard ad for classic indie radio that reads Everybody hörts (« everyone listens to it »), and I love it not only because I like the pun, but because I feel a surge of pride that I’m in on the joke, that maybe I do really speak German. This is exactly the effect that they’re going for, I suppose, just flipped 180 degrees.
Und Wells amüsiert sich über sein eigenes Verhalten:
In what can only be described as a fearless act of radical anti-neocolonialism, I insist on speaking German when I’m there. So do the baristas. There’s no chance — my accent being as it is — that they haven’t seen through me. My coffee order of choice doesn’t help in that regard. «Hallo,» I say each time, «uh, ein Flat White bitte». «Ein Flat White, Kuhmilch?» the Aussie barista asks. «Ja, Kuh.» Hearing us both butcher the language of Goethe and Schiller while absolutely nailing the pronunciation of «flat white» would surely leave Jens Spahn begging us to please, please just speak in English. But that, mein lieber Jens, is something that I simply will not do.