Journal Donnerstag, 24. August 2023 – Das Blog wird 20
Freitag, 25. August 2023Es ist ein wenig gruslig: Gestern wurden es 20 Jahre, dass ich dieses Blog Vorspeisenplatte schreibe.
Es hat mich durch so viele Lebens- und Online-Phase begleitet:
Leben:
- Zunächst während meiner Arbeit und in der Zweitwohnung in Augsburg
- Rückzug nach München, die Jahre des Augsburg-Pendelns
- Kurzer Arbeitsabstecher nach Karlsfeld, dann vereinigten sich Wohnen und Arbeiten in München
- Die Jahre in dem großen Maschinenbauunternehmen
- Die Lebenskrise “Wie bin ich da nur hingeraten und wohin will ich eigentlich?”
- Das Jahr Auszeit mit der Erkenntnis: Ich will meine Ruhe, entsprechende Berufsplanung mit Ziel der Sicherung Lebensunterhalt
- Die Jahre als Sekretärin in einer PR-Agentur und jetzt in einer Forschungsorganisation
Online:
- Start, als das Web noch so wenig genutzt wurde, dass es noch nicht mal als etwas für junge Leute galt. Meine Generation Blogger*innen waren eher die Technik-Affinen, Neugierigen, die Internet meist bereits von Newsgroups, Foren und E-Mails über die halbe Welt kannten. Wir bekamen Einblicke in fremde Lebenswelten aus erster Hand, es entstanden erste Freundschaften (und Lieben) auf der Basis gegenseitigen Bloglesens.
- Erste, vor allem negative, Aufmerksamkeit etablierter Meinungsführer, siehe “Klowände des Internets”. Aber auch die Deutsche Welle, die mit “Best of the Blogs” diese neue Form des Berichtens ohne Gate Keeper feierte, dieses “everybody has a voice”.
- Erste Aufmerksamkeit der Wirtschaft (erinnern Sie sich, wie eine Zeit lang gefühlt alle Kommunikationsagenturen ihren Kunden Blogs als unabdingbaren Teil ihrer Website verkauften?), aber auch erste Versuche, mit Blogs Geld zu verdienen.
- Mit Etablierung großer Online-Plattformen wie MySPace, Facebook, Twitter hieß diese Art der Webnutzung “Social Media”, und die Nische Blogs wurde noch nischiger. Gleichzeit funktionierte die Vernetzung, intellektueller oder persönlicher Art oder im besten Fall beide Arten, über Twitter intensiver und schneller.
Bis halt zur Dominanz der Kommunikationsmöglichkeiten im Web durch Brüller und Populisten. Mit böser Absicht, so stellte sich schon vor 10, 15 Jahren heraus, lassen sich die neuen Publikations- und Interaktionsformen des Web, die “Social Media” am effizientesten nutzen.
Doch ich harke und gieße hier immer noch mein kleines Bloggärtchen vor mich hin, in einem selbst gehosteten und entspannt irrelevanten Eckchen des Web, im selben Design wie vor 20 Jahren (Dank an das Blogheizelmännchen Herrn Kaltmamsell, der das möglich macht), seit mittlerweile zehn Jahren nahezu täglich.
Sollte mich dieser Tage ein 50-Tonner überfahren, bitte ich um einen Grabstein mit QR-Code zu diesem Blog.
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Gestern Wecker eine halbe Stunde früher gestellt: Ich hatte eine Einheit Yoga-Gymnastik nachzuholen. Ich wachte sogar davor auf, merkte aber schon am Vormittag, dass mir Schlaf fehlte.
Balkonkaffee im Dunklen – und Schwülen, ich spürte fast keine Morgenfrische. Was ich allerdings spürte: Die mächtige Makrele vom Vorabend, quer im Bauch, der wohl immer noch seine Mühen damit hatte.
Die Yoga-Einheit erwies sich als perfekt für diesen Morgen: Die Folge “Soften” bedeutete lange, sanfte Dehnungen, und ich stellte fest, wie viel besser das morgens geht – ich gelangte langsam und von selbst in einen noch nie gekannten Grad der Hüftdehnung.
Der Marsch in die Arbeit war angenehm, die Oktoberfest-Beschilderung um die Theresienwiese wird dichter (noch drei Wochen bis Ausbruch). Den Werbeplakaten nach zu urteilen, ist das zentrale Feature der diesjährigen Oktoberfest-Verkleidung für Frauen ein Mieder-Verschluss per Reißverschluss vorne.
Im Büro umgehende Emsigkeit, am Vortag waren Unklarheiten aufgetaucht, die zwar in meiner Abwesenheit ein wenig geklärt wurden, allerdings kannte ich das gesamte Thema noch gar nicht und musste recherchieren.
Mittags raus in die Schwüle für Käsekauf am Markt sowie schnellen Cappuccino in der Nachbar-Cafeteria. Spätes Mittagessen: Aprikosen, Nektarine, Buttermilch (habe ich selten Lust drauf, genieße sie dann aber sehr). Eine Folge: Buttermilchkoma, ich wurde sehr wenig produktiv. Das legte sich zum Glück nach einer Stunde.
Arbeit musste so oder so gemacht werden. Nach Feierabend in unangenehmer Schwüle nach Hause. Nach Abkühlen mit Räumen turnte ich die eigentliche Yoga-Gymnastik des Tages.
Abendessen von mir, weil Donnerstag Ernteanteil-Abholtag ist: Eichblatt-Salat, Tomaten, Gurke mit Joghurtdressing. Dann eine ausführliche Runde Käse, Nachtisch Schokolade.
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Lesenswertes Interview mit einem der führenden Köpfe meines einstigen Studienfachs Englische Literaturwissenschaft (gibt’s in Deutschland nicht mehr), Elisabeth Bronfen, unter anderem zur Veränderung des Studiums in den vergangenen Jahrzehnten und dem Missbrauch wisseschaftlicher Begriffe in nicht-wissenschaftlichen Diskussionen.
“‘Was mich am meisten erstaunt, ist die hartnäckige Fähigkeit, zu verdrängen'”.
via @Hystri_cidae
Viel Liebe für: “Wenn nur sehr wenig gelesen wird, fällt die Diversität auch zum Fenster raus.”
Ich möchte bitte verdrängen, dass ihr Werk Over her dead body vor bereits 30 Jahren erschien. (Ich bin offiziell alt.)
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Stephan Noller kenne ich seit vielen Jahren (siehe oben) aus dem Mitmach-Web als Unternehmer, Erfindern und sehr konstruktiven Optimisten. Deshalb las ich interessiert seinen Hinweise zu Kapitalismus als mögliches Werkzeug gegen das Fortschreiten der Klimakatastrophe:
“Sofort wirksam:
Nur so geht der Kampf gegen die Klimakrise”.