Archiv für August 2023

Journal Donnerstag, 10. August 2023 – BARBIIIIIIIEEEEE!

Freitag, 11. August 2023

Ich war seit Längerem mit einer sehr weltläufigen Internet-Bekanntschaft, die es vor ein paar Monaten beruflich nach München verschlagen hat, und mit Herrn Kaltmamsell zum Barbie-Gucken verabredet und hatte für gestern Abend Tickets im Cinema besorgt. (Wegen dieser Verspätung hatte ich bislang auch noch keine Rezensionen oder Analysen des Films gelesen, wollte ihn möglichst wenig vorbelastet sehen.)

Der so lange vorbefreute Film erwies sich als gemischtes Erlebnis.

Einerseits:
Ich amüsierte mich die knapp zwei Stunden lang, hatte viel Spaß und Vergnügen, lachte mehrfach laut.
Die Schauspieler*innen waren sensationell, angefangen mit Margot Robbie und Ryan Gosling, auch America Ferrera, und Kate McKinnon bringt mich ja schon durch schiere Anwesenheit in einem Film zum erfreuten Quietschen.
Bühnenbild, Maske und Kostüme erwiesen sich als mindestens so großartig wie erhofft, die Texte enthielten einige wirklich gute Pointen.

Andererseits:
Ausgerechnet das Drehbuch von Greta Gerwig empfand ich als mangelhaft. Es schien mir unentschlossen, welche Geschichte es eigentlich erzählen wollte, erklärte mir seine Anliegen (Pink-Washing im Kapitalismus vs. wirklichem Kampf für Frauenrechte / irreale Ansprüche an Frauen / Patriarchat als Seuche / finde dich selbst im traditionellen US-amerikanischen Sinn) zu explizit und ein paar mal zu oft. Die Handlung, die sich anfänglich abzeichnete, wurde schnell aufgegeben, statt dessen kippte der Film in eine Nummernrevue (was nicht schlecht sein muss!), in der für meinen Geschmack Ken zu viel vorkam, die Managerbrigade von Mattel nach dem ersten Lacher komplett überflüssig war. Und gegen die vielen besinnlichen Vorträge am Schluss bin ich eh allergisch.

Zusammengefasst: Ich wünschte, der Film wäre eine konsequente Nummernrevue gewesen und hätte seine ideologischen Anklänge charmanter indirekt durchscheinen lassen.
(Bin schon sehr gespannt auf all die Rezensionen, die ich zum Hinterherlesen abgespeichert habe.)

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Der restliche Tag:

Wieder nach Aufwachen vor fünf nochmal tief eingeschlafen, Weckerklingeln als unangenehme Störung empfunden.

Nachts hatte es nochmal geregnet, doch schon auf dem Marsch in die Arbeit glaubte ich das Wärmerwerden der Luft zu spüren.

Die Büros um meines waren gestern wieder überraschen gut gefüllt. Bei mir war es aber so ruhig, dass ich sogar die Posten auf meiner Jobliste anpackte, die ich seit Monaten von Liste zu Liste übertrage.

Mittags lief ich auf den Markt am Georg-Freundorfer-Platz (wirklich im Schweinsgalopp, Bauarbeiten am Bürohaus zwangen mich zu einem Umweg), kaufte im Sonnenschein an einem Gärtnerei-Standl Tomaten, neue Äpfel und Mirabellen. Mittagessen zurück am Schreibtisch: Pumpernickel mit Butter, Nektarinen.

Nachmittags stieg mir hin und wieder der Duft meines aktuellen Parfums (Aesop Eidesis) in die Nase und erfreute mich: Es riecht ungewöhnlich stabil, verändert sich nach dem Auftragen nicht.

Aktueller und bislang stärkster Motivator, meine Tagespläne darauf abzustellen, dass Yoga reinpasst (was ich bislang nicht sehr gemacht habe – wenn’s nicht klappte, dann halt nicht): Zufällig habe ich diese Wiederholung von Adrienes 30-Tage-Programm Move an einem ersten des Monats gestartet, seither stimmen Datum und Nummer der Folge überein, ich muss nie nachdenken oder gegenchecken, welche drankommt. Das gefällt mir. Doch diese Harmonie bleibt nur erhalten, wenn ich jeden Tag eine Folge turne.

Pünktlicher Feierabend, denn es gab ja Abendpläne – vor denen ich, siehe oben, noch eine Folge Yoga-Gymnastik unterbringen wollte. Das klappte auch, gegen Magenknurren aß ich einen Eiweißriegel und eine Hand voll Mirabellen. Dann nahmen wir eine U-Bahn zum Cinema und guckten mit der Internet-Bekanntschaft (der Herr hatte es sogar in ein blassrosa Outfit geschafft) Barbie.

Wir hatten alle drei noch nicht zu Abend gegessen, spazierten also nach Filmgucken rüber in den Löwnbräukeller (zum Draußensitzen im Biergarten war es mir zu frisch). Ich bestellte zu meinem alkoholfreien Weißbier Kalbskopfsülze mit Bratkartoffel, Letztere sehr gut, die Sülze allerdings stark unterwürzt. Diskussionen über den eben gesehenen und andere bunte Filme, Abenteuergeschichten aus des Neu-Münchners Weltläufigkeit.

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Wie Leute arbeiten, die an echten historischen Sanskrithandschriften forschen.
“Routine (Beijing)”.
(Blogs sind toll.)

Journal Mittwoch, 9. August 2023 – The best-laid schemes

Donnerstag, 10. August 2023

Nach überraschendem Aufwachen vor fünf nochmal so tief eingeschlafen, dass ich auf das Weckerklingeln sehr unwillig reagierte.

Erstmal Check, wie es den Island-Urlaubenden geht. Ich genieße es sehr, die Reise in eine für mich völlig exotische und abschreckende Gegend mitzuerleben.

Draußen Regen, bleiern grauer Himmel. Ich hatte meinen Sportrucksack gepackt, Plan war weiterhin sehr früher Feierabend und eine Schwimmrunde im Dantebad – egal bei welchem Wetter.

Unterm Schirm in die Arbeit, im Westend eine neue arithmetische Erkenntnis einsammelnd. Der Regen hielt an, in wechselnder Stärke, bis zum frühen Nachmittag.

Für meinen Mittagscappuccino huschte ich zur Nachbarsfirma-Cafeteria.

Vormittags Schreibtischarbeit mit der Not-Strickjacke aus dem Unterschrank zwischen Hemd und Jeansjacke, sonst hätte ich gefroren – dieses Büro ist aber auch besonders kalt: Das wusste ich vor meinem Umzug hier hinein vom täglichen Post-Verteilen, wenn ich beim Öffnen der Tür immer das Gefühl hatte, eine Kühlkammer zu betreten.

Zu Mittag gab es gekochten Buchweizen mit Joghurt und eine Nektarine. Und dann wie geplant: Feierabend kurz nach Kernzeit, ich stempelte um 15:15 Uhr aus.

Mit der U-Bahn zum Westfriedhof.

Hatte ich zuletzt spät nachts: Einen ganzen alten U-Bahn-Waggon für mich.

Wie sagt Yoga-Lehrerin Adriene immer am Anfang ihrer 30-Tage-Programm-Folgen: “The hardest part is over – you are here.” Stellt sich heraus: Das lässt sich nicht aufs Schwimmen übertragen.

Ich fragte sogar nach, um ganz sicher zu sein, dass ich meine Schwimmpläne aufgeben musste: Ja, das war das Becken bei den Tribünen. Nein, das Wasser im anderen, kleinen 50-Meter-Becken war nicht so warm, sondern drei Grad kälter. Das hätte also Frieren bedeutet. Ich war genervt, wenn auch nicht tief enttäuscht.

Auf der Tramfahrt in die Innenstadt haderte ich kurz, ob ich nicht auch so zumindest 2.000 Meter geschafft hätte. Doch dann erinnerte ich mich daran, dass mir frierendes Schwimmen wirklich keinen Spaß macht, und um Spaß geht’s mir ja.

Also drehte ich ab Stachus eine Runde Lebensmitteleinkäufe, nahm zur Launeaufhellung auch Blumen mit.

Daheim eine Runde Yoga-Gymnastik, bevor ich mit Herrn Kaltmamsell zum Abendessen außer Haus ging: Er hatte sich chinesisches Essen im Mai Garten gewünscht, von dem wir seit Jahren nur Gutes hören. Wir spazierten in die Buttermelcherstraße und bekamen tatsächlich das beste chinesische Essen bisher in München.

Oben als Vorpeisen Schweinemagensalat mit wunderbaren Gewürzen und Kräutern sowie sauer-scharfe Suppe (aß nur Herr Kaltmamsell, der sie für so lala befand). Unten links Auberginen nach Sichuan-Art, wunderbar saftig und aromatisch. Unten rechts Ma Po Tofu – oft gegessen, kocht auch Herr Kaltmamsell gut, aber nie mit so vielen und überraschenden Geschmacksnoten.

Zurück daheim noch Schokolade, ich holte die Tagesschau nach.

Gestern fand ich heraus, warum ich meine aktuelle Lektüre, Julie Orringers Transatlantic, so schwer fand: So heißt die Netflix-Fernsehserie, aber Orringers Romanvorlage The Flight Portfolio – kein Wunder, dass es sie scheinbar nicht in der Stadtbibliothek gab.

Journal Dienstag, 8. August 2023 – Irrlichternde Wettervorhersage

Mittwoch, 9. August 2023

Wenn Herbsttemperaturen, dann halt Herbstkleidung fürs Büro, ich mochte nicht frieren.

Auf meinem Weg in die Arbeit war der Himmel noch bedrohlich düster, klarte im Lauf des Vormittags aber auf. Die Büros um meines herum trotz augustlicher Urlaubszeit überraschend gut besetzt.

Mittagscappuccino im Notting Hill, er schmeckte gut. Auf dem Rückweg sah ich überm Heimeranplatz zwei Falken – erst gehört, dann gesehen.

Die Wettervorhersage hastete gestern dem Wetter hinterher: Morgens waren noch Wolken und 16 Grad Höchsttemperatur angekündigt, mittags passte die Vorhersage zu den vermehrten Wolkenlöchern und peilte 22 Grad an.

Nach Hause ging ich nach Feierabend also in schönem Sonnenschein, dennoch war mir in meiner Herbstkleidung nicht zu warm. Einkaufsabstecher in den Edeka vor allem für Süßigkeiten.

Daheim Maniküre, dann Yoga-Gymnastik: Ich wusste, dass in dieser Folge vor allem geschnauft wurde, ließ mich darauf ein.

Als Nachtmahl hatte ich mir Linsen gewünscht, passend zum angekündigten Herbstwetter (und nie kriege ich Linsen): Ich bekam Linsen (mit Guanciale) und Spätzle – letztere grämten Herrn Kaltmamsell, denn sie waren ihm gründlich misslungen. Zum Nachtisch frische Süßigkeiten.

Und nun war ich gespannt auf das Mittwochswetter, ich plante nämlich vorzeitigen Feierabend für eine Schwimmrunde im Dantebad.

Wie schon am Montag schalteten wir den Fernseher selbst zur Nebenbei-Berieselung aus. Ich las Roman weiter, erst auf dem Sofa, dann im Bett.

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Interessante Geschichte vom Bayerischen Rundfunk, der an zwei konkreten Beispielen durchrechnen ließ:
“Biohof oder konventionell: Wer liegt beim Klimacheck vorn?”

Wo klappt Klimaschutz besser? Auf einem kleinen Biohof am Samerberg oder auf einem großen konventionellen Milchviehbetrieb in Mittelfranken? Ein Klimacheck der Landesanstalt für Landwirtschaft überrascht und zeigt: Es gibt womöglich keinen Königsweg.

Gleichzeitig wünsche ich mir, dass man in Unter unserem Himmel nicht immer nur herzige Kleinbauern und Kleinbäuerinnen auf dem Dorf in idyllischer Landschaft sieht, meist inklusive Bergen: Unter unserem bayerischen Himmel betreiben vor allem Großbauern Landwirtschaft, deren Alltag hätte ich gern ebenso liebevoll portraitiert.

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die gefahr des sich abfindens, wie es von den kleinen dingen am rand (bus kommt nicht, eine karte nicht gekriegt, sowas) weitersickert in die substanz, bis man am ende keine wünsche mehr hat, mit nur einem leichten vermissensgefühl.

…schreibt sie – und vielleicht hilft mir das irgendwann herauszufinden, warum mir seit Jahrzehnten Träume und Wünsche fehlen (die großen, denn kleine wie der Wunsch nach bestimmten Speisen, Getränken kann ich noch; doch selbst bei diesen fällt mir Aufgeben, Abfinden leicht). Auf der Basis meiner nie gelernten Frustrationstoleranz.

Journal Montag, 7. August 2023 – Mauersegleranlockung

Dienstag, 8. August 2023

Eher leichter Schlaf, aber ohne Unterbrechungen. Aufgewacht zu mehr windig-nasser Kälte, Herbstwetter. Morgenkaffee in dicken Wollsocken, für den Weg in die Arbeit (lange Hose, Pulli, Jacke, Turnschuhe) erwischte ich zum Glück eine Regenpause: Bei diesem starken Wind hätte ich keinen Schirm nutzen können.

Kleine Tierschau unterwegs, ein Falke überm Beethovenplatz, Mauerseglergeräusche im Westend – die ich dann aber als synthetisch identifizierte: Unter der Traufe eines Altbaus entdeckte ich ein halbes Dutzend Nistkästen (höchst schick im Lindgrün der Fassade), und neben einem etwas Lautsprecher-artiges. Recherche ergab: Damit werden Jungvögel an Nistplätz gelockt. Das heißt aber auch: Jetzt könnte man damit aufhören.

Genau richtig emsiger Arbeistvormittag. Aber kalt: Ein Shirt unterm Pulli hätte nicht geschadet, schlimme Erinnerungen an den durchfrorenen Büro-Winter. Habe dann halt meine Jeansjacke übergezogen.

Mittagscappuccino in der Nachbars-Cafeteria, etwas hastiges Mittagessen weil Anschlusstermin: Körnersemmel vom Bäcker (Bäckerei Wimmer ist jetzt bei 1,50 Euro für die “Kernige” genannte Handsemmel), Plattpfirsiche.

Ruhiger Arbeitsnachmittag, draußen immer wieder Regenschauer. Zum Feierabend erwischte ich wieder eine Regenpause, ging über Drogeriemarkt und Vollcorner (frische Milch und Milchprodukte) nach Hause.

Daheim Brotzeit-Vorbereitung für Dienstag (Buchweizengrütze gekocht, gesüßt, mit Joghurt gemischt), die nächste Folge Yoga-Gymnastik geturnt. Zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell Ernteanteil-Lauch als Pastagericht mit Ricotta und Mafaldine. Nachtisch Kekse und Schokolade.

Im letzten Tageslicht sah ich nochmal Mauersegler überm Nußbaumpark flitzen – vielleicht auf der Durchreise von Norden.

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Schon als Kind habe ich mir gerne Geschichten und Filme mit getauschten Männer- und Frauenrollen vorgestellt, bis heute finde ich das Ergebnis spannend (hier vor vielen Jahren mal mit Good Will Hunting durchgespielt). Deshalb freue ich mich, wenn auch andere das tun, und zwar nicht nur als Vorstellung, sondern auch als Umsetzung, zum Beispiel die Künstlerin Hani Hape:
“Künstlerin dreht Newton-Fotos um
‘Es ist nicht einfach, Männer zu finden, die die Hose runterlassen'”.

via @kathrinpassig

Newton ist das Paradebeispiel für das weibliche Aktfoto. Er hat mit ihnen Ikonen geschaffen. Deshalb will ich mit Newtons Bildern unsere Sehgewohnheiten hinterfragen. Bewerten wir das Motiv, wenn wir die Rollenbilder tauschen, genauso? Oder findet ein anderer Denkprozess statt?

In diesem Fall zeigt das Ergebnis in meinen Augen, dass Newtons Behauptung, er zeige in ihrer Nacktheit “starke Frauen” ganz schön wackelt.

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https://youtu.be/ui8kUKuLBaU

An wen muss ich mich wenden, damit Bill Nighy meine psychischen Probleme spielt?
Ach, wahrscheinlich macht er das eh nur für Künstlerinnen. Anerkannt gute Künstlerinnen.

Journal Sonntag, 6. August 2023 – Ruhetag mit Sturm und Regen, aber gutem Essen

Montag, 7. August 2023

So früh eingeschlafen, dass ich das 22-Uhr-Läuten nicht mehr gehört hatte, so lang geschlafen (wenn auch etwas unruhig), dass ich das 7-Uhr-Läuten nicht hörte.

Draußen weiter grau und kalt, hin und wieder Regen, manchmal heftiger Wind. Nach Bloggen und Nachlesen der Mastodon-Timeline machte ich mich fertig zum Isarlauf, die Aussicht auf Regen trübte die Vorfreude nicht. Aber am 6. August gegen die Kälte in Laufshirt und Regenjacke raus zu müssen, war schon bitter.

Den größten Teil meiner Strecke Thalkirchen-Pullach und zurück lief ich dann mit der eingerollten Regenjacke um den Bauch gebunden, doch in der ersten Hälfte war ich in einem Nieselabschnitt für sie dankbar.

Die Anfahrt per U-Bahn funktionierte halbwegs (seit Jahren und bis auf Weiteres ist das durch die U-Bahn-Baustelle am Sendlinger Tor wochenends unterschiedlich): Sie ging vom Goetheplatz zum Tierpark, allerdings nur alle 15 Minuten, ich wartete eine ganze Weile – die ich zu Mobilisierung und Aufwärm-Dehnen nutzte. Der Lauf selbst war schön: Ich kam zwar erst nach einer halben Stunde in einen ruhigen Rhythmus, doch den Rückweg flog ich geradezu. Manchmal sah ich Sonne durch die Bäume, auf den Wegen (trotz der Regenfälle überraschend wenig matschig) war nicht viel los.

Niesel-Attacke an der Floßlände beim Hinterbrühler See.

Wasserstand von Isar und Isarwerkkanal von der Großhesseloher Brücke aus gesehen recht hoch.

Und das ist die Baustelle am Wehr, in der Teile der 1938 zerstörten Hauptsynagoge gefunden wurden.

Hochsommerlich zugewachsener Blick aufs Isartal und nach Pullach.

Ich blieb trocken, auch der Wind wehte nur mäßig. Dennoch hörte ich auf dem Isarhochufer hinter mir einen großen Ast abbrechen und herabrauschen; ich lief schnell weg, wollte wirklich nicht die eine doofe Joggerin sein, die alle Warnungen überhörte und vom Wald erschlagen wurde. Unsommerlich roch es bereits intensiv nach Pilzen.

Nach 95 Minuten Lauf (wieder 15 Minuten zu viel, lieber wäre mir zweimal die Woche eine Stunde, aber der Aufwand) besorgte ich Frühstückssemmeln und Brot für den Abend beim Bäcker Wünsche überm U-Bahnhof Thalkirchen, wartete damit zehn Minuten auf die U-Bahn heim – und nutzte auch diesmal die Zeit zum Dehnen.

Frühstück um dreiviertel zwei, von links gegessen: Rest Schnippselsalat, eine Körnersemmel mit Ernteanteil-Tomate und dick Butter (Hammer!), Käsekuchen, Obst. Plus noch ein kleines Stück Käsekuchen und mehr Plattpfirsiche.

So richtig brutaler Regen mit Sturm kam erst um halb drei, diese Regengüsse wiederholten sich über den ganzen Nachmittag. Ich las Wochenend-Süddeutsche, Internet, Roman.

Abends noch eine Runde Yoga-Gymnastik, eine Adriene-Folge 6 (Kennerinnen wissen sofort: core work), sehr anstrengend. Dabei umflog mich eine klassische Stubenfliege, setzte sich ständig kitzelnd auf meine nackte Haut, nervte arttypisch. Doch mir wurde klar: Das war seit Jahren zum ersten Mal wieder so eine klassische nervige und früher omnipräsente Stubenfliege im Wohnzimmer, keine Schmeißfliege, keine riesige Brummfliege – mir wurde mal wieder recht apokalyptisch.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell aus Ernteanteil Antipasti gebraten/gekocht.

Zucchini, Auberginen, dazwischen erstmals Cardy: Herr Kaltmamsell hatte das Gemüse anweisungsgemäß nur abgerieben, deshalb kaute er sich recht fasrig, schmeckte aber ganz hervorragend. Die nächste Lieferung würden wir aber schälen.

Nachtisch Käsekuchen und Erdnusseis.

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Seit ein paar Wochen jede 20-Uhr-Tagesschau so: Hier in Europa Überschwemmung, da Waldbrand, da Bergrutsch, dort verheerende Sturmschäden – ist das unser neues Normal?

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Bild ohne Foto:
Im Schwimmbecken des Dantebads sah ich auf dem Boden meiner Bahn, im südlichen Drittel, einen satt-grünen Blätterhaufen, hauptsächlich aus Ahornblättern. Er bewegte sich leicht mit dem Wasser, etwas Abstand zwischen den einzelnen Blättern, als höbe ihn ein sanfter Windhauch. Wenn ich in einem der kurzen Sonnenabschnitte darüber hinweg schwamm, leuchtete er dabei unverschämt lebendig und mit schmerzhaft scharfen Kanten.

Journal Samstag, 5. August 2023 – #WMDEDGT

Sonntag, 6. August 2023

Am fünften jedes Monats fragt Frau Brüllen den Freundeskreis Tagebuchbloggen “Was machst Du eigentlich den ganzen Tag?”, kurz #WMDEDGT, die Antworten sind diesmal hier gesammelt.

Dass das Samstagswetter schlecht sein würde, war schon lang angekündigt, und es hatte diesmal das Briefing gründlich gelesen. Aber ich hatte mich darauf eingestellt und entsprechend geplant: Fester Termin war ab 13 Uhr Wahlhilfeschulung für Schriftführer*innen zur bayerischen Landtags- und Bezirkswahl am 8. Oktober, der Rest also drumrum.

Ich wachte nach guten Nachtschlaf zum 7-Uhr-Läuten von St. Matthäus auf. Dass Herr Kaltmamsell, der neben mir eingeschlafen war, dort nicht mehr lag, hatte ich schon beim nächtlichen Klogang bemerkt. Er saß in seinem Zimmer vorm Rechner und erklärte, dass er schlecht geschlafen habe, wach gelegen, und dass er deshalb in sein Bett gewechselt sei.

In meinen Morgen-Kaftan geschlüpft, Milchkaffee für zwei zubereitet. Zum Bloggen getrunken, dann ein Glas Wasser, dann eine große Tasse Schwarztee mit Milch.

Verhältnismäßig früh machte ich mich fertig fürs Schwimmen, von dort würde ich direkt zur Schulung fahren. Weil Scheißwetter mit Tram.

Ich duschte, schlüpfte gleich in den Schwimm-Bikini. Drüber langärmlige Bluse, Jeansjacke, an die Füße dicke Turnschuhe weil brrrrr. Schon auf dem Weg zur Tram-20-Haltestelle am Stachus brauchte ich meinen Schirm.

Sehr verständnisvolle Streetart in der Unterfühurung Olympiapark West (meine Tram-Haltestelle) zum Dantebad. Mal wieder geht mein größter Respekt an all die Leute, die Sport aus reiner Vernunft treiben, obwohl sie keine Lust drauf haben und er ihnen keine Freude bereitet.

Die Freude bekam ich mal wieder nach schnellem Ausziehen, Nassmachen unter der Dusche und Gleiten ins Wasserbecken: Fast niemand auf den Schwimmbahnen, ich konnte gedankenverloren unter wechselnd grauem Himmel und mit vereinzelten Regentropfen meine Meter machen. Ich beließ es bei 2.700, denn der Blick auf die Uhr und detailliertes Nachrechenen meines Zeitplans ließen mich Eile befürchten, sollte ich die gewohnten 3.000 Meter ausschwimmen. Wobei ich ja eh viel lieber zweimal die Woche nur 2.000 Meter schwömme statt einmal 3.000, aber der Zeitaufwand.

Duschen mit Haarewaschen und Abseifen gegen den Chlorgeruch, in der Frauen-Sammelumkleide cremte ich mich ein, trank meine Wasserflasche leer, schminkte mich und föhnte meine Haare trocken.

Mit der Tram voller Touristen (an der Dachauer Straße liegen zahlreiche Hotels) fuhr ich in leichtem Niesel zum Stiglmaierplatz. Den Schulungsort AWA Außenwirtschaftsakademie fand ich am Anfang der Seidlstraße, jetzt hatte ich noch Zeit für einen schnellen Einkauf beim Rewe in der Hopfenpost gegenüber.

Es folgten dreieinhalb Stunden Schulung mit zehn weiteren Teilnehmenden – diesmal leider nicht so durchdacht, souverän und auf den Punkt, wie ich alle vorherigen Wahlhilfeschulungen erlebt hatte (werde die Details im Feedback-Formular hinterlegen, die es nach jeder solchen Schulung gibt). Übrigens bin ich jetzt die nervige Alte, die in diesem Fall der Neuling-Nachbarin die fehlenden Informationen souffliert (“Und dieser Knopf auf dem Bildschirm hilft Ihnen…” / “Wenn der Wahlvorstand versucht XY, müssen Sie ihn darauf hinweisen, dass…” / “Mit der Tab-Taste geht’s schneller.” etc.). In der Schulungspause frühstückte ich einen Eiweißriegel und ein paar Mirabellen.

Zentrales Element war auch in dieser Schulung (wie in denen für alle Funktionen im Wahllokal) die Auszählübung mit Beurteilung von Gültigkeit der Stimmzettel, die nicht regel-konform ausgefüllt waren.

Wir überzogen ein wenig, ich stand erst um dreiviertel fünf wieder auf der Seidlstraße. Auf dem Heimweg merkte ich: Es ging mir gut, richtig gut. Das ist so selten, dass ich
a) es im Blog festhalte,
b) sofort davon ausgehe, dass etwas Stimmungstrübendes eintreten wird.
Und ich fühle mich darin bestätigt, dass mein Befinden in erster Linie Biochemie ist und wenig mit äußeren Umständen zu tun hat.

Zu Hause leerte ich erstmal meinen Sport-Rucksack, trug dann meinen Teil zum Abendessen bei: Israelischen Schnippselsalat aus Tomaten, Gurke, Gemüsezwiebel aus Ernteanteil, zugekaufter grüner Paprika und Petersilie.

Dann war noch Zeit für eine Folge Yoga-Gymnastik, bevor ich den Wein des Abends öffnete:

Claus Preisinger KalkundKiesel aus dem Burgenland, ein roter Gemischter Satz, spontanvergoren, ungeschwefelt und ungefiltert. Der Geschmack überraschte mich – und gefiel mir sehr gut: voll obstig ohne süß, Rumtopf ohne Rum. Ich verwende “obstig” statt “fruchtig”, weil ich immer wieder darauf bestehe, dass ich fruchtige Noten in Rotwein nicht mag, das hier ist also was Anderes. Wenn Sie es zum ersten Mal mit einem Naturwein versuchen wollen, empfehle ich diesen zum Einstieg.
Wir schmeckten beide nach, wozu der wohl passen könnte – und landeten bei Milchreis und Kaiserschmarrn, vielleicht Blauschimmelkäse.

Herr Kaltmamsell leitete mir eine Dankes-Mail weiter: Auf unserer Wanderung in den westenglischen Cotswolds hatten wir von einem Hotelier-Paar in unserer Unterkunft gehört, wie sehr sie deutschen Senf vermissten, vor allem den scharfen, und dass der seit einer Weile nicht mehr zu bekommen sei. Da wir uns mit diesen beiden ohnehin besonders gut verstanden hatten, war mir beim Weiterwandern die Idee gekommen, ihnen aus Deutschland ein Paketchen mit verschiedenen Senfen zu schicken (Develey aus München in Klassisch und Extrascharf, ostdeutschen Bautz’ner als weiteres Beispiel), auch wenn ich bereits wusste, dass die Post-Brexit-Zollformalien das anstrengend machen würden. Doch Herr Kaltmamsell hatte die Idee nach unserer Rückkehr aufgegriffen und all die Anstrengungen unternommen, das Päckchen gefüllt, formalisiert und abgeschickt. Sehen Sie, das ist das übliche Muster: Ich habe viele liebevolle Ideen, kriege aber fast nie den Arsch zur Umsetzung hoch – dazu braucht es andere.

Nachtmahl gab es zu jetzt wieder heftigem Regenrauschen. Als Vorspeise hatten wir die restlichen Oldenburger Salzgürkchen gegessen.

Herr Kaltmamsell hatte zum Schnippselsalat zweierlei Käse gebraten (Halloumi und Rougette Grillkäse), alles schmeckte hervorragend. Zum Nachtisch probierte ich endlich den Buddenbohm’schen Käsekuchen und freute mich daran.

Früh ins Bett zum Lesen: Jetzt, wo Bov Bjergs neuer Roman auf mich wartet, möchte ich meine aktuelle Lektüre Julie Orringer, Transatlantic so schnell wie möglich weglesen.

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Was mir aus gegebenem Anlass auffiel: “Digital detox” setzt einen Tox voraus, den ich bei mir in fast 30 Online-Jahren noch nie diagnostiziert habe.

Journal Freitag, 4. August 2023 – Kulinarische Vignetten zum Wochenabschluss

Samstag, 5. August 2023

Nach gutem Schlaf aufgewacht zu einem grauen Regentag.
Diesen Sommer wird vor meinem Schlafzimmer kein Pop-up-Biergarten im Park bespielt, es gibt keine abendlichen Konzerte: Mein Nachtschlaf freut sich.

Für den Marsch in die Arbeit trug ich geschlossene Schuhe und Jeansjacke, zumindest konnte ich in dieser Regenpause auf einen Schirm verzichten.

Der Vormittag im Büro wurde emisger als vorhergesehen, doch fast alles produktiv und befriedigend.

Im weiterhin Kühlen ging ich auf einen Mittagscappuccino: inklusive Marsch dorthin sehr wohltuend.

Westend-Königin.

Mittagessen war dann am Schreibtisch: Birchermuesli mit Joghurt, außerdem Mirabellen und ein gigantischer Pfirsich.

Gemächlicher Nachmittag, an dem ich einiges sortieren und ordnen konnte. Das Draußen blieb grau und drohte immer wieder mit Regen. In Jeansjacke ging ich über Lidl-Einkäufe (gutes saisonales Obst) heim.

Dort machte ich mich wie geplant sofort ans Backen des Buddenbohm’schen Käsekuchens. Der ist mittlerweile die Standard-Variante, wenn ich einen leichten und fluffigen haben möchte, ich hinterlegte meine nur leicht angepasste Version in meinem Rezeptblog für kompakteres Ablesen.

Schöne Überraschung aus dem Briefkasten: Der Verlag hatte mir Bov Bjergs neuen Roman Der Vorweiner als Leseexemplar zukommen lassen.

Wir sind uns ja wohl einig: Buch mit Gürteltier drauf gutes Buch, siehe:

Eine Runde Yoga-Gymnastik: Diesmal war ich sogar stolz auf mich, denn als ich sah, dass das eine eher anstrengende und längere Folge war, verließ mich eigentlich die Lust darauf.

Aber jetzt: Wochenende! Ich öffnete die Flasche Pittnauer Rosé Dogma, Herr Kaltmamsell hatte am Vortag Oldenburger Salzgürkchen gemacht (kleinere Exemplare waren laut seiner Aussage nicht zu bekommen).

Als Nachtmahl hatte der Herr um den Fenchel aus Ernteanteil mediterranes Fischgemüse sehr frei nach diesem Rezept gekocht – unter anderem halt ohne den Fisch (auch ohne die Anchovis), dafür mit Couscous serviert – versehentlich vegan.

Schmeckte wunderbar, vor allem die schwarzen Oliven bereiteten mir Freude, und der Wein passte perfekt dazu.

Der Käsekuchen war wohl geraten, hier bereits zusammengefallen und fast abgekühlt.

Für Nachtisch war er aber noch zu frisch, es gab statt dessen Schokolade.

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Novemberregen fasst mal wieder etwas in Worte, was bei mir bislang nur ein wortloses Sehnen war, in diesem Fall zum Ziel eines idealen Haarschnitts:

Sie sollen nach dem Waschen einfach so trocknen, dass es höchst absichtsvoll wirkt.

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Randgruppeninteressen: Auf Mastodon entspann sich zwischen den seit Jahrzehnten üblichen Verdächtigen eine Unterhaltung über französische/italienische/spanische Filme der 1960er, und @goncourt schrieb:

Was mich an solchen Filmen aus dieser Zeit immer rührt: Die ganzen Neubauten, die heute so schrammelig wirken, sind in diesen Filmen noch wirklich neu und wie eine Abkehr vom pittoresken Italien. Deswegen wirken sie so wahnsinnig modern und aufbrechend.

Woraufhin @hrcz diesen großartigen Filmvorspann verlinkte:

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/1pPLNaLyc58

Die Buchstaben-Animation! Der alte Schang Gabeng!
(In so einem Stadtviertel in Provinz-Format – Ingolstadt halt – bin ich groß geworden.)

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Politiker*innen im Wahlkampf, ein Beispiel. Alle Beteiligten wussten um die Anwesenheit von Fotografen. Der eine inszenierte sich so, der andere so.