Journal Freitag, 29. September 2023 – Berlin mit keinen Markteinkäufen und Ankunft Herr Kaltmamsell

Samstag, 30. September 2023 um 8:12

Unruhiger Schlaf und zu früh aufgewacht, nicht schlimm.

Urlaubsgetrödel mit Milchkaffee, Bloggen, Wasser, Tee. Am Ende des Nachmittags würde Herr Kaltmamsell eintreffen, für gestern hatte ich nichts weiter geplant, als erstmals durch die Markthalle Neun in Kreuzberg zu laufen – unter anderem weil man im Tölzer Kasladen auf dem Viktualienmarkt auf die Möglichkeit hingewiesen hatte, dort englischen oder irischen Käse zu finden.

Der Himmel war bedeckt, die Luft warm Richtung schwül. Ich fuhr mit U-Bahnen bis zur Prinzenstraße, ab da mäanderte ich zu Fuß – und stellte fest, dass mir einige Ecken von früheren Berlinbesuchen vertraut waren (die Überraschung lag in ihrer Lage zueinander).

Die Markthalle Neun war dann doch anders als erwartet: Die Stände verkauften hauptsächlich Speisen, an den Käseständen gab es nichts Englisches oder Irisches. Das oft gerühmte Fleisch-Sortiment von Kumpel & Keule sah tatsächlich ausgesprochen gut aus.

Also ging ich gleich auf einen Mittagscappuccino zur Rösterei Kaffeekirsche, die ich passiert hatte.

Mehr Spaziergang.

Vom Mehringdamm aus nahm ich eine U-Bahn zurück nach Charlottenburg. Erste Male: Aus einer U-Bahn geflohen, weil eine Frau mit riesigem Verstärker in der Frequenz zu singen begann, die bei mir Übelkeit und Schrei-Verlangen auslöst, Ohrenzuhalten half bei ihrer Lautstärke nicht. No nu, in der Großstadt kommt an einem Werktag ja schnell die nächste U-Bahn.

Zurück im Ferienwohnungskiez war es zwei, Appetit hatte ich noch immer keinen. Aus Vernunft guckte ich an ein paar Tageslokalen vorbei, gibt ja genug in der Umgebung, blieb dann in einem hängen, das “mediterranen Vorspeisenteller” anbot.

Schmeckte mir gut, erzeugte auch Appetit. (Und wurde in einem weißen T-Shirt gegessen, das weiß blieb!).

Vertrödelter Nachmittag mit Lesen, ein bisschen Siesta, Yoga-Gymnastik (eine seeeehr langsame Einheit).

Die Ferienwohnung liegt über der Küche eines indischen Restaurants. Das wäre in Kombination mit professioneller Abluftreinigung Geruchs-paradiesisch, hätte nicht gestern wie schon am Nachmittag davor jemand etwas gehörig anbrennen lassen.

Kurz vor acht traf dann auch wie geplant Herr Kaltmamsell ein und ich freute mich sehr. Er stellte nur kurz seinen Koffer ab, dann gingen wir in die eh erspähte und dann auch noch empfohlene Gastwirtschaft Kastanie, alles saß in der weiterhin milden Luft im Gastgarten.

Wir tranken spanischen Tempranillo (Herr Kaltmamsell) und italienischen Primitivo, von der Tageskarte wählte ich Beluga-Linsen, die mit gehackten Mandeln und Orangensaft vermischt waren, mit Vanille abgeschmeckt, dazu Stücke gebratener Hokaido-Kürbis, eine halbe Burrata – Hammer, werde ich nachkochen. Herr Kaltmamsell aß gebratene Merguez mit Süßkartoffelpüree, Krautsalat und einer scharfen Majonese, war ebenfalls sehr zufrieden. Zum Nachtisch löffelte er noch einen Milchreis mit Mandelkrokant, ich aß zurück in der Ferienwohnung Süßigkeiten.

Im Bett las ich weiter in meiner neuen Lektüre: Fatma Aydemir, Dschinns.

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Gestern kam der Brief von der VG Wort mit der Nachricht, wie viele Tantiemen für meine Blogposts 2022 ausgeschüttet werden. Immer noch ein Haufen Geld für etwas, was ich ohnehin mache, doch deutlich weniger pro Text als in den Jahren davor. Auf Übermedien erklärt René Martens den Hintergrund:
“Mehr ist weniger: Die Tantiemen der VG Wort schrumpfen, die Probleme wachsen”.

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Es ist wichtig, Hubert Aiwangers Lügen nicht unwidersprochen zu lassen. “Das merkt doch jeder, dass das ein Schmarrn ist”, habe auch ich ein paarmal zu oft gedacht – so ist es nämlich nicht. Die Süddeutsche widerspricht seiner wiederholten Behauptung, sie habe die Informationen zu den menschenverachtenden Flugblättern in seiner Schulzeit mit dem Landtagswahlkampf abgestimmt. Hier ist der Ablauf von Recherchen und Anfragen aufgeschlüsselt:
“Flugblatt-Affäre:
In eigener Sache”.

Diese Vermutung hatte ich sogar im Freundeskreis gehört und schon mit journalistischem Hintergrund gegenargumentiert: Solch eine Geschichte veröffentlicht jedes Medium, sobald sie inhaltlich journalistisch sowie juristisch abgesichert ist – die Gefahr ist zu groß, dass ein anderes Medium zuvorkommt.

Wie Marina Weisband so richtig beobachtete: Aiwanger agiert nach dem Playbook von Donald Trump. Falsches einfach behaupten und hartnäckig dabei bleiben, bis alternative facts als Realität akzeptiert werden.

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“Vorurteile in der Berichterstattung
Von heißblütigen Spaniern, abgedrehten Japanern und anderen Auslands-Klischees”.

die Kaltmamsell

4 Kommentare zu „Journal Freitag, 29. September 2023 – Berlin mit keinen Markteinkäufen und Ankunft Herr Kaltmamsell“

  1. Ilka meint:

    Freut mich sehr. Viel Vergnügen weiterhin.
    Und als Schmunzelgrund: wir als Randberliner gucken dann auch, welche Location wir mal wieder besuchen könnten und was sich in Berlin lohnt. Normal fahren wir da ja nur zum Arbeiten hin (und wegen der Schwiegermuter).
    Viele Grüße
    Ilka

  2. Thea meint:

    Wie schön. Gestern noch wollte ich Ihnen schreiben und Ihnen die “Kastanie” ans Herz legen, mein liebstes Lokal in der Schloßstraße, wo es ja eine große Auswahl gibt, die aber ganz unauffällig links und rechts des Weges daher kommt.
    Weiterhin Ihnen und dem Herrn Kaltmamsell eine gute Zeit.
    Parallel lese ich Herrn Lamiacucina auf höchst interessanter Exkursion in Wien.

  3. N. Aunyn meint:

    Der Käse-Einkauf, den Sie in der Markthalle Neun machen wollten, wäre am Donnerstag ab 17.00 Uhr möglich gewesen.

    Einen Käsestand mit einem sehr breiten Angebotsspektrum finden Sie in der Markthalle Moabit, die zwar modernisiert ist, aber dennoch näher am traditionellen Markthallenflair dran ist.

  4. die Kaltmamsell meint:

    Vielen Dank für den Tipp, N. Aunyn, merke ich mir für den nächsten Kreuzberg-Besuch. Gibt es unter den englischen Käsen am Donnerstag nur das Übliche (Cheddar, Stilton – was ich ja auch in München bekomme) oder auch Besonderes (ich hoffe auf Caerphilly)?

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