Archiv für November 2023

Journal Donnerstag, 16. November 2023 – Naturbeobachtung auf der Theresienwiese / Alte Liebe in Augsburg

Freitag, 17. November 2023

Wieder gut geschlafen (man muss auch loben!), und das bei Herrn Kaltmamsell – Teil der Bettzeug-Logistik für Übernachtungsbesuch.

Für den Arbeitsweg konnte ich zu Variante A zurückkehren: Luftlinie einmal quer über die Theresienwiese. Und erwischte gleich mal ein seltenes Naturschauspiel.

(Synchronstimme von Robert Redford: Rolf Schult) Erste Morgensonne mitten in München. Unter den schützenden Blicken der Bavaria hat sich eine Herde Zwerg-Gabelstapler zusammengefunden. Die Tiere ahnen nicht, dass jetzt, Mitte November, die Ost-West-Passage der Theresienwiese freigeschmolzen ist und ihre ungestörten Tage enden.

Im Büro noch schnell was weggeschafft: Der Tag war mit einem jährlichen Treffen aller Fachbereiche wie meinem an allen Standorten belegt – und weil er aus Kostengründen wieder online stattfand, konnte ich teilnehmen. (Unter anderem wurde live auf einen derzeit aktiven Messestand meines Arbeitgebers geschaltet, Smartphone über MS Teams, was ich ziemlich cool fand, sowas bekomme ich ja nie in Echt mit.)

In der Kaffeepause Sprint zur Nachbar-Cafeteria für einen Cappuccino, in der Mittagspause gab’s einen Apfel sowie Quark mit Joghurt und ein paar reingeschnippelten Trockenfeigen.

Gleich nach Ende der Veranstaltung nahm ich eine U-Bahn zum Bahnhof: Ich war mit Herrn Kaltmamsell nach Augsburg zu einem frisch dorthin umgezogenen Freund eingeladen. Da die Strecke nicht von der Deutschen Bahn bedient wird, sondern von einem Drittunternehmen, war sie nicht von Warnstreik der DB-Lokführer betroffen, ich kam problemlos und pünktlich an.

Gründliche Besichtigung der neu bezogenen Wohnung, dann lud uns der Gastgeber in ein edles Restaurant ums Eck ein: In die Alte Liebe. Es gab hervorragenden Champagner Bonnet-Ponson, für mich noch ein Glas Bürklin-Wolf Weißburgunder aus der Pfalz. Dazu Kleinigkeiten:

Puntarelle

Taube, auf hiesigen Speisenkarten eine Seltenheit, diese war sehr gut.

Mittlerweile regnete es nicht enden wollend, unterm Schirm spazierte ich mit Herrn Kaltmamsell zum Augsburger Hauptbahnhof, wir warteten auf einen der gestern deutlich rareren Regionalzüge als sonst zurück nach München.

Heimweg im Regen, schnell ins Bett.

§

Jeder und jede, die in den vergangenen Jahren Zeug*innen von Vorträgen und Folien-Präsentationen wurden, vor allem beruflich, beobachteten den Siegeszug des “Genau”. “Genau äh ja” wird möglicherweise im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht bereits als üblicher Einstieg in Präsentationen gelehrt. Vor wenigen Wochen wurde ich erstmals Zeugin eines “genau” in einer Wortmitte, ich freue mich auf weitere Varianten.

Auf Mastodon wies mich Linguist @josch auf einen Aufsatz aus dem Jahr 2021 von Peter Auer hin, der sich systematisch mit diesem Diskursmarker (welch schöner, nützlicher Begriff) befasst, unter anderem damit, in welchen Umgebungen “genau” sonst noch mit welcher Funktion auftaucht.
Genau! Der auto-reflexive Dialog als Motor der Entwicklung von Diskursmarkern”.

Journal Mittwoch, 15. November 2023 – Die kleine Madam Chutney

Donnerstag, 16. November 2023

Sehr gut geschlafen, eine Minute vor Wecker aufgewacht.

Allerdings war ich unruhig, denn ich war gestern mündlich zu einem Schöffinneneinsatz bestellt, hatte aber immer noch keine schriftliche Ladung erhalten (die mir ermöglicht, ohne Taschen- und Körperkontrollen ins Justizgebäude zu gelangen). Ich schrieb eine E-Mail ans Schöffenbüro und bat ums PDF der Ladung.

Der Dauerregen hatte aufgehört, ich könnte mit dem Radl in die Arbeit fahren, es war auch gar nicht kalt.

Im Büro schaffte ich eine Stunde lang ordentlich was weg, erhielt zu meiner Beruhigung auch das erbetene PDF der Ladung und druckte es aus.

Wieder trocken radelte ich zum Amtsgericht. Ich nahm den Weg durch die Blutenburgstraße parallel zur Nymphenburger – die ist ja ohnehin idyllisch, doch gestern wurde der Blick die Straße runter auch noch durch Robinien in wunderschönem Gelb und wenig Grün eingerahmt.

Direkt am Justizzentrum passierte vor meinen Augen ein Unfall: Ein Auto bog bei grüner Ampel rechts ab, ein geradeaus fahrendes Radl (ebenfalls mit Grün) fuhr mit quietschenden Bremsen in die Beifahrertür. Der Radler stand unverletzt, es wurde geschimpft. Da reichlich Passant*innen und Radler*innen drumrum stehenblieben, die den Unfall ebenfalls beobachtet hatten, ging ich weiter. Gefährlichste Fahrtrichtung für Fahrräder: geradeaus.

Im Gerichtsgebäude ging ich für diesen zweiten Teil der Verhandlung von vergangener Woche (Insolvenzverschleppung) ein wenig Umwege: Wie vom Richter angekündigt hing am Sitzungssaal ein Hinweis, wo sie tatsächlich stattfand. Wir starteten zwar wegen verspäteter Teilnehmer eine halbe Stunde nach der angesetzten Zeit, waren dann aber schnell durch: Einstellung des Verfahrens mit Auflagen.

Beim Radeln zurück in die Arbeit erwischte mich dann doch ein Schauer, ich wurde feucht.

Emsiger Nachmittag mit Jalousien-Lichtschalter-Fenster-Slapstick. Hochherbst mit immer wieder blauem Himmel, doch immer wieder prasselte auch Regen heftig wie aus Waffen. Ich war sehr gespannt, in welcher Phase ich heimradeln würde.

Es war dann eine trockene Phase – zum Glück, denn ich wollte den Großteil der Lebensmitteleinkäufe fürs Wochenende erledigen: Wir bekommen ab Freitag Besuch, Donnerstag sind Herr Kaltmamsell und ich nach Feierabend in Augsburg eingeladen. Und trotz Lokführer-Streiks bei der Deutschen Bahn stehen unsere Chancen gut, dass wir tatsächlich hinkommen: Die Strecke wird von einer Fremdfirma bedient, nicht von der Deutschen Bahn. (So oder so: Volle Soli mit den Streikenden!)

Daheim nur eine Runde Häuslichkeiten, zum Abendessen war ich mit Herrn Kaltmamsell verabredet: Ich hatte am Dienstag entdeckt, dass der Madam-Chutney-Imbiss am Sendlinger Tor endlich in Betrieb war, den wollten wir testen.

Die Karte ist sehr klein, einem Imbiss angemessen, es gibt Bowls (Basiszutat-Reisauswahl-Currysauce) und Thalis (Blechteller mit Verschiedenem), ein paar Vorspeisen, Getränke nimmt man sich aus einem Kühlschrank.

Herr Kaltmamsell hatte eine Bowl mit Paneer Vindaloo, Basmati, Kartoffeln, rechts eine Vorspeise (Papri Chaat), ich ein Thali mit scharfen Kichererbsen, Gurkenjoghurt, würzigen Kartoffeln und scharf gefülltem Fladenbrot – ganz ausgezeichnet. Auch das Mango Lassi, das wir uns dazu teilten, schmeckte besonders gut.

Zurück daheim war noch viel Räumens, Nachtisch Schokolade. Herr Kaltmamsell recherchierte, wie er Donnerstagmorgen trotz Bahn-Streiks in die Arbeit kommen würde (stündliche S-Bahn oder Mitfahrtgelegenheit Kollege).

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Beim Berichten über die derzeitige brutale Eskalation des Nahost-Konflikts zerren an den Berichterstattenden viele, oft einander widersprechende Anforderungen. Christian Fahrenbach berichtet für Krautreporter darüber in Form der “Morgenpost” und erklärt in diesem Artikel, den ich Ihnen schenken darf, mit welchen Kriterien er das tut:
“Einseitig? So entscheide ich, wie ich über Israel und Gaza berichte”.

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All die (meist nicht mehr jungen) cis Heteros und Heteras, die den Eindruck haben, um sie herum würden schlagartig immer mehr Leute schwul oder lesbisch: Der Eindruck ist ein ganz normales menschliches Wahrnehmungsmuster, ähnlich wie der Eindruck, in künstlerischen Berufen gebe es besonders viele Schwule. Diese Mechanik verwechselt Ursache und Wirkung: In Umgebungen mit künstlerischen Berufen war es schon länger weniger problematisch, sich als schwul sichtbar zu machen (deutlich weniger als zum Beispiel am Bau), weil sie offen für Menschen abseits des Mainstreams waren. Und früher war der Anteil an Schwulen und Lesben genauso groß wie heute – die Damen und Herren konnten sich allerdings nicht unbehelligt oder gar unbestraft sichtbar machen. Als Gegenmittel gegen den falschen Eindruck empfehle ich dieses wunderschöne Projekt, das die Geschichten alter Lesben sammelt und bewahrt:
“‘Old Lesbians’ documentary highlights the importance of recording ‘herstory'”.

The group’s goal was simple: preserve the stories of lesbians over 70 in their own words. She didn’t realize interviewing a few of her close friends would lead to a decadeslong journey of traveling the country, training fellow interviewers (who also typically had to be 70 or older), and recording hundreds of women’s life stories.

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Die Wahl zum Vogel des Jahres wurde in jüngster Zeit in Deutschland eine immer intensivere und heißere Schlacht auf allen Medienkanälen und -plattformen. Schließlich hat die Sieger-Art fürs ganze Leben ausgesorgt: Werbeverträge, Party-Auftritte, Plakat-Aktionen, kostenloses Futter auf Generationen.

Es ist also nur konsequent, dass eine Wahl zum neuseeländischen bird of the century das ganze auf eine noch mächtigere Ebene bringt: Internationale TV-Shows, massive Betrugsversuche. Sehen Sie selbst (und erfreuen Sie sich am neuseeländischen Akzent):

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https://youtu.be/nZXte0dY8hA?si=zrw12B8XrtuUs6LN

via @donnerbella
(Und ich weiß jetzt endlich, wie dieser bezaubernde Vogel heißt.)

Ein bisschen Hintergrund:

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https://youtu.be/dd5W16e6KzU?si=dvHBy4jvIcnjWAAt

Journal Dienstag, 14. November 2023 – Namens-Marketing

Mittwoch, 15. November 2023

Gut geschlafen, und das auch noch ein wenig länger: Ich musste gestern deutlich später aus dem Haus, da ich mit einem Arzttermin um neun in der Innenstadt den Tag startete (zu früh, als dass ich vorher noch eine Bürorunde einschieben hätte können).

Draußen Regenrauschen.

Ich machte mir einen gemütlichen Morgen, ließ die Möglichkeit zu einer Einheit Krafttraining ungenutzt verstreichen (ein Lauf hätte mich wirklich gereizt, nicht aber bei Dunkelheit und Regen).

Der Arzttermin war eine Mammografie – meine Gyn rückt die Hormonersatztherapie-Medikamente nur unter der Bedingung eines jährlichen Checks raus, selbst halte ich ihn so oft für unnötig.

Der Apparat des Herstellers Siemens trug groß den Namen “Mammomat”. Darunter hätte ich mir dann doch eher ein Fertigungsgerät für Wunsch-Brüste vorgestellt, aber eine Firmensparte, die sich in “Healthineers” umbenannte, lebt sehr wahrscheinlich auf einem anderen Wort-Planeten. Wie erwartet keine Auffälligkeiten – und auch von der Radiologin der Hinweis, dass kein jährlicher Check nötig wäre.

Ich marschierte in wieder einer Regenpause zum Stachus, nahm die U-Bahn in die Arbeit, kam mehr als zwei Stunden später als sonst an. Was den Start in den Arbeitstag ganz schön hektisch machte, es war Einiges aufgelaufen.

Erster Einsatz des neuen Thermo-Rollkragenpullis (den ich am Samstag schon mal daheim getestet hatte) unter einem leichten Pullover: Hurra, ab sofort wird im Büro auch ohne dicke Wolljacke nicht mehr gefroren, der heizt trotz überraschend dünnem Material ordentlich. Hersteller übrigens mein Lieblings-Gegenbeispiel für die Behauptung, ein Markenname dürfe für Erfolg in keiner Sprache von Zielmärkten albern oder anzüglich zweideutig sein: Uniqlo. (gnihihi)

Weitere Bekleidungsfreude: Das Flachdengeln der Schusterin hatte genützt, die Stiefelkante scheuerte mich nicht mehr blutig, ich spürte sie nicht mal – über ein Jahr nach Kauf kann ich die Schuhe nach Herzenslust tragen.

Schneller Mittagscappuccino bei Nachbars (es war mild genug für Mantellosigkeit), zu spätem Mittagessen gab es Äpfel und Pumpernickel mit Butter.

Reichlich emsiger Nachmittag, nach dem späten Anfang verschob sich das Ende des Arbeitstags nach hinten.

Für den Heimweg erwischte ich keine Regenpause, unterm Schirm und mit Pfützenslalom machte er keinen rechten Spaß. Herr Kaltmamsell war in den letzten Zügen der Abendessensvorbereitung: Rotes Thai-Curry mit GEKAUFTEM Brokkoli und GEKAUFTER roter Paprika. Schmeckte sehr gut, dazu Reis, danach Süßigkeiten.

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Novemberregen schreibt aus ihrem Arbeitsleben über Macht.

Ich erhaschte beim Lesen den Zipfel einer Erklärung, warum ich mich vor allem beruflich immer mehr von Menschen und all diesen Dynamiken zurückgezogen habe, statt dessen einfach meine Ruhe möchte und schlicht genug Geld für mein eigentliches Leben verdienen: Unter anderem weil ich immer weniger weiß, was nach dem Erleben von zu viel Beliebigkeit in der Arbeit richtig wäre, und weil ich zum Beispiel die Frage des Eingangsbeispiels der Sitzplatzverteilung beantwortet hätte mit: “Die, die es sich am meisten wünscht.” Das passt nicht in diese Macht-Mechanik, für die mir ohnehin die Lese- und Interpretationsfähigkeit von Menschlichem fehlt.

Journal Montag, 13. November 2023 – Benimmkurs zu Namen

Dienstag, 14. November 2023

Mal was Neues: Nachdem ich um halb fünf aufwachte, schlief ich zwar wieder ein, geriet aber in einen Traum, in dem ich derart wütend werden musste (eine edle Schneiderei weigerte sich, einen Chanel-Rock aus schwarzem Tüll mit grünem und weißem Unterstoff zu kürzen, den ich sehr günstig second-hand erjagt hatte, der sei es nicht wert), dass ich geradezu schnaubte, als der Wecker klingelte.

Draußen Regenprasseln.

Jetzt führe ich Ihnen mein neues Winterkleid vor, das ich Ende September in dieser Boutique am Isartor kaufte.

Einmal in der sonntäglichen Ausgehversion zum Familientreffen.

Einmal in der Büroversion mit warmem Unterzieh-Rolli, dicken Strumpfhosen und Socken. (Nein, das reichte nicht: nach drei Stunden schlüpfte ich am Schreibtisch zusätzlich in meinen Janker.)

Fußmarsch in die Arbeit in einer Regenpause – ich habe in den letzten Jahren sehr häufig Glück mit Regenpausen. Den ganzen Tag über schüttete es so richtig mit nur seltenen schwächeren Regenphasen.

Mittagscappuccino bei Nachbars, Mittagessen Pumpernickel mit Butter, ein großes Glas vorgeschnittenes Obst (Mango, Orange, Kiwi).

Nach Feierabend in leichtem Tröpfeln nur ein kurzer Abstecher in einen Drogeriemarkt, vor dem nächsten heftigen Regenschauer schnell nach Hause.

Ich freute mich auf eine Runde Yoga-Gymnastik – bis ich feststellte, dass die nächste Folge schon wieder fast ausschließlich aus Schnaufen und Rumliegen bestand. Die übersprang ich dann einfach, die Folgefolge enthielt mehr Bewegung. Anschließend machte ich noch die interessanteren Teile aus der, die eigentlich dran war und kam so auf eine gute halbe Stunde Gymnastik.

Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell den Ernteanteil-Spitzkohl zu einem Krautstrudel nach Katha Seisers Österreich vegetarisch verarbeitet, dazu Schnittlauchrahm – schmeckte ausgezeichnet. Zum Nachtisch Süßigkeiten.

Abendprogramm war die aktuelle Folge Last Week Tonight von John Oliver, ich konnte nicht mit allem mitgehen.

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https://youtu.be/pJ9PKQbkJv8?si=ooiMoXLsRVvllBAt

via @afelia

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Kleine Benimmstunde, liebe Kinder:
Ihr redet gefälligst NIE jemanden mit “Ihren Namen kann ich nicht aussprechen” an!
Nicht privat und schon überhaupt nicht beruflich.

Bis vor wenigen Jahren passierte mir das nie, seither regelmäßig alle paar Monate. Der erste solche Schlag ins Gesicht erwischte mich noch unvorbereitet. Bis dahin kannte ich halt in deutschsprachiger Umgebung, dass mein Gegenüber Schwierigkeiten mit der Aussprache meines Familiennamens zugab oder sich sichtlich drum drückte; für beides habe ich wirklich Verständnis, auf beides reagiere ich mit, wie ich hoffe, charmanter Unterstützung. Doch in einer Vorstellungsrunde übergangen oder telefonisch angesprochen zu werden mit “Ihren Namen kann ich nicht aussprechen” macht mich bis heute sprachlos und verletzt mich. Tun Sie das bitte nicht. Zumal unsere Gesellschaft sich ja in die Richtung entwickelt, dass wir Alteingesessenen immer häufiger auf Mitbürger*innen treffen werden, deren Namen uns vor Ausspracheprobleme stellt.

Vorschlag für einen Telefonanruf: “Hallo, hier $eigenerName! Ich bin unsicher, wie man Ihren Namen ausspricht, helfen Sie mir bitte.”
Vorstellungsrunde: Sehen Sie sich die Teilnehmendenliste vorher an, fragen Sie idealerweise die/den Betreffenden vorher nach der Aussprache von schwierigen Namen. Wenn dafür keine Zeit war: “Könnten Sie sich kurz selbst vorstellen? Dann wissen wir auch gleich, wie Ihr Name korrekt ausgesprochen wird.”
Moderation: Bereiten Sie sich vor, lassen Sie sich von jemandem, der/die es weiß, die annähernd korrekte Aussprache beibringen.

Meine Idee fürs nächste Mal? Da ich es nicht fertigbringe, auf Konfrontation zu gehen (“Was fällt Ihnen ein!” / “Stopp! Das finde ich sehr unhöflich.” – Stopp, weil die Sprechenden gewöhnlich sofort einfach weitersprechen), werde ich am ehesten reagieren mit: “Sagen Sie doch einfach Dingsbums.”

§

Lila macht auf ihrem Blog wieder, was sie so viele Jahre so lebendig getan hat: Sie schreibt über ihr Israel, diesmal mit nur wenig aktuellen kriegerischen Details, über das Israel, in dem sie lebt und das kaum touristisch erschlossen ist. Deshalb:
“Unbesungen”.

§

In der Fliegerei betrachtet man die “time of useful consciousness” – die Zeit, die ein Pilot in einer gegebenen Höhe hat, um auf einen Druckverlust zu reagieren. Nach der Zeit ist man zwar noch nicht tot, aber man ist nicht mehr in der Lage etwas dagegen zu tun, bald tot zu sein.

Quelle

Ich bin ganz sicher, darin steckt eine Metapher fürs Berufsleben allgemein. Wenn nicht sogar für die Psychologie.

Journal Sonntag, 12. November 2023 – Ein Jahr Mastodon

Montag, 13. November 2023

Erfrischt und früh aufgewacht – das war gut, denn ich hatte ein wenig zu tun vor dem Aufbruch nach Ingolstadt. Erst mal stellte ich den Möhrenstrudel fürs vegane Mittagessen fertig und buk ihn, der Ofen meiner Mutter würde ja mit Gänsen besetzt sein.

Wäscheaufhängen, Bloggen mit Milchkaffee, Wasser, Tee.

Problemlose Zugfahrt nach Ingolstadt, vor den Fenstern Holledau in Herbstsonne, kahle Hopfengärten, drumrum Laubbaumfasching.

Es folgten schöne Stunden mit meinen Eltern, den lieben Schwiegers, Teilen der Bruderfamilie, einer Dithmarschen Gans.

Beilagen: Wirsing, Blaukraut, Kartoffelknödel. Nachtisch Rotweincreme.

Der Möhrenstrudel wurde als schmackhaft bezeichnet (war in der Mikrowelle erwärmt worden).

Da Herr Kaltmamsell noch arbeiten musste, brachen wir am mittleren Nachmittag bereits wieder auf. Der Zug zurück nach München war voll, traf aber pünktlich ein. Allerdings regnete es mittlerweile heftig, bis daheim waren wir ordentlich durchgefeuchtet.

Häuslichkeiten, eine Folge Yoga-Gymnastik (anstrengend, endlich mal wieder), Brotzeitvorbereitungen. Abendessen war restliches Linsen-Curry vom Vorabend, Apfelkuchen, Schokolade.

Abendunterhaltung im Fernsehen: Der erste Winnetou-Film Der Schatz im Silbersee. Herr Kaltmamsell erinnerte sich, wie er den als Kind sah, das Erlebnis in hunderten Zeichnungen verarbeitete. Meine Spielkamerad*innen im Wohnblock verarbeiteten durch Nachspielen, und da ich den Film nicht sehen hatte dürfen (Abendprogramm! außerdem war ich wirklich zu klein dafür), musste ich fürs Mitspielen gut gebrieft werden.

§

Ein Jahr nach dem Umzug, weshalb ich mich auf Mastodon mittlerweile so wohl fühle: Weil ich dort das kriege, was ich mir auch auf Twitter geholt habe, dort halt immer mühsamer zusammengestellt aus all den aufgezwungenen Veränderungen. Ich bekomme Einblicke in den Alltag von Leuten, die ich kenne, Alltagsbeobachtungen, oft auch pointiert formuliert, Hinweise auf Lesenwertes, seriöse Welt- und Lokalnachrichten, schöne Fotos, Interessantes – und das nur von Kanälen, die ich selbst abonniert habe und in chronologischer Reihenfolge. Zum Beispiel abgefahrene Threads von Leuten, die viel, viel schlauer sind als ich.

(Nachtrag: Hier sind auch die Drukos sehr interessant. Weiterer Pluspunkt Mastodon.)

Und ich habe mal wieder das Glück, dass ich nicht saublöd, Laune-vermiesend ankommentiert werde. Dazu kommt ganz untwitterig, dass die kleine Instanz, auf der ich meinen Account habe, von jemandem gehostet wird, den ich persönlich kenne und dem ich komplett vertraue, technisch und menschlich.

Dass sich andere von einer Microblogging-Plattform etwas ganz Anderes wünschen, zum Beispiel etwas, was sie bis vor einem Jahr auf Twitter bekamen, ist ja wohl selbstverständlich (empfohlene Inhalte, eine inhaltliche Community zu ihnen wichtigen Themen, Berufskolleg*innen). Was ich vermisse, sind bestimmte Menschen – die sich entweder weiterhin nur auf X äußern,1 oder auf Bluesky aktiv sind, wo mir wichtige Features fehlen, das wieder in den Händen einer zwielichtigen Einzelperson ist und für das man immer noch Einladungs-Codes braucht.

  1. Ich übernehme die Argumentation, die ich vergangene Woche gehört habe, und nenne den Laden “X” – damit maximal deutlich wird, wie wenig er mit dem verblichenen Twitter zu tun hat. []

Journal Samstag, 11. November 2023 – Herbstgebrause mit Freundinnentreffen, Pumuckl-Film und Häuslichkeiten

Sonntag, 12. November 2023

Vorab: Housekeeping. Die Ansicht dieses Blogs auf dem Handy funktioniert derzeit nur eingeschränkt, wir warten auf ein Update des Plug-ins.

Unruhige Nacht mit Störung durch Draußenlärm, Krämpfe, Scharchen mit Vibrationseffekt auf die Matratze und ab vier Uhr Angst (stellen Sie sich das als Gefühl wie Frieren vor), kurz nach sechs gab ich auf.

Draußen gründlich durchmischtes Herbstwetter mit Wind, Wolken in allen Farben, immer wieder Regen.

Geordneter Morgen, denn ich war schon um 10 Uhr verabredet, und zwar im weiter entfernten Café Wiener Platz. Zum Glück hatte ich für die Anfahrt die Öffi-Verbindung frisch recherchiert (eigentlich nur, um die Fahrtzeit einschätzen zu können): Es gab auch an diesem Wochenende Bauarbeiten und Pendelverkehr, meine gewohnte Verbindung hätte es gar nicht gegeben. An Wochenenden ist es in München bis auf Weiteres ratsam, Öffi-Fahrten jedesmal kurz vorher beim MVG nachzuschlagen.

Das war ein sehr schönes Treffen über Cappuccino und Schorle, ich kam mit vielen persönlichen und sachlichen Eindrücken und Informationen raus, aber weil ich eine schlechte Freundin bin, sehe ich diesen Menschen wahrscheinlich auch weiterhin viel zu selten.

Nach Hause ging ich ein größeres Stück zu Fuß, die herbstliche Luft war nicht zu kalt und freute mich. Semmelkauf, am Isartor nahm ich eine Tram.

Mit Herrn Kaltmamsell frühstückte ich um halb zwei Semmeln (für mich eine mit Butter und Wabenhonig, eine mit Butter und Schwarzer Johannisbeermarmelade), dann brachen wir schon wieder auf: Ich hatte Kino-Karten gekauft für Neue Geschichten vom Pumuckl, wir nahmen eine S-Bahn Richtung Museum Lichtspiele.

Der Pumucklfilm selbst: Hmja. Und das obwohl ich wusste, dass er aus den ersten drei Folgen der neuen Fernseh-Serie besteht. Die originale Fernsehserie habe ich als Kind nie gesehen, dafür war ich schon zu alt. Ich bin komplett die Generation Hörspiel-auf-Schallplatte, für mich klingt ja schon Gustl Bayrhammer falsch, weil ich mit Alfred Pongratz aufgewachsen bin.

Im neuen Film fand ich die KI-generierte Hans-Clarin-Stimme großartig, Florian Brückner ist als der junge Eder wirklich gut, und die Szene, in der er dem Pumuckl erklärt, dass der Meister Eder wirklich nicht wiederkommt, rührte mich. Zudem hörte ich in den ersten beiden Folgen mehr Bayrisch in München als in meinen gesammelten 24 Jahren Wohnen hier (brutal übertrieben). Aber ich hatte bereits vergessen, dass in Kinderfilmen die meisten schmerzlich schlecht schauspielen (ob Schuld von Regie oder Darsteller*innen, weiß ich nicht).

Dann wieder: Extra Pluspunkt für das schöne Detail, dass die Polizistin nach einer Wasserbomben-Attacke des Kobolds realistisch verlaufene Wimperntusche hat. Und ich fand es herzerfrischend, zwischen Kindern im Kino zu sitzen – die zum Teil an völlig unerwarteten Stellen loslachten.

Hier der Trailer.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/7Ofee7jwc1M?si=LDb3ELksq08vUcpq

Obwohl der Wind uns immer wieder Regentropfen entgegenwarf, gingen wir zu Fuß nach Hause.

Daheim eine Runde Geschäftigkeiten. Ich bügelte alles weg, hörte dabei ein Interview aus der Reihe “Ferngespräche” von Radioeins:
Holger Klein spricht mit ARD-Korrespondentin in Madrid, Franka Welz.

Sehr interessant und frisch erfuhr ich Hintergründe der aktuellen Regierungsbildung in Spanien, über die offizielle Haltung zu Ukraine und Nahost-Krieg, Umgang mit Klimawandel, Immigration, Mobilität, Stand des Sepratatismus’.

Am Sonntag sind wir zur Martinsgans bei meiner Mutter eingeladen, weil das in großem Familienkreis stattfindet, ist eine vegane Alternative notwendig: Ich übernahm die Vorbereitung eines Möhrenstrudels mit Weißem-Bohnen-Mus als Beilage.

Als Aperitif rührte ich uns Negronis, fürs Nachtmahl sorgte wieder Herr Kaltmamsell: Auberginen-Lamm-Curry mit Roten Linsen.

Ausgesprochen köstlich. Nachtisch Apfelkuchen und Süßigkeiten.

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Der Guardian hat eine neue Rubrik zu Wellness:

Well Actually (…) aims to bring some healthy scepticism to an industry prone to consumerism, misinformation and goals that can feel unattainable.

Heißt es im Newsletter dazu, die Rubrik soll also einen skeptischen Blick auf eine Industrie werfen, die zu Konsumerismus neigt, zu Falschinformation und zu Vorgaben, die sich unerreichbar anfühlen können.

Ich empfehle gleichmal die erste Folge der Kummerkastentante Jessica DeFino (die man wohl in der Beauty-Influencer-Szene kennt?): “Ask ugly”.
“Should you be getting Botox? Welcome to Ask Ugly, our new beauty column!”

Stretch marks are now “warrior marks” or “earned stripes”. Wrinkles are now “signs of wisdom”. I saw an influencer refer to her forehead line as “a hard-earned mark of enduring and carrying on” the other day, and I’m sorry to her and the Indigo Girls, but I hate it so much! This “reclaiming” is not better than the original fallacy. It still frames the physical body as a marker of worth and assigns a moral value to a slab of flesh that intrinsically has none.

Wrinkles are not morally bad, and they are not morally good. They don’t mean you’re a worthless old hag, and they don’t mean you’re older and wiser. Wrinkles simply are. They happen. They’re human.

Journal Freitag, 10. November 2023 – Unwillig

Samstag, 11. November 2023

Der Wecker holte mich aus tiefem Schlaf, ich war sehr unwillig darüber, denn ich hatte gerade nach Langem mal wieder von einem interessanten Gebäude geträumt: Um einen Kastanien-bestandenen, asphaltierten Hof (ähnlich dem Schulhof des Reuchlin-Gymnasiums, als ich darin Schülerin war) lagen zwei Stück halbrunde Bauten, höchstens zweigeschoßig, in deutlich unterschiedlichem Stand der Erhaltung, und ich überlegte, wie ich sie für einen Roman verwenden könnte und wie ich in der Schilderung die Fensterfronten gestalten würde.

Diese Unwilligkeit setzte sich mit der fort, dass ich ins Büro gehen musste, dort war ich unwillig darüber, dass ich arbeiten musste, obwohl die Aufgaben des Tages absehbar und durchaus nicht belastend waren, doch dann fiel mir ein, dass all dieser Unwille ja auf den Grund-Unwillen zurückgeht, überhaupt leben zu müssen, zu atmen, zu denken, zu sein. So rang ich mich zum täglichen “Da muss ich halt durch” durch.

Ruhige Emsigkeit mit einer großen Tasse Schwarztee (builders tea mit viel Milch und Zucker, der bei mir halt Süßstoff ist), dann einer Kanne Kräutertee. Nachdem ich beim Querprobieren von Kräutertees bislang immer nur Bestandteile entdeckte, die ich nicht mag (alles Lakritzige, Minze nur sortenrein, Anisnoten), lerne ich vom aktuellen “Blütenzauber” vom Wurzelsepp, dass ich Kamille liebgewonnen habe: Mag ich in dieser Mischung, ebenso schnuppere ich in letzter Zeit Kamillenblüten beim Wandern wohlig hinterher. Bis vor ein paar Jahren verband ich damit nur Kindheitserinnerungen mit Krankheit.

Trotz regendrohlichem Wetter zog es mich raus auf einen Mittagscappucino. Wurde ein schöner Spaziergang in angenehmer Luft, erst auf dem letzten Stück des Rückwegs erwischten mich ein paar Tropfen.

Zu Mittag gab es einen Glockenapfel: Eher mehlig (das kegelt die Sorte vermutlich für die meisten raus) dafür überraschend säuerlich, stelle ich mir gut für Apfelmus und Kuchen vor.
Dann noch einen Pinova, maximal anders. Zudem gab es Kiwis mit Sojajoghurt. Ich hatte befrüchtet, dass das als Mittagessen zu wenig substanziell sein könnte, hielt mich aber erstaunlich lange satt.

Nach Feierabend, der Unwille richtete sich mittlerweile auf all die Termine und Verpflichtungen am Wochenende, spazierte ich im Trockenen über Süßigkeiteneinkäufe beim Discounter nach Hause, genoss die nicht zu kalte Herbstluft.

Daheim buk ich erst mal gestürzten Apfelkuchen.

Die Sorte Pinova stellte sich als doch nicht ideal heraus: Wurde beim Backen gummig statt mürbe.

Auf die Runde Yoga-Gymnastik während der Backzeit freute ich mich besonders – und geriet dann an eine besonders schlimme. Folge 10 von Adrienes Home besteht zu 90 Prozent aus beliebig besinnlichem Gelaber (Sie erinnern sich an die Lehrerinnenstimme in Peanuts? so kommt das bei mir an), es gibt wenig, was mich so verlässlich aggressiv macht (falls Sie mich also mal ganz schnell auf die Palme bringen wollen). Ich spulte vor bis zu den zwei wirklich gymnastischen Bewegungen und war (noch mehr) verstimmt.

Erhoffte Entspannung durch Alkohol: Nochmal Cosmopolitans, diesmal wieder nach unserem Standard-Rezept (für zwei: 12 cl Wodka, 6cl Triple Sec, 2 Teel. Limettensaft, 6cl Cranberry-Saft), aber eben mit Zitronen-Wodka.

Undrappiert.

Der Zitronen-Wodka war eine willkommene Abwandlung, doch ich hatte das Bedürfnis nach mehr Cranberry-Saft und goss auf.

Zum Nachtmahl teilten wir uns ein wunderbar marmoriertes Kuh-Kotelett, dazu gab es Ernteanteil-Spinat, und ich machte den restlichen Zuckerhut als Salat an. Wein dazu ein Muskat Ottonel von Paul Achs – den wollte ich halt probieren, auch wenn er sehr wahrscheinlich nicht zum dunklen Fleisch passen würde. War dann gar nicht zu deneben mit seiner leichten Bitterkeit hintenraus. Nachtisch lauwarmer Apfelkuchen, Schokolade. Früh ins Bett.

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Lila über die Nachrichtenquellen und -lage in Israel:
“Vom Aus- und Anschalten”.

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Warum auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier es mal lieber gelassen hätte, von Arabisch-stämmigen als gesamter Bevölkerungegruppe eine Distanzierung von der Hamas zu fordern – hier erklärt Yassin Musharbasheiner als einer davon, was das bei ihm auslöst.
(Nicht die Drukos lesen.)

(Entlarvendes Gegenbeispiel: Haben sich schon alle Christ*innen von der sexuellen Gewalt ihrer Priester distanziert?)