Journal Dienstag, 19. Dezember 2023 – Ertragene und gemiedene Geselligkeiten
Mittwoch, 20. Dezember 2023 um 6:24Nahezu durchgeschlafen, ich wachte erst um fünf zum Klogang auf. Und schlief dann bis zum Weckerklingeln nochmal ein.
Jetzt leuchtet er endlich, der Stern oben im Turm von St. Matthäus.
In die Arbeit fuhr ich unter wolkenlosem Himmel mit dem Rad: Ich hatte vor zehn Tagen nochmal einen Anlauf unternommen, online einen der als frei angebotenen Termine für die dritte FSME-Impfung in der Hightech-Hausarztpraxenkette nach Feierabend zu buchen – der keine 24 Stunden nach Onlinebuchung (da kann mir niemand mit Akutpatienten und Personalausfall durch Krankheit als Erklärung kommen) auf gestern Mittag verlegt worden war. Diesmal hatte ich mit einer E-Mail mit Betreff “Beschwerde” reagiert und mich beschwert, doch nach einer wirklich glaubhaft entschuldigenden Antwort hattte ich ein schlechtes Gewissen wegen meiner Ungeduld.
Um 8:35 Uhr klingelte gestern mein Handy: Die Praxis sagte den Termin ab, ob es auch am Donnerstag ginge. Fortschritt: Ich hatte diesmal nicht kommentarlos einen geänderten Termin zugeschickt bekommen. Immer noch Missstand: Ich komme einfach nicht zu diesem allerletzten Kontakt mit der Hausarztkette (hatte geplant, bei dieser Gelegenheit auch Rezepte für meine beiden chronischen Medikamente zu holen und mir dadurch mindestens ein halbes Jahr Zeit für die Suche nach einer Nachfolge-Praxis zu verschaffen). Nächster Terminversuch in der ersten Januarwoche, da habe ich noch frei, meine Hoffnungen sind überschaubar. Und ich war eine Weile durch empörtes Schnauben von der Arbeit abgelenkt.1
Anstrengender Arbeitsvormittag, ich musste Dinge weiterbringen, zu denen mich niemand drängt, für die sonst niemand verantwortlich ist, die nicht so richtig Spaß machen, für die ich andere brauche (die ich zum Teil noch nicht mal gefunden habe), die noch nicht brennen – die der Abteilung aber mittelfristig ungeheuer um die Ohren fliegen, wenn ich sie nicht vor Weihnachten halbwegs abstimmungsreif abgeschlossen habe. Gleichzeitg schüttle ich den Kopf darüber, dass ich mich so anstelle. (Um mit der großen novemberregen zu sprechen: “Entschuldigung, ich bin beim Schreiben kurz eingeschlafen, weil mich diese Kryptik langweilt.”)
Außerdem Menschliches, das verhinderte, dass ich über Mittag auch ohne Arzttermin raus in die Sonne gekommen wäre – nicht nur zeitlich, sondern auch energetisch: Von zu vielen runtergeschluckten, weil komplett unangebrachten Widerworten bekomme ich Kopfweh. Ich sag doch, dass ich Geselligkeiten nicht vor allem wegen der anderen Menschen meide, sondern weil ich mich dabei nicht ertrage.
Am späteren Mittag dann doch genug Appetit, die mitgenommenen Avocados und die Scheibe selbstgebackenes Brot zu essen.
Ab nachmittags im Innenhof Weihnachtsfeier des Standorts, ich freute mich für die Feiermöger, schon auch über die fröhliche Geräuschkulisse im Gebäude, als so viele gleichzeitig nach draußen zogen.
Bei mir am Schreibtisch reichlich Emsigkeit, es wurde eher spät.
Mit dem Radl (grrrr!) zu ein paar Einkäufen; ich radelte die Autoverkehr-verstopfte Schwanthalerstraße runter, beobachtete waghalsige Manöver anderer Radler um die bis zu dreispurigen Autos herum. Mir wurde bewusst, wie viel weniger ich mich mit anderen Verkehrsteilnehmenden auseinandersetzen muss, wenn ich zu Fuß unterwegs bin: Solange ich mich an grundlegende Verkehrsregeln halte wie die, nur bei Grün über Straßen zu gehen, kann ich fast durchgehend meinen Gedanken nachhängen und gelassen interessiert rumgucken.
Daheim Yoga-Gymnastik (mal wieder Mady Morrison), zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell aus dem Ernteanteil-Kürbis das wunderbare Curry aus Immer schon vegan von Katharina Seiser zubereitet, dazu statt Roti Naanbrot.
Früh ins Bett zum Lesen von Alan Rickmanns Tagebuch. Das Buch hat viele Fußnoten (Rickman erwähnt ja ständig irgendwelche erklärungsbedürftigen Namen), und diese überzeugen mich davon, dass E-Books auch weiterhin von der Print-Industrie produziert werden, die damit jeden und jede vom E-Book-Lesen abbringen will. Ein Klicken/Tipper auf die Fußnotenziffer führt nämlich keineswegs zur Fußnote, sondern im besten Fall auf irgendeine Seite in der Nähe. Ebenso ungefähr ist der Sprung beim Tipper zurück. Dabei kann selbst mein low-tech Blog Fußnoten, die sich beim Mouse-over in einem kleinen Kästchen auf der Seite als Overlay öffnen – erzählt mir nicht, das sei bei E-Books zu aufwändig.
§
Sessellift-Volkssingen – was für eine wundervolle Idee!
via @cucinaaufreisen
- Sehen Sie: Wie unglaublich praktisch so ein Blog ist! Könnte ich mich nicht hier aufregen, müsste ich mir jemanden in meiner Atemluft-Umgebung suchen, sie mit diesen Nichtigkeiten belästigen, sie aufhalten, ihnen vielleicht die Laune eintrüben. Sie hier wiederum sind freiwillig hergekommen, und wenn Sie das Thema nicht interessiert, lesen Sie es einfach nicht. [↩]
10 Kommentare zu „Journal Dienstag, 19. Dezember 2023 – Ertragene und gemiedene Geselligkeiten“
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20. Dezember 2023 um 6:42
“Ich sag doch, dass ich Geselligkeiten nicht vor allem wegen der anderem Menschen meide, sondern weil ich mich dabei nicht ertrage.”
Dieser Satz war gerade sehr augenöffnend für mich. Hallt absolut wider.
Danke!
Als Fahrradfahrer den zur Verfügung stehenden Raum ständig mit dem Alpha-Predator Auto teilen zu müssen, sorgt bei mir für stetiges Beute-Stresslevel. Reine (räumlich von der Auto-Fahrbahn getrennte!) Fahrradwege sind so entspannend! Obwohl ich als Oldschool-Radfahrer immer öfter von fast lautlos und knapp überholenden E-Bikern erschreckt werde, was auch nicht so toll ist. Ich leiste mir zu meinem Seelenfrieden die Illusion, dass eine Kollision mit einem solchen ja nicht sooooo schlimm sein kann.
20. Dezember 2023 um 7:00
Die Marien-Apotheke am Sendlinger-Tor-Platz impft (falls es mit dem Hausarzt wieder nicht klappt).
20. Dezember 2023 um 7:04
Hier gibt es auch immer mehr abgetrennte Radwege (leider immer noch nicht zu wenig). Die E-Biker sind nicht so das Problem, eher die E-Scooter und andere Kräder – bis zu Harley, die mich mal auf dem Radweg bedrängte. GRRRR!!!
20. Dezember 2023 um 7:29
Die Ebooks sind bei Fußnoten sehr unterschiedlich. Sowohl die Reader als auch die einzelnen Dateien.
Auf dem Kindle hat das oft sehr gut funktioniert, die Fußnote wurde angezeigt und ließ sich dann wieder schließen.
Auf dem Pocketbook springt man in den Fußnotenteil, kann sich dort die richtige Fußnote heraussuchen und der Rücksprung wird angeboten und funktioniert meistens. (Vorausgesetzt, man hat nicht im Fußnotenteil blättern müssen.)
Radfahren ist eine stete Quelle der Freude an den Mitmenschen. Ich habe gestern wohl einen Herrn erschreckt, der mein Klingeln ignorierte, meine starke Lampe nicht sah, meine Ansprache ignorierte, stur mittig auf dem Radweg fuhr und sich dann lautstark aufregte, als ich mich vorbeiquetschte. Also falls jemand fragt, ich bin genauso schlimm wie die Sch…Busse. :-)
Dafür haben am gleichen Tag zwei Autofahrer an Einmündungen mich extra durchgelassen.
20. Dezember 2023 um 13:39
Darf ich fragen, ob das Tolino ist?
20. Dezember 2023 um 15:02
Das “empörte Schnauben” fand ich ja an sich schon allerliebst, aber erst mit dieser raffinierten Fußnote! Hatte mir die Stelle extra gemerkt, um dann unten angekommen den Fußnotentext zuordnen zu können, aber beim E-Book-Vergleich auf halber Strecke musste ich natürlich nach oben umkehren und das praktische Feature genießen.
[Aber Sie haben ja auch ein Blogheinzelmännchen.]
Made my day :))
Diese Hausarztpraxis ist unmöglich, schnaube fast mit.
20. Dezember 2023 um 15:18
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Gerne gelesen
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20. Dezember 2023 um 15:35
Ich lese im Browser, Thankmar, es handelt sich um ein Buch aus der Stadtbibliothek (Alternative wäre Smartphone).
20. Dezember 2023 um 17:56
Das glaube ich nicht. Eher Corona und/oder Grippe!
Hier kann man nachschauen, welche Apotheke o.g. Impfungen durchführt und noch einiges mehr: https://www.apoguide.de/
21. Dezember 2023 um 7:18
Vielen Dank, da habe ich dann leider keinen Tip, werde mir das mit den Fussnoten aber mal anschauen.