Archiv für Januar 2024

Journal Mittwoch, 24. Januar 2024 – Vom Regen in die U-Bahn geweht

Donnerstag, 25. Januar 2024

Morgens öffnete ich die Fenster zu definitiv für Januar zu warmer Luft. Auf dem Weg in die Arbeit war mir meine Winterjacke viel zu dick.

Mittagscappuccino bei Nachbars, ich ging hemdsärmlig hinüber. Es windete heftig, beim Mittagessen (Apfel, Grünkohleintopf vom Vorabend) war ich bereits wieder leicht genervt vom Pfeifen, Brausen, Rauschen.

Im weiteren Verlauf des Nachmittags setzte Regen ein. Der wurde bei fortdauerndem Wind immer stärker und warf sich gegen das Bürofenster. Der Regenradar zeigte an, dass das Gebiet bis weit nach Feierabend regnen würde.

Ich hatte geplant, nach der Arbeit in die Innenstadt zu spazieren und Kräutertees zu kaufen, doch bei diesem heftigen und windigen Regen würde das keinen Spaß machen. Möglicherweise zum ersten Mal nahm ich die U-Bahn nach Hause, mit Umsteigen am Hauptbahnhof, denn selbst bis zur Bushhaltestellte für eine deutlich schönere und direkte Busfahrt wäre ich nass geworden.

Die ungewöhnlich frühe Heimkehr konnte ich ja für die Erledigung einer Rentenversicherungsgeschichte nutzen – dachte ich. Doch erledigt bekam ich nicht mal den ersten Schritt, einen kurzen Anruf zur Klärung eines Details: Nach einer vollen Stunde in der Warteschleife (nebenher Wäsche zusammengelegt, mich abgeschminkt, Pflanzen gegossen, Blogposts bei VG Wort einkopiert, Ferienwohnungen in Berlin zur re:publica recherchiert – die Preise sind wirklich unerhört) gab ich auf. Da ich sonst große Anstrengungen unternehme, auf anderen Wegen als per Telefon Dinge zu erledigen, bin ich sowas nicht gewohnt.

Dann war auch schon Zeit für Yoga-Gymnastik, es gab was auf die Bauchmuskeln.

Zum Nachtmahl (Ernteanteil war bereits aufgegessen) machte Herr Kaltmamsell Dirty Martini Pasta: Das Rezept hatte ich ihm zugeworfen, nachdem ich es bei Mequito entdeckt hatte. Er verwendete schwarze Oliven statt grüne, das Ergebnis schmeckte ausgezeichnet. Nachtisch Schokolade.

Ich stolperte auf arte über den Film “Tagebuch eines Skandals” mit Judi Dench und Cate Blanchett und freute mich – um zu merken, das ich die Aufmerksamkeit dafür nicht aufbrachte, auch wenn Judi Dench schon in den wenigen Szenen, die ich mitbekam, großartig spielte. Herr Kaltmamsell war ohnehin bereits hustend und keuchend erkältet in seinem Bett verschwunden.

Also wechselte auch ich ins Bett zum Lesen (wofür ich anscheinend weniger Aufmerksamkeit brauche, ich versank eine Stunde lang in Poor Things).

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Hin und wieder gestehe ich ja mein schlechtes Gewissen, dass ich von Finanzplanung und Investitionen so gar keine Ahnung habe, nicht mal Interesse dafür aufbringe.
Doch derzeit denke ich dann an all die Finanz-Superchecker*innen, die meisten sogar von Berufs wegen, die das mit Signa/Benko verkackt haben. Und dann geht’s wieder.

Gestern die Seite Drei der Süddeutschen (€):
“Was von allem übrig bleibt”.

Es gehören halt immer zwei dazu: Einer, der blendet, und einer, der sich blenden lässt. Und Benkos Blendwerk war vom Feinsten. Allem voran die Yacht Roma, 62 Meter reinster Luxus mit Indoor-Pool und Kino, meist schipperte sie vor Cannes herum. Betriebskosten 12 000 Euro, am Tag. Hier urlaubte Benko nicht, hier arbeitete er, etwa wenn Mipim in Cannes war, eine der größten Immobilienmessen der Welt. Hierhin lud er auch schwierige Geschäftspartner ein, um sie zu beeindrucken, Großgläubiger, die er von seiner Solvenz überzeugen wollte.

Sowas funktioniert außerhalb von schlechten Filmen und Martin-Suter-Romanen?!

Nachtrag: Am Sonntag hatte ich ja auch das passende Foto dazu in der Münchner Kaufingerstraße aufgenommen:


Journal Dienstag, 23. Januar 2024 – Noch ein Winterdienstag

Mittwoch, 24. Januar 2024

Bessere Nacht, bei einem Aufwachen musste ich mich allerdings mit der Erkenntnis auseinandersetzen, dass erst Montag vorbei war, bei einem weiteren fiel mir ein mögliches mittelschlimmes Versäumnis in der Arbeit ein (ich hatte einen Termin nicht nachgeprüft, im Büro stellte sich heraus, dass er unkritisch liegt).

Draußen viel Wind, aber nicht nervig sturmlaut. Da ich ja schon am Vorabend geduscht und Haare gewaschen hatte, ging die Morgentoilette fix, und ich kam früh aus dem Haus. Draußen neben Wind Düsternis und vereinzelte Regentropfen.

Über den Vormittag regnete es aber heftig. Was ein Glück, dass die Wolken sich pünktlich zu meinem Mittagscappuccino-Impuls verzogen, ich marschierte raus ins Milde.

(2024 ist übrigens, wenn ich den Regenradar checke, ob es sich lohnt, das Bürolicht auszuschalten.)

Später gab es am Schreibtisch als Mittagessen eine Orange, Joghurt mit Quark. Büro-Nachmittag mit viel Stillarbeit.

Auch der Heimweg war trocken, nicht zu gruslig mild. Beim Vollcorner füllte ich unsere Vorräte an Milch, Milchprodukten und Obst auf.

Zu Hause eine Runde Yoga-Gymnastik. Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell aus Ernteanteil-Grünkohl, -Kartoffeln, -Karotten, -Sellerie, -Zwiebeln Eintopf gekocht, auf meinen Wunsch mit Linsen, und ich hatte noch Räuchertofu mitgebracht, den er reinschnitt.

Das Ergebnis war vielleicht nicht das hübscheste (Eintopf halt), aber ausgesprochen schmackhaft – und zufällig vegan. Die Linsen dickten den Eintopf gut an, das Räucheraroma machte sich ausgezeichnet.

Herr Kaltmamsell verabschiedete sich ungewöhnlich früh ins Bett: Der ärmste wird schon wieder von Erkältungssymptomen gebeutelt und hustet, das ist nur wenige Wochen nach der jüngsten einer Reihe von Erkältungen nicht fair. Er war doch immer der gesunde!

Im Bett las ich weiter in Alasdair Gray, Poor Things – das ich lediglich als Kuriosität in Erinnerung hatte, doch das sich als richtig gut herausstellt, auf vielen unerwarteten Ebenen.

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Mal wieder eine Foto-Rückschau:

Januar vor zehn Jahren.

Januar vor 20 Jahren, auf Geschäftsreise im nordenglischen Stockport.

Journal Montag, 22. Januar 2024 – Schwimmabenteuer nach Feierabend

Dienstag, 23. Januar 2024

Unruhige Nacht, ich wäre jetzt wieder für eine gute bereit.

Nach Weckerklingeln erstmal Haushaltsgeschäftigkeiten: Spülmaschine ausräumen, getrocknete Wäsche verräumen.

Ich verließ das Haus mit vollem Rucksack: Plan war eine Schwimmrunde nach vorgezogenem Feierabend. Ich habe nämlich das Bedürfnis nach einer Sporteinheit zusätzlich zum Wochenende, für Laufen ist es mir vor und nach der Arbeit zu dunkel, und das Olympiabad zeigt bei Google spätnachmittags am Montag die geringste Belegung unter der Woche an (wohl weil die Bewegunsbedürftigen sich am Wochenende ausgetobt haben und erst am Dienstag mehr brauchen).

Theresienwiesendrama (Bildausschnitt dem Umstand geschuldet, dass ein Zaun die Sicht behinderte und ich zwischen engstehenden Stäben durchfotografieren musste).

Erst im Büro erfuhr ich vom angekündigten Bahn-Streik – weil er einige Pläne/Veranstaltungen zerschießt.

Wie immer Montagvormittag viele Besprechungen. Eine davon verhinderte meinen Mittagscappuccino – nicht schlimm, ich hatte eh keine rechte Lust.

In MS Teams baute ich ein neues Hintergrundbild ein.

Trotz massivem Ausmisten um den jüngsten Auszug herum gibt es in unserer Wohnung noch so viele Bücherwände, dass ich alle paar Monate wechseln kann.

Als Mittagessen gab es Hüttenkäse sowie vorgeschnippelte Mango und Orange.

Draußen verdüsterte sich das milde Wetter wie angekündigt, es gab Regen. Doch ich schaffte es tatsächlich, schon um vier Feierabend zu machen und mit der U-Bahn zum Olympiabad zu fahren.

Nach wenigen Bahnen musste ich umziehen: Auf der von mir beschwommenen begann Vereinstraining. Auf der nächsten wurde es sehr schnell sehr voll. Und das waren alles Leute, die nicht zum Schwimmen hier waren, sondern zum Trainieren, die meisten wechselnd bewaffnet. Das Ergebnis war ein Gemetzel, als schlichte Bahnenzieherin fühlte ich mich sehr wie ein störender Fremdkörper. Aber natürlich zog ich meine 3.000 Meter durch, ich hatte gezahlt, und die (weil abends) befürchteten Krämpfe blieben aus. (Bis auf die letzten 150 Meter, ABER DAS WOLLTEN WIR JA MAL SEHEN!)

Das mache ich nicht nochmal, ich verließ das Olympiabad mit unterirdischer Laune und Aussicht auf eine blaue rechte Hand (durch mein Bemühen, immer überholbar weit rechts zu schwimmen und resultierendes Kollidieren mit Bahnbegrenzung). Ich werde halt für Wochentags-Sport bis mehr Tageslicht warten müssen.

Rechts die drei Vereins-Schwimmbahnen.

Draußen regnete es mittlerweile energisch und windig. Kapuze hoch und grimmig zur U-Bahn marschiert.

Daheim hatte Herr Kaltmamsell schon Abendessen gemacht: Gänsefleisch-Gröstl, Blaukraut, Nudeln und Bratensauce – großartig. Nachtisch Schokolade.

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Zu Irritationen auf Demos schickte mir @elbwiese den Link zu einem Thread mit Tipps.

Beeindruckendstes Foto der Münchner Demo “Gemeinsam gegen rechts”.

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novemberregen zum Thema Heiratsantrag:
“21. Januar 2024”.

Ich bin erleichtert, dass sie das auch so sieht:

Wenn Sie 100% sicher sind, dass die andere Person auf einen Antrag wartet, warum muss sie dann überhaupt darauf warten, was ist das für ein Machtspiel? Warum wird das denn nicht partnerschaftlich besprochen, was die jeweiligen Vorstellungen sind und warum sie so sind.

Denn ich bekam erst kürzlich (in größerer Runde) wieder die Situation erzählt, dass sie nach jahrelangem überzeugten Zusammenleben als Hetero-Paar ohne Ehe aus einem Anlass heraus dann doch gerne heiraten wollte. Mein Einwurf: “Und dann hast du ihm das vorgeschlagen?” erntete rundum aufgerissene Augen und von der Erzählerin ein “NIE! MALS!” An diesem Punkt stieg ich komplett aus, diese Art von Partnerschaft ist so weit weg von meiner, dass ich innerlich ausstieg (und die Erzählerin steht mir nicht nah genug, dass ich so lange nachfragen konnte, bis ich ihr Konzept verstand).

Journal Sonntag, 21. Januar 2024 – Eine riesige, sehr kurze Demo gegen rechts

Montag, 22. Januar 2024

Etwas unruhige Nacht, aber bis zum Sieben-Uhr-Läuten geschlafen.

Wieder ein Tag mit Plänen, der aufziehende Sonnenschein freute mich sehr. Herr Kaltmamsell sorgte mit seiner Jahresproduktion Orangenmarmelade dafür, dass die Wohnung herrlich duftete.

Nach Bloggen, Milchkaffee, Wasser, Tee verließ ich das Haus schon vor zehn zum Laufen. Ich nahm meine Mehr-Netto-vom-Brutto-Route durch den Alten Südfriedhof, den ich dieser Tage wieder offen gesehen hatte.

An den Wegesrändern gestapelter Schneebruch.

Anhaltende Freude über die Sonne, auch wenn sie mich auf Schnee immer schmerzlich blendet – ich hatte zum Glück an meine Sonnebrille gedacht. Und es war gerade nicht zu kalt, ich konnte ohne schmerzende Lungen atmen. (Dass mir über meine anderthalb Stunden Lauf viermal Männer mit nackten Beinen joggend entgegen kamen, nahm mich allerdings ein wenig mit.)

Mehr Schneebruch bei Maria Einsiedel.

Wenn ich diesen Weißdorn links regelmäßig in Blütenpracht fotografieren kann, dann auch mal in winterlicher Kargheit.

Abschließend kaufte ich noch Semmeln. Die gab es daheim schon um halb eins zum Frühstück, außerdem einen Apfel.

Strumpfhose unter Jeans, dicksten Wollpulli über Thermo-Rolli, Mantel, Schneeschuhe, Mütze, Ski-Fäustline: Kurz nach eins spazierte ich mit Herrn Kaltmamsell Richtung Siegestor zur Demo “Gemeinsam gegen rechts”, wir überließen die sicher raren U-Bahn-Plätze denjenigen, die von weiter her anreisten. Wir kamen auch nur bis ca. 250 Meter vors Siegestor, ab hier war vor uns voll. Ich sah Menschen aus wirklich allen Altergruppen, das war sehr, sehr schön. Ohnehin: Dass die Organisator*innen diese Veranstaltung innerhalb einer Woche hochgezogen haben, ist wirklich unglaublich, allerhöchster Respekt.

Und dann musste die Veranstaltung bereits nach 45 Minuten abgebrochen werden: Mit laut Veranstaltungsleitung 250.000 Menschen war es zu voll (die Polizei zählte 100.000 Teilnehmende), das Sicherheitsrisiko zu groß. Das fand ich vor allem deshalb schade, weil ich gerne mehr Redner*innen gehört hätte; bis dahin hatten mir einige Wortmeldungen unangenehm aufgestoßen.
– “Ganz München hasst die AfD” war nicht mein Sprechchor, denn ich hasse die AfD nicht, ich lehne sie durch und durch ab. Hass hat in der Politik, die ich mir wünsche, überhaupt keinen Platz.
– Vom “Die Ampel-Regierung ist auch nicht besser, na ja, ein bisschen” der Band Kafvka distanziere ich mich energisch: Meiner Überzeugung nach sollen diese Demos gegen rechts die Landes- und Bundesparlamentarier*innen in ihrem Kampf gegen rechts unterstützen, sollen ihnen zeigen, dass sie nicht allein sind. Wer ihre Arbeit nicht grundsätzlich wertschätzt (das schließt ja Kritik nicht aus), denkt nicht demokratisch.

Dass eine Frau mit einem Schild “before Zionism there was peace” vor mit vorbeiging, beunruhigte mich ebenfalls. Jetzt bin ich ja eher Demo-Neuling: Muss ich sowas in Kauf nehmen und bin nur überempfindlich? Ansonsten sah ich fast nur fröhliche und positive Schilder.

Nach Abbruch der Veranstaltung wurde es ungemütlich: Die Menge, in der ich stand, zerstreute sich nicht. Ich wollte Richtung Odeonsplatz abgehen, doch kurz vor der Schellingstraße steckte ich fest, es bewegte sich 25 Minuten lang gar nichts (immer wieder Durchsagen der Veranstaltungsleitung mit der Bitte, über Nebenstraßen und den Englischen Garten abzugehen, mit Hinweisen, dass die Veranstaltung abgebrochen worden war – es kamen wohl immer noch mehr Teilnehmer*innen nach, unter anderem, weil sie es in überfüllten Öffis nicht bis zum Siegestor geschafft hatten).

Und es wurde immer enger, da von links und rechts Leute dazukamen, die glaubten, auf der anderen Seite ginge es besser, und die dann ebenfalls stehenbleiben mussten, und zwar mittendrin. Gerade als mein Gesamtsystem mit der Idee spielte, dass Panik die angemessene Reaktion sein könnte, lichtete sich der Haufen ein wenig und es ging in Minischritten weiter.

Das Resultat formulierte @abspann gut:

Was dann allerdings sehr charmant war: Als ich durch die Innenstadt mäandernd nach Hause spazierte, sah ich immer wieder Spaziergänger*innen mit Demo-Schildern noch in der Hand.

Herr Kaltmamsell hatte es nur wenig vor mir nach Hause geschafft und arbeitete bereits am Sonntagsessen: Gänsebraten!

Ich las, hängte Wäsche auf, turnte ein wenig Yoga-Gymnastik, bereitete meine Bürobrotzeit für Montag vor. Dann gab’s: Gans satt.

Sie war hervorragend geraten, außen knusprig, innen zart und saftig. Wir hatten zwar auch noch übriges Blaukraut von Weihnachten aufgetaut, aber davon probierten wir eigentlich nur. Schokolade zum Nachtisch ging aber noch.

Dann traf auch noch die Nachricht ein, dass meine Unterkunft in Klagenfurt zum Bachmannpreis steht – schöner Wochenendabschluss.

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Demokratie ist anstrengend. Die Süddeutsche hat den Bürgerrat begleitet, der Empfehlungen zur Ernährungspolitik erarbeitet hat, und dessen Mitglieder das selbst im Kleinen erlebten und lernten (€):
“Herr Schreiber lernt Politik”.

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Immer wieder geistert unter Eltern die Ansicht, Lehrer*innen hätten die gesetzliche Verpflichtung, sich politisch neutral zu verhalten. Lehrerblogger Bob Blume sieht sich die Hintergründe genauer an:
“DISKUSSION: Müssen Lehrkräfte politisch neutral sein?”

Journal Samstag, 20. Januar 2024 – Die Münchner Post-Moderne*

Sonntag, 21. Januar 2024

Nach reichlich und gutem Schlaf um halb sieben aufgewacht – eine optimale Kombination für diesen Samstag, denn ich hatte Pläne.

Erst mal mein Bett abgezogen, Waschmaschine gestartet. Dann Bloggen über Milchkaffee. Derzeit verwende ich dafür spanischen torrefacto (mezcla 50%), und der haut wieder ganz schön rein. Ein Kaffeebohnenverkäufer in Madrid hatte mir vor Jahren erklärt, dass das Rösten mit Zucker den Koffeingehalt erhöhe: Mir als Chemie-Nullcheckerin ist der Zusammenhang ein Rätsel, doch auch wenn ich das vergesse, merke ich am Puls sehr bald, was in der Cafetera war. Meine anschließende Riesentasse Schwarztee machte ich deshalb lieber vom Entcoffeinierten.

Bettwäsche zum Trocknen über Türen drappiert.

Draußen strahlte der angekündigte wolkenlos blaue Himmel über angekündigtem klirrenden Frost. Zu meiner Schwimmrunde im Olympiabad nahm ich das Rad, denn die Wege sahen frei aus. So war es dann auch, allerdings war die Fahrt ganz schön zapfig, meine Oberschenkel spürte ich bald nicht mehr (egal, Hauptsache warme Füße).

Im Schwimmbecken war viel los, zweimal stießen zu den ohnehin eher vielen Bahnenzieher*innen auch noch Gruppen, die mal am Rand stehend das Wenden erschwerten, mal in hoher Geschwindigkeit Wellen erzeugte. (Mich hätte ehrlich die Motivation zu Schwimmengehen in einer Gruppe interessiert, denn dass andere durch eine Verabredung zum Schwimmen mehr Druck zur tatsächlichen Umsetzung eines Vorsatzen erzeugen, kann ich ja noch nachvollziehen – aber worin liegt der Vorteil, zu siebt ins Becken zu gehen?)

Ich kam gut zu meinen 3.000 Metern, allerdings fühlte sich der Schultergürtel dabei nicht ganz unbeschwert an. Das Heimradeln war deutlich milder: Jetzt wärmte die Sonne, in den geschmolzenen Pfützen blendete sie auch.

Frühstück um halb zwei: Weißbrot mit Butter, Honig, Mandelcreme, Käse (nicht alles auf derselben Scheibe), Granatapfelkerne, Orange.

Nachmittag im sonnendurchfluteten Wohnzimmer mit einer Runde Bügeln, Lesen der Wochenend-Süddeutschen. Ich turnte nochmal die dehnende Yoga-Gymnastik vom Vortag, diesmal ohne dass gleich eingangs alle Zehen in extended child pose schmerzhaft krampften.

Herr Kaltmamsell kehrte von einem Ausflug zu seinen Eltern zurück, wir machten uns fertig zu einer Aperó-Verabredung am Harras mit liebem Besuch aus Goslar. Dorthin spazierten wir um die Theresienwiese herum, unser Ziel war die Bar Seven, die mir als Teil des schönen Postgebäudes aufgefallen war.

Recherche ergab: Wie das Postgebäude am Goetheplatz ist es von der Moderne des damaligen Leiters der Oberpostdirektion München, Robert Vorhoelzer geprägt, in seine Zeit fällt auch der Bau des Postgebäudes an der Fraunhoferstraße und des Paktzustellamts Arnulfstraße. Laut Wikipedia galt Vorhoelzer den Nationalsozialisten als “Baubolschewist” und ging schließlich nach Istanbul ins Exil, der Eintrag listet weitere Bauwerke auf, die er verantwortete.

Die Bar in dem Vorbau am Harras erwies sich als einladend und geprägt von der Tanzschule im Untergeschoß. Wir bestellten Cocktails unserer Jugend.

Angeregte Stunden mit Austausch von Aktuellem, aber auch mit Erinnerungen an Zeiten in Tageszeitungsredaktionen im vorigen Jahrhundert – unsere Geschichten glichen einander auffallend (wie jemand mal ein Volontariat bekam, weil er Koch gelernt hatte und die jährlich für die Redaktion gemästete Sau verarbeiten konnte). Da wir auf die passende U-Bahn zu lange hätten warten müssen, gingen wir zu dritt noch ein Stück zu Fuß bis zur Poccistraße.

Mittlerweile war es neun und ich hatte sehr großen Hunger. So holte ich mir nach vielen, vielen Jahren am Sendlinger Tor mal wieder einen klassischen Döner. Den aß ich aber daheim und auf dem Teller, machte gut satt. Danach Schokolade.

Heute also Demo.

Mal sehen, ob München die geplante Strecke einfach komplett vollstellt. Nein, all die Demos – die 20-Uhr-Tagesschau sprach gestern von insgesamt mehr als 100.000 Teilnehmenden in ganz Deutschland am Samstag (auf tagesschau.de ist sogar von 250.000 die Rede) – können nicht das einzige Mittel sein (hat doch auch niemand behauptet), aber es ist SO wichtig zu zeigen, wo wir stehen. Vor allem in all den kleineren Städten, in denen Tausende auf die Straßen gehen, dabei vor allem in Ostdeutschland (siehe Erfurt, siehe Luckenwalde). Denn die große Mehrheit hier in Deutschland findet unsere liberale Demokratie super und stellt sich gegen diejenigen, die sie gefährden. Wir haben gelernt aus der eigenen Geschichte, aber auch aus der jüngsten in Ungarn, Italien, der Türkei, den Niederlanden. Und jetzt bitte auch die Bundesregierung.

In der taz fasst Sabine am Orde die Argumente für ein Verbotsverfahren gegen die AfD zusammen, die auch meine sind:
“Auf nach Karlsruhe?”

Die AfD würde ein Verbotsverfahren zur Mobilisierung nutzen und sich als Opfer stilisieren.
Darauf kann man wetten. Nur macht die AfD das völlig unabhängig davon, was De­mo­kra­t*in­nen tun. Deshalb eine Gegenmaßnahme zu lassen, ist ein Verzicht ohne Gegengewinn.

* Wortspiel, weil Postmoderne eigentlich was ganz Anderes ist und ich mit meinen versprengten Bildungsbröseln ja irgendwo hin muss.

Journal Freitag, 19. Januar 2024 – Schnee von verschiedenen Seiten

Samstag, 20. Januar 2024

Gut geschlafen, nachts einmal vom Rumpeln des Schneeräumautos geweckt worden.

Marsch in die Arbeit also wieder im Weißen, zum Glück nicht böse Kalten.

Wir winkten einander zu.

Bei schlechtem Wetter nehme ich gerne den U-Bahnhof unterm Heimeranplatz durch.

Unterwegs sah ich überall leere Parkplätze, sehr wenige Menschen – man hätte einen Feiertag vermuten können.

Auch die Bürogänge einsamer als an Freitagen ohnehin. Ich arbeitete recht konzentriert einiges weg. Bürotemperatur diese Woche übrigens hoch, etwa Blüschen-warm.

Mittags schlüpfte ich zurück in die Schneestiefel, ging einen weiteren Weg zum Cappuccino.

Auferstehungskirche.

Mittagessen am Schreibtisch: Eingeweichtes Muesli/Haferflocken mit Sojajoghurt, Orange.

Nach einsamem, emsigen Nachmittag ließ ich es nicht zu spät werden, noch bei Tageslicht machte ich Feierabend und ging auf Besorgungen (u.a. bestellte Laufhosen bei Tchibo abholen). Es war noch ein paar Grad kälter geworden.

Auf der Theresienwiese hat der Circus Krone Korrektur 25.1.24: der Cirque du Soleil sein Zelt aufgeschlagen.

Daheim die nächste Folge Yoga-Gymnastik: Hauptsächlich Dehnen, und das genau die Bereiche (Sitzen mit schräg ausgestreckten Beinen), die ich nur zentimeterweise dehnen kann.

Bei der Planung des Nachtmahls hatten wir beide festgestellt, dass uns die Lust auf das übliche Freitagsfleisch fehlte, also gab es aus Ernteanteil Ofengemüse (Gelbe Bete, Karotten, Kartoffeln, Zwiebeln, Sellerie) mit restlichem frischen Rosmarin, dazu hatte ich Weißbrot besorgt und machte Petersilien-Schnittlauch-Joghurt. Aperitif davor: Cosmopolitans mit doppelt Cranberry-Saft.

Zum Ofengemüse chilenischer Rotwein, Nachtisch Schokolade.

Wegen großer Müdigkeit früh ins Bett, ich schaffte nicht mal mehr Lesen.

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Dass vor zwei Jahren in der Schweiz der Präsident der eidgenössischen Impfkommission, Christoph Berger, entführt worden war, hatte ich noch am Rand mitbekommen. Dass der Entführer ein deutscher Impfgegner war und weitere Hintergründe stellen sich jetzt als haarsträubend heraus:
“‘Verdammter Impfstoff, dieses Gift!’: Wie die Entführung des Impfchefs wirklich ablief”.

via @fraubruellen

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Immer noch bin ich bestürzt über die Mutter, die mir erzählte, wie sie mit ihrem Grundschulsohn zur Heilpraktikerin ging, weil er “einfach so blockiert” war (= Schulnoten nicht zufriedenstellend) und sie “sein echtes Potenzial freisetzen” wollte. Was die Heilpraktikerin dann auch mit craniosacraler Therapie geschafft habe.

Und so freute mich sehr, dass @willsagen einen wundervollen Song von Fee Badenius über “Sehr gut in gar nichts” postete. Denn: Die beste Version meiner Selbst ist diese.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/nqchJQyWd6k?si=QYPsCIrj1GS34lgn

Menschen sind verschieden: Wenn es Ihnen Freude bereitet, in was auch immer besser zu werden, sogar die Beste – super, ich feuere Sie gerne an! Nur sollte das keine Pflicht sein.

Journal Donnerstag, 18. Januar 2024 – Gänsejagd

Freitag, 19. Januar 2024

Eigentlich gut geschlafen, dann doch erleichtert über das Weckerklingeln gewesen, weil gerade eine Angst-Welle über mir zusammenschlug.

Es war seit dem Schmelzwasser-Vortag noch ein wenig wärmer geworden, ich ging in leichtem Regen in die Arbeit.

Dort ein sehr emsiger Vormittag, vor einem Mittagstermin huschte ich raus auf den Markt, um Käse fürs Abendessen zu besorgen, die für gestern angekündigten 11 Grad Höchsttemperatur hatte es da locker. Der Mittagstermin war dann ein geselliger mit Essen, ich bekam gemüsige Wraps, eine sehr gute Mini-Quiche und Walnussbrot.

Auch der Nachmittag abwechslungsreich: u.a. Info-Veranstaltung online, Unterstützung bei völlig Fachfremdem.

Draußen regnete es energisch, doch als ich Feierabend machte, war die Temperatur so weit gesunken, dass es nass schneite.

Auf dem Heimweg beteiligte ich mich an der Gänsejagd, die ich mit Herrn Kaltmamsell vereinbart hatte. Denn: Ich hatte in der vergangenen Saison für meinen Geschmack nicht genug Gans bekommen. Es gibt nämlich Menschen, die mehr als einmal Gänsebraten in der Weihnachtszeit für zu viel halten. Außerdem hat das Christkindl Herrn Kaltmamsell eine Fett-von Nichtfett-Trennkanne gebracht, die eingesetzt werden will. Nur dass halt die Gänsesaison wirklich vorbei ist. Unsere einzige Hoffnung war eine von Weihnachten übrige gefrorene Gans, und die jagten gestern Herr Kaltmamsell und ich quer durch die Gefriertruhen der Supermärkte. Uns war sehr bewusst, dass wir in die praktisch nie schauen: Zum einen kaufen wir ja immer frisch ein, zum anderen ist unser Gefrierschrank hinderlich klein.

Nachmittags hatte Herr Kaltmamsell zumindest schonmal die Entdeckung von Gänsekeulen und -brüsten vermeldet. Ich sah beim Edeka Theresienhöhe nach: Nur Keulen. Beim Lidl: Nichts Gänsiges. Aber dann beim Edeka Schwanthalerhöhe: Polnische Hafermastgänse, gleich zwei Stück, ich brauchte aber nur eine. Und ich lernte beim Suchen in den Gefrierabteilungen der Supermärkte, wie viel höher der Anteil an Fertiggerichten und -gebäck in Gefriertruhen ist, seit ich als Studentin regelmäßig Fisch, Suppengemüse, anderes Gemüse gefroren gekauft hatte.

Daheim ließ ich mir von Herrn Kaltmamsell gratulieren, dann turnte ich eine Runde Yoga-Gymnastik. Nachtmahl war Portulak aus Ernteanteil und Käse vom Markt, zum Nachtisch Schokolade.

Im Bett startete ich als nächste Lektüre Alasdair Gray, Poor Things, dessen Verfilmung gerade in die deutschen Kinos kommt: Ein Wiederlesen nach dem ersten Mal kurz nach Erscheinen des Buchs 1995, und ich habe zu dieser konkreten, wunderschönen Ausgabe eine ganz persönliche Geschichte, die ich nach Abschluss der Lektüre erzählen werde (habent sua fata…).

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Dass in Video-Calls Bücherwände zu den vertrauensweckenden Hintergründen gehören, sprach sich schnell herum. Der Guardian weiß aber, dass die Ausstrahlung von Buchregalen auf die Wahrnehmung der Persönlichkeit nicht bei der schieren Existenz aufhört:
“Shelf-absorbed: nine ways to arrange your bookshelves – and what they say about you”.

Wir hier sind demnach:

4. Alphabetically shelved books
Nice effort, try-hard, but if a book has been properly curated and read, it need never be reread. Arranging your books in a way that implies you might want to find them again suggests you just don’t get this. Besides, many sequentially alphabetical books just don’t look right together. Use your eye, not your brain.

Ich fühle mich unfair angepinkelt, denn diese Sortierung war das Ergebnis reiflicher Überlegung von zwei Menschen, die vor über 25 Jahren ihre umfangreichen Bibliotheken vereinten. Damit wir in den zu Höchstzeiten 40 Quadratmetern Buchregalen überhaupt etwas finden konnten, war ein System nötig. Und wir entschieden uns für eines, das wir so ungefähr aus der Uni-Bibliothek kannten und unterteilten in Fiktion (darin nach Sprachen, diese jeweils alphabetisch nach Autor*in) und Non-Fiction (diese nach Sachgebieten, nicht sehr trennscharf, darin wiederum alphabetisch). Extra kamen Reihen.