Journal Sonntag, 24. März 2024 – Schnee, Graupel und Stockfischabenteuer
Montag, 25. März 2024 um 6:22Wunderbar und ausreichend geschlafen. Interessant geträumt, unter anderem vom spanischen Verlagswesen, das viel besser als das deutsche funktionierte und zum Beispiel für die vielen Krimi-liebenden Fabrikarbeiter immer wieder Gesamtausgaben der beliebtesten Reihen herausgab. Von keinem Detail daran habe ich irgendwelche Fachkenntnis, ich bin stolz auf mein Fantasiezentrum, das daraus etwas bis zur Erzählbarkeit Kohärentes baute.
Die Energie nutzte ich erst mal, um mich online für Organspende zu registrieren. Einen ausgefüllten Organspende-Ausweis trage ich in meiner Geldbörse bei mir, seit ich denken kann, allerdings immer in der Sorge, ob der im Ernstfall auch schnell genug gefunden wird. Die Absicherung einer Registrierung ist mir sehr sympathisch.
Beim ersten Aufruf der Website zum Start hatte der Vorgang arg kompliziert ausgesehen, doch an diesem Sonntagmorgen erinnerte ich mich daran, dass ich sehr wohl eine Online-Ausweisfunktion habe, wo ich meine PIN nachgucken kann, dass ich bereits für das mühsame Erkämpfen der Bayern-ID die Ausweis-App installiert hatte.
Da mein Personalausweis eingelesen werden musste, begann ich den Registrier-Prozess auf meinem Smartphone. Für ein Durchspielen auf dem PC hätte man ein Lesegerät benötigt: Das ist nach meiner Erinnerung das erste Mal, dass ein Amtsvorgang eigentlich nur auf Smartphone ausgelegt ist – eigentlich schlau, ist deutlich weiter verbreitet als persönliche Rechner. Nach einfachen, verständlichen Anweisungen las ich meinen Personalausweis durch Legen hinters Smartphone ein, verifizierte ihn mit der PIN. Nach nur einer Fehlermeldungsrunde wurde ich um Eingabe meiner Krankenversicherungsnummer gebeten und um Hinterlegung meiner E-Mail-Adresse. Durch Anklicken in einer Auswahl hätte ich die Organspende auch nur eingeschränkt erlauben können, die Entscheidung jemand anderem übertragen oder völlig untersagen.
Das war’s, ich bin als Organspenderin in Deutschland registriert. Allerdings muss ich jetzt noch bis Sommer lebendig durchhalten, um wirklich nützlich zu sein: Der Zeitplan der Einführung nennt auf der Website 1.7.2024 für “Abruffähigkeit Entnahmekrankenhäuser”.
Weil das endlich mal wieder ein rundes Technikthema war, schrieb ich nach Jahren Pause im Techniktagebuch darüber.
Bloggen, Internetlesen, Fertigmachen für eine Schwimmrunde im Olympiabad. Dass es um neun bereits windig regnete, nahm mir die Entscheidung ab, ob ich nicht doch radeln wollte. Und da waren auch schon Schnee und Graupel.
Ich holte also nochmal die dicke Winterjacke raus und setzte mich damit in eine U-Bahn zum Olympiapark.
Gutes Schwimmen, die Bahnen waren nicht voller als an Samstagen. Mit Rücksicht auf meine zickige linke Schulter ließ ich es langsam angehen und erhöhte erst nach einigen Bahnen den Druck. Ich schwamm problemlos, manchmal sogar mit Sonnenschein, spürte zwar die akute Stelle im Kreuz, doch ohne Schmerz. So hatte ich Muße, über meine aktuelle Lektüre, Larissa Kikols Signed nachzudenken und warum sie mir so gut gefällt.
Auf meinem Rückweg zum U-Bahnhof setzte wieder Regen ein. Daheim buk ich erst mal die Erdnuss-Cookies für die Arbeit, etwas nach zwei gab es zum Frühstück Birne, dann einige Scheiben selbst gebackenes Schokoladenbrot aus der Gefriere mit Butter und Zwetschgenmus.
Internetlesen, Buchlesen, kleine Siesta, mehr Buchlesen.
Mehr Schnee und Graupel.
Herr Kaltmamsell würde spät von seinem Deutschlehrer*innen-Ausflug heimkommen, ich kochte dennoch Nachtmahl – wir würden es halt getrennt essen. Jetzt kam der seit Tagen gewässerte Stockfisch zum Einsatz: Meine Eltern hatten bei einer regelmäßig nach Portugal fliegenden Nachbarin Bacalao bestellt, und sie war mit einem ganzen salzgetrockneten Fisch zurückgekommen. Davon hatte ich am Sonntag zuvor ein großes Stück bekommen. Jetzt kochte ich dieses weich, während der Fisch abkühlte, turnte ich eine Runde Yoga-Gymnastik. Dann löste ich das Fischfleisch von den Gräten: Ein Teil wurde mit unter anderem Kartoffeln und Lauch aus Ernteanteil baskischer Fischeintopf für den Abend, den anderen Teil würde ich nach völligem Abkühlen einfrieren.
Wurde gut! (Ein bisschen zu salzig – waren vier Tage Wässern mit mehrfachem Wassertausch nicht genug?) Nachtisch Schokolade.
Herr Kaltmamsell bekam spät auch noch zwei Teller Stockfisch-Eintopf und erzählte dazu bereits ein wenig von seinem Ausflug. Auf arte lief La La Land, gefiel mir jetzt besser als damals im Kino, ich komm einfach nicht drauf, wo er hakt.
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Für die wahrscheinliche Altersstruktur der Lesenden hier zielgruppenperfekt:
“Wohin mit den Schätzen? Wenn Sammler nicht mehr können”.
Schaffen Sammelnde zu Lebzeiten keine Lösung für ihre Schätze, wandert vieles auf den Müll oder zurück auf den Sammelmarkt. Ein frühzeitiges Loslassen falle den meisten Sammelnden schwer. “Deshalb sterben 90 bis 95 Prozent der Sammlungen auch mit dem Sammler.”
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Meldung aus der Vorreiter-Nation Österreich:
“Mama geht tanzen
Ein Club, drei Stunden, 2000 Frauen: Eine neue Partyserie speziell für Mütter feiert in Österreich einen Riesenerfolg. Trinken unter Zeitdruck und Stau am Männerklo”
via @sauer_lauwarm
Das klingt richtig gut!
Viele sind in Freundinnengruppen gekommen. Junge Mamas, die sich aus der Babyspielgruppe kennen. Mütter, die über die Kindergarten-Whatsapp-Gruppe von der Party erfahren haben. Ich entdecke aber auch einige Frauen über 60. Sie sehen nicht aus wie Mamas, die kleine Kinder zu Hause haben. Später erfahre ich von der Veranstalterin, dass etwa 25 bis 30 Prozent der Frauen keine Mütter sind. Sie sind heute nicht hier, weil sie einen Abend ohne Kinder genießen wollen. Sie sind hier, weil sie endlich mal wieder in einen Club gehen wollen. Zu einer vernünftigen Uhrzeit. Weil sie ohne Männer feiern wollen, ohne ständig angetanzt und angemacht zu werden. Ohne ihr Trinkglas im Auge behalten zu müssen.
Revival of the Tanztee Samstag- und Sonntagnachmittag?
(Wahrscheinlich zu nah an der Pfarrjugend-Disco.)
14 Kommentare zu „Journal Sonntag, 24. März 2024 – Schnee, Graupel und Stockfischabenteuer“
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25. März 2024 um 7:17
Mama geht Tanzen bei der Kaltmamsell! Hervorragend! Ich war bei der Hamburger Version, finde allerdings den Titel abschreckend blöde. Dabei bin ich ganz klar “Mama”. Möchte das aber beim Tanzen gehen nicht sein. Andererseits ist mir auch klar, dass das so sehr viele Frauen anspricht, die sich sonst nicht angesprochen fühlen. Ich plädiere für kurze frühe Tanzveranstaltungen, die im Titel einfach alle ansprechen.
Die Stimmung war jedenfalls Bombe, das ist mal sicher. Kann man machen.
25. März 2024 um 7:44
Großartig, dieses Mama geht tanzen. Der leicht dämliche Titel ist vielleicht sogar ein Bonus, weil er noch mehr Männer abhält. Kein Anmachen, keine Sorge um den Drink, mehr Klos, keine Riesen um einen herum, das würde sogar mich als nicht-Clubgängerin reizen.
25. März 2024 um 8:36
“Mama geht tanzen” gibt es schon mind. 1-2 Jahre hier in Deutschland (als Kommentar zu “Vorreiter-Nation Österreich” zu verstehen ;o)) und das Konzept ist gut, aber wie meine Vorkommentatorinnen das schon angesprochen haben, ist der Name und auch die komplette Werbestrategie echt unterirdisch. Geht auch viel in Richtung: Extra früh Schluss, damit Mama am Sonntag wieder fit für ihre familären Aufgaben ist…
Mir würde ja auch eher sowas wie “Men out”-Party zusagen und gerne ein früher Partystart, aber vielleicht auch mit offenem Ende und nicht nach dem Motto: So, jetzt ist 23 Uhr, ab ins Bett, damit du morgen fit für Heim, Herd und Kinder bist!
25. März 2024 um 10:01
Der Name „Mama geht tanzen“ ist in sofern gut, als dass er positiv besetzt ist. Nicht ein „ohne Männer.“
Naja, ich bin jetzt in einem Alter, in dem eine Anmache ein belustigtes Lachen hervorruft. Was mich aber stört, sind eben die sehr betrunkenen Männer, die im Unverstand handeln, rempeln, grölen.
Früher, also mein früher, fingen die Partys nicht erst im Morgengrauen an. Man wollte am nächsten Tag auch noch was unternehmen.
Und ich habe ein neues Verb gelernt: schupfen
25. März 2024 um 12:08
Liebe Kommentatorinnen, wenn Sie gern ohne (heterosexuelle) Männer ausgehen und tanzen gehen möchten, kommen Sie doch gern zu sogenannten FLINTA* Parties (früher Lesben-Parties). Sie müssen dafür nicht queer sein oder frauenliebend oder in irgendeiner Weise so aussehen. Sie werden dort dann auch nicht von Frauen* statt von Männern komisch angemacht. So funktioniert das unter Frauen* erfahrungsgemäß in der Regel nicht. Und in den Großstädten haben diese Parties meist sogar schon ein Awareness-Konzept, das bestimmte Spielregeln festlegt (keine Diskriminierung, keine Anmache, wenn nicht gewollt etc.) und ein Awareness-Team, an das Sie sich wenden können, wenn Sie sich bedrängt oder falsch behandelt fühlen.
Es macht Spaß nur unter FLINTA* zu feiern und wir freuen uns über alle, die es mit uns tun, auch nicht-queere Frauen. Versprochen!
Die Zeiten sind allerdings vermutlich normale Partyzeiten.
25. März 2024 um 13:41
@ Organspenden: In Deutschland muss man sich registrieren? In Österreich ist man automatisch OrganspenderIn. Hier muss man widerrufen. Macht das Leben leichter.
25. März 2024 um 14:08
Nein caterina, in Deutschland muss man sich nicht registrieren, man kann. Es gilt die Opt-in-Regel (“Entscheidungslösung”), man muss in irgendeiner Weise zustimmen. Im Bundestag wurde immer wieder die Opt-out-Version (“Widerspruchslösung”) intensiv diskutiert – und dann wieder in der Abstimmung abgelehnt. Hier mehr Infos:
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw03-de-transplantationsgesetz-674682
In wiefern macht sie das Leben leichter? Für alle?
25. März 2024 um 14:45
Das Konzept Mama geht Tanzen spricht mich komplett an, hab das gleich mal für meine Stadt aussondiert :D
25. März 2024 um 16:08
Heute in einer Hamburger Zeitung zu lesen: es gibt ein kleines Tattoo, an dem Organspender zu erkennen sind und der Hauptzweck besteht darin, mit anderen Personen zu diesem Thema ins Gespräch zu kommen.
Ich überlege ernsthaft, mir in meinem relativ hohen Alter so ein Tattoo zuzulegen, denn ich finde die mangelhafte Bereitschaft zur Organspende in Deutschland bedrückend.
Natürlich ersetzt das Tattoo nicht den Ausweis resp. den Eintrag ins Zentralregister.
25. März 2024 um 17:43
Die österreichische Lösung gilt übrigens meines Wissens auch für Ausländer, während sie sich dort aufhalten.
Ich würde diese Regelung auch bei uns D begrüßen. Die Anzahl der Organspender und -spenderinnen würde sicher zunehmen, weil die vielen dazukämen, die sich heute um eine Entscheidung drücken bzw. sie hinauszögern.
Wer andere Menschen sterben lassen will – um’s mal drastisch auszudrücken – soll sich dazu bewusst bekennen!
25. März 2024 um 21:16
Ein Aspekt kommt mir bei der ganzen Organspendethematik /~problematik immer viel zu kurz: Dass man tatsächlicher Spender nur sein kann, wenn man sich zum Zeitpunkt des Hirntodes bereits auf einer Intensivstation befindet.
Und das trifft nun mal auf sehr wenige Sterbefälle und somit potentielle Organspender zu.
26. März 2024 um 6:39
Naja, bei mir und den anderen ‘Mamas’ ist es nicht das fit sein am nächsten Morgen, sondern dass wir tatsächlich um 22:00/23:00 (fast) alle hundemüde sind. So einen Kindertagesrythmus bekommt man nicht einfach raus. Gilt für involvierte Väter genauso. Und Kleinkinder insbesondere interessieren sich nicht so ob Mama und Papa tanzen waren. Die haben um 6:30 eine Welt zu erobern.
Hier in Wien hat das Konzept auf alle Fälle eingeschlagen und wär ich nicht schwanger mit monatelanger Abendübelkeit und um 21:00 schon im Tiefschlaf neben dem ersten Kind, ich tät auch drüber nachdenken. Aber aktuell ist Schlaf das höchste Gut ;)
26. März 2024 um 9:51
@Vera S.
Kommt auf die Art der Spende an. Es gibt ja nicht nur die Organentnahme von Hirntoten, sondern viele mögliche Lebendspenden wie Nieren, Teile der Leber und anderer Organe.
Zudem haben wir die Deutsche Knochenmark Spender Kartei (DKMS).
Darin werden Daten gesammelt von Menschen, die bereit sind, Stammzellen zu spenden für Leukämiekranke. Diese Datenbank ist unendlich wichtig, weil nur mit passenden Merkmalen transplantiert werden kann. Die Erfolgsquote in Fällen der Übereinstimmung ist beeindruckend.
Mit der erklärten Spendenbereitschaft kann auf jeden Fall die oft überfordernde Diskussion am Sterbebett vermieden werden. Deshalb finde ich auch die österreichische Lösung, dem Bürger abzuverlangen, sich wenigstens einmal im Leben mit diesem Gedanken auseinanderzusetzen, sehr sinnvoll.
26. März 2024 um 21:52
Wenn ich aus Spanien über Organspende in D lese fällt mir immer wieder diese riesige Unterschied auf: Organspenden sind gar kein Thema. Es gibt kaum jemand der eine Organspende verweigern würde. Einem anderen oder mehrere andere Leben retten gibt dem Tod einen Sinn. Spanier sind sehr stolz darauf die nationale Transplantations Organisation. Dass jeder egal wo er in Spanien lebt die gleiche Möglichkeit hat ein Spenderorgan zu bekommen. Die große Frage lautet wohl eher: warum denn nicht? Hier sind es die Familien die entscheiden und es ist nicht die Frage was würde der Tote tun. Und für Angehörige ist Organspende ein Trost.