Archiv für April 2024

Journal Dienstag, 2. April 2024 – Osterschokolade-um-die-Hälfte-Tag

Mittwoch, 3. April 2024

Recht gute Nacht. Beim Weckerklingeln merkte ich die zurückgekehrte Morgendunkelheit nach Sommerzeitumstellung deutlich, erinnere mich aber daran, dass der Ausgleich nurmehr wenige Wochen dauert.

Marsch in die Arbeit frisch, aber ich vermisste weder Mütze noch Handschuhe.

Leichte Unruhe wegen meines instagram-Accounts: Am Montagabend erschienen auf meinem Smartphone überraschend Sicherheitsabfragen, die mich erst nach mehreren Runden inklusive Code-Zusendungen an die hinterlegte Handynummer und Zwangsverknüpfung mit meinem Facebook-Account an mein Konto ließen. Dienstagmorgen erzeugte ein Start der App erneute Sicherheitsabfragen – die jetzt behaupteten, ich hätte keine Telefonnummer hinterlegt. Rumfragen auf Mastodon ergab: Diese Probleme haben auch andere, mit ähnlich unerklärlichen Anforderungen. Zudem bekommen immer mehr Nutzerinnen Warnungen, ihr Content sei problematisch – was mich daran erinnerte, dass mir in letzter Zeit immer wieder nicht alle Kommentare zu einem Post angezeigt werden, weil sie problematisch seien; und wenn ich sie öffne, steht da durch und durch Harmloses, das auch nicht missverstanden werden kann.
Spielt da jemand mit KI?

Emsiger Vormittag, in kühlem Wind marschierte ich zu meinem Mittagscappuccino im Westend.

Frühling in der Gollierstraße.

Mittagessen zurück im Büro: Apfel (2) und Ei (2 hartgekochte).

Arbeitsreicher Nachmittag.

Schmale Wohnstraße mit grellgrün blühenden Ahornbäumen gesäumt, parkende Autos, darüber knallblauer Himmel.

Frühling in der Heimeranstraße.

Ich fürchte, ich habe einen ganz schlimmen Anfall von Erwachsen. Dieses Jahr fieberte ich nicht wie sonst auf den Dienstag nach Ostermontag, auf den Osterschokolade-um-die-Hälfte-Tag und damit höchsten Feiertag des Jahres. Das konnte nicht daran liegen, dass ich das Jahr über ja auch immer viel Schokolade esse, schließlich ist das schon länger so. Eher pro forma ging ich nach der Arbeit zum Edeka und sah mich in der reduzierten Osterschokolade um – dieses Jahr war ich mit bislang einem Schoko-Osterhasen (der aber ein importierter Ovomaltine-Hase und damit besonders) weit unter meinem Durchschnitt gewesen.

Aufsicht auf einen gefüllten Einkaufskorb mit Ostersüßigkeiten.

Zum Glück fiel mir rechtzeitig ein, wie das nochmal ging mit der Osterschokolade um die Hälfte.

Daheim Häuslichkeiten, Yoga-Gymnastik, ein wenig Salatbereitung. Das eigentliche Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell aus der zweiten Hälfte den Ernteanteil-Blaukrauts hergestellt: Blaukrautsuppe.

Aufsicht auf einen weißen Teller, darin dunkelrote Suppe, Dill, ein weißer Klecks Sauerrahm, links daneben ein Schüsselchen grüner Salat.

Darauf Pecannüsse, Dill, Sauerrahm.

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Sollen wir versuchen, das als Teil gesellschaftlicher Integration zu sehen? Nur halt die dunkle Seite? Hussam Al Zaher in der taz:
“Kommerzialisierung des Ramadan:
Ausverkauf statt Besinnung”.

Der Ramadan wird langsam wie Weihnachten, wo es hauptsächlich um Geschenke, Einkauf und Konsum geht. Für viele Geschäfte ist ab Oktober die Zeit für Angebote, damit die Leute mehr kaufen und sie mehr verdienen. Der Ramadan ist da nicht ganz so einfach einzuplanen, da sich sein Beginn und sein Ende jedes Jahr um ein paar Tage verschieben. Aber trotzdem: Auch viele multinationale Marken haben mittlerweile verstanden, dass sie mit Ramadan Geld verdienen können. Zum Beispiel eine Kosmetikfirma, die Duschgel mit Dattelgeruch verkaufte, oder Modemarken, von H&M bis Gucci, mit einer eigenen „Ramadan-Kollektion“ für Frauen.

Viele dieser Produkte kommen erst allmählich auf den deutschen Markt. Ich frage mich warum, denn in anderen Ländern wie Großbritannien läuft das Geschäft mit der Toleranz schon sehr gut. Aber selbst wenn sie kommen, weiß ich nicht, wie ich das finden soll.

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Interessant vor allem vor der Europawahl: Das bisherige Abstimmungsverhalten der AfD im Europaparlament. Der Bayerische Rundfunk hat es für die laufende Legislaturperiode (Juli 2019 bis März 2024) ausgewertet, bei insgesamt über 18.000 Abstimmungen.
“AfD im Europaparlament: Radikaler als die Radikalen”.

Journal Ostermontag, 1. April 2024 – Großfamilie um Frühstückstafel vereint

Dienstag, 2. April 2024

Ich hatte einen Wecker gestellt, da ich zum Osterfrühstück bei Elterns einen frisch gebackenen Zopf mitbringen wollte, dessen Teig über Nacht im Kühlschrank ging. Herr Kaltmamsell allerdings vertraute offensichtlich meiner Zeitplanung nicht und stand eine halbe Stunde vorher in meinem Schlafzimmer, um mich vor dem Verschlafen zu bewahren. Na, wo ich schonmal wach war – gegen einen dadurch gemütlicheren Morgen hatte ich ja nichts.

Die Zopflanleitung zum Rezept ist glasklar, die ersten Male konnte ich sie problemlos nachvollziehen. Doch die letzten Male, auch gestern, kapierte ich sie nicht und verlegte mich irgendwann auf Wurschteln. Ich werde nicht um einen Kurs rumkommen.

Mit dem warmen Zopf im Gepäck setzten wir uns in einen Zug nach Ingolstadt, kamen nahezu pünktlich an. Es folgten Herzen und Küssen von enger Verwandtschaft, Zusammensetzung wie vor einem Jahr auf Großfamilienurlaub in Spanien.

Hastig abfotografierte Frühstückstafel. Das bunte Gebäck rechts ist ein Geschenk ukrainischer Nachbarn, bitte beachten Sie Rote-Bete-Püree und frisch geriebenem Meerrettich (seit vielen jahren opfert sich und seine Tränen dafür mein Bruder) als polnische Note. Nicht im Bild: Die Platte mit veganer Wurst. Dazu viel Austausch und Gespräche, ich konnte Neffe 1 für das Ausleihen von Larissa Kikols Signed danken. Draußen immer wieder Regenschauer.

Osterspaziergang in eher unangenehmem kalten Wind:

Die Neffen kennen hier jeden Stein und jedes Spielplatzdetail: Sie und ihre Schwester verbrachten ihre ganze Kindheit hindurch einen Tag die Woche bei den Großeltern, die mit ihnen die Umgebung nutzten. Mehr Gespräche mit Updates, zurück bei meinen Eltern sahen wir zusammen das Fotoalbum unseres Großfamilienurlaubs vor einem Jahr an.

Eine warme Mahlzeit gab es auch:

Besonders zartes Lamm, nach kastilischer Art nur mit Salz langsam im Ofen gegart, ganz köstlich. Dazu hatte ich Lust auf Rotwein, mein Vater schenkte einen spanischen aus. Nachtisch Schokolade aus einem großen Korb voller Ostereier.

Rückfahrt nach München in gar nicht mal so vollem Zug, ich hatte mehr Rückreiseverkehr befürchtet. Ankunft mit unwesentlicher Verspätung.

Daheim erstmal Häuslichkeiten, unter anderem reinigte ich meine von Schwiegers ererbte Kaffeemühle (KRUPSCH!): Ich mahlte darin altes Weißbrot, das nahm die Kaffeepulverreste mit, abschließendes Auskehren mit altem Zahnbürstl.

Meine diesmal besonders schönen Osterferien waren vorbei, ich bereitete den Arbeitstag vor. Und wechselte währenddessen wieder in die Birkenstocks als Hausschuhe – derzeit tausche ich ständig zwischen warmen Puschen und den offenen Pantoffeln, wie halt die Anforderungen des Wetters wechseln.

Früh ins Bett zum Lesen, die Geschichte von Robert Menasses Die Vertreibung aus der Hölle fesselt mich.

Journal Ostersonntag, 31. März 2024 – Ostersonntag in Technicolor, viel Beifang aus dem Internetz

Montag, 1. April 2024

Mittelgut, aber nicht lang genug geschlafen. Beim Aufwachen kam die Anstrengung der Zeitumrechung bei neuer Sommerzeit dazu: Wie lange hatte ich eigentlich geschlafen? Bevor ich zu einem Ergebnis gekommen war, beschloss ich, dass Munterkeit als Anlass fürs Aufstehen reichen musste.

Erste Handgriffe des Morgens: Umstellen der vier Uhren im Haushalt, die das nicht selbst tun. Das traditionelle polnische Osterfrühstück bei meinen Eltern würde erst am Ostermontag stattfinden, ich konnte den Ostersonntag also frei planen.

Stand der Kastanie.

Dann genüssliches Bloggen, das Draußen sah wieder so seltsam trübe aus, gestern allerdings zunächst ohne die Wärme vom Samstag. Plan war eine Schwimmrunde im Olympiabad. Vor dem Losradeln pumpte ich die Reifen ordentlich auf (Rad hatte ein paar Wochen ungenutzt rumgestanden) – und durfte dann mal wieder erleben, welchen kolossalen Unterschied das beim Treten macht: Ich war durchgehend wie mit Rückenwind unterwegs.

Wie erwartet war das Schwimmbecken wenig genutzt, doch zwischen mir und echtem Wassergenuss stand meine gestern wieder stark schmerzende Schulter. Dann vielleicht doch mal Konsultation der Orthopädie, auch wenn ich mir denke: Ist halt Verschleiß und Alter, was sollen die schon machen, wenn nichts Reparables kaputt ist?

Für den Heimweg machte ich im Olympiapark zum Start mal einen Umweg: Schon beim Hinradeln hatte ich mich durch Jahrmarktsbuden geschlängelt, jetzt waren sie zudem sehr gut besucht. Ich fuhr also auf die andere Seite des Olympiasees. Es war sonnig geworden und schlagartig warm. Ich besorgte unterwegs Semmeln, die gab es neben Apfel und Orange kurz vor zwei zum Frühstück.

Wochenend-SZ gelesen, Lieblingsmicrobloposts zusammengestellt – all das bei offener Balkontür, mittlerweile strahlte das Draußen in Technicolor.

Das zog mich nochmal raus, ich ging Schaufensterbummeln.

Die Sendlinger Straße (24 Grad im Halbschatten) ist weiterhin sauber und propper – doch zu meiner wachsenden Bestürzung kommen zu den vielen Baustellen an der Fußgängerzone immer mehr Geschäftsschließungen (u.a. kein Missoni mehr am Salvatorplatz!), München wirkt derzeit wirklich nicht luxuriös, sondern eher wie eine Provinzstadt im Niedergang.

Daheim eine Runde Yoga-Gymnastik, Teig für Osterzopf geknetet. Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell das Sauerkraut aus Ernteanteil zu Szegediner Gulasch verarbeitet. Schmeckte ausgezeichnet, mit dem recht rassen Sauerkraut eher sauer, aber das machte sich gut.

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Tagesschau.de zum Stand der Pferdemetzgerei in Deutschland:
“Pferdefleisch
Isst man sowas heute noch?”

Daraus erfuhr ich unter anderem endlich, woher genau das Fleisch in Pferdemetzgereien kommt.

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Kaum sind die “Omas gegen rechts” als starke Kraft aufgefallen, arbeitet die AfD massiv gegen – mit infamen Mitteln:
“Omas für Demokratie ist eine rechte AfD-Initiative”.

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NZZ-Interview mit Rechtsanwältin Christina Clemm, die vor Gericht Opfer von häuslicher Gewalt vertritt:
“Viele kennen die Statistik, wonach in Deutschland alle drei Tage eine Frau durch ihren Partner getötet wird. Aber es wird hingenommen”.

Was auch mir neu war:

Wir haben in Deutschland ein neues Sexualstrafrecht (…), das ist gut. Aber die Häufigkeit der geschlechtsbezogenen Gewalt hat sich nicht geändert. Im Gegenteil, es gibt mehr Fälle.

Weil über Femizide diskutiert wird und vielleicht auch mehr Fälle heute als solche erkannt und dazugezählt werden können als früher?

Nein. Es gibt eine Untersuchung aus Niedersachsen, die zeigt: Die Zahl der registrierten Fälle von Partnerschaftsgewalt ist nicht aufgrund einer höheren Anzeigebereitschaft gestiegen. Sondern weil die Zahl der Gewalttaten insgesamt steigt.

Weniger überraschend:

Die Polizei behandelt häusliche Gewalt wie eine Bagatelle, nicht wie ein Verbrechen?

Ja, aber meist nicht einmal mit Absicht. Partnerschaftsgewalt ist einfach so alltäglich für die Polizisten, dass sie die Schwere der Taten nicht mehr wahrnehmen. Auch nicht die Gefährlichkeit der Täter. In Deutschland passiert das auch, weil sie einfach keine Kapazitäten haben.

(…)

In der Kita, in der Schule, überall wird an die Mädchen herangetragen, wie sie sich verhalten sollen, damit ihnen nichts passiert. Jungs hingegen wird nicht mit gleicher Energie ein Verständnis für Grenzüberschreitungen beigebracht.

(…)

All diese Beispiele setzen ein Männlichkeitsbild voraus, bei dem Männer nicht in der Lage sind, ihr Gegenüber zu respektieren und sich selbst unter Kontrolle zu haben.

Darum wundere ich mich auch, dass angeblich fortschrittliche Männer sich nicht viel mehr gegen geschlechtsbezogene Gewalt und das fatale Männlichkeitsbild wehren. Bei Sexualdelikten heisst es oft, der Täter konnte nicht erkennen, dass sein Gegenüber keine sexuelle Handlung wollte. Weil sie erstarrt ist, statt sich zu wehren. Weil sie vielleicht nur leise geweint hat. Weil sie sich wegdrehte und nicht laut «Nein» sagte. Aber es ist völlig unsinnig zu behaupten, Männer seien nicht in der Lage, diese Zeichen zu lesen.

(…)

Was können Männer denn tun?

Sie müssten mit ihren Freunden reflektieren, wie grenzüberschreitend sie denn eigentlich sind und was sie gegen die Gewalt unternehmen können. Oder einschreiten, wenn sie etwas beobachten. Insgesamt reicht es nicht, einfach nur selbst nicht gewalttätig zu sein.

(…)

Welche Rolle spielt bei diesen Geschlechterbildern die inklusive Sprache?

Eine sehr wichtige Rolle. Sonst wäre sie in Bayern nicht gerade verboten worden. Sprache ist mächtig, und es ist ein Angriff auf patriarchale Strukturen, wenn Frauen und andere Geschlechter in der Sprache sichtbar werden. Das scheint man erkannt zu haben, das Patriarchat ist wehrhaft.

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Abschied von unserer Nachbarschafts-Metzgerei. Sehr schade, auch wenn es zum Viktualienmarkt nur zehn Minuten weiter ist: Das war unser Metzger.

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Obacht mit Stereotypen und Vorurteilen:
“‘We’re the Muslim Spice Girls!’ Shazia Mirza on finding box office gold with her halal comedy supergroup”.

There was the racism disguised as criticism. White males who had never seen a Muslim female comedian before wrote: “This is not funny. This is no good. Why does she always talk about being Muslim?” Or alternatively: “She doesn’t talk about Muslim enough! Of all the things she could have been talking about and she talks about Primark? What a waste of a good Muslim.”

(…)

I was expected to be a walking, talking explanation of all things Muslim. While my white male comedian friends had the privilege of talking about aeroplane food, why women have so many shoes, and snorting while laughing, I was expected to explain 9/11, the war in Afghanistan and Shamima Begum. The tabloids deliberately misconstrued my material and accused me of supporting Isis.

(…)

I was doing autobiographical jokes when no one really knew much about the lives of Muslims, in particular women. Anything more complicated than “All the women in my family wear the burqa – which is great because we all use the same bus pass” made people feel uncomfortable. Or confused about whether they could laugh or not.

Off stage, people couldn’t place me. I would get stopped at airports and asked: “Are you Malala? Mindy Kaling?” Or worse still, on a beach in the Caribbean: “Are you my GP?”