Journal Mittwoch, 26. Juni 2024 – Anreise nach Klagenfurt, unangenehme Überraschungen

Donnerstag, 27. Juni 2024 um 7:51

Die Vermieterin meldete sich morgens, zumindest diese Erleichterung hatte ich.

Blick über eine volle Kaffeetasse über eine Balkonbrüstung in Bäume und blauen Morgenhimmel

Es war mild genug für einen Balkonkaffee.

Packen und Reisevorbereitungen, kurz nach acht verließ ich München Hauptbahnhof (auch ohne Gebäude drumrum heißt ja die Haltestelle so; mittlerweile habe ich den Verdacht, dass im Schatten der Katastrophe Stuttgart21 niemand das Schlamassel der sich immer weiter verzögernden kompletten Umstrukturierung des Münchner Bahnhofs samt Neubauten beachtet – Baubeginn war 2019, und sie sind ja nicht mal fertig mit Abreißen und Kaputtmachen). Die Bahnfahrt verlief ereignislos, ich war bis auf die letzte Stunde mit dem befreundeten Lektorat beschäftigt. Mittagscappuccino aus dem Speisewagen, um halb eins brotzeitete ich mitgebrachten Apfel und Pumpernickel mit Butter.

Blick aus großem Zugfenster auf grüne Berglandschaft mit Ort im Tal, über den Bergen dunkler Himmel

Kein Fensterplatz, denn beim Ticketkauf vor vielen Wochen hatten mich alle Versuche der Anpassung (Upgrade auf 1. Klasse, Platzwahl) aus dem System geworfen, bis ich aufgegeben hatte und einfach genommen, was ich kriegen konnte. Da ich aber eh ungeplant fast ausschließlich auf meinen Bildschirm sah, bekümmerte mich das nicht.

Vor den Zugfenstern war der Himmel immer wieder dunkeldüster gewesen, Nebel hing zwischen den Bergen, es regnete auch immer wieder. Doch Klagenfurt empfing mich warm und sonnig.

Ich spazierte eine halbe Stunde zur Ferienwohnung – um dort zu erfahren, dass sie noch gereinigt werden musste. In letzter Zeit habe ich irgendwie kein Glück mit Ferienwohnungen. Also warf ich meine Pläne um, was blieb mir übrig, ließ das Gepäck dort, holte gleich am ORF-Theater meine diesjährige Tasche.

Die linke Seite des Bilds wird gefüllt von einer hellen Tasche mit skizziertem Frauenkipf und Aufschrift „‚24 48. Tage der deutschen Literatur“, rechts Rasen, auf dem Bierbänke stehen, im Hintergrund ein riesiger Bildschirm, darauf die Übertragung eines Fernsehstudios mit Tischen und Bänken

Übertragung des Geschehens im Fernsehstudio diesmal auf riesige Leinwand im Garten des ORF-Theaters.

Dann trieb ich mich Zeit totschlagend in Klagenfurt herum, las auf einer Bank die Süddeutsche des Tages, kaufte schon mal Lebensmittel. Als ich nach zwei Stunden immer noch auf das Signal der Vermieterin wartete, ging ich auch ohne zur Wohnung. Doch sie war gerade fertig und stieg ins Auto nach Woanders – zum Glück erwischte ich sie noch, um mir den Schlüssel geben zu lassen und nach dem WLAN-Zugang zu fragen.

Nur: Das angegebene WLAN war nirgends zu finden, auch nicht bei Umrundung des gesamten Hauses. Ich machte einen Hotspot mit meinen Handy auf und hoffte auf genügend restliches Datenvolumen für diesen Monat. Am kleinen Esstisch mit niedrigen harten Stühlen ohne irgendwelche Polster im Zimmer taten mir bald Po und Rücken weh.

Doch die Überraschungen waren damit nicht zu Ende: Das Bad/Klo liegt auf dem Gang, den auch andere Parteien im Haus benutzen (für nächtliche Klogänge muss ich mich also anziehen), die Kochzeile verfügt über genau einen Topf (Nudelkoch-Größe, für Milch eigentlich ungeeignet). Ich überlegte, ob ich die Annonce vielleicht zu flüchtig gelesen hatte und sah nochmal nach. Darin sind sogar angegeben:
– Grundausstattung der Küche (Salz, Öl)
– Schreibtisch
– Sitzecke für 2
– Föhn, Shampoo und Duschgel im Bad
Nichts davon existiert.

Ich war völlig perplex und überfordert. Mal sehen, ob ich fertigbringe, die Vermieterin (wohnt nebenan) zur Rede zu stellen und mir durch eine Konfrontation den Aufenthalt noch weiter zu vermiesen.

Über Hotspot übertrug ich die Freundeskorrekturen in die Dateien, nach der Hälfte spazierte ich zum ORF-Theater für die Eröffnungsfeier Tage der deutschsprachigen Literatur, vulgo Bachmannpreis. Ich traf auf die vertraute Co-Schlachtenbummlerin; wir bestätigten einander die Entdeckung, dass unsere Tagungstasche keine Einladung für den Bürgermeisterempfang auf Maria Loretto am Donnerstagabend enthalten hatte. Später am Abend fand sie heraus: Das war Absicht, dieses Jahr gab es so viele Akkreditierungen, dass der Empfang nur dem engsten Kreis des Bewerbs vorbehalten ist. So fällt ein bisheriger besonders schöner Standard-Programmpunkt des Klagenfurt-Erlebnisses weg. Als ich die ersten Male hierher reiste, radelte man einfach hin zum Empfang und ging rein; dann war der Zugang an eine Einladung gebunden (also akkreditierte ich mich als Berichterstatterin), jetzt ist auch das vorbei.

Rede zur Literatur 2024 von Ferdinand Schmalz, wichtigstes Element der Eröffnungsfeier, fand ich diesmal nichts Besonderes. Jetzt waren wir alten Häsinnen bereits darauf gefasst, dass es auch nichts zu essen geben würde – und schon konnte man uns positiv überraschen: Der ORF bot ein ausgesprochen reichliches Schnittchen-Buffet, von dem ich mein Abendessen holte.

Blick von halb oben auf einen gepflasterten Platz, rechts ein Café mit Außenbereich, die meisten Tische besetzt, im Hintergrund die Türme einer Altstadt

Früher Spaziergang über den Lendhafen zur Wohnung in der Hoffnung auf ein WLAN-Wunder (ich hatte die Vermieterin beim Verlassen des Hauses nochmal getroffen und sie darauf angesprochen) – das allerdings nicht eintrat. Also wieder über Hotspot komplettierte ich die Übertragung der Korrekturen und Anmerkungen, zerbrach mir den Kopf, wie ich mit der Gesamtsituation umgehen sollte. (“Überrascht und enttäuscht”.)

die Kaltmamsell

17 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 26. Juni 2024 – Anreise nach Klagenfurt, unangenehme Überraschungen“

  1. Neeva meint:

    Hm. Also an der Stelle lohnt sich doch ein Ausdruck der Anzeige auf dem Tisch bei der Abreise. Mit einigen (roten?) Anstreichungen und der Bitte die Anzeige zu korrigieren. Und dem hilfreichen Hinweis, dass man so etwas ja nicht gleich in die öffentliche Rezension schreiben möchte.
    Und eine Erinnerung im Handy, einen Monat später die Anzeige zu überprüfen und ggfls. eine Rezension zu schreiben.

  2. die Kaltmamsell meint:

    Oh, Neeva, einen Drucker hatte ich noch nie in einer Ferienwohnung (oder scherzen Sie?).

  3. Angela meint:

    Oh wie schrecklich. Ich leide mit. Mich kann sowas mit der Wohnung gewaltig aus der Bahn werfen. Triggert mich ungemein.
    Da hilft auch kein Wegatmen.

  4. Flusskiesel meint:

    ,,Habe ich alles eingepackt? Die Zugtickets? Das Handy? Die Zahnbürste? Die Wohnungsanzeige? Den Rotstift?” ;-)

  5. Thea meint:

    Ich stimme Neeva zu. Ich sitze hier und rege mich richtig auf.
    Seit mein Drucker irreparabel kaputt ist und ich mir keinen neuen leisten kann, gehe ich zum Ausdrucken in ein Späti mit Internet/Copyshop/Laden, der Passbilder macht.
    Hoffentlich wird’s besser. Trotz aller Unbill eine schöne Zeit.

  6. Nina meint:

    Warum diese Rücksichtnahme? Ich würde bei solchen Falschangaben direkt eine schlechte Rezension schreiben. Andere wollen doch auch frühzeitig vor Buchung gewarnt sein.

  7. Nina meint:

    Opfer des Hauptbahnhof-Umbaus ist leider auch das tolle Kinder- und Jugendmuseum, das im Starnberger Flügelbahnhof beheimatet war und jetzt nach Riem zwangsumgesiedelt wurde. Was als Übergangslösung während des Umbaus gedacht war, stellte sich recht spät im Verhandlungsprozess um den Standort und sehr überraschend für die Mitarbeitenden als Dauerlösung heraus. Und das obwohl der Starnberger Flügelbahnhof denkmalgeschützt ist. Ja mei, da könne man leider jetzt am Entwurf der Architekten auch nix mehr ändern, daran sei man halt nun gebunden, Denkmalschutz hin oder her, so die Stadt München.

  8. Bettina meint:

    Menschen und Konflikte – das wird mir immer rätselhafter. Ich hätte ja schlaflose Nächte, wenn ich Dinge versprechen würde, von denen ich genau weiß, dass sie gar nicht da sind. Vielleicht findet sich ja noch ein Router, den man einschalten kann. Aber das mit dem Klo wird wohl nichts mehr.
    Lassen Sie sich den Aufenthalt so wenig vermiesen wie möglich. Ich denke, Feedback wäre schon wichtig. So unangenehm es ist. Aber Dinge einfach schief und krumm stehen lassen ist auch keine Option.

  9. N. Aunyn meint:

    Die Umstände für nächtliche Klo-Gänge gehören auf jeden Fall in eine Rezension – finde ich. Es gibt Menschen mit chronischen Darmkrankheiten. Für die geht das gar nicht, und das sollten sie vorher wissen.
    Trotzdem eine gewinnbringende, inspirierende Zeit.

  10. Joël meint:

    Wenn ich gewusst hätte, dass mir ein Auftrag durch die Latten gehen würde, wäre ich auch nach Klagenfurt gekommen. Viel Vergnügen, auch wenn die Wohnung schon mal ein Dämpfer war.

  11. Berit meint:

    Eigentlich wäre das eine Reklame über das Buchungsportal wert, da sie ja für eine gewisse Dienstleistung bezahlt haben, die sich nicht erhalten haben. Mündlich hatte die Vermieterin ja schon genug Zeit sich zu der fehlenden Ausstattung zu äußern.

  12. Croco meint:

    Ein Wochenende im Paläozoikum.
    Und wie ich nachts auf dem Klo einen fremden Herrn traf, der mit mir Nudeln aß.
    Wäre das nicht eine schöne Geschichte für das Bachmannfestival?

    (Wie sehen denn die anderen Bewertungen auf dem Portal aus?)

  13. Nadine meint:

    Stimme voll und ganz zu: ich würde die Vermieterin ansprechen und auch das Portal informieren. Die Situation ist doch jetzt eh schon blöd. Mich würde das auch total stressdn, und gleichzeitig finde ich, geht alleine das mit dem Klo gar nicht.

  14. Heidi meint:

    Oh, es gibt auch einen bayrischen BER!!!

  15. Ilka meint:

    Ich frage mich gerade, wie ich vorgehen würde, hätte ich das für Chefin oder jemanden aus der Abteilung gebucht. Und mindestens so darf/soll man auch für sich selber einstehen (immer unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Nerven und Kraft).
    Wünsche Ihnen eine schöne Zeit.

  16. Neeva meint:

    @Kaltmamsell, da haben Sie Recht. Ich war vage davon ausgegangen, dass es bei einer kongressartigen Veranstaltung Drucker gibt. Oder Copyshops o.ä.
    Dann vielleicht die elektronische Form (Screenshot mit roten Markierungen) per Mail…

    Das ist halt eine der Stellen, an der man abwägen muss, ob es eher hilft den Ärger verschriftlicht und damit aus dem Kopf zu haben, oder ob man noch Energie verschwendet.

  17. Nathalie meint:

    Du hattest kürzlich schon mal geschrieben, dass du keine schlechte Bewertung abgegeben hast bei einer Ferienwohnung, obwohl es Punkte gab, die unbedingt aufgeführt gehört hätten. Da hatte ich mich gewundert.
    Warum gibst du denn keine schlechte Bewertung ab, wenn sie zutrifft? Denn nur so bewegt sich was. Man kann eine Bewertung differenziert abgeben, so dass die anderen sich ein Bild machen können, ob diese Punkte wichtig sind.

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