Journal Freitag, 16. August 2024 – Spanische Hitze, spanischischer Abend an St. Brück

Samstag, 17. August 2024 um 8:36

Aufgewacht in einen weiteren Sommermorgen, perfekte Balkontemperatur – und ich musste nicht in die Arbeit! Noch vor sieben raffte ich mich endlich auf, den Balkon zu saugen: Die Gewitterböen der vergangenen Wochen hatten so viele Pflanzenpartikel darauf geworfen, dass der gemütliche Draußenteppich fast nicht mehr zu sehen war und ich ständig Dreck in die Wohnung brachte. Entschuldigung, Nachbarschaft, für den Lärm.

Balkon, auf einem Tisch Cappuccino und Wasserglas, Blick über die Brüstung in Park und blauen Himmel mit wenigen weißen Wölkchen

Oder vielleicht nicht: Als ich dann mit Morgenkaffee auf dem Balkon saß und bloggte, lärmte ein Laubbläser in beeindruckendem Maß. Ich hatte keine Lust nachzusehen, was es an einem 16. August laubzublasen gab (miniermottierte Kastanienblätter? verächtlich abgeworfene Pappelblätter, wie ich sie auf meinem Isarlauf am Donnerstag bereits modern roch?), und dann lärmte auch schon eine Straßenkehrmaschine.

Immer mehr Symptome weisen darauf hin, dass ich eine neue Brille brauche (absurde Kopfstellungen, um an einer Stelle durch die jetzige Brille sehen zu können, die scharf stellt / vermehrtes Abnehmen der Brille, um besser zu sehen). Nachdem sich meine Fehlsichtigkeit über Jahrzehnte kaum änderte und ich immer erst eine neue Brille brauchte, wenn eine kaputt ging, scheine ich jetzt bereits drei Jahre nach der Investition von einem halben Monatsgehalt in meine erste Gleitsichtbrille im April 2021 wechseln zu müssen. Tiefer Seufzer, Altwerden ist teuer.

Mittelfrüher Aufbruch zum Schwimmen im Dantebad. Der Himmel war gestern sehr unstet, mal bewölkt, mal mit schwarzen Gewitterwolken drohend, dann wieder schien die Sonne – diese heizte umgehend brüllheiß. Im Schwimmbecken mittelviel Verkehr, darunte allerdings immer wieder unfreundliche Geräteschwimmer, die ein ruhiges Spazierenkraulen verhinderten.

Am Ende meiner diesmal 3.100 Meter war es eher sonnig, ich legte mich ein Stündchen auf die noch fast leere Liegewiese, döste und hörte Musik. Um halb zwei packte ich zusammen, ich hatte noch Pläne. Zum Beispiel kaufte ich meinen derzeitigen Lieblings-Espresso von DelMocca in der Clemensstraße; da auf dem Weg dorthin die Sonne schien, tropfte ich bei meiner Bestellung am Tresen Schweiß. Ich musste einige Minuten aufs Mahlen der Bohnen und Versiegeln der Packung warten, Herr DelMocca reichte freundlicherweise ein Glas Wasser an.

Daheim frühstückte ich um halb zwei eine Scheibe selbstgebackenes Brot (auch am zweiten Tag noch gut) mit Frischkäse und Marmelade, außerdem Nektarinen mit Joghurt. Frischgemacht ging ich auf eine Einkaufsrunde, in der Hitze schön langsam: Apotheke, Lebensmittel beim Vollcorner.

Zurück daheim las ich Zeitung.

Ich war davon ausgegangen, dass ich mich nie wieder mit Handtaschen beschäftigen muss (also: Echten Handtaschen für Ausgehen mit Kapazität für Geldbörse, Handy, Hausschlüssel, evtl. Fächer – für die Arbeit und zum Einkaufen bevorzuge ich Rucksäcke). Doch von meinen wenigen, ausgesuchten verabschieden sich gerade zwei gründlich und irreparabel mit Materialauflösung – /o\

Bei ersten Recherchen fand ich zu meinem Schrecken heraus, dass es Bree nicht mehr gibt. Vor 25 Jahren machte ich zwei Jahre lang PR für die Firma, lernte deren Produkte sehr zu schätzen und wollte einfach blind wieder dort kaufen. (Allerdings las ich gleich darauf, dass diese geschätzte Produktqualität in den vergangenen Jahren seit Ausstieg der Gründerfamilie verschwunden sei.)

Die Nifften meldeten per WhatsApp wohlbehaltenes Eintreffen bei den tíos (eigentlich Großonkel und -tante) in bei Madrid. Herr Kaltmamsell und ich hatten zufällig am selben gestrigen Abend endlich mal einen Tisch im Centro Español reserviert, hervorgegangen aus dem Münchner Vereinstreff spanischer Gastarbeiter (gab’s auch in meinem heimatlichen Ingolstadt, viele Erinnerungen, wurde auch dort einige Zeit als Restaurant weitergeführt – wilde Geschichten, die ich aber nur von Angesicht zu Angesicht erzähle). Der Besuch dauerte bis 25 Jahre nach unserem Zuzug nach München, weil die angebotenen Speise für mich nicht allzu attraktiv waren (spanische Küche ist halt echt schlicht, und spannende Innereien oder Eintöpfe mutet man dort den Münchner*innen lieber nicht zu), außerdem wusste ich aus Erfahrungsberichten, dass man eher laut und gesellig sitzt -> nicht meine favorisierte Art des Auswärtsessens.

Wir gingen eine gute halbe Stunde zu Fuß hin, mussten einen Umweg nehmen, weil die Eisenbahnbrücke an der Lindwurmstraße neu gebaut wird und die Unterführung derzeit komplett gesperrt ist. Wir spazierten den Bavariaring um die Theresienwiese und weiter die Bavariastraße, machten dabei Bekanntschaft mit einem hübschen Teil Sendlings.

Blick von der Straße auf ein Lokal im Erdgeschoß eines dreistöckigen Altbaus, Schanigarten, darüber rote Markise herabgelassen

Im Centro Español (ja, durchaus Aufhorchen beim spanischsprachigen Personal, als ich meinen sehr kastilischen Namen zur Reservierung nannte) teilten wir uns einen Außentisch im Schanigarten (liebevoll unter anderem mit Rebstöcken begrünt) mit nur zwei weiteren Personen, die zudem bald gingen, es blieb also gemütlich.

Die Speisekarte bot, was Deutsche von einem spanischen Lokal erwarten: Die allerklassischsten Touristen-Vorspeisen (nicht mal Tortilla oder Ensaladilla rusa). Einziger und sehr überraschender Ausreißer: Flamenquín. Die hatte ich auf der Abiturreise 1986 in Andalusien kennengelernt als mit Käse gefüllte Schinkenröllchen, paniert und gebraten. Seither nie wieder angetroffen.

Restauranttisch ohne Tischdecke mit den unten aufgeführten Speisen und Getränken

Das musste ich probieren, oben rechts aufgeschnitten mit Beilagen. Stellte sich als hauchdünne Scheibe Schweinefleisch heraus, aufgerollt und gefüllt mit gehacktem Schinken sowie Käse, paniert und gebraten, durchaus schmackhaft. Außerdem gab es eine große Schüssel gebratene Chorizo-Scheiben, frittierte Sardellen und für den Kroketten-Liebhaber am Tisch Kroketten (er bestätigte, dass auch diese authentisch aus dicker, aromatisierter Bechamel in Panade bestanden). Alles in Ordnung. Mich amüsierte, dass man ausgerechnet in einem Restaurant der spanischen Küche, in der zu absolut allem Brot gegessen wird, das Brot extra bestellt und zahlt. Dazu tranken wir beide ein Glas kräftigen Albariño. Großes Lob: Das bestellte Wasser ohne Kohlensäure wurde uns gleich als Literkaraffe Leitungswasser angeboten.

Hölzerner Restauranttisch mit den unten aufgeführten Speisen und Getränken

Nachtisch gab’s auch noch: Flan, reich dekoriert (meiner ist mir lieber, hier aber bekam ich gleichzeitig den eigentlich klassischen spanischen Nachtisch Obst), und einen milden und aromatischen galicischen Tresterbrand Orujo. Hiermit ist dieser Posten auf meiner München-Essengehen-Liste abgehakt.

Auch nach Hause gingen wir zu Fuß durch die eher unangenehm warme Nacht. Unangenehm warm war es beim Zu-Bett-Gehen sogar in meinem Schlafzimmer, mein alter Thermometer-Wecker zeigte über 25 Grad an. Ich freute mich auf den angekündigten nächtlichen Regen und seine Abkühlung.

§

Nein, nicht vom Postillon:
“Antwort auf immer größere Pkw:
Müllwagen werden kleiner”.

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Freitag, 16. August 2024 – Spanische Hitze, spanischischer Abend an St. Brück“

  1. Christine meint:

    Unser Hausmeister ist seit ein paar Wochen mit dem Laubbläser unterwegs: Ursache ist nicht das Laub, sondern die sich blätternde Platanenrinde!

  2. Trulla meint:

    Nicht mehr lange hin und die Flucht vor dem ungemütlichen Herbst und Winter in Richtung Kanaren startet. Als besonders toll habe ich die spanische Küche generell nicht im Herzen, mit Ausnahme dessen, was das Meer hergibt und ach, des großartigen Secreto Iberico! Wenn man dann noch Restaurants kennt, in denen es perfekt angerichtet auf den Tisch kommt… freuen sich
    Trulla und Mann schon riesig vor.

  3. Katrin meint:

    Nur zur Info: Die Lindwurm-Unterführung ist seit 5. August für Fußgänger und Radfahrer wieder in beide Richtungen offen.

  4. Halbblut meint:

    Das Aus von Bree hat mich auch kalt erwischt, da ich ebenfalls blind eine neue Tasche kaufen wollte – 15 Jahre nach der alten. Nun bin ich auf Jost umgestiegen und bislang zufrieden, aber natürlich wird erst ein Langzeittest benötigt.

  5. corsa meint:

    Einer der Bree-Sprösslinge macht auch in Leder: https://pb0110.de/
    Mein Lederbeutel ist heftig im Einsatz und immer noch tadellos.

  6. Croco meint:

    Bree mochte ich auch, habe jetzt Jost, wie Halbblut:)

  7. Mareibianke meint:

    Ich bin von Bree auf Zwei umgestiegen.

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