Journal Sonntag, 4. August 2024 – Früher Isarlauf, großes Grillen bei Elterns

Montag, 5. August 2024 um 7:32

Etwas unruhige Nacht, früh zu Ende – was mir sehr recht war, weil Pläne. Wir waren gestern bei meinen Eltern zum Grillen eingeladen, auch eingeladen waren die Familie meines Bruders und meine Schwiegereltern. Und vorher wollte ich noch eine Runde Laufen.

Draußen war es kühl und düster nach nächtlichem Regen, wieder kein Morgenkaffee auf dem Balkon. Eng getimet mit einer Maschine helle Wäsche machte ich mich lauffertig. Es war trocken und angenehm, nach fast einer halben Stunde kam ich auch mal wieder ein wenig in den Fluss.

Unter anderem Nachdenken über eine Geschichte im Granta 168, Significant other, vor allem über diese Passage:

Being recognized as part of a couple thrilled me; I felt legitimised.

Das fehlte mir immer schon komplett. Ich verliebte mich, manchmal war eine Folge, dass ich Teil eines Paars wurde – doch damit haderte ich. Bis ich erkannte, dass ich das eigentlich lieber nicht war. Herr Kaltmamsell musste hohe Hürden meistern, um mich zu überzeugen: Er war die Ausnahme. Erst kürzlich hatte mich eine Diskussion über Online-Datingportale zur Erkenntnis gebracht: Ich war noch nie auf Partnersuche. Neben meinem frühen und intensiven Nicht-Kinder-Wunsch wohl ein zentrales Stück Privileg und Freiheit in meinem Leben.

Blick auf eine zugewucherte Gärtnerei, im Vordergrund am Boden dunkle Gärtnereifolie, im Hintergrund werden Beete bewässert

Über der Flaucher-Gärtnerei zeigte sich erster blauer Himmel.

Dicht zugewachsene Flusslandschaft mit steinigem Flussbett

Liegender Grabstein in dichtem Grün, bei aller Verwitterung kann man die große Inschrift lesen: "Georg Simon Ohm"

Am Alten Südfriedhof sagte ich Herrn Ohm hallo – dem großen Widerstandskämpfer. (Eine physikalische Einheit nach sich benannt zu bekommen, ist schon sehr weit oben auf der Coolheits-Skala.)

Zug nach Ingolstadt, pünktlich und problemlos. Große Freude über Wiedersehen meiner Eltern, meiner Schwiegereltern, der lange nicht mehr gesehenen Bruderfamilie. Wir saßen auf der Terrasse des Elternhauses, vor der meist scheinenden Sonne mit einem riesigen Schirm geschützt, Blick auf den hochsommerlich zugewucherten Garten. Viele hochspannende Neuigkeiten von den Nifften (unter anderem Einblicke in den Medizinertest, der ganz anders ist, als ich gedacht hatte). Vom Grill (den meist mein Bruder bediente, damit meine Eltern sich um ihre Gäste kümmern konnten) gab es Garnelen, Tintenfisch, Rinderfilet, Schweinskotelett, Schweinebauch, Tofuspieße, vegane Würschtl, Tomaten, Champignons, Brot, dazu Salate. Nach einer Anstandspause Kaffeeundkuchen, und zwar Marzipantorte (von der Gastgeberin selbst gekauft).

Am späten Nachmittag nahm ich mit Herrn Kaltmamsell einen Zug zurück, dieser sehr dicht besetzt. Daheim eine wohltuende Runde Yoga-Gymnastik (dass ich weder crow pose noch half moon je erleben werde, habe ich mittlerweile überwunden), dann hatte ich wieder Hunger (mittags vor Aufregung gar nicht so viel gegessen): Zwei frisch gepflückte elterliche Tomaten als Salat mit Flachpfirsich, Basilikumblättern und Olivenöl, außerdem Käsereste, hartgekochtes Ei, danach noch reichlich Schokolade.

Meg Rosoff, The Great Godden ausgelesen, bis zum lahmen Schluss beleidigt über die Flachheit der Geschichte, doofes Buch. Meine nächste Lektüre muss das ausgleichen: Helena Adler, Die Infantin trägt den Scheitel links (war in der Münchner Stadtbibliothek gerade verfügbar). Das schaffte dieser Roman der Anfang des Jahres jung verstorbenen Österreicherin sofort. Er beginnt:

Home Sweet Home

Nehmen Sie ein Gemälde von Pieter Bruegel.

Wir essen schwarze Regensuppe zum Nachtmahl. Der grüne Kachelofen brütet in der Ecke, in der Stube dampft es, doch mir ist kalt. Die Bewohner des Hauses haben sich im Parterre versammelt. Nicht oft verlassen die Urgroßeltern den ersten Stock. Sie sind die Urgesteine hier am Hof und wer sie bewegen will, beißt auf Granit. Wir, die Eltern, die Schwestern und ich, wohnen bei ihnen, nicht sie bei uns.

Zack: Wenige Zeilen, doch schon ist der Ton gesetzt, die Szenerie aufgebaut. Jetzt freute ich mich wieder aufs Lesen.

§

Eine lesenswerte Perspektive aufs Thema privates Fliegen von Bernhard Ötter in der taz:
“Wir unperfekten Menschen”.

die Kaltmamsell

1 Kommentar zu „Journal Sonntag, 4. August 2024 – Früher Isarlauf, großes Grillen bei Elterns“

  1. Croco meint:

    Wir unperfekten Menschen. Wir mühen uns, jeder in seinem kleinen Leben. Und dann kommen noch die großen Ziele und wir sind beschämt, dass wir sie nicht einhalten können. Ich denke dann an das Grönemeyerlied, und verzeihe mir ein bisschen.
    Danke für den Artikel.

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