Archiv für August 2024

Journal Samstag, 24. August 2024 – Return of the Hochsommer

Sonntag, 25. August 2024

Recht früh aufgewacht, doch da ich mich ausgeschlafen fühlte, stand ich auf.

Blick über einen Balkontisch hinweg, auf dem zugeklappter Laptop, Kaffeetasse, Wasserglas stehen, in einen Park mit hellblauem Morgenhimmel

Hurra, nochmal Balkonkaffee.

Auf dem Balkonsims eine Kohlmeise, dahinter Sonnen-beschienener Park

Meisi zu Besuch.

Nach dem Fertigbloggen buk ich Zwetschgenkuchen mit Mürbteigboden.

Schwarze Springform, darin Zwetschgenkuchen

Wie schon beim Einkauf auf dem Markt staunte ich über die Größe der Zwetschgen, hat’s am Bodensee (daher kommen die Früchte laut Marktstandl-Schild) noch Tschernobyl-Reststrahlung?

Sportplan für gestern: Schwimmen im Dantebad. Das Hinradeln war schon mal schön in strahlender Sonne und noch ohne Hitze. Schwimmen war auch meistens schön, ich erschrak nur zweimal sehr, weil jemand mich kurz vor Bahnende überholte und am Beckenrand auftauchte, an dem ich gerade wenden wollte (und dann stehenblieb, mein Angebot ablehnte, vor mir weiterzuschwimmen). Um die Mittagszeit war es immer noch nicht unangenehm heiß, ich legte mich in die Sonne und hörte Musik.

Heimradeln jetzt in Hitze unter wolkenlosem Himmel über Semmel- und weiteren Wochenendeinkauf. Daheim erstmal Frühstück: Kurz vor drei gab es zwei Körnersemmeln mit Butter und Tomate. Den Zwetschgenkuchen schnitt ich erst nach dem Duschen an, schlug Sahne dazu – köstlich.

Blick vom Wohnzimmer auf den Balkon mit geschlossener Balkontür, leuchtend oranger Markise, links davon Wohnzimmerfenster mit herabgelassenem Rolladen

Vertrödelter Nachmittag in angenehmer Temperatur bei geschlossenen Fenstern mit Playlist-Zusammenklicken, restliche Zwetschgen zu Zwetschgenröster Einkochen für den nächsten Kaiserschmarrn, Yoga-Gymnastik, schonmal PetNat Heinrich Oh when the Saints aufmachen, während Herr Kaltmamsell Ernteanteil-Zucchini mit Garnelen nach einen Jamie-Oliver-Rezept zubereitete.

Außen, Himmel mit vielfarbigen Wolken, davor Kirchturm und Park

Der Abendhimmel passte zur Vorhersage mit Wetterumschwung.

Beim Rumzappen im Fernsehprogramm, was wir schmerzfrei laufen lassen konnten, blieben wir an Freunde mit gewissen Vorzügen von 2011 hängen – weil die Dialoge so schön originell waren und auf einer RomCom-Metaebene spielten. Vor dem vorhersehbar klebrigen Schluss schaltete ich aber lieber aus.

Im Bett neue Lektüre: In der Stadtbibliothek stand rechtzeitig das vorgemerkte All Fours von Miranda July bereit, der Anfang las sich vergnüglich.

Journal Freitag, 23. August 2024 – Die Angst des Journalismus vorm Smartphone

Samstag, 24. August 2024

Für gestern war seit Langem ein wirklich heißer Tag angekündigt, ich glaubte dem und verließ in einem ärmellosen Sommerkleid und mit Sandalen das Haus, gegen die knackige Morgenkühle in Strickjacke.

Wie sehr ich diese Momente mag, wenn mich Kunst unerwartet aus dem Augenwinkel erwischt. Unterwegs ist das meist Streetart, gesprüht auf Wände, manchmal sind es Skulpturen im öffentlichen Raum. Doch diese Woche war es ein kleines Studio in der Ligsalzstraße, das mir Objekte in den Blick warf.

Schaufenster eine kleinen Raums, auf einem Tisch stehen sehr große Vasen-Objekte aus weißem Ton mit abstrakter farbloser und schwarzer Glasur, dahinter hängte eine dicke Kette mit mehreren Strängen aus weißen Schaustoff-Schlaufen

Die Künstlerin: Christine Rath. Ich war von diesen getöpferten (?) Objekten im schmalen Schaufenster und dahinter im Raum sehr angetan, die das Material so un-material-gemäß zeigten. Auf der Website sah ich zudem sehr interessante Objekte aus Schaumstoff. Und auch Raths Malerei arbeitet zum Teil mit behaupteter Materializität.

Emsiger Vormittag, draußen schien die Sonne, im Büro brauchte ich eine Jacke. Zu meinem Mittagscappuccino marschierte ich recht durchgefroren, doch bereits die 15 Minuten Hinweg temperierten mich – und es roch herrlich nach Sommerferien. Zurück kam ich mit der Strickjacke in der Hand, doch bereits nach kurzer Zeit brauchte ich sie im Büro wieder.

Zu Mittag gab es restliche Schwedenmilch und drei große italienische Pfirsiche vom Eataly (diesmal nicht so gut, weil unreif).

Ausgerechnet an den letzten beiden Tagen des zweiwöchigen Jour-Dienstes, den ich immer so fürchte, kamen unangenehme Dinge rein. Mit frei ausgedachten Vorwürfen an Unternehmen/Organisationen verhält es sich wie mit ausgedachten Erklärungen für Natur-Phänomene (siehe Verschwörungsmythen): Der Aufwand, sie faktisch sauber zu widerlegen, ist enorm.

Auf dem Heimweg freute ich mich erstmal über die heizende Sonne, die mir die Büro-Kälte aus den Knochen schmolz. Und richtig unangenehm heiß wurde sie auch nicht.

Sonnige städtische Wohnstraße mit Bäumen, im Vordergrund ein Stromkasten, an dessen Seite ein Plakat-überklebtes Graffiti-Männchen

Lebensmittel-Einkäufe bei Edeka, Vollcorner, Abholung Bestelltes bei Tchibo. Ich kam angenehm früh heim, konnte gemütlich kruschen, eine Einheit Yoga-Gymnastik turnen, Gurkensalat fürs Abendessen zubereiten, dann gab’s Wochenend-Feiern mit Aperitif auf dem angenehm temperierten Balkon.

Zwei Menschen auf dem Balkon nebeneinander auf einer Bank sitzend, vor sich ein Tisch mit zwei gefüllten Gläsern und zwei Schälchen, Abendsonne

Calvados-Tonic, aus dem Glas eingelegte Artischocken, gefüllte scharfe Paprika (beide eher langweilig). Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell Spareribs besorgt und vorgedämpft, jetzt grillte er sie gar.

Stroh-Tischsets auf Tisch, darauf große Glasteller mit je einem Streifen Spareribs, dazwischen eine Schale Gurkensalat mit hellem Dressing, eine leere Schale

Dazu schenkte ich uns provenzalischen Rosé ein. Nachtisch Schokolade. Im Fernsehen ließen wir Ocean’s 8 laufen.

§

Journalismus-Prämissen des modernen Lebens, die mich erzürnen, Teil viele:
Menschen wünschen sich, weniger Zeit “an ihrem Handy zu hängen” (Krautreporter bieten dazu einen eigenen “Kurs” an EINSELF!11!!111).

An meinem Smartphone “hänge” ich unter anderem, um
– die Uhrzeit zu erfahren
– meine E-Mails zu lesen
– die Wettervorhersage zu checken
– meinen aktuellen Roman zu lesen
– einen besonderen Anblick per Foto einzufangen
– die Zeitung zu lesen
– ein besonderes Foto anderen zu zeigen
– in Kontakt mit meinen Freund*innen zu bleiben, wenn ich auf Mastodon, Facebook, instagram sehe, was sie gerade so machen
– die Tagesschrittzahl abzulesen und Schwimm-Meterzahl einzugeben, abends die Tagesauswertung meiner körperlichen Bewegung zu checken
– zu erfahren, was die Nifften gestern auf ihrem Madrid-Urlaub erlebt haben
– interessante Fotos meiner instagram-Kontakte zu sehen
– meiner Mutter per Text-Nachricht Bescheid zu geben, dass ich am Sonntag für eine Einladung verfügbar bin
– meinen Mittagscappuccino zu bezahlen
– mich ans Blumengießen erinnern zu lassen
– Musik über Kopfhörer zu hören
– herauszufinden, wie lange ich zu Fuß vom Büro zur nächsten Post brauche
– DHL anzuweisen, die nächste Lieferung Crowdfarming-Obst vor der Wohnungstür abzustellen
Unter anderem.

Warum sollte ich mir wünschen, das nicht zu tun? Was davon vergiftet mich, sodass ich digital detox benötige? Mein Verdacht: Mal wieder wird unerwünschtes Verhalten mit dem Gerät verwechselt, mit dem es stattfindet. (Oder mit der Plattform, siehe das “böse Internet”.) Denn ich bin ziemlich sicher, dass der “Kurs” von Krautreporter irgendwas anderes austreiben soll – ich wünschte nur, sie würden das konkret benennen. (Sie nennen ihn auch noch “Weniger Handy. Mehr Leben.” – Leute: Das ist mein Leben.)

Journal Donnerstag, 22. August 2024 – Erfolgreiches Werktagsschwimmen

Freitag, 23. August 2024

Sehr gut geschlafen, 15 Minuten vor Wecker aufgewacht – das war mir recht, weil Pflanzengießen und Wäscheaufhängen zu erledigen waren.

Der Himmel nur leicht trübe, die Luft aber richtig kalt. Ich gab meine Hoffnung auf einen warmen Tag auf und schlüpfte in dicke Jeans und Turnschuhe – um die ich draußen wirklich dankbar war. Besonders früher Aufbruch in die Arbeit, schließlich wollte ich ja besonders früh Feierabend machen und Schwimmen gehen.

Gut wegzuarbeitender Vormittag, Mittagscappuccino bei Nachbars, Zwetschgenkauf am Westend-Markt für Wochenende. Es war weiter kühl, wurde aber immer sonniger.

Zu Mittag gab es am Schreibtisch eingeweichtes Muesli mit Joghurt und einen italienischen Pfirsich: Fest, aber mit Dosenpfirsich-dunklem und süßen Fleisch.

Wie geplant früher Feierabend und U-Bahn-Fahrt ins Dantebad. Der Becken glitzerte in der Sonne und war wunderbar leer. Im Verlauf meiner 3.000 Meter kamen zwar mehr Schwimmer*innen auf der Bahn dazu, wir arrangierten uns aber gut. Ärgerlich waren lediglich die Krämpfe, die mich Knie-abwärts mal an dieser, mal an jeder Muskelpartie anfielen, zum Glück konnte ich sie entweder gegenbiegen oder weg-ignorieren. Nicht ganz entspannt, doch ich genoss die Sonne, die nachmittags die Schwimmbahn entlang scheint (das bedeutet, dass ich beim Atmen links und rechts die Augen öffnen und gucken kann).

Auf dem Heimweg wollte ich eine Bestellung im Tchibo-Laden an der Sonnenstraße abholen, doch die Öffnungszeiten auf der Liefernachricht stimmten nicht: Er war zu.

Nachtmahl aus gestern geholtem Ernteanteil:

Glasteller auf Korb-Tischset, darauf gelbe Tomatenscheiben, Mozzarellastücke, Basilikumblaetter

Irische Caprese (wegen der Flaggenfarben) mit wirklich köstlichen Tomaten. Dann gegrillter Zuckermais (endlich wieder im Ernteanteil!), dann Eiscreme, abschließend Schokolade.

Vorläufiges Ende des Kampfs mit dem Handyzahlungsdienstleister: Am Mittwoch fragte ich nochmal den Support-Chat, ob sie nochwas von mir brauchen, dann endlich wurde mein Konto wieder freigeschaltet. Ich konnte bereits wieder zweimal damit zahlen.

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Mein Internet war gestern gut zu mir. Danke.

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Gestern wollte ich dann doch wissen, wer die schöne Musik Dienstagabend im Nußbaumpark gespielt hatte: Kein klassisches Holzbläserquintett, sondern das Arcis Saxophon Quartett. Hier ein schönes Beispiel:

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/U63-AvBjmNQ?si=AlndRrC898TLe3Ln

Dieses Stück hatte wohl meine Assoziation mit Michael Nyman ausgelöst. Hier mehr Musik von ihnen.

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Apropos lustige Musik: German humour beim Einfahren eines deutschen Marineschiffs auf der Themse in London.

Aktivieren Sie JavaScript um das Video zu sehen.
https://youtu.be/ojNsqmK2f3g?si=mhZmT-2wJDDePYqq

Die BBC erklärt Hintergründe.

via @chronotonflux

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Schönes Best-of von Celeste Barber.

Journal Mittwoch, 21. August 2024 – Vergebliche Hoffnung auf Sommer-Rückkehr

Donnerstag, 22. August 2024

Zur Musik eines Holzbläserquintetts aus dem Nußbaumpark eingeschlafen (sehr schön, nichts Klassisches, eher Michael Nyman – Nachtrag: Es war das Arcis Saxophon Quartett, also weder Holz noch vier), gut geschlafen. Aber zu früh aufgewacht: statt wieder einzuschlafen, krochen Arbeitsüberlegungen hoch, ich stand lieber auf.

Eigentlich hatte ich mich fürs Abendessen mit Herrn Kaltmamsell draußen verabreden wollen; ich schwankte, denn die Wettervorhersage verschob die Rückkehr von warmer Sonne halbtäglich nach hinten. Bis ich beschloss, auf meine innere Britin zu hören, nach der schönes Wetter ohnehin Sache gesellschaftlicher Vereinbarung ist, und mich mit ihm im Gans am Wasser im Westpark verabredete, das würde schon irgendwie werden.

Der Anfang meines Arbeitswegs wurde wieder von Entbindungs-Lauten aus einem der oberen Portalklinik-Fenster begleitet. Diese Dame war noch in der Phase, in der das Stöhnen eine überraschte Note enthält, eines davon abgeschlossen mit einem kleinen Lachen. (Ich sehe mich bereits zur Gebärsoundexpertin werden.) (Natürlich Quatsch, dazu müsste ich meine Interpretationen ja mit dem tatsächlichen Gebärvorgang abgleichen.)

Wenige Meter weiter einige Din-A4-Zettel an Laternenpfählen für einen “Kinderflohmarkt” nächstes Wochenende – da können Eltern dann wohl die Geburtsergebnisse verscherbeln, die doch nicht so recht zu den Erwartungen passten.

Der Himmel war hell geblieben, ich sah große Stücke Blau, weiße Wolken, schräge Morgensonne. Mit diesen Zutaten warf mir das Westend Fotomotive in den Arbeitsweg, ich kam nur langsam voran.

Straße mit Altbauten in der Morgensonne, im Hintergrund der Turm einer Backsteinkirche

Tür zu einem Altbau, dunkles Holz und Glaseinsätze

In einer Lücke zwischen zwei Altbauten ein großer Baum, durch den die Sonne scheint

Auf einem Gehweg zusammengeschoben bunte Tische und Stühle mit bunten Lamellen

Doch schon bald am Vormittag endete die Farb- und Lichtpracht, es wurde wieder dunkelgrau, ich fror am Schreibtisch. Zu meinem Mittagscappuccino spazierte ich noch im Trockenen, wenig später prasselten Regenschauer an mein Bürofenster.

Zu Mittag gab es Pfirsiche mit Schwedenmilch (kommt mir nur im Hochsommer in den Sinn – und weil Mequito sich als Fan entpuppt hat und mich daran erinnerte).

Nachmittägliches Abarbeiten von Dingen, draußen wollte sich das Wetter einfach nach nicht zu dem vorhergesagten milden Abend entwickeln. Egal, nach Feierabend marschierte ich fröstelnd in den Westpark.

Tisch mit Limoflasche und Buch vor einem Teich und Park

Lesen mit Enten am Wasser, bis Herr Kaltmamsell (pünktlich) kam. Abendessen war ein Saitan-Gyrosteller für mich (gebratener Saitan mit Mango-Sauce, Blaukraut-Rohkost, geschmorte Zwiebeln und rote Paprika, Salat, Hummus, Couscous mit Granatapfelkernen, Pita), sehr gut und genau das richtige für den Moment. Pommes und Erdnusskeks für Herrn Kaltmamsell.

Auch wenn die Sonne endlich rauskam, wurde es nicht wirklich warm. Wir marschierten zum Warmwerden zackig nach Hause.

Im Gegenlicht der tiefen Abendsonne Teich und Parkbäume

Dort Nachtisch in Form von Schokolade. Ich packte Schwimmzeug: Nachdem die Sonne mittlerweile so spät aufgeht, dass es zu dunkel zum Laufen vor der Arbeit ist, will ich noch ein paar Mal nach der Arbeit im Freibad schwimmen. Zum Beispiel am Donnerstag.

Journal Dienstag, 20. August 2024 – Entsättigter August

Mittwoch, 21. August 2024

Eine gute Nacht, ich erwachte zu fortdauernder grauer Düsternis draußen, es war kühl. Für den weiteren Verlauf des Tages waren aber bis zu 24 Grad Wärme angekündigt, zu langen Hosenbeinen und Ärmeln schlüpfte ich in Sandalen. Das sollte sich als Fehleinschätzung erweisen.

Emsiger Arbeitsvormittag, zu meinen Jobs gehörte gestern auch Statistentum für ein Drohnen-Filmchen. Und es war kalt, im Büro brauchte ich eine Strickjacke.

Mittagscappuccino im Westend, Marsch dorthin in Jeansjacke. Mittagessen später am Schreibtisch: Hüttenkäse und Joghurt mit frischen Feigen. (Jemanden glücklich gemacht, die bis zum meinem Anblick beim Feigen-Schnippeln nicht wusste, dass man die nicht schälen muss.)

Nachmittag Kopfweh-erzeugend anstrengend. Richtung Feierabend war ich mal wieder so erledigt, dass ich mich schier nicht zum Heimgehen aufraffen konnte.

Unter immer noch düsterem Himmel, der alle Farben entsättigte, und in Jacke marschierte ich in die Innenstadt, erfolglose Suche im Kaufhaus nach einer bestimmten Unterhosenfarbe, zum Ausgleich kaufte ich beim Eataly Pfirsiche.

Nach dem Heimkommen knackige Yoga-Gymnastik. Erst gegen Ende der Einheit klarte endlich wie versprochen der Himmel auf, die Sonne kam raus – ZACK! Farben wieder zugeschaltet.

Nachtmahl von Herrn Kaltmamsell:

Weißer Teller mit unten beschriebenem, rechts daneben Besteck

Linsen (!) mit gebratenen roten Spitzpaprika und Salbei. Nachtisch Schokolade.
Intensive Sehnsucht nach der Fast-forward-Taste.

§

Das SZ-Magazin von vergangenem Freitag enthielt gleich zwei Artikel, die mir immer noch nachgehen:

1. Historikerin Hedwig Richter forscht zum Bild der Hausfrau in der westlichen Gesellschaft, seine Entstehung und Entwicklung vor allem in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg (€):
“‘Hausfrauen wurden schon immer attackiert und verachtet'”.

Vieles war mir bekannt, doch im Interview stellt Prof. Richter auch interessante Verbindungen her:

Nach dem Zweiten Weltkrieg wollen die Menschen in den westlichen Ländern in Demokratien leben, auch die Menschen in der Bundesrepublik. Und das demokratische Prinzip, das gleiche Rechte für alle verspricht, erfordert auch innerhalb der Familien neue Narrative von Gleichheit. Da passt das Hausfrauenmodell perfekt in die Zeit.

Aber die Hausfrauenehe ist doch der Inbegriff von Ungleichheit.
Das sehen wir heute so. Aber damals, zu ­einer Zeit, in der es immer weniger Dienstmädchen gibt, steht das Hausfrauenmodell auch für ein Gefühl von Egalität: Jetzt putzen nicht mehr nur die Arbeiterinnen selbst, jetzt putzen alle Frauen, sogar die wohlhabende Arztgattin ihren schönen Bungalow. Das Hausfrauenmodell verbindet scheinbar die alten Geschlechterrollen mit den ­demokratischen Gleichheitsansprüchen.

(…)

Seinerzeit geht es darum, die Kriegswirtschaft auf Friedenswirtschaft umzustellen, dabei spielt die Hausfrau eine zentrale Rolle. Die Idee ist: Eine gute Frau ist eine gute Demokratin, und eine gute Demokratin ist eine gute Hausfrau und demnach auch eine gute Konsumentin. Musste die deutsche Hausfrau in den Nachkriegsjahren aus dem Nichts ein Essen zaubern und Haare als Nähgarn nutzen, sollte sie nun vor allem gut konsumieren. Sie kauft viel, sie kauft national, bringt so die Wirtschaft zum Laufen und sorgt für Arbeitskräfte. Außerdem ist die Hausfrau ein verbindendes Band für den Westen: Die freie Frau ist eine Westfrau – im Gegensatz zu der vermeintlich unfreien Frau im sogenannten Ostblock, die arbeiten muss. Und als freie Bürgerin hat sie die Macht zu wählen, welche Produkte sie kauft. Während die arme Sozialistin keine Wahl hat. So wird die Hausfrau in den westlichen Demokratien konkret mit dem Kapitalismus verbunden.

Aber ist das nicht nur Ideologie?
Nein, so viel konsumieren zu können, ist für die Menschen nach dem Krieg wirklich eine Befreiung. Es bedeutet, ein Leben in Würde führen zu können. Aber mit dem Wirtschaftswunder beginnt die sogenannte Fresswelle. Damals nimmt der zerstörerische Konsum seinen Anfang, den wir heute als normal empfinden. An diesem hat auch die Hausfrau ihren­ Anteil, indem sie alles, was daran schlecht ist, mit ihrem idyllischen Glanz überdeckt.

2. Der andere Artikel ist ebenfalls ein Interview, nämlich mit dem Schriftsteller Reinhard Kaiser-Mühlecker (seinen Roman Wilderer habe ich hier besprochen):
“‘Landwirtschaft heißt, die Welt retten, Schreiben, sich selbst retten'”.

Tobias Haberl besucht Kaiser-Mühlecker auf seinem Hof, natürlich geht es auch viel um Landwirtschaft, mal wieder mit dem Schwerpunkt, dass die meisten Nicht-Landwirt*innen zu wenig darüber wissen. Was mich auf die Frage brachte, warum von den Menschen in der Landwirtschaft nicht viel mehr gefordert wird, ihr Fachgebiet zu kommunizieren. Ich dachte an Wissenschaftler*innen, von denen seit Jahrzehnten in immer neuen Abwandlungen gefordert wird, sie müssten ihre Forschung der Allgemeinheit erklären und nahebringen, praktisch jede Regierung gründet wieder eine Organisation oder Struktur, die das unterstützt und anschiebt. Begründet wird das meist damit, dass schließlich eine Menge Steuergelder in die Wissenschaft fließen, die Steuerzahler also auch Anspruch haben zu erfahren, was genau damit passiert. Auch die Landwirtschaft wäre ohne Subventionen durch Steuergelder nicht möglich: Statt Bürger*innen und Politik mit Traktoren zu bedrängen und zu drangsalieren, sollten Landwirt*innen dazu gebracht werden, auf Social Media von ihrem Alltag zu berichten (ein paar wenige tun das ja), in YouTube-Videos Maisanbau erklären, als Experten in Talk Shows die Auswirkungen von Vorschriften für Milchvieh-Ställe darlegen. Dafür böten die Bauernverbände Medienschulungen und Kommunikationstrainings an. Nur so als Idee.

Journal Montag, 19. August 2024 – Augustregengrauer Arbeitsmontag

Dienstag, 20. August 2024

Nachts ein paar Mal ein wenig aufgewacht, jedesmal die Regengeräusche vorm Fenster wahrgenommen. Es hatte auch deutlich abgekühlt, ich musste meine Kleidungspläne umwerfen (und betrachtete traurig meine sorgfältig und überraschend gelungen rot lackierten Zehennägel, die ganz auf Sandalen ausgelegt waren und sehr wahrscheinlich in geschlossenen Schuhe umgehend abgeschubberte Spitzen bekommen würden).

Arbeitsweg in leichtem Regen und leichtem Kapuzenmantel. Leider bestätigte sich, dass dessen schicke Kapuze nicht regentauglich ist: Zu weit, jeder Windhauch weht sie vom zu schützenden Kopf. Ein Fehlkauf, vielleicht kann eine Änderungsschneiderin etwas richten.

Verregnete Straße gesäumt von Altbauten, links Leuchtschild "Z Breze", im Hintergrund ein Backstein-Kirchturm

Gollierstraße. Schlechtes Wetter ist schwer zu fotografieren.

Im Büro (urlaubsleere Flure) gleichmal durchgestartet: Als ich mit dem E-Mail-Eingang seit Mittwoch durch war, stellte sich der Inhalt als gar nicht so aufwändig heraus, Erleichterung.

Blick aus dem Bürofenster ins Trübe: Einheitlich grauer Himmel, düsteres Licht, Dauerregen – schon sehr greislich.

Nach Mittagscappuccino bei Nachbars ging ich noch in leichtem Regen auf ein paar Einkäufe zum Lidl, bekam unter anderem riesige reife Feigen. Spätes Mittagessen am Schreibtisch: Die reifste der Feigen (saftig und köstlich), Quark mit Joghurt.

Gegen zwei hörte der Regen auf, es wurde deutlich heller. Stellte sich als Finte heraus, es regnete kurz darauf weiter.

Ich ließ den Feierabend nicht allzu spät werden, überzeugt mich selbst, dass ich manches wirklich auch am Dienstag erledigen konnte.

Auf dem Heimweg (Einkäufe im Vollcorner und Drogeriemarkt) nieselte es nur noch, blieb aber düster. Daheim packte ich nur kurz aus, startete dann eine Folge Yoga-Gymnastik, auf die ich mich sehr gefreut hatte, die sehr gut tat.

Herr Kaltmamsell zauberte das Nachtmahl:

Gabel und Messenrzerteilen einen Hügel von Wirsingblättern

Mit Hackfleisch gefüllter Wirsing. Nachtisch Schokolade.

Weitere Händel mit dem Handyzahlungs-Dienstleister. Nachdem ich anweisungsgemäß eine E-Mail mit angewiesenem Betreff “persönliche Daten ändern” an die angewiesene E-Mail-Adresse geschickt hatte, lautete die Antwort, was denn genau geändert werden solle. Ich antwortete mit “von mir aus gar nichts!” und Screenshots des Chat-Verlaufs. Nichts daran erweckte Vertrauen.

Ich hatte vor drei Wochen einfach mal “Dahlien” auf unsere gemeinsame Einkaufsliste geschrieben.

Eine Glasvase mit weißen und rosa Blüten auf einem kleinen Holztischchen vor weißer Wand

Und gestern standen sie da! An diesem grauen Tag eine besonders willkommene Aufhellung.

Im Bett neue Lektüre: Granta 167, Extraction. Die Ausgabe 168 hatte ich davor gelesen; als sie eintraf, fiel mir auf, dass ich die vorherige Ausgabe nie bekommen hatte und hakte nach.

§

Vor einigen Jahren veröffentlichte des SZ-Magazin einen Artikel über das Sterben: Was da genau bei uns Menschen passiert. Er beeindruckte mich sehr, ich fühlte mich ein wenig (wenn das überhaupt geht) gewappnet für die Zeit, wenn ich mal jemanden beim Sterben begleiten würde. Es ist das einzige SZ-Magazin, das ich aufgehoben habe, ich will es für den Ernstfall zum Nachlesen zur Hand haben.

Kürzlich erwähnte ich den Artikel meiner Mutter gegenüber, sie bat um eine Kopie. Zu diesem Anlass las ich ihn nochmal darauf hin, ob er immer noch so gut ist wie in meiner Erinnerung. Ich wusste nicht mehr, dass er schon 2016 erschien. Ich wusste nicht mehr, dass er aus der Perspektive des eigenen Sterbens geschrieben ist (das mich ja nicht schreckt). Und er ist sogar besser, als ich ihn in Erinnerung hatte (€).

“Wie Sterben abläuft:
Ganz am Ende”.

(Stecke ich heute in die Post, Mama.)

§

Und dann: In Wien gibt’s Urban Gardening am Friedhof. Eh.
“Kein Schmäh: Frisches Gemüse vom Zentralfriedhof”.

via @sauerlauwarm

Nicht wenige zieht es zum Würstelstand mit dem schönen Namen Eh scho wuascht.

Und dann heißt die Gärtnerin auch noch Himmel.

Auf dem Zentralfriedhof beackern momentan zwischen 60 und 90 Menschen die Gartenparzellen. Um sich dort die Radieschen von oben anschauen zu können und ein Beet von 24 oder 40 Quadratmetern zu bewirtschaften, muss man aber über ein Grab auf einem der 46 Wiener Friedhöfe verfügen.

Journal Sonntag, 18. August 2024 – Augustregen, viel davon

Montag, 19. August 2024

Wieder gut geschlafen, offene Fenster und Türen kühlten die Wohnung angenehm ab.

Balkontisch, daran sitzt eine Frau mit weißen Haaren und Brille vor aufgeklapptem Laptop, außerhalb des Balkons eine Kastanie, mit braunen Blättern

Selbstauslöser-Foto: Die bescheuerte Balkonheizung der Vormieter an der Wand gegenüber war zum ersten Mal nützlich.

Beim Mastodon-Nachlesen wurde mir sogar zu frisch auf dem Balkon – was auch damit zu tun hatte, dass ich mir zwar eine große Tasse Tee zum Wärmen gekochte hatte, diese für den ersten Schluck natürlich ein wenig abkühlen musste, ich den “ein wenig”-Moment aber verpasst hatte, der Tee nurmehr lauwarm war und mich nicht heizen konnte.

Der düstere Himmel versprach den angekündigten Regen diesmal wirklich, das passte gut zu meinen Schwimmplänen: voraussichtlich wenig Leute im Becken des Dantebads. Herr Kaltmamsell klagte immer noch über Schulter und Ellbogen, schon am Samstag hatte ich beschlossen, dass Schwimmen im warmen Wasser dagegen gut waren. Zumal es im Dantebad ja zusätzlich das Sprudelbecken mit Massagemöglichkeiten gab.

Vor dem Aufbrechen, nach Mani- und Pediküre (das Einhegen dieses meines Körpers ist echt mühsam, beides hatte ich doch für die Hochzeit gerade erst und besonders gründlich erledigt), fragte ich ihn also, ob er mitkommen wollte. Er wollte. Wie sich herausstellte, war Herr Kaltmamsell noch nie im Dantebad gewesen, ich konnte ihm also zeigen und erklären: Den schönen U-Bahnhof Westfriedhof, das Umkleidensystem des Dantebads, Plätze für Handtuchablage bei Regen, Sprudel- und Schwimmbecken.

Freibad im Regen: Im Vordergrund ein rundes Becken, dahinter kaum zu sehen das 50-Meter-Becken, im Hintergrund ein Gebäude mit einem großen, orangen Olympia-1972-Logo

Dann trennten sich unsere Aktivitäten.

Ich schwamm zwischen tatsächlich wenig anderen Menschen meist im Regen, erst genüsslich, ruhig und schmerzfrei, auf den letzten 1.000 Metern meiner 3.300 aber immer kräftiger und schneller. Aus reiner Gaudi testete ich andere Atemrhythmen als meinen üblichen Dreier, z.b. 3-3-5. Hihi. Am liebsten wäre ich mit RROARRR! aus dem Becken gestiegen und hätte mir anschließend auf die Brust getrommelt. Statt dessen nur ein bissen Dehnen auf dem Weg in die Dusche.

Nach Hause brauchte ich keinen Regenschirm mehr, verlief mich diesmal auch nicht bei Verlassen des minoischen U-Bahnhofs Sendlinger Tor: Umbau immer noch nicht abgeschlossen, aber die Wege sind seit einiger Zeit fix – ich habe mir einen eigenen unabhängig von Ausschilderung gesucht und gemerkt.

Frühstück kurz vor zwei: Selbstgebackenes Brot (vier Tage nach Backen dann schon ein wenig trocken, aber nur wenig) mit Butter und Gurke / Frischkäse und Johannisbeermarmelade, Nektarinen.

Kurz darauf begann es wieder zu regnen, diesmal heftig. Aber mein Plan für den Nachmittag war ohnehin Bügeln gewesen. Dazu hörte ich Podcast: Eine Sonderfolge Hopeful News, Nora Markard und Ronen Steinke über ihr Jura-Fanbuch Jura not alone – der Buchtitel ist zwar groan, aber das Gespräch war lehrreich.

Während der anderthalb Stunden Bügeln hörte ich aber auch immer wieder lautes Regenrauschen. Danach überkam mich schlagartig brutaler Süß-Gieper – trotz großer Süßigkeiten-Affinität abends ungewöhnlich, ich vermutete Blutzucker-Sturz: Ran an die Tüte Lach-Gummis (dass sie im Gegensatz zu Wein-Gummis so heißen, kapierte ich erst vergangenes Jahr). Schmeckten richtig gut. UND ich hörte auf, bevor die Tüte leer war.

Abendessen durfte gestern zum Teil ich machen: Herr Kaltmamsell hatte sich ligurische Focaccia gewünscht, die mache immer ich. Während Teigruhe eine Runde Yoga-Gymnastik – die jüngste nochmal, aber ohne ständiges Hängenbleiben des Films. Und Herr Kaltmamsell machte Zucchini (aus Ernteanteil) mit Ricotta und Haselnüssen. Nachtisch Schokolade.

Parallel kämpfte ich über die vergangenen Tage immer noch mit dem Dienstleister für Handyzahlungen, der behauptete, die zu mir gespeicherten Daten (Name, Geburtsdatum, Handynummer) stimmten nicht mit meinen Angaben überein. Die Daten also, mit denen ich seit zwei Jahren per Handy zahle. Ich bin sehr beunruhigt und antwortete das auch, doch werde ich wohl nicht an meine eben erst übertragenen 100 Euro rankommen, wenn ich nicht den Anweisungen folge: Ausweisfoto hinschicken, nochmal alle Angaben. Ich hoffte, nicht den Fehler meines Lebens zu begehen: Wollte ich die Identität von jemandem stehlen, würde ich genau so vorgehen wie dieser Dienstleister. (Außerdem will ich eigentlich von fremden Erwachsenen nicht geduzt werden, sicher nicht bei Geldgeschäften.)

Im Bett Colm Tóibín, Brooklyn ausgelesen – deutlich früher als erwartet: Mal wieder wurde ich völlig unerwartet aus einem Buch geworfen, weil die letzten 30 Seiten bereits die Leseprobe für einen anderen Roman waren. Doppelt übel nahm ich es diesem, weil das Ende gar keines war, sondern die Handlung fast mit einem cliff hanger abbrach wie in einer Fernsehserie (ist ja auch der erste von zwei Bänden, ich war allerdings nicht darauf gefasst, dass das formal so deutlich sein würde).

§

Weil ich’s gestern zufällig sah und es auf genau vor 55 Jahren datiert ist, 18. August 1969: Ein Kinderfoto von mir.

Zweijähriges Kind in roter Badehose sitzt im Schatten an einer Hauswand