Journal Samstag, 14. September 2024 – Kalter Regen in Strömen, Forellengefühle im Olympiabad

Sonntag, 15. September 2024 um 8:07

Schön lang geschlafen, zu Regenprasseln aufgewacht. Eine Woche nach Sommerkleidchen die Heizung im Wohnzimmer aufgedreht, Bloggen und Morgenkaffee in Sweatshirt, Strickjacke, Wollsocken.

Meine Schwimmpläne sollten mich zum Saison-Abschied trotz Regen ein letztes Mal ins Dantebad führen. Zum Glück checkte ich kurz vor Aufbruch aktuelle Meldungen: Es war bis Montag geschlossen, wohl wegen Aufräumen und Umbauten für den Winterbetrieb. Also nahm ich die U-Bahn zum Olympiapark und ins Olympiabad.

Auf einem gepflasterten Boden stehen ganz viele aufgespannte Schirme zum Trocknen, im Hintergrund sieht man eine Halle, einen Mann, der gerade einen weiteren Schirm auf den Boden stellt

Als ich mich ins Becken gleiten ließ, merkte ich gleich zu meiner Erleichterung, dass die Wassertemperatur bereits für den Winterbetrieb ein wenig erhöht worden war: Kein Frieren oder auch nur Frösteln.

Ich fühlte mich von der ersten Bahn an nixenhaft, glitt kraftvoll und Forellen-gleich durchs Wasser. Allerdings kassierte ich Tritte von unachtsamen Brustschwimmerinnen, die mich überholten, einen Hieb in den Unterleib von einer Rückenschwimmerin auf der Nebenbahn. Ich wunderte mich. Und schwamm trotzdem problemlos 3.300 Meter.

In einem großen  Raum mit hellgrünen Umkleiden und weiß gekacheltem Boden steht eine Frau mit weißen Haaren vorm Spiegel und föhnt sich die Haare, macht mit ihrem Handy im Spiegel ein Selfie

Es regnete immer noch strömend, zumindest fror ich auf dem Heimweg nicht sehr, weil ich vom Schwimmen noch aufgewärmt war. Ausstieg schon am Marienplatz, um unterwegs Semmeln zu besorgen.

Frühstück kurz nach halb drei: Semmeln mit Butter und Tomate, Brot mit Haselnussmus, Kerne des ersten kleinen Granatapfels der Saison (Vollcorner hatte italienische angeboten, an denen ich nicht vorbeigehen konnte – schmeckte aber nach nicht viel).

Nachmittag mit Internet- und Zeitunglesen. Ich griff bald zu einem zweiten Paar Socken gegen die Kälte.

Yoga-Gymnastik: Eine Folge mit langenen Dehnungen und Entspannung, das passte mir gestern gut. Ausführliche Fußpflege/Pediküre, ich machte meine Füße Wander-fit.

Den Staudensellerie im Ernteanteil nahm Herr Kaltmamsell zum Anlass, als Aperitif Bloody Mary zu reichen, mein erster überhaupt.

Vollgestellte Küchen-Arbeitsfläche, links zwei Longdrink-Gläser mit Tomatensaft, Eiswürfel, Selleriestange, rechts Wodkaflasche, Tabasco, Worcestersauce

Ähm. Kalte, überwürzte Tomatensuppe, im Ernst? Ich trank nur zwei Schlücke, kenne jetzt Bloody Mary und möchte künftig nichts mehr damit zu tun haben. Aber die Stange Sellerie schmeckte mir. Als Gegenmittel öffnete ich eine Flasche Pouilly Fumé.

Als Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell auf meinen Wunsch Rindfleisch für die Pfanne besorgt, briet es wie immer fachkundig, servierte mit gebratenen und als Antipasti eingelegten Zucchini aus Ernteanteil. Großer Genuss. Nachtisch Schokolade.

Im Fernsehen ließen wir einen deutschen Film von 1962 laufen: Muß i denn zum Städtele hinaus. Ziemlich wahwitzig in der Rahmenhandlung (mit offensichtlichem Original-Dokumaterial ergänzt), randvoller sexistischer Klischees, aber überraschend aufwändig gedreht. Damals hielten zum Beispiel unverheiratete Frauen in fortgeschrittenem Alter noch standardmäßig als Witzfiguren her: Wer wissen will, woher Donald Trump seine Stereotypen hat, bekommt im westdeutschen Film der 1960er rechlich Material. Aber interessant: Damals kam der Fremde (Ausländer) im Dorf, in diesem Fall der Italiener (Vico Torriani, eh klar), noch mit dem Zirkus, war typisch lustig und sang Lieder -> prä-Gastarbeiter.

Im Kopf bin ich hauptsächlich bei Reise-Details, fast Panik-frei, Mittwochmorgen breche ich auf. Mittlerweile neigen meine Entscheidungen zu Minimalismus in Kleidungsmitnahme, die wird dann zweimal gewaschen.

§

“Österreicher wählen Klimaleugner, auch wenn sie dabei untergehen”.

Verdacht: Diese Menschen haben wirklich andere Prioritäten als ich. Etwas gegen den Klimawandel zu tun, hieße ja, den Feinden recht zu gaben. Lieber verlassen sie sich darauf, dass ihnen bei weggespülten Straßen geholfen wird – und fordern das ein.

Ich schließe mich diesem Verdacht an:

Und spüre starke Brexit-Vibes: Das illusionäre Ziel lautet “take back control”, dann dürfen die Folgen ruhig auch weh tun. Hauptsache gewonnen.

§

Ein entzückendes Schwalbenfoto.

die Kaltmamsell

2 Kommentare zu „Journal Samstag, 14. September 2024 – Kalter Regen in Strömen, Forellengefühle im Olympiabad“

  1. Croco meint:

    “Es geschieht meinem Vater recht, wenn ich mir die Hände erfrier. Was kauft er mir auch keine Handschuhe.” So kommen mir die Argumente vor.
    Die Kontrolle zurück, worüber denn? Die Leute, die die Rechten wählen, bekommen in absehbarer Zeit eh keine Kontrolle über irgendwas.
    Meine Brieffreundin von anno dunnemals aus London sagte, man hätte den Brexit gewählt, aber nie gedacht, dass er kommt. Ja nun.

  2. Flusskiesel meint:

    Jetzt weiß ich endlich, wo die ganzen Regenschirme wohnen, die ich immer verliere!

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