Journal Freitag, 25. Oktober 2024 – Neue Backform, neuer Zauberstab (und persönliche Gottschalk-Erinnerungen)

Freitag, 25. Oktober 2024 um 14:12

Eigentlich wundert mich eher, dass mir das nicht öfter passiert: Einen Entwurf dieses Posts habe ich gestern Nachmittag versehentlich veröffentlicht, durch “privat”-Stellen gleich wieder offline genommen. Ich bitte um Nachsicht für die Verwirrung.

Wieder vom Weckerklingeln geweckt, diesmal aber zumindest mit der Aussicht: Morgen und übermorgen zweimal NICHT!

Zum Abschluss der Morgentoilette beduftete ich mich endlich wieder mit meinem aktuellen Lieblingsparfum Eidesis (so schön trocken holzig!): In den Monaten davor hatte ich eine stark duftende Körperlotion verwendet, das wollte ich nicht mischen. (Kürzlich im Nachruf auf einen exzentrischen Parfumhändler gelesen, er habe jeden Tag ein anderes Parfum verwendet – und schon konnte ich mir keinerlei Duft-Kompetenz bei ihm vorstellen, welch grauenhaftes Durcheinander selbst bei täglicher gründlicher Körperreinigung -> Kleidung!)

Morgendunkle Altstadtstraße mit herbstbunten Bäumen, parkenden Autos; mitten auf dem Gehweg steht ein neongrünes Leih-Fahrrad

Münchner Humor.

Das Draußen wurde nur zögerlich hell, ließ weitere Erleuchtungen nach der Stufe Lesen-ohne-Lampe-möglich bleiben, Hochnebel.

Emsiger Vormittag, in dem ich mich auch um Dinge kümmern konnte, die niemand im Blick hat (und die nur wichtig würden, wenn irgendwann jemand entdeckte, dass sich seit Jahren niemand darum gekümmert hat).

Bester Mittagscappuccino im Westend, auf dem Rückweg Brotkauf. Vielleicht nehme ich irgendwann das automatische Angebot der Angestellten an, dieses Brot in Scheiben schneiden zu lassen – einfach um herauszufinden, was ein Bäckerei-Brotschneideautomat aus einem frischen und sehr feuchten Roggenvollkornbrot macht, mein Tipp: Matsch.

Mittagessen später am Schreibtisch: Fenchelsalat (Ernteanteil), Roggenvollkornbrot.

Display eines Stationär-Telefons mit Meldung „Notbetrieb“

Dysfunktionalitäten. Ich möchte bitte ein Schild “Notbetrieb” für meinen Schreibtisch und die Auswahl eines solchen Status auf MS Teams. Für alle Fälle.

Ab zwei schob die Sonne den Hochnebel immer weiter weg, doch bevor es richtig sonnig werden konnte, übernahm schon wieder der Hochnebel.

Zäher Arbeitsnachmittag, auch der endete irgendwann in Feierabend.

Über ausführliche Lebensmitteleinkäufe für Abend und Wochenende ging ich nach Hause: Vollcorner, Verdi – inklusive Schwatz mit der Frau an der Kasse von immer über das ständige Wechseln zwischen Sprachen. Diesmal aktualisierte ich die Einkaufslisten-App ganz, ganz oft, um Doppelbesorgungen wie am Freitag zuvor zu vermeiden.

Wie geplant machte ich mich daheim erstmal ans Backen: Die neue 30-cm-Kastenform sollte mit Nusskuchen getestet werden, ich hatte mich für dieses Rezept aus einer Kommentarempfehlung entschieden.

Auch für Teil 1 des gestrigen Nachtmahls hatte ich mich verantwortlich gemacht: Artischocken mit Knoblauch-Majo. Während die Artischocken im kochenden Wasser garten, weihte ich den neuen Zauberstab ein, Spielanleitungs-gemäß verwendete ich die Schlagscheibe für die Idioten-Majo.

Durchsichtiger Becher mit viel Öl, unten ein Ei und Gewürze

Zutaten in Becher (der neue Zauberstab kam mit einem neuen, durchsichtigen). Zauberstab langsam versenken.

Becher, in dem ein Zauberstab steht, oben ein wenig Öl, unten Majo

Zwischenrgebnis zwei Sekunden nach Einschalten. Zauberstab langsam hochziehen, dann so lange bewegen, bis kein Öl mehr sichtbar ist.

Durchsichtiger Becher mit Majonese

Majo fertig. Ein Drittel davon mischte ich mit reichlich Joghurt, würzte mit Salz, Pfeffer, frisch gepresstem Knoblauch.

Als Aperitif gab es von Little Crab Orangenwein und Wermut – als Probiererl vor einem Jahr von der Herstellerin geschenkt.

Gedeckter Tisch für zwei mit Bast-Sets, in tiefen Glastellern ganze Artischocken, daziwschen eine weiße Schale mit weißer Sauce, zwei Weingläser, eine Weinflasche mit der Aufschrift "Nouat", auf der gegenüberliegenden Seite sitzt ein Mann mit rotem Shirt und Strickjacke

Nachtmahl, Teil 1: Zur Artischocke hatte ich den mallorquinischen Weißwein Nounat bestellt, den Frau Brüllen empfohlen hatte, den ich in Port d’Alcúdia sogar gesehen hatte – allerdings in einem geschlossenen Weinladen. Jetzt wollte ich aber endlich! Stellte sich heraus, dass diese Cuvée aus Prensal Blanc und Chardonnay tatsächlich sehr elegant und besonders schmeckt – und hervorragend zu den Artischocken passte.

Als Teil 2 hatte ich mir Pfefferleber gewünscht, die Herr Kaltmamsell aus Kalbsleber briet, wunderbar. Nachtisch Süßigkeiten, Schokolade.

Dazu ließen wir im Fernsehen Addams Family von 1991 laufen – und stellten fest, dass wir diesen ersten Teil überraschenderweise viel weniger kannten als die Fortsetzung – dabei war das SO eine Erleuchtung damals im Kino!

Nach dem enttäuschenden Dusse hatte ich noch Donnerstagabend in die nächste Lektüre reingelesen, wieder termingerecht bereitgestellt von der Münchner Stadtbibliothek: Raphaela Edelbauer, Die Inkommensurablen. Und war im Wien des späten 19. Jahrhunderts gelandet – für meinen Geschmack ein wenig zu faktendicht erklärend, aber ich wollte umgehend wissen, wie es mit dem 17-Jährigen vom Land weitergeht.

§

Ich habe ja das Glück, dass mein Thomas Gottschalk der prä-Wetten-dass ist, den man nur als Alte und als damalige Hörerin von Bayern 3 kennt. Seine Sendung Pop nach acht lehrte mich internationales Pop-Geschäft, sein Tonfall und die Art seiner Interviews mit Studiogäste waren anders als alles, was ich je im Radio gehört hatte. Gottschalk sprang auch in anderen Sendungen ein. Unvergessen, wie ich Mitte der 1980er mal aus der Schule heimkam, im Radio (bei uns lief damals sehr viel Radio, immer Bayern 3) die mittägliche Sendung “Schlagerkarussel”. Eine Dame sang gerade leidenschaftlich “Wer Liebe will, muss auch Liebe geben”, woraufhin sich eine Moderatorenstimme einschaltete (allein das war unerhört: mitten in die Musik reinzusprechen!): “Da könnte ja jeder kommen: ‘Wer Eier will, muss auch Eier legen’.” Der eingesprungene Thomas Gottschalk, und Radiohören war nie wieder wie vorher.

Dann die Zeit in den nur wenig späteren 1980ern, in der Gottschalk mittags die “B3-Radioshow” mit Günther Jauch machte: Doppelmoderation bei der Übergabe, auch etwas, was es zumindest für mich vorher nicht gegeben hatte – und Jauch kannte ich aus der Sendung “Morgentelegramm”, wo er mir durch seine Sachkenntnis und sein unbeirrbares Nachhaken in Interviews aufgefallen war.

Während dieser Zeit, 1987/1988, arbeitete ich selbst beim Privatradio. In den Büros lief natürlich der eigene Sender (genauer: liefen die drei Sender, die sich über den Tag abwechselnd die Frequenz teilten, es waren die wilden Anfangszeiten des Privatsendertums) – nur zwischen 13 und 14 Uhr wurde auf Bayern 3 umgestellt, und wir klebten an jedem Wort. Alle wollten wir moderieren wie Thomas Gottschalk, so witzig und schlagfertig. (Und journalistisch wollte ich sein wie Günther Jauch – weiß man heute ja gar nicht mehr, dass Jauch als richtiger Journalist angefangen hat.)

1988 ging ich nach Augsburg zum Studieren, lebte die nächsten zehn Jahre ohne Fernseher, hörte im Radio vor allem Nachrichtensendungen und Hörspiele: Thomas Gottschalk war ab dann nicht mehr Teil meiner Welt (na gut, bei meinen Eltern habe ich sicher die eine oder andere Folge “Wetten dass” gesehen, zumindest habe ich Gottschalk in abenteuerlichen Stylings vor Augen).

die Kaltmamsell

12 Kommentare zu „Journal Freitag, 25. Oktober 2024 – Neue Backform, neuer Zauberstab (und persönliche Gottschalk-Erinnerungen)“

  1. Chris Kurbjuhn meint:

    Mindestens einmal hat Gottschalk damals sogar in den Verkehrsfunk reingequatscht, in eine Durchsage, in der vor einer auf der Autobahn herumlaufenden Kuh gewarnt wurde. Da war er plötzlich mit “Ich sag doch immer, macht die Radios in den Ställen aus, wenn meine Sendung läuft, die Viecher hauen ab!” zu hören.

  2. Bettina meint:

    Danke, dass Sie die Gottschalk/Jauch Geschichte aufgeschrieben haben. Ich hätte das nicht so präzise erinnert. Aber ich erinnere mich gut an das positive Gefühl, wie neu und frisch es war.
    (Ich versuche die aktuellen Begebenheiten zu ignorieren so gut es geht. Dass ich seit Jahrzehnten fernsehlos bin hilft ein bisschen.)

  3. Bleistifterin meint:

    Darf ich fragen, was an der Addams Family so erleuchtend war? Ich bin über das ungewöhnliche Adjektiv gestolpert… Danke!
    Mayo mache ich genau so, das Rezept für die Aioli merke ich mir!

  4. Frau Bruellen meint:

    Ah, wie schön, dass Dir der Wein geschmeckt hat. Eine Flasche haben wir auch noch

  5. Jochen WIndgasse meint:

    … und so kann man am Beispiel Gottschalk schön sehen wie das Alter, alles aber auch wirklich alles zerstört. Philip Roth hatte schon recht : “Das Alter ist ein Massaker.”

  6. rum meint:

    Eidesis is es! Hier auch.

    Und natürlich, wie jeden Tag, gerne gelesen!

  7. Poupou meint:

    @Jochen WIndgasse: mein Eindruck ist: Gottschalk hat sich durch das Alter nicht so sehr verändert wie das drumherum. Und er wirkte damals frisch und inspirierend, weil alles davor noch viel schlimmer und vor allem langweiliger war. Just two Cents.

  8. die Kaltmamsell meint:

    Das schlichte Umkehren von “Böse”, Bleistifterin, oder “schlecht”: “Play with your food” wurde bei uns Standard-Wortschatz, oder als Beispiel die Szene, in der Wednesday mit einem Messer in der Hand an ihrer Mutter vorbei geht, diese fragt “Is this for your brother?”, und als Wednesday das bestätigt, den Kopf schüttelt, ihrer Tochter das Messer aus der Hand nimmt – und ihr statt dessen ein Metzgerbeil gibt.

  9. Senor Verano meint:

    Habe Gottschalk erst später richtig auf dem Schirm (unserer hieß damals im Südwesten Elmar Hörig, auch so ne eher traurige Geschichte). Als er 1987 „Wetten, dass…?“ von Frank Elsner übernahm, hatte ich beim Schauen öfter dieses Gefühl, für das ich erst sehr viel später den Begriff „cringe“ lernte.

  10. Croco meint:

    Manchmal werden Menschen wunderlich. Das schmälert nicht ihr Verdienst. Und trotzdem machen sie ein bisschen das kaputt, was sie sich aufgebaut haben. Man sieht es auch daran, wofür sie gerade Werbung machen. Ich empfinde alles als ein bisschen peinlich.

  11. Ilka meint:

    Notiz für Montag: “Notbetrieb” in Teams einstellen. Das sollte im Status funktionieren.
    Danke!!!!

  12. Hauptschulblues meint:

    Gottschalk ist von der Profession her Lehrer. Anfangs war er sehr sehr gut, meine Schüler:innen liebten ihn auch. Aber dann, naja …

Beifall spenden: (Unterlassen Sie bitte Gesundheitstipps. Ich werde sonst sehr böse.)

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