Journal Mittwoch, 16. Oktober 2024 – Langsamer Abschied vom Tageslicht

Donnerstag, 17. Oktober 2024 um 6:30

In der letzten Schlafphase rutschte ich in Angstgewühl, ich war erleichtert, als das Weckerklingeln mich rausholte.

Arbeitsweg im noch sehr Dunklen, die Lichtarmut verstärkt durch Nebel – ich übte für den Winter.

Nebelmorgen-düstere Wohnstraße mit alten Gebäuden, im Vordergrund eine beleuchtete Bäckerei, von der zwei Radler ihre Räder aufschließen

Für den Arbeitstag hatte ich einen konkreten Brocken abzuarbeiten, will ich nicht am Freitag in Panik und Hetze geraten. Ich sah mir amüsiert zu, wie ich diesem durch alles mögliche Andere versuchte auszuweichen (aber zumindest schonmal die relevanten Dateien geöffnet hatte). Aber irgendwann sah ich mich auch eher versehentlich an dem Brocken arbeiten, durchaus interessiert und konzentriert.

Mittagscappuccino bei Nachbars, von dort gleich weiter zu ein paar Einkäufen. Es war immer noch nebeldüster, doch die angekündigte Aufhellung ließ sich erahnen.

Mittagessen später am Schreibtisch: Birne (sehr gut, süß und saftig), Roggenvollkornbrot, Granatapfelkerne (weniger als erwartet, der Granatapfel war innen zu einem drittel schimmlig gewesen) mit Joghurt.

Ein wenig wurde es nachmittags fast sonnig, dann aber bald wieder düster. Aber es blieb relativ mild.

Nach Feierabend maschierte ich bei deutlichem Tageslicht in die Stadtmitte: Meine (sehr alt gediente) Kastenkuchenform rostet, ich brauchte Ersatz. Den bekam ich beim Kustermann, ich kaufte auch gleich noch eine kleine Kastenform, damit es vielleicht öfter mal Wochenendkuchen gibt.

Heimkehr zu quietschbuntem Abendhimmel, jetzt das übliche Programm: Häuslichkeiten, Yoga-Gymnastik, Brotzeitvorbereitung.

Auf einem Stroh-Set ein weißer Teller, darin Spaghetti mit Guancale-Stücken und Parmesan, rechts daneben eine blaue Serviette, darauf Gabel und Löffel

Herr Kaltmamsell hatte Spaghetti Carbonara gemacht, und sie waren ihm sehr gut gelungen. Nachtisch Süßigkeiten.

Mit Herrn Kaltmamsell beschlossen, auch dieses Jahr in Berlin den Kabarettistischen Jahresrückblick anzugucken: Karten gekauft, fünf Tage Berlin zwischen Weihnachten und Silvester gebucht. Hiermit kann sich vorgefreut werden, hurra!

Früh ins Bett zum Lesen.

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Cancel Cultur existiert. Mir sind dann doch Dinge eingefallen, die man heutzutage nicht sagen darf als Politiker*in – schon gar nicht in einer Regierungspartei:
1. “Es wäre gut, wenn weniger geflogen würde.”
2. “Es wäre gut, wenn weniger Autos auf deutschen Straßen führen.”

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Ein Post auf Mastodon brachte mich auf das Magazin der Bundeszentrale für politische Bildung fluter. Erscheint vierteljährlich, nach kurzem Blättern sofort abonniert. In der aktuellen Ausgabe, Thema Verkehr, zum Beispiel ein Artikel über einen Mann, der für seine eher abgelegene brandenburgische Heimatstadt Schildow eine Buslinie erfand:
“Route wird berechnet”.

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Screenshot eines Mastodon-Posts des Accounts @coolandnormal :
"Hot take: a lot of people complaining about how manufacturing has gone down the shitter and nothing lasts anymore have simply changed their buying habits in line with newly available products. 
The stuff nanna used to buy that lasted 50 years is still available.
You can still buy a hand spun jumper, a hand woven blanket, a handmade pair of shoes and a hand forged knife. They cost a week's wage. Exactly like back in nanna's day."

Zusammenfassung: Es gibt auch heute noch wie zu Urgroßmutters Zeiten Gebrauchsgegenstände, die ein Leben lang halten. Sie kosten halt einen Wochenlohn – wie zu Urgoßmutters Zeiten.

Mir helfen mein Alter und eigene Erinnerungen: In meiner Kindheit in den 1970er waren ein Wintermantel, ein Paar Schuhe, ein neues Kleid eine echte Investition. Meine polnische Oma kaufte mir immer wieder, bis ins Teenageralter, ordentliche Schuhe und entlastete damit die Haushaltsfinanzen meiner Eltern spürbar. Eigene Erinnerungen dann auch an die grundlegende Veränderung durch billige Massen-Textilien aus Asien in den 1980ern: Als Teenagerin konnte ich mir plötzlich T-Shirts und Baumwollkleidchen an Straßenständen vom eigenen Taschengeld leisten, die sichtbar schlecht verarbeitet waren, vor allem aber sehr günstig. (Die ich dann u.a. durch Einfärben anpasste.) Davor war ich für Styling-Autarkie auf Flohmärkte angewiesen.

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Haben Sie sich auch schonmal gefragt, ob Drehbücher für Stummfilme ausgeschriebene Dialoge enthielten? Stummfilmstar Lillian Gish beantwortete die Frage.

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Aktueller Ohrwurm:
(Weil ich praktisch nie Musik höre, konnte es mich überraschen, dass es sich um die Coverversion “der Hymne der ‘Generation Praktikum'” von 1994 handelte. Und wie es mit zuerst gehörten Coverversionen immer so ist, finde ich diese Instrumentierung und Setzung viel besser als das Original.)

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https://youtu.be/LV1IwPZz6KU?si=vr5qoUdmBQVEvNuy

die Kaltmamsell

9 Kommentare zu „Journal Mittwoch, 16. Oktober 2024 – Langsamer Abschied vom Tageslicht“

  1. N. Aunyn meint:

    Den Fluter bekommen wir auch – immer wieder sehr anregend und auch ansprechend gemacht.
    Ganz anders als die Hefte zur politischen Bildung – auch von der Bundeszentrale -, die zu Schulzeiten im Geschichts- oder Sozialkundeunterricht verteilt wurden und auf nicht viel Gegenliebe gestossen sind. Ich sag nur: Textwüsten.

    Bei fluter.de gibt´s erste Einblicke.

  2. Sebastian meint:

    Wunderschönes Morgenbild von der Lindwurm(?). Danke!

  3. Sabine meint:

    Ganz lieben Dank für die Info zu fluter. Kannte ich nicht, ist jetzt abonniert.

    Ich lese ihren Blog eh sehr gerne und freue mich über ihr Durchhaltevermögen.

  4. die Kaltmamsell meint:

    Ist die Gollierstraße mit dem Turm der Auferstehungskirche im Hintergrund, Sebastian.

  5. Bleistifterin meint:

    Auch hier danke auf den Hinweis zu Fluter – gleich mal abonniert, denn das letzte vorhandene Politikmagazin im Haushalt wurde gerade gekündigt… Da kommt der Fluter gerade recht!

  6. roswitha meint:

    danke für den hinweis auf langlebige haushaltsgegenstände etc. hier gibt es ein uralt- haushaltswarengeschäft in dem wir auch z.b.einzelne verschlüsse, krauthobel und deckel für teekannen(er sammelt seit 50 jahren)nachkaufen kann. die auswahl ist so dass jede etwas findet. besucher aus städten kaufen begeistert dinge, die es dort nicht gibt.

  7. Hauptschulblues meint:

    Der Fluter war damals mit ausreichend vielen Exemplaren für die Schule abonniert und kam bei Lehrkräften und Schüler:innen sehr gut an. Ob er es noch ist? Ich weiß es nicht.

  8. Flusskiesel meint:

    Zu den Produkten:
    Das Problem ist heutzutage eher, die Qualität zu erkennen. Woher weiß ich, dass ein Gebrauchsgegenstand, der einen Wochenlohn kostet, auch hält, was er verspricht?
    Der Markt wird halt mit Schrott geflutet und selbst ,,vertraute” Marken sind inzwischen müllig.

    Zur Investition in Form von Geld muss man auch noch die in Form von Zeit und Fahrwegen hinzurechnen.

    Natürlich lohnt es sich im Nachhinein trotzdem, in Qualität zu investieren. Nur ist die Investition erstaunlich hoch und man wird trotzdem häufig enttäuscht.

  9. Stedtenhopp meint:

    Solltet Ihr die Nachmittagsvorstellung 16 Uhr am 28.12. gebucht haben, sehen wir uns dort!

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