Journal Dienstag, 12. November 2024 – Abenteuer Heizungshandwerk / Jüdisches Neujahrskonzert

Mittwoch, 13. November 2024 um 6:34

Eine gute Nacht, der Wecker holte mich aus tiefem Schlaf. Und in mittlere Verrotztheit, die Erkältung ging ihren Lauf.

Vorbereitung fürs Arbeiten daheim: Thermo-Rolli, Norwegerpulli, dicke Wollsocken in Woll-Puschen, heißer Tee. Nein, am Wochenende beim stundenlangen Internetlesen benötige ich diese Ausstattung nicht, weiß der Henker. Kurz nach halb acht Rechner hochgefahren, losgearbeitet.

Gegen neun war es im Wohnzimmer (dessen zwei Seiten praktisch nur aus Fenstern bestehen) hell genug fürs Ausschalten der Lampen. Ich rüstete meine Kleidung mit einem zweiten Paar dicker Wollsocken und einer Strickjacke weiter auf, um die Füße warm zu bekommen. Und liebäugelte beim Klogang mit diesem Ort als Heim-Büro, weil wirklich klein und dadurch vielleicht tatsächlich warm zu bekommen? Ein Sessel könnte gradmal reinpassen und die Tür noch schließbar lassen.

Kurz nach zehn hörte ich, dass der Heizungshandwerker im Haus war: Es klonkte deutlich aus einer anderen Wohnung. Eine Viertelstunde später klingelte der freundliche Herr bei uns (ich begrüßte ihn mit dramatischem Bibbern, das ich nicht mal sehr spielen musste) und besah die beiden benachbarten Heizkörper, von denen nur die ersten wenigen Rippen warm wurden. “Kann eigentlich nicht sein” hören wir nicht gern von Handwerker*innen und Ärzt*innen (neben “habe ich ja noch nie gesehen”). Er kündigte weitere Bestandsaufnahme im Haus an sowie Rückkehr.

Eine Stunde später war er wieder da, und ich fand heraus, wie Entlüften eines Rippenheizkörpers ohne Entlüftungsventil geht: Rohrzange an die Mutter neben dem Thermostat, Plastikwanderl drunter, vooorsichtig Mutter aufdrehen, pfffft. Und schon wurden beide muckende Heizkörper bis zur letzten Rippe warm. Währenddessen fragte ich den Herrn ein bisschen aus, wie die Fernwärme vom Rohr unter der Straße eigentlich in meine Heizung kommt (Wärmetauscher, Pumpe). Schon eine Stunde später legte ich die Strickjacke ab, also die dritte Wärmeschicht, yay!

Esstisch in Wohnzimmer mit vier Stühlen vor großem Fenster mit Bick auf kahle Bäume, auf dem Tisch ein aufgeklappter Laptop, Kopfhörer, Papier, Stifte, Notizbuch, große Teetasse, Cappuccino

Mittagscappuccino am Arbeitsplatz. Später gab es zum Mittagessen Mango mit Sojajoghurt, und zum Wärmen kochte ich mir Porridge. Die Erkältung hielt sich in milden Grenzen, ein wenig Rumrotzen und Nebenhöhlendruck, doch ich brauchte nicht mal Nasenspray.

Nachmittags unter anderem Besprechung, drumrum reichlich Arbeit, die auf der Laptoptastatur umständlich und auf dem kleinen Bildschirm unbequem war. Mit Anstrengung den angstrebten Feierabend um fünf eingehalten, dann ging ich raus (Frischluft!) und etwas entfernter auf Lebensmitteleinkäufe (Bewegung!).

Frühes Abendessen (ein Restl Gulasch vom Sonntag und noch reichlich Böhmischer Knödel, außerdem Ofenpastinaken aus Ernteanteil), denn für den Abend hatten Herr Kaltmamsell und ich Konzertkarten: Jüdisches Neujahrskonzert im Prinzegententheater. Ich hatte beim Joggen ein Plakat gesehen, fand das angenehm abgefahren Münchnerisch. Außerdem hatten Herr Kaltmamsell und ich das Gefühl eines echten Bezugs zu dieser Musik, wir hatten schließlich The Jazz Singer gesehen: Während viele wissen, dass das der erste Ton-Spielfilm war, wissen deutlich weniger, dass sich die Handlung um den Sohn eines Synagogen-Kantors dreht, gespielt von Al Jolson, der lieber Jazz singt als die Nachfolge seines Vaters anzutreten. Am Ende des Films aber wird alles gut, als die Hauptfigur dann doch auch in der Synagoge Kol Nidre singt.

Prächtig verzierter Eingang zu einem Konzertsaal, aus dem Foyer mit klassizistischer Malerei in Blau- und Grautönen durch einen Rundbogen fotografiert

Und siehe da: Das Programmheft für den Abend war mit einem Filmfoto aus dieser Schlussszene von The Jazz Singer betitelt, und das Programm begann mit dem Kol Nidrei (so geschrieben). Das Prinzregententheater war voller festlich gekleideter Konzertbesucher – konzerttypisch eher unsere Altersklasse aufwärts (darunter namhafte Ehrengäste, die besonders begrüßt wurden). Daniel Grossmann, Dirigent und Gründer des Jewish Chamber Orchestra Munich, führte durch den Abend, erklärte Hintergründe und Details der Musik und des jüdischen Neujahrs – unter anderem, warum das Konzert immer so lange nach Rosh Hashanah (dieses Jahr am 2. Oktober) stattfindet: Rosh Hashanah ist im Gegensatz zu Silvester ein religiöses Fest, gefolgt von den wichtigsen jüdischen Feier- und Gedenktagen – danach sind die Kantoren, die ja die jüdischen Gottesdienste leiten, ziemlich durch und brauchen erst ein wenig Erholung. Wie die beiden Sänger des Abends, Netanel Olivitsky aus Montreal und Chaim Stern, Hauptsänger der Großen Synagoge in München.

Wir bekamen ein Konzert mit wunderbarer Musik, interessanten Sängern und Stücken, in der Pause wurden Rosh Hashanah-typisch Apfelspalten gereicht, die man in Honig stippen konnte. Schmissige Musik, immer wieder forderte Sänger Chaim Stern zum Mitklatschen auf – und ich fand besonders interessant, wie gut beschäftigt der Percussionist des Kammerorchesters war, Moritz Knapp. Das war eine wirklich gute Idee gewesen.

Die Rückfahrt mit der U-Bahn zog sich überraschenderweise auf fast eine Stunde: Umstände wegen Bauarbeiten, wir strandeten eine längere Weile unterm Max-Weber-Platz. Hatten dadurch aber Gelegenheit zu längerem Austausch mit Bekannten, die wir vor dem Konzert im Foyer getroffen hatten und die mit uns gestrandet waren.

§

Bei der nächsten Bundestagswahl (gestern Einigung auf den 23. Februar 2025) könnte ich mit Wahlhilfe-Einsatz erstmals beim Briefwahlauszählen mein Wahlhilfe-Stempelkärtchen voll machen.
Für München übrigens: Hier kann man sich als Wahlhelfer*in anmelden (braucht allerdings erstmal eine Bayern-ID).

die Kaltmamsell

7 Kommentare zu „Journal Dienstag, 12. November 2024 – Abenteuer Heizungshandwerk / Jüdisches Neujahrskonzert“

  1. Beate meint:

    Das mit dem Frieren im Home Office und dem Nicht-Frieren am Wochenende kenne ich! Vielleicht, weil man sich am Wochenende doch mehr bewegt?

    Mir hat gegen kalte Füße (als Wollsocken UND Puschen nicht wirkten) ein uralter “Heizteppich” geholfen. Ein Kirschkernkissen auf den Boden und die Füße darauf stellen ist auch praktisch.

  2. Isi meint:

    Heizungsanlagen unterliegen heutzutage ebenfalls Programmen, die die Temperatur üblicherweise Wochentags am Vormittag herunter regeln, sowie sehr früh aus der Nachtabsenkung mit dem ersten Hochheizen starten (zwischen 5 und 6 Uhr). Am We wird das meistens Richtung 7/8 verschoben und eben tagsüber keine Absenkung. Und genau, Bewegung. Und Biorhytmus.

  3. Renate Dietrich meint:

    Bayern-ID wäre vorhanden …

  4. FrauC meint:

    Wahlhilfe-Stempelkärtchen? Kriegen Sie nach 10 Wahlen die 11. gratis, wie beim Bäcker?

  5. die Kaltmamsell meint:

    Ich hatte ja gehofft, FrauC, dass ich nach Durchlaufen aller Wahlarten (Landtags-, Bezirktags-, Bundestags-, Kommunalwahl, Volksabstimmung) als Helferin irgendein Badge bekomme – aber NIX! Vielleicht fehlte halt noch die Briefwahl, DANN!

  6. FrauC meint:

    Herrjeh, Sie haben Recht, da wurde wirklich ein Anlass für Gamification verpasst! “Die Wahlhilfe-Challenge: Sammle alle Wahlarten und erhalte…” Oder wie bei Kniffel: 3 Kommunal- und 2 Bundestagswahlen ergeben mehr Punkte als 4 Landtagswahlen. Die Europawahl kann als Joker eingesetzt werden.
    Finden Sie einen Verantwortlichen und schlagen Sie das vor. Es wird sowieso schwierig genug, eine Woche vor Fasching genug Leute zu finden…

  7. N. Aunyn meint:

    Frage mich immer wieder und komme noch zu keinem Ergebnis, wer damit angefangen hat, jüdische Feiertage im deutschen Sprachraum in der englischen Variante zu transkribieren. Eine Transkription soll doch die Aussprache klären und da beide Male “sch” wie in Schule ausgesprochen wird, wäre Rosch haSchana die angemessene.

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