Journal Freitag, 1. November 2024 – Sonniges Allerheiligen mit Wanderung zwischen Kirchseeon und Ebersberg

Samstag, 2. November 2024 um 7:23

Vorab: Hallo! Wenn Sie über den Krautreporter-Newsletter von Christian Fahrenbach – danke schön, ich bin immer noch verlegen – neu hier gelandet sind: Herzlich willkommen! Sie sollten von vorneherein wissen: Das hier ist wirklich völlig irrelevant, lediglich ein Überbleibsel aus frühen Internet-Zeiten, als Technik- und Mitteilungs-freudige Menschen sich auf die neue Möglichkeit stürzten, ihre Entdeckungen zu teilen (“Da! Guckt mal!”) und Kontakte zu knüpfen.

Ausschlafen war wundervoll, ich schlug die Augen zwar noch vor sieben auf, doch vorm Fenster wurde es schon hell. Und ich fühlte mich ausgeruht.

Den gestrigen geschenkten freien Tag wollte ich für eine Wanderung verwenden, seit Mallorca war ich ja nicht mehr unterwegs gewesen. Zu meiner großen Freude startete der Tag richtig sonnig.

Dafür hatte ich mir die bereits mehrfach gegangene Strecke Kirchseeon – Egglburger See – Ebersberg ausgesucht; weil die aber recht kurz ist, wollte ich sie hin und dann wieder zurück gehen. Da ich die Gesamtdauer nicht genau wusste, mich nicht hetzen wollte und das Tageslicht doch bereits arg begrenzt ist, startete ich früh – um dann die gewüschte S-Bahn unterm Hauptbahnhof ausfallen zu sehen. Nun gut, ich hatte genug Lesestoff, wartete ich also auf die nächste.

Das erwies sich dann sogar als Glücksfall: Ich kam in der Bahn in Hörweite von vier alten Bayerinnen zu sitzen, ihrer Ausstattung nach ebenfalls auf dem Weg zum Wandern, genoss ihren Dialekt (u.a. „narrisch“ für wütend, “Sog i zu ihra, sog i”) und ihre Geschichten, am liebsten hätte ich alles mitgeschrieben.

Auch in Kirchseeon schien die Sonne, ich wanderte zügig los. Bis St. Michael überm Eggelburger See begegnete ich nur vereinzelten Hundebesitzer*innen und E-Radler*innen, sonst war ich schön bei mir. Dann wurden die Wege schnell bevölkerter. (Kind auf Parkplatz beim Aussteigen aus Auto, Handy in der Hand: “Haben wir ‘ne Steckdose in der Natur?” – Ich mache mich wirklich nicht lustig, Kinder wissen halt sehr viel noch nicht. Heute andere Sachen nicht als ich vor 50 Jahren.)

Mit langer Wander-Leggins und warmem Lauf-Oberteil war ich genau richtig fürs Wetter gekleidet, die Sonne wärmte angenehm. Es waren durchaus auch Leute im T-Shirt unterwegs. Am 1. November, in Zeiten des Klimawandels.

Ankunft in Ebersberg schon nach gut zwei Stunden. Kein Mittagscappuccino, weil das angepeilte Eiscafé geschlossen war und mir der Aufwand zu groß war, mich in einem richtigen Café niederzulassen. Ich kam auf die Idee, endlich mal auf den reichlich ausgeschilderten Ebersberger Aussichtsturm zu steigen – was mich dann auf einer ganz anderen Schleife zurück zum Egglburger See brachte, sehr willkommen.

Vögel sah ich reichlich: Am Himmel zweimal Falken, außerdem eine Hand voll Milane auf einer Termik, sein Ruf machte mich auf einen fliegenden Bussard aufmerksam. Und zum Abschluss kurz vor Kirchseeon standen vier Graureiher auf einer Wiese.

Kurz vor elf startete ich am S-Bahnhof Kirchseeon (die vier Bayerinnen fuhren noch weiter).

Terrassen-Wohnblock in der Sonne, der nur aus begrünten Balkonen zu bestehen scheint

Mein Lieblings-Wohnblock in Kirchseeon.

Kleine, weiße, freistehende Dorfkirche im Gegenlicht mit Zwiebelturm und Ziegeldach

St. Colomann

Hohe Bäume mit letztem gelben Laub, durch das Sonnenlicht scheint

Steiler, laubbedeckter Weg nach oben, wo man zwischen Ästen und vor blauem Himmel einen weißen Kirchturm erahnt

Hoch zu St. Michael.

Steiler, laubbedeckter Weg nach unten

Und wieder runter.

Leicht erhöhter Blick auf einen Weiher im Sonnenlicht, dahinter Wiesen und Wald, im Vordergrund drei Menschen, die von diesem Weiher kommen

Egglburger See

Feldweg, rechts von riesigen alten Bäumen gesäumt, im Hintergrund sonnenbeschienene Wiesen

Sonnenbeschienener Weiher, von Bäumen umgeben, die sich im Wasser spiegeln

Ebersberger Weiherkette.

Altes, zweistöckiges Stadthaus mit spitzem Gieben, auf einem Erker steht "Fleisch u. Wurstwaren"

Ebersberg – dieses Haus muss ich jedesmal fotografieren (erinnere ich auch als Pókemon-Arena).

Sonnige, schmale Allee, rechts im Hintgrund sieht man einen aus Treppen bestehenden Turm

Ebersberger Aussichtsturm rechts. An allen Bäumen der Alleen Gedenktafeln für Männer, die im Ersten Weltkrieg umkamen, hier nur ein paar Beispiele (bringt mich persönlich mehr zum Gedenken als die meist fürchterlichen “Kriegerdenkmäler” in Dörfern).

Weiße geschwungene Metalltafel an einem großen Baum, darauf die Lebensdaten von „Landsturmmann Anderl Josef“

Weiße geschwungene Metalltafel an einem großen Baum, darauf die Lebensdaten von „Artilerist Eibl Benno“

Weiße geschwungene Metalltafel an einem großen Baum, darauf die Lebensdaten von „Infanterist Oswald Alois“

Blick hinaus einen Aussichtsturm ganz aus Treppen, drumrum herbstbunte Bäume, dahinter blauer Himmel

Turm von unten (erbaut 1914).

Weite Aussicht auf - von hinten: Dunstige Alpenkette, Städtchen mit Zwiebelturm, Wiese, Gehöft

Aussicht von oben.

Kurz vor zwei machte ich auf einer sonnigen Bank Brotzeitpause: Apfel, Nusschnecke vom Rischart (herrlich buttrig).

Lichte Allee aus Mistel-überwachsenen Obstbäumen

Feldweg, in dessen Mitte ein Streifen Falläpfel liegt

Im Sonnenlicht links riesige alte Bäume mit letztem Herbstlaub, rechts daneben Feldweg und Wiese, im Hintergrund auf dem Weg eine Gruppe Menschen

Im Sonnenlicht zwischen kahlen Obstbäumenn eine kleine weiße Kirche mit Zwiebelturm

St. Michael von der anderen Seite.

Die S-Bahn zurück zum Ausgleich wie Limousinen-Service: Sie fuhr eine Minute nach meiner Ankunft am S-Bahnhof ein. Das waren dann etwa 24 Kilometer in knapp fünf Stunden mit einer Pause. Ich fühlte mich überraschend erledigt, meine Füße schmerzten (sie hatten bereits vormittags beim Warten auf die S-Bahn im Stehen weh getan), ich spürte auch Kreuz und Hüften, die Stunde, die man am Ende einer Wanderung noch schaffen können soll, hätte mich große Anstrengung und Zusammennehmen gekostet.

Auf der Rückfahrt Irritation am Bahnhof Haar beim Blick aus dem S-Bahn-Fenster.

An Schallschutzwand Schild mit Silhouette einer Eidechse und Pfeil nach unten zu einem kleinen Durchgang unter der Wand

Kapieren die Eidechsen das?

Trotz schwerer Beine stieg ich schon am Marienplatz aus, ich wollte die Sendlinger Straße bei schräger Abendsonne sehen.

Einkaufsstraße voller Menschen, in die von vorn die schräge Abendsonne leuchtet

Genau so nämlich.

Meine Einschätzung traf zu: Nach vier wurde es ganz schnell düster, zu düster für entspanntes Wandern. Was ich vernünftigerweise bleiben ließ: Jegliche Gymnastik, das war genug Körperlichkeit für einen Tag.

Herr Kaltmamsell ist ja noch bis Sonntagabend Monstertöten, mein Ehrgeiz: Ernteanteil bis dahin weitgehend wegessen (die Sellerieknolle wünsche ich mir dann abschließend von ihm als Sellerieschnitzel). Die Karotten aus Ernteanteil wurden mein gestriges Abendessen, als Ofenkarottenfritten.

Backblech mit gebackenen Karottenstiften

So hatte Herr Kaltmamsell sie mir schon mehrfach serviert (mit viel mehr Hingabe länger und dünner geschnitten), ich ließ mir das Rezept geben (entdeckte erst da, dass der Hintergedanke “gesund” und “fettarm” ist), gestern gab es sie alle für mich und mit einem Joghurt-Senf-Dip. Nachtisch Apfelkompott und Schokolade.

Früh ins Bett, wegen großer Müdigkeit nicht mal gelesen vor Lichtaus.

§

Klein-Bloggersdorf aus dem Häuschen:
Kännchen-Bloggerin Vanessa Giese ist Bürgermeisterkandidatin für Haltern am See.

Ich wünsche ihr von Herzen Erfolg, bin sicher, dass sie sich hervorragend zur Bürgermeisterin eignet (sehen Sie sich allein schon ihren beruflichen Hintergrund an und wie schnell sie sich Entschiedungs-tief in Themen einarbeiten kann) – und hoffe, dass sie möglichst wenig Energie auf die Abwehr unsachlicher Angriffe verwenden muss.

§

Bent Freiwald schreibt bei Krautreporter vor allem über Kinder, Jugendliche, Bildung. Ihm ist aufgefallen, dass seit einigen Jahren in den Medien immer wieder von einer Krise der mentalen Gesundheit bei jungen Menschen die Rede ist. Er wollte wissen, was genau dahinter steckt und hat sich das Material vorgenommen, auf denen diese Aussagen basieren. Das fand ich sehr erhellend, auch was Ableitungsmöglichkeiten aus Daten überhaupt betrifft, deshalb schenke ich Ihnen den Artikel:
“Analyse: Sind wirklich immer mehr Kinder psychisch krank?”

Für meine Recherche habe ich nochmal bei Null angefangen: Wie sicher sind wir uns überhaupt, dass es diesen heftigen Anstieg gibt? Ich wollte mich nicht leiten lassen von dem, was bereits geschrieben wurde. Sondern überprüfen, was die Forschung weiß – und was nicht. Ich will wissen: Gibt es wirklich eine Krise? Wo haben die Schlagzeilen recht? Wo übertreiben sie? Welche Erkenntnisse liefert die Wissenschaft – und wo sind Forschungslücken? Welche meiner Meinungen muss ich revidieren?

die Kaltmamsell

13 Kommentare zu „Journal Freitag, 1. November 2024 – Sonniges Allerheiligen mit Wanderung zwischen Kirchseeon und Ebersberg“

  1. Sabine meint:

    Anfang der 2000er waren wir viel in Frankreich, und weil ich immer bei Kriegerdenkmälern anhalte, um die Namen zu lesen und über den furchtbaren Verlust nachzudenken, habe ich das da auch angefangen, und es ist ja noch viel schlimmer. Ich dachte so bei mir, eine Internetdatenbank oder ein Wiki mit den Namen und Herkunftsorten der jungen Männer, die im 1. Weltkrieg gefallen sind, wäre vielleicht ein lohnendes Crowdsourcing-Projekt, aber dann war ich zu faul und kenntnisarm, um das umzusetzen. Außerdem ist zu befürchten, dass es die falschen Leute auch anziehen würde.

    Aber lesen tu ich die immer. Herrn Scholz würde ich das auch gern nahelegen.

  2. Beate meint:

    Auf dem Frankfurter Hauptfriedhof gibt es noch große Gräberfelder für die Gefallenen 1914-1918. Die Inschriften sind meistens schon zu verwittert, um sie noch entziffern zu können.

    Wir haben nichts gelernt, befürchte ich …

    Liebe Frau Kaltmamsell, stellen Sie Ihr Licht nicht unter den Scheffel – ich bin eine langjährige Leserin und freue mich jeden Morgen auf die Lektüre bei Ihnen!

  3. Sandra meint:

    Hoffentlich ergeht es dem Turm nicht wie unserem Goetheturm. Der war noch älter und wurde vor ein paar Jahren in Brand gesetzt. Inzwischen ist er wieder aufgebaut.

  4. Katharina meint:

    Hallo Sabine,
    das gibt es: https://wiki.genealogy.net/Verlustlisten_Erster_Weltkrieg/Projekt
    Ich bin darauf gestoßen, als ich nach meinem Urgroßvater gesucht habe, der in den Frankreich gefallen ist.
    Viele Grüße
    Katharina

  5. Dani meint:

    Bin erst seit kurzem Leserin, irgendwie über die Kännchen-Bloggerin hier her gerutscht ;-)
    Und jetzt wandern Sie gestern direkt vor meiner Haustür :-) jetzt muss ich dringend mal wieder an die Weiher und auf den Turm. Eigentlich sollte es morgen auf den Taubenberg gehen, weil im Herbst so schön. Aber vielleicht bleiben wir hier, warum in die Ferne schweifen ;-)
    Liebe Grüße

  6. Croco meint:

    Durch meinen Großvater bin ich etwas kriegerdenkmalaffin. Er hat solche Denkmäler gemeißelt.
    In Frankreich sind das immer sehr schöne Orte am Dorfrand. Niemand ist da, man kann nachdenken, ein bisschen schauen und Schinkenbrote essen.
    Wenn man ein paar Daten hat von den Gefallenen, kann man über den Volksbund der Kriegsgräberfürsorge suchen. Da habe ich festgestellt, dass das Grab meines Onkels, Josef K., in der Ukraine verlegt worden ist.
    https://www.volksbund.de/erinnern-gedenken/graebersuche-online

  7. Peggy meint:

    Vielen Dank für das Wohnblockfoto aus Kirchseeon. Dort habe ich 1990 als 16 jährige mit meinen Eltern bei damals schon alten entfernten Verwandten zum erstem Mal Urlaub im „Westen“ gemacht.
    Mittlerweile lebe ich seit vielen Jahren in Bayern. Vielen Dank für die Erinnerung.

  8. die Kaltmamsell meint:

    Wie großartig, Peggy. In meiner Geburtsstadt Ingolstadt gab es einen ähnlichen Bau, allerdings ohne Hang dahinter, der mir immer wie der beneidenswerte Ausbund an Lebensstil und Eleganz erschien – waren Ihre Verwandten elegant eingerichtet?

  9. Peggy meint:

    Oh, jetzt bin ich überfragt. Was war in dieser Zeit elegant eingerichtet? Ich bin aus dem Osten. Ich hatte bis dahin jenseits des Fernsehens nur 2 westliche Wohnungen gesehen, glaube ich. Erinnern kann ich mich an eine offene Küche in der Wohnung, die vom Wohnzimmer mit Theken abgegrenzt war, das fand ich besonders und kannte ich bis dahin nicht. Ansonsten fand ich die Wohnung nicht so ungewöhnlich, es gab viele Bücherregale, weil meine Verwandten sehr belesen waren. Andenken aus fernen Ländern gab es viele, die Verwandschaft war weitgereist.
    Den breiten Balkon über die ganze Wohnungsbreite mit Bäumen im Balkonkasten davor habe ich in Erinnerung. Und man kam von unten und von oben – da gibt es auch eine Strasse – ins Haus.
    An das kleine Schwimmbad im Keller oder Erdgeschoss des Hauses kann ich mich noch erinnern, das hatte eine Gegenstromanlage.
    Und H. hat mit uns einen Ausflug zum Ikea gemacht, da musste ein Tischchen umgetauscht werden und es gab Krabbencocktail im Ikea-Restaurant, ich glaube das spricht eher gegen sehr elegante Einrichtung.
    Um 2000 rum war ich noch einmal zum Kaffeebesuch mit meinen Eltern dort, da lebte ich dann schon in Bayern.

  10. die Kaltmamsell meint:

    Danke, Peggy, die Beschreibung ist fast so gut wie selbst reinschaun. Mit Schwimmbad! Ich glaube, das Haus kommt auf meine Liste für potenziellen Altersruhesitz.

  11. Flusskiesel meint:

    Wir haben hier in Duisburg ja einen stattlichen Soldatenfriedhof aus dem ersten Weltkrieg (bedingt durch ein großes Lazarett). Die Namen und Daten auf den Steinen zu lesen macht mich immer sehr nachdenklich und traurig.

    Aber das Leben geht trotzdem weiter und ich schreibe nun Karotten und Maismehl auf die RTM-Einkaufsliste. Ob man für die Pommes auch Weizenmehl nehmen kann?

  12. FrauC meint:

    Fürs Alter würde ich das nicht unbedingt empfehlen. Die Familie meines Mannes hat in so einer Wohnanlage gewohnt und meine Schwiegermutter musste alle Einkäufe über jede Menge Treppen bis zur Wohnung tragen.
    Abgesehen davon war die Wohnung aber super, mit einer riesigen Terrasse. Und einem “Keller”, der nach hinten in den Berg gebaut war. Tatsächlich ein unterirdischen Raum, aber auf gleicher Höhe wie das Wohnzimmer. Schon ein bisschen skurril.

  13. die Kaltmamsell meint:

    Weil sie jemand kennen, FrauC, der “in so einer Wohnanlage gewohnt” hat, wissen Sie, dass es in diesem Haus in Kirchseeon keinen Aufzug gibt? Den Zusammenhang müssen Sie mir bitte erklären.

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