Journal Samstag, 9. November 2024 – Eine weitere Generation lernt Sound of Music

Sonntag, 10. November 2024 um 8:59

Schön lang geschlafen.

Blick Richtung einem modernen Kirchturm im Nebelschleier, links angeschnitten Balkone, unten eine Straße mit Bäumen, an denen nur noch wenig Herbstlaub hängt

Ein weiterer Nebeltag.

Gleich nach Milchkaffee und Bloggen leistete ich meinen Beitrag zum gestrigen Event und schnippelte zwei Kilo Glockenäpfel für Apfelstrudel.

Aufsicht auf Küchenarbeitsfläche, rechts ein Dutzend geschälter Äpfel, links eine rote Plastikschüssel, in der bereits kleingeschnittene Äpfel zu sehen sind, beides mit auffalend hellem Fleisch

Wenn es stimmt, dass langsames Verfärben des Fruchtfleisches auf einen hohen Gehalt von Ascorbinsäure deutet, dann waren das Vitamin-C-Bomben. Dann hackte ich noch auf Bitte des Strudelbäckers Herr Kaltmamsell zwei Hände voll geröstete Haselnüsse von Elterns Busch.

Das Anlass: Nachmittags war die Bruderfamilie zum Gucken von Sound of Music eingeladen. Die junge Generation war gewarnt, dass das ein einschneidendes Erlebnis würde, möglicherweise schmerzhaft. Aber dass es in der Pause (damals hatten Filme mit 3 Stunden Länge noch eine Pause, hahahaha) zumindest österreichische Leckerei geben würde.

Draußen war es neblig und kalt geblieben, ich schlüpfte für meinen Isarlauf erstmals in die neue Winter-Laufjacke.

Ganzkörper-Spiegelselfie: Frau mit Mütze und Brille in dunkler Laufkleidung mit schwarzer Hose, schwarzer Jacke, die im oberen Teil ein helles abstraktes Muster hat

Direkt über Alten Südfriedhof an die Isar, auf der Westseite nach Süden über Flaucher nach Thalkirchen, nach gemessenen 45 Minuten kehrte ich um und lief auf der Ostseite zurück. Auf dem Rückweg sah ich schon auf der Thalkirchner Holzbrücke erste blaue Flecken durch die Nebel- und Wolkendecke, daraus wurden richtig blauer Himmel und Sonnenschein. Mein Körper spielte gut mit, die Kleidung erwies sich als genau richtig, ich kam in einen angenehmen Rhythmus, zu dem meine Gedanken fließen und Ideen entstehen konnten.

Schlichter Grabstein vor Ziegelwand, darauf ein stilisiertes Fernrohr und die Schrift "Josef Fraunhofer"

Mal wieder bei Joseph von Fraunhofer vorbeigeschaut. Die Schreibung seines Namens variiert, und das ist nicht der ursprüngliche Grabstein, der wurde wie so viele andere in der Bombennacht 2./3. Oktober 1943 zerstört. Die Stadt München hatte Fraunhofer zu Allerheiligen mit einem Kranz geehrt.

Ausblick aus einer Fußgängerunterführung mit Graffiti ins Grüne

Unter der Kapuzinerstraße.

Breiter Weg in Park mit Herbstlaub-lichten Bäumen, im Vordergrund von hinten ein Jogger mit roter kurzer Hose und ein blaues Leih-Fahrrad

Neblige Flusslandschaft mit kahlen Bäumen, im Vordergrund Brückengeländer, rechts eine Frau in hellgrüner Laufjacke von hinten

Nebel in Thalkirchen…

Drei berittene Pferde hinter Bäumen vor Fluss

… aber auch Reiter*innen

Zum Teil von Bäumen verdeckt: Bunte Kajaks, die von einzelnen Menschen auf einem Weg getragen werden, dahinter Fluss

und Kajak*innen auf dem Weg ins Wasser.

Pfeiler einer modernen Brücke von der Seite, darauf und auf der Brücke gemalt ein mächtiger bunter Greifvogel, der in seinen Krallen Werkzeug hält, unten beschritet mit "Bakunin"

An der Brudermühlbrücke entdeckte ich, dass der untere Teil des Bakunin-Gemäldes erneuert worden war: Ich sehe es es seit vielen Jahren unübermalt (soweit ich weiß, ist das eine deutliche Respekt-Geste), hier eine Aufnahme von 2018, dieses Jahr im Mai entstand aber unten ein neues Gemälde – das wurde rückkgängig gemacht.

Breitseite eine Betonbrückenpfeilers, bemalt mit abstrahierter Raumfahrtszene, im Vordergrund der Helm einer Astronautin

Außerdem ein ganz neues Streetart-Gemälde.

Breiter Kiesweg mit Spaziergänger*innen, links Fluss, im Hintergrund alte Brücke und Kirchtürme

Mit der Wittelsbacherbrücke im Blick wurde es sonnig. Ich machte einen kurzen Abstecher in den Biosupermarkt für einen letzten Einkauf.

Blauer Himmel mit senkrechten Federwolken, darunter kleiner Kirchturm über altem, parkähnlichen Friedhof

Sonne überm Alten Südfriedhof.

Seitlich an Trafokasten kleine Malerei eines Männchens mit Farbrolle und Lackeimer

In der Reisingerstraße: Marvin hat einen neuen Job.

Sonniger Balkon, davor kahle Bäume, darauf unter anderem zwei große Pflanzentöpfe mit Palmen, die jeweils drei weiße Blütenstände haben

Die Hakenlilie auf dem Balkon lässt es nochmal so richtig krachen.

Zum Frühstück gab’s einen Apfel sowie Roggenvollkornbrot mit Butter und Zwetschgenmus / mit Nocilla. Wir präparierten die Wohnung fürs Filmschauen (Bügelwäsche und Papiernester verstecken, Sofa und Sessel um den Fernsehbildschirm gruppieren).

Als die Bruderfamilie kam, verzögerte sich der Filmstart natürlich um die Zeit, die wir für den Austausch von Informationen benötigten, untern anderem hatten einige auf dem gestrigen Requiem von Altbürgermeister Peter Schnell gesungen: Er hatte sich von Anfang an für den Jugendkammerchor Ingolstadt eingesetzt, dessen Mitsängerin auch ich ein paar Jahre lang war.

Jetzt aber Bildung: Sound of Music aus dem Jahr 1965, die Generation der Nifften (der mittlere war durch Studienveranstaltung verhindert) sollte die Chance bekommen, die zahllosen Anspielungen im englischsprachigen Raum bis heute zu erkennen. Herr Kaltmamsell und ich disziplinierten uns und sangen an keiner Stelle mit.

Pause nach zwei Stunden. Herr Kaltmamsell hatte viel Apfelstrudel nach Familienrezept gebacken, lediglich veganisiert, den gab es aufgewärmt mit Sahne und zweierlei Vanilleeis (vegan und nicht) – sehr gut. So ließ sich auch das Drama der letzte Filmstunde durchstehen.

Die nächste Generation erklärte sich für informiert und beteuerte, die Erfahrung sei gar nicht so schlimm gewesen. Die Gäste brachen bald auf, es gab eine besonders passende Zugverbindung zurück nach Ingolstadt.

Wir räumten auf, zum späten Abendessen gab es die weitere österreichische Spezialität, die Herr Kaltmamsell vorbereitet hatte: Krautfleckerl mit Kraut aus Ernteanteil und Farfalle. Dazu Schnaps: Neben einem wundervollen Blumenstrauß hatten die Gäste uns ein Flascherl Enzian mitgebracht. Wurde nach meiner Erinnerung in meiner Kindheit noch regelmäßig angeboten, war mir aber schon ewig nicht mehr begegnet – unverständlich, denn wir fanden ihn beide besonders und aromatisch.

§

Die Bundeswahlleiterin Ruth Brand tut ihren Job und weist auf die Folgen und Risiken eines Hauptsache baldigen Wahltermins hin, hier ihr Original-Brief.

Daraufhin las ich Stimmen, die ihr Projektleitungskompetenz absprachen, wenn nicht sogar stereotypische Behördenträgheit unterstellten. Ich bin verdutzt, denn wer sonst sollte sich bitte mit den zahllosen Orga-Details und Bestimmungen für eine Bundestagswahl auskennen? Ich halte es sogar für ihre Pflicht, sich zu Wort zu melden. Und welch ungeheurer Aufwand eine Bundestagswahl ist, ahnt zumindest jede, die mal wahlgeholfen hat. Kleinere Gemeinden haben nicht wie Städte ständige Wahlämter mit entsprechender personeller Ausstattung, dort machen Gemeinde-Angestellte das alle paar Jahre als zusätzliche Belastung mit (Frau Brüllen hat mal eine sehr erleuchtende Leserinnenzuschrift dazu veröffentlicht).

Tagesschau.de hat sich die Bestimmungen wenigstens zum Teil genauer angeschaut und nachgerechnet:
“Früher Wahltermin? Das könnte zu Problemen führen”.

Wahlvorschläge für die Wahlkreise und Landeslisten der Parteien sind spätestens am 69. Tag vor der Wahl schriftlich einzureichen. Im Anschluss muss der Bundeswahlausschuss über die Zulassung der Wahlvorschläge entscheiden. Würde Scholz also schon nächste Woche die Vertrauensfrage stellen, hätten die Parteien nur etwa eine Woche Zeit, ihre Erststimmen-Kandidaten und ihre Wahllisten in allen Bundesländern aufzustellen. Für kleinere Parteien könnten die Probleme noch größer sein, da sie Unterstützerunterschriften sammeln müssen.

Eine solche Situation würde das Vertrauen in die Demokratie wohl kaum stärken.

die Kaltmamsell

11 Kommentare zu „Journal Samstag, 9. November 2024 – Eine weitere Generation lernt Sound of Music

  1. Lempel meint:

    Wenn nicht zeitnah die Vertrauensfrage gestellt wird, haben wir, wenn sich die Koalitionsverhandlungen erwartbar etwas hinziehen, erst im Juni/Juli eine neue Regierung. Eine solche Situation würde das Vertrauen in die Demokratie wohl kaum stärken.

  2. Beate meint:

    Die Jacke ist schick! Das ist reflektierender Druck an den Schultern etc?

    Mir graut vor den nächsten Wochen und Monaten.

  3. adelhaid meint:

    das mit den reflektoren möchte ich auch wissen. ich habe derzeit nur so ein grelles leibchen zum drüberziehen, welches ich natürlich immer vergesse und dann doch in schwarz auf grau durch die beginnende dunkelheit nach hause huschen muss.

  4. sturmwarnung meint:

    Sofortige Nostalgie beim Auftritt von Enzianschnaps – der tatsächlich ist mit den Jahrzehnten klammheimlich aus den Hütten und Gasthäusern verschwunden! Und Respekt für die cineastische Bildungsarbeit. :)

  5. die Kaltmamsell meint:

    Ja, Beate, adelhaid: Laut Verkaufsbeschreibung reflektiert das Muster auf der Jacke (ist gerade aus, wird aber vielleicht nachproduziert?).

  6. Rainer meint:

    Zumindest sieht der Deutsche Städte- und Gemeindebund das ganz anders und sich gut gewappnet, die Wahlen zeitnah innerhalb der Fristen umzusetzen. https://www.rnd.de/politik/neuwahlen-staedte-und-gemeinden-offen-fuer-frueheren-termin-RX7R52XLUBGWBFOIMHKMNMAOOQ.html?outputType=valid_amp
    Ich schätze die Gefahr aus einer Lame Duck bis zum Frühsommer bezüglich der Glaubwürdigkeit wesentlich höher ein.

  7. Nina meint:

    The Sound of music habe ich zum ersten Mal mit Anfang 20 in einem australischen Open Air-Kino in einem Park in Perth gesehen. Das gesamte Publikum vom Kleinkind bis zur Großmutter sang mit, inkl. Tanzeinlagen. Ein unvergessliches Erlebnis!

  8. Frau Irgendwas ist immer meint:

    Sound of music – hier leider eine Bildungslücke, hmm!?
    Beim Thema Wahlen, egal ob vorgezogen oder nicht, zuckt ganz Berlin ja inzwischen zusammen, ich bin echt skeptisch. Das Wahlen notwendig sind, steht außer Frage.
    Hochprozentiges für nach gutem Essen ist völlig weg, oder? Im Häuslichen Kontext schon lange nicht mehr gesehen. Im Lokal schon eher.

  9. Anette meint:

    In den Berghütten wurde er wohl verdrängt durch fruchtigere Brände (Birne und Marille) und lieblichen Haselnussgeist. Letzterer wird gerne angeboten mit dem Hinweis: „Schmeckt ganz mild, fast wie Nutella.“

  10. Susann meint:

    Wir wurden in der 11. Klasse mit Sound of Music in voller Länge konfrontiert, von dem wir bislang noch nicht einmal gehört hatten. Als Österreicher und -innen waren wir leicht bis sehr erschüttert über das Image des Landes (blühende Almwiesen, Schlösser, schlimmes Gejodel, Nazis), verstanden aber jetzt plötzlich, was die berüchtigten “Sound of Music”-Tours in Salzburg wollten. Generell also durchaus Vorbereitung auf’s Leben, insbesonders der zukünftigen Salzburger Student- und -innen.

    NB: Wahlen: diverse Akteure haben ja schon vermeldet, die Wahlen zeitnah durchführen zu können (60 Tage sieht, glaube ich, das GG als Zeitraum vor). Eine Verschleppung halte ich für wenig zielführend und auch nicht für vertrauensbildend.

  11. Croco meint:

    Sound of music kenne ich nur, weil die irischen Freunde eine Bustour zu den Schauplätzen des Films gebucht hatten. Naja, es waren nicht alle beiden begeistert, wollten aber mit mir darüber reden.
    Das ging dann leider nicht.
    Da wäre es auch wichtig gewesen, alle Beteiligten rechtzeitig auf den gleichen Stand zu bringen.

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