Journal Samstag, 23. November 2024 – Wintersonne, Winterbäckerei
Sonntag, 24. November 2024Gut und ausreichend geschlafen, nach dem Hellwerden verschwanden schnell die Wolken und machten Platz für Wintersonnenschein. Meine Schwimmpläne würde ich also im Dantebad umsetzen und die Sonne genießen. Check auf der Website (einmal zu oft vor verschlossenem Schwimmbad gestanden): “Aufgrund eines technischen Defekts kann es im Sportbecken und Attraktionsbecken zu Temperaturschwankungen kommen.” Jetzt war ich gespannt.
Nach dem Bloggen war die Maschine mit meiner Bettwäsche durchgelaufen, ich bestückte die Wohnung, die gerade von der Sonne zusätzlich beheizt wurde.
Trotz Sonnenschein bestand keine Versuchung, das Rad zum Schwimmbad zu nehmen: Draußen sah es glatt aus. Ich war auch am Freitagmorgen froh gewesen, dass Herr Kaltmamsell vernünftigerweise die Tram statt sein Radl in die Arbeit genommen hatte. (Bei mir in der Arbeit hatten selbst die beiden Hardcore-Radler*innen eine Alternative gewählt, einer erzählte von der Testrunde, die ihn überzeugt hatte.) Der schmale Grat zwischen Robustheit/Unkompliziertheit und Leichtsinn.
Dantebad-Schwimmen in herrlicher, winterlich niedriger Sonne (unter vielen Menschen, die allermeisten zum Glück freundlich), zwar zum Teil mit bösen Kreuzschmerzen, aber immer nur momentan. Kondition und sonstiger Körper 1a. Auf die Wassertemperatur hätte ich ohne Online-Hinweis gar nicht geachtet, sie erschien mir allerhöchstens minimal geringer als sonst im Winter.
Nettes Geplänkel in der belebten Gruppenumkleide (man lebt hier Community, beim Umziehen vor dem Schwimmen hatte eine bodenreinigende Dame vom Personal eine Schwimmgästin mit “Schatz” angeredet <3), alles entspannt.
Den Heimweg legte ich über Einkäufe: Tram und Bus zum Kurfürstenplatz, von dort mäanderte ich durch das poshe Jugenstil-Schwabing (viele Menschen an Außentischen mit Tassen und Gläsern – schön!) zum Café Carl in der Clemensstraße, füllte Espresso-Vorräte auf – und lernte endlich ein neutrales Wort für Cafetera/Bialetti, mit dem ich bislang den gewünschtem Mahlgrad beschrieb: Herdkanne.
Diesmal bestellte ich auch einen Mittagscappuccino, war in Ordnung.
Fassadenentdeckung am östlichen Ende der Clemensstraße.
Im U-Bahnhof Münchner Freiheit besorgte ich meine Frühstückssemmeln – nach langem Schlangestehen, das mich überhaupt nicht störte, denn ich fand sehr interessant, was und wie die Kundschaft vor mir einkaufte.
Kleines Abenteuer auf der Heimfahrt: Den Wunsch, sich in öffentlichen Verkehrsmitteln mit großen, dichten Kopfhörern abzuschotten, kann ich gut verstehen. Aber wenn man dann beim Aussteigen die Bankkarte verliert, hat die Mitpassagierin wirklich große Mühe, von hinten mit „Verzeihung!“, „Hallo!“ darauf aufmerksam zu machen. (Ging gut aus, ich konnte die Frau antippen und ihr die Karte geben, schaffte es vor Türenschließen zurück in die U-Bahn.)
Frühstück kurz nach zwei: Äpfelchen von Schwägerins Baum, zwei Körnersemmeln mit Butter und Marmelade.
Tüchtigkeitsnachmittag: Erste Runde Stollenbacken, Küchenbalkon von der vielfältig gekletterten Bohnenpflanze befreit, Küche und Balkon von deren Resten gereinigt, Bett überzogen.
Der Sonnenschein hielt sich, ich genoss ihn bis zur Dämmerung um vier.
Hier ist der Stollen gebacken, gebuttert, gezuckert. Die Puderzuckerschicht gibt es erst nach völligem Abkühlen am nächsten Tag.
Eine Einheit Yoga-Gymnastik mit viel Dehnen, gestern fühlte ich mich besonders verkürzt und geballt.
Aperitiv: Immer noch nicht verschwundener grässlicher Trockenfrüchte-Rumtopf (nein, man sollte nicht 80-prozentigen Strohrum verwenden) mit viel verdünntem Orangensaft. Zum Nachtmahl verwendete Herr Kaltmamsell die Karotten aus Ernteanteil für ein Linsengericht, stückelte auch ein übriges gebratenes Schweinekotelett hinein (er war mittags bei seinen Eltern gewesen und hatte für sie gekocht). Schmeckte gut!
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Triggerwarnung: Essstörungen.
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Einige Tage lang schwankte ich, ob ich mir diesen Krautreporter-Artikel über einen Fall von Anorexie antun wollte.
Seit meinem 17. Lebensjahr habe ich mit dieser furchtbaren Krankheit zu tun, zum Glück (!) nie als selbst Erkrankte, aber als Co-Betroffene im Freundinnen- und Verwandtenkreis. Bis hin zu lebenslangen Folgen selbst nach Genesung, bis hin zu Todesfällen. Derzeit stehen in Schweinfurt eine Mutter und ein Vater vor Gericht, weil ihre 16jährige Tochter zu Hause an Anorexie zu Tode kam: “‘Wir haben uns bis zuletzt nicht vorstellen können, dass Pauline stirbt'”.
Nachtrag der Vollständigkeit halber: Die Eltern wurden wegen fahrlässiger Tötung schuldig gesprochen.
Unter anderem weiß ich aus jahrzehntelangen verzweifelten Recherchen und vom Mitverfolgen der Forschung genug über die Krankheit, dass ich die Vielfalt der Erscheinungsformen kenne – und mir zudem klar bin: Was sich wie Selbstbestimmung und Kontrolle anfühlt, ist in Wirklichkeit Kontrollverlust.
Letztlich mutete ich mir den Artikel zu – und kenne nun eine weitere Anorektikerin. Diese scheint es geschafft zu haben.
“Wenn die Tochter nichts mehr isst”.