Journal Sonntag, 1. Dezember 2024 – Nebliger Isarlauf mit neuen Schuhen und Eisvogel

Montag, 2. Dezember 2024 um 6:23

Wie schön, den letzten Monat des Jahres ins Überschriftenfeld zu schreiben: Fast wieder ein Jahr rumgebracht.

Nach recht guter und ausgeschlafener Nacht schlug ich die Augen zu energischem Nebel auf: Es sah aus, als ließe sich der Dunst nicht mehr als einen Tag des Wochenendes von der Sonne abringen, das waren ja Ingolstädter Verhältnisse!

Blick an Balkonen vorbei auf Kirchturm im Nebel

Wieder als erstes erbost den Kirchturm im Nebel fotografiert. Wie so ‘ne Hundebesitzerin, die die Schnauze ihres Welpen in die Pippi-Lache auf dem Wohnzimmerparkett stupst.

Nach Bloggen, Stollenpuderzuckern und- alufolieeren, Telefonat mit Papa, der sich auf seine Reha vorbereitet, Teetrinken machte ich mich fertig für den ersten Lauf mit neuen Schuhen:

Ganzkörper-Spiegelselfie einer Person in Laufkleidung: Blaue Schuhe, schwarze lange Leggins, schwarze Jacke mit weißem Muster, Brille, graue Mütze, in der Hand graue Fingerhandschuhe

Gleich bei den ersten Schritten waren sie sehr bouncy, das fühlte sich angenehm an. Gesamtergebnis nach 100 Minuten Joggen: Die Bouncyness blieb, und zum ersten Mal wurden die Schmerzen im linken Fußballen im Verlauf der Runde weniger. Ich bin sehr zufrieden.

Die gestrige Strecke: Start gleich vor der Haustür, ich lief über den Alten Südfriedhof zum Flaucher, dort eine größere Gruppe Eisbader*innen. Ich sehe durchaus die Attraktion des Eintauchens in Isarwasser bei kaltem Wetter, andere Beschäftigungen attrahieren mich aber deutlich mehr.

Da ich unterwegs immer mehr wissen wollte, wie der Ausblick von der Großhesseloher Brücke bei diesen Witterungsverhältnisse war, plante ich die ursprüngliche Strecke um, lief weiter zur Brücke und hoch, zurück nur bis Thalkirchen (dann waren 100 Minuten voll, mehr tut mir wirklich nicht gut), nahm die U-Bahn zurück.

Alte Grabsteine, das Gras zwischen ihnen ist weiß von Raureif

Alter Südfriedhof mit Raureif.

Alter, parkähnlicher Friedhof mit kahlen Bäumen in grauem Licht, im Vordergrund einige Grabsteine in Packfoliegehült, daneben Holzpaletten

Wie schön: Irgendwo ist offensichtlich Geld für die Restaurierung dieser Grabsteine hergekommen (die Stadt hat keines dafür, sie sorgt nur für Stabilisierung, damit niemand gefährdet wird, Mitarbeiter des Friedhofsamts gehen regelmäßig durch und juckeln an den Steinen).

Industrieanlage hinter kahlen Bäumen im Nebeldunst; an einem rostigen Kreisrunden Metallbau sieht man Markierungen und Ziffern

Altes Heizkraftwerk, das abgebrochen wird – sind das rechts Abbruchmarken?

Steg aus Holzbohlen über Flusslandschaft, darauf wenige Menschen, im Hintergrund Raureif-geweißte kahle Bäume

Krähe auf Geländer vor Kiesbänken und kahlen Bäumen

Flaucher

Gewässer in trübem Licht, darin spiegeln sich kahle Bäume, im Vordergrund zwei Stockenten

Was Sie hier nicht sehen: Den Kormoran, der gerade abgetaucht ist.

See in trübem Licht, umgeben von kahlen, Raureif-geweißten Bäumen, im Hintergrund eine Holzhütte

Hinterbrühler See mit erster Eisschicht.

Sehr erhöhter Blick auf Fluss und parallelen Kanal, Licht neblig trüb, Boden und Bäume Raureif-geweißt

Blick von der Großhesseloher Brücke nach Norden.

Aus sehr erhöhter Sicht durch ein Gitter fotografierter Blick auf eine FLusslandschaft mit entferntem Schleusenhäuschen

Blick von der Großhesseloher Brücke nach Süden.

Erhöhter Blick auf einen Raureif-weißen bewaldeten Abhang, durch den eine grobe Treppe nach unten führt

Nahaufnahme eines Schwans, dessen Hals unter Wasser zu sehen ist

Im Isarwerkkanal gründelnder Schwan.

Auf dem Rückweg sah ich den Kormoran hinterm Isarwerk wieder, jetzt trocknete er gerade seine Flügel – doch das Highlight war ein Eisvogel! An fast exakt der Stelle, an der ich einen (diesen?) erstmals an Heilig Abend 2023 gesehen hatte, setzte er sich auf einen Ast, flatterte dann weiter. Wie ungeheuer BLAU! er im Flug war! Ein Foto versuchte ich erst gar nicht.

Auf den letzten Metern vor dem U-Bahnhof Thalkirchen wurde es deutlich heller. Als sich ab halb zwei dann doch die Sonne durchsetzte, war ich schon daheim.

Zum Frühstück gab es viel Körnerbrot, mal mit Majo, mal mit Honig.

Nachmittag mit Zeitunglesen und Bügeln, bei Letzterem hörte ich den Soundtrack von The Room Next Door – klang wie von Thomas Newman (den ich mag), war aber von Alberto Iglesias.

Ein wenig Yoga-Gymnastik (am heiligen Sonntag eine Folge “After Work Yoga”, wie herrlich unkonventionell ich bin!), zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell eine Quiche auf der Basis des Grünkohls aus Ernteanteil:

Auf einer schwarzen Kochfeldfläche steht eine mittelgroße Springform mit einer gebackenen Quiche, rechts davon ein Glasteller

In der Füllung zudem rote Paprika, Birne, Feta – schmeckte ganz ausgezeichnet. Nachtisch Schokolade.

§

Wenn aus einem ehemaligen Multitoxler der abstinente Chronist der Multitoxlerei seiner Heimatstadt wird, wird es irgendwann beim Altern berechenbar einsam um ihn – wie bei Glumm. Das tut mir sehr leid.
“Timing”.

Der sehr lange Text ist eine Aneinanderreihung von Fragmenten – Gedanken, Wahrnehmungen und Erinnerungen in Schleifen: Manche Wiederholung ergänzt ein Detail, dann geht es wieder von vorn los. Ungefiltert und unsortiert.

die Kaltmamsell

8 Kommentare zu „Journal Sonntag, 1. Dezember 2024 – Nebliger Isarlauf mit neuen Schuhen und Eisvogel“

  1. Croco meint:

    Eisvogel, Schuhe, Welpe, Nebel, Glumm, alles drin.

  2. Berit meint:

    Vielen Dank für die Verwendung des Wortes attrahieren, das so selten scheint, das es noch nicht mal der Duden sondern nur das Frühneuhochdeutsche Wörterbuch aufführt. Großartig!!! <3

  3. Nicole meint:

    Anmerkung zum Heizkraftwerkbild: mir ist der rote Zylinder auch letztens (erst?) aufgefallen, deshalb gehe ich davon aus dass der neu da steht, also keine Abbruchmarken sondern Nummerierung für den Aufbau, wie “Malen nach Zahlen”, das hat mich sehr erfreut. Nach Recherche auf der SWM Seite bin ich der Meinung es ist ein riesiger Wassertank, in dem Wärme aus der relativ neuen Geothermieanlage zwischengespeichert werden soll.

  4. Glumm meint:

    Wenn Freunde sterben, an deren Seite man 100 Jahre durch die Straßen der Heimatstadt gestiefelt ist, als hätte es keine andere Stadt auf der Welt gegeben, wenn solche Freunde plötzlich vom Herrgott die Papiere bekommen und gehen müssen, die Welt verlassen, was dann? Das Dumme, (im wahrsten Sinne dumm), an der ganzen Geschichte: es ist ja abzusehen, dass die Körper der Langzeituser irgendwann schlappmachen. Man wird einfach zu alt für die Drogen, die man nimmt. Aber man denkt nicht daran. Man macht einfach weiter. Seltsamerweise starben zwischen 2020 und 2023 nicht nur viele alternde ex-Süchtige, auch “normale Bekannte” gingen unter, an COPD oder seltenen Immunkrankheiten. (Darüber hab ich gar nichts geschrieben, es wäre für den Blog zu lang geworden.)

  5. Croco meint:

    Vor nicht all zu langer Zeit saß ich mit einem Kindergarten- und Schulfreund zusammen.
    Wir haben festgestellt, dass von der Raucherecke unserer Schule niemand mehr lebt. Und auch dass es all die Substanzler nicht mehr gibt. Die, die bald aufgehört haben, leben noch.
    Wie cool waren sie alle damals. Und jetzt leben die Einsichtigen und Biederen noch.

  6. die Kaltmamsell meint:

    Und immer die Frage, Croco, wie viel davon man sich aussucht. Ich fand als Jugendliche halt Chorsingen und antike Skulpturen cool – habe ich mir das ausgesucht?

  7. Glumm meint:

    Was ich noch sagen wollte, liebe Vorspeisenplatte: Deine Formulierung, dass es “berechenbar einsam” wird um den alternden Chronisten – ich schätze, das trifft so ziemlich jeden alternden Chronisten, ganz egal, welchem Sujet er sich verschrieben hat, weil man als Chronist nur am Rande des Geschehens die wichtigen und die unwichtigen Dinge mitkriegt und am Ende ohnehin allein dasteht mit seinem Stift.

  8. Trulla meint:

    Ich denke schon, dass man sich das damals passende – aus unterschiedlichen, individuellen Gründen – aus dem vorhandenen Angebot ausgesucht hat. Die einen übten Opposition, andere sind naiv abenteuerlustig, manche bildungsbeflissen usw. ,usw… Alle aber waren noch jung und unerfahren und konnten nicht wissen, dass jedes Verhalten zumeist auch Konsequenzen hat.
    Was für ein Glück, ohne allzu große Reue zurückblicken zu können.

Beifall spenden: (Unterlassen Sie bitte Gesundheitstipps. Ich werde sonst sehr böse.)

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