Archiv für Dezember 2024

Journal Freitag, 6. Dezember 2024 – Regennikolaus

Samstag, 7. Dezember 2024

Jemand anders hatte Nikolaus keineswegs vergessen: Als ich völlig erschlagen (trotz guter Nacht) nach Weckerklingeln meine Schlafzimmertür öffnete, begrüßte mich davor ein wunderschöner Schoko-Nikolaus. Der Schenker amüsierte sich darüber, dass ich Nikolaus vergessen hatte.

Schon bei einem leichten Zwischen-Aufwachen hatte ich das Regenrauschen gehört – und diesmal war mir dabei eingefallen, dass ich Gummstiefel besitze: Ich saß im Büro also nicht wie am Regenmorgen der Vorwoche eine Stunde strumpfsockert am Schreibtisch, die nassen Turnschuh-Vorderteile mit Papiertüchern ausgestopft, damit Socken und Schuhe trocknen konnten. Aber Spaß machte der Weg in die Arbeit in prasselndem Regen, den Schirm gegen den Wind gestemmt, auch so nicht. Mein feuchter Wollmantel dominierte den ganzen Tag den Geruch meines Büros. (Ich kam erst nicht drauf, wieso es in dem Raum nach Schaf roch.)

Geordneter Start des Arbeitstags, ich unterbrach das Abarbeiten nur hin und wieder nach innerem Hochschrecken für Nachfragen zur Beruhigung, es schoss nur wenig quer dazwischen.

Draußen wurde das Wetter graubunt, es regnete aber nur vereinzelt.

Sehr erhöhter Blick auf Vorstadt mit Bürogebäuden, mehrspurige Straßen, S-Bahn-Gleise, im Hintergrund die Stadt-Silhouette von München

Also wagte ich mich nach dem Check des Regenradars in Turnschuhen und Mantel, ohne Regenschirm auf einen Mittagscappuccino ins Westend, kam trocken hin und zurück. Danach Weiterarbeiten, allerdings mit der Erschwernis schwankender Konzentrationsfähigkeit.

Mittagessen wieder sehr spät, aber gestern wegen Appetitlosigkeit (my old Stress-friend): Apfel, Granatapfelkerne mit Sojajoghurt.

Nachmittag weiter geackert mit wenig Durchschnaufen dazwischen, ich brauchte fast durchgehend Kunstlicht.

Feierabend nur wenig in die Überstunden gezogen. Auf dem Heimweg Edeka-Einkäufe: Es war spannend, auf dem Weg dorthin in der Einkaufslisten-App zu beobachten, was Herr Kaltmamsell wegbesorgte. Wetter halbwegs trocken.

Zu Hause erstmal Geschäftigkeit (Wäsche, Pflanzen, Reisevorbereitungen) und Yoga-Gymnastik, dann war endlich wirklich Feierabend. Herr Kaltmamsell hing ebenfalls sehr in den Seilen, sorgte dennoch für Nachtmahl. Ich reichte vorher Negronis an, dann gab es den Ernteanteil-Kürbis als DEN Salat.

Mit Postelein statt Ruccola, weil der halt im Ernteanteil war. Dazu den Rest Rosé von der Vorwoche (vakuumiert verplöppelt im Kühlschrank frisch gehalten), der überraschend gut zu Kürbis und Apfel passte. Nachtisch Schokolade, vor Bauchkneifen aufgehört.

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In der SZ-Reihe “Reden wir über Geld” gestern Gonzalo Ùrculo, Gründer und Geschäftsführer von Crowdfarming (bin treue und überzeugte Kundin) – viel interessanter Hintergrund zu Vertriebswegen von Obst, u.a. wie Restaurants in Juni an Orangen kommen (€):
“‘Wenn der Kunde Orangen im Juni möchte, können wir sie ihm nicht liefern'”.

Wir verkaufen nur saisonal und ernten immer schrittweise auf den Feldern, nach Bedarf. Die meisten Früchte halten sich sehr gut am Baum. Wenn du bei einem unserer Landwirte etwas bestellst, hängen deine Früchte noch am Baum. Damit wenden wir uns gegen den Trend, die Produkte innerhalb kürzester Zeit zu liefern. Das hat hohe Umweltkosten, weil das Obst dann überall in Europa zwischengelagert werden muss. Unsere schnellste Lieferung beträgt ab dem Zeitpunkt der Bestellung vier Tage. So lange dauert es mindestens, bis die Früchte gepflückt, verpackt und verschickt werden.

Hin und wieder werde ich hier nach konkreten Crowdfarming-Anbauern und der Qualität der Früchte gefragt. Ich nenne gerne die Standorte meiner Baum-“Adoptionen”, doch was die Qualität angeht: Kommt drauf an, nämlich auf die konkrete Saison. Jede und jeder, die mit Obstanbau zu tun hatten, weiß, wie stark der Einfluss des Wetters auf die Ernte ist. Genau das ist der Unterschied zum Supermarkt-Obst: Dort wird nur die schönste, standardisierte Ware angeboten, und wenn der Lieferant sie nicht liefern kann, wird ihm nichts abgenommen. Und schon sind Lebensmittel zu Müll verwandelt. Bei Crowdfarming kauft man einen Ernteanteil, große und kleine Früchte, viele davon nicht ebenmäßig. Wie sie halt am Baum hingen.

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Wenn wir schon bei Lebensmitteln sind: Chris Kurbjuhn erzählt eine Familiengeschichte damit.
“Mutters Essen: Knödel mit Geschichte”.

Journal Donnerstag, 5. Dezember 2024 – Dementor Erwerbsarbeit

Freitag, 6. Dezember 2024

Gut geschlafen, hätte mehr sein dürfen. In der letzten Stunde vor Weckerklingeln ließ mich die Erinnerung an zwei Dinge, die ich nicht vergessen durfte, nicht mehr ganz einschlafen (Plastikkiste für Ernteanteil mitnehmen / Maschine helle Wäsche programmieren – meine Probleme möchten Sie haben).

Zu meiner Überraschung wurde es zu klarem Himmel hell, ich genoss den Marsch in die Arbeit.

Am Schreibtisch legte ich umgehend los – mit einem nahezu fröhlichen Chopchop. Doch dann musste ich schon wieder schöne Spontanjobs ablehnen, weil ich bis Freitagabend durchgebucht war.

Am späten Vormittag war ich noch so gut im Plan, dass ich für Markteinkäufe (Äpfel) und Mittagscappucino ausstempelte.

Doch zurück im Büro erwischte mich ein massiver Querschuss, der mich ungeplante anderthalb Stunden beschäftigte. Das war’s mit Mittagspause, kurz vor zwei zwang ich mich zumindest, den mitgebrachten Linsen-Bete-Salat zu essen.

Der Nachmittag war brutal, und ich leide derzeit unter Schwierigkeiten, für die ich nichts kann, die ich auch nicht beseitigen kann, die aber mittelfristig desaströs verlaufen. Mir dämmerte immer mehr (nicht erst seit gestern), dass das so auf Dauer nicht weitergehen kann. Wenn die Erwerbsarbeit wie so ein Dementor wirkt, der allen (ohnehin eher spärlichen) Lebenswillen, alle Kreativität und Energie absaugt, stimmt doch was nicht? Wobei mir ja inzwischen klar ist, dass auf mich jede Erwerbsarbeit ein wenig diese Wirkung hat – was es schwierig macht zu erkennen, ab wann ich Alarm schlagen muss.

Zu spät durfte es gestern nicht werden, ich war dran mit Ernteanteilabholung. Und davor musste ich Milchnachschub besorgen.

Auf dem Heimweg war ich so erledigt, dass ich eigentlich nur “So kann das nicht weitergehen” in Variationen dachte. Milch und Ernteanteil heimgebracht, Herrn Kaltmamsell angeschnaubt, dass ich möglicherweise unfreundlich zu ihm sein würde. Dabei gibt es bei ultra-grottiger Laune doch nur einen Menschen, an dem man sie auslassen kann, der keine Chance hat davor wegzulaufen: Man selbst.

Eine halbe Stunde Yoga-Gymnastik wirkte schon mal besänftigend – obwohl einige Übungen dabei waren, die mein Körpervermögen weit überschritten (so weit, dass ich es lustig fand).

Für die Brotzeizvorbereitung hatte ich zwei Sorten Sojajoghurt in der Hand (ich musste einmal umständhalber von meiner üblichen Marke abweichen).

Zutatenliste der Ausweichmarke (10 Posten).

Zutatenliste von Sojade, das ich am liebsten kaufe (2 Posten). Einer von diesen beiden Herstellern scheint handwerkliche Probleme zu haben. Preis übrigens identisch.

Herr Kaltmamsell hatte bereits Spannung aufs Nachtmahl aufgebaut: Es werde etwas ganz Besonderes um den Ernteanteil-Lauch geben.

Auf gedecktem Tisch eine gestürzte Tarte mit Lauchscheiben und Salbeiblättern

Eine Ottolenghi-Rezept: Leek nut roast tatin. Sehr gut, lauchig-nussig-pilzig-fruchtig – über die letzte Geschmackskomponente rätselten wir, tippten als Ursache auf Granatapfel-Melasse sowie die Pastinake, die Herr Kaltmamsell aus Ernteanteil zusätzlich reingeraspelt hatte.

Nachtisch Schokolade.

Mit neuem Buch ins Bett: Matt Haig, The Midnight Library, fing einladend an. Doch dann fiel mir ein, dass ich Nikolaus vergessen hatte und Herr Kaltmamsell am nächsten Morgen mit bebender Lippe vor keinem Schokoladennikolaus stehen würde – ach Männo.

Journal Mittwoch, 4. Dezember 2024 – Längsten Arbeitstag der Woche abgehakt

Donnerstag, 5. Dezember 2024

Bis auf die letzte Stunde sehr gut geschlafen, zu nassem Dunkel aufgestanden.

Ich nahm einen Mittelweg zum späteren Arbeitsanfang, turnte nach Bloggen und Milchkaffee 40 Minuten (mit Aufwärmen) einen Cardio-Pilates-Mix von Fitnessblender. Vielleicht liegt es daran, dass dieses Video zwölf Jahre alt war und die Sportforschung
(-mode?) weitergewandert ist, vielleicht liegt es an meiner eigenen, auch Alters- und Verschleiß-bedingten Veränderung von Sport-Vorlieben: Das ging mir alles zu schnell, sowohl der Wechsel zwischen Hüpferei und Boden als auch der Einstieg in die Übungen, die erst währenddessen erklärt wurden – ich kannte sie zwar alle und wusste die korrekte Haltung und Ausführung, doch durch Yoga und Pilates bin ich mittlerweile gewohnt, dass ich erst ausführlich in die korrekte Ausgangshaltung eingewiesen werde, meist inklusive Begründungen, die mir bei der Selbstkorrektur helfen, und dann loslege. Einige Haltungen der Vorturnerin entsprachen auch ganz und gar nicht dem, was ich kürzlich zu diesen Übungen gelernt habe.

Und schließlich musste ich feststellen, dass meine Wirbelsäule inzwischen auch bei Cardio-Gehüpfe rumpelt wie eine Holz-Achterbahn, die eine oder andere Übung fühlte sich überhaupt nicht gut für mein Kreuz an (z.B. Cardio-Übung im Stehen: ausgestrecktes Bein nach oben und ausgestreckten Arm zusammenführen), ich wandelte ab. Zwar kam ich ins Schwitzen und fühlte mich abschließend gut durchbewegt, diese Folge mache ich aber nicht nochmal.

Marsch in die Arbeit unter vielfarbig grauem Himmel, mittelkalt.

Ohne dass ich mich gehetzt hatte, stempelte ich schließlich nur eine gute halbe Stunde später als sonst im Bürohaus ein.

Dort geriet ich nach Öffnen des Postfachs nur kurz in Hektik (war es doch zu waghalsig gewesen, nicht wie sonst vor acht anzutreten?), fing mich dann aber und arbeitete geordnet.

Zu meinem Mittagscappuccino ging ich in leichtem, kalten Niesel zu Nachbars. Zurück im Büro stürzte der nächste Schwall Arbeit über mich herein, das Mittagessen verschob sich immer weiter. Um halb zwei gab es Mango (wieder eine aus der Textilbranche) mit Sojajoghurt.

Voller Arbeitsnachmittag, das erwartete Loch vor dem Abendtermin wollte sich nicht einstellen. Doch ich beobachtete interessiert, dass ich selbst um fünf noch alert war, wenn ich um ein Arbeitsende erst Stunden später wusste – das war wie beim Wandern, wo die Länge der Strecke eine automatische Krafteinteilung bewirkt: Bei einer 30-Kilometer-Tour fühle ich mich nach 20 Kilometern noch mittendrin, bei einer 22-Kilometer-Tour bin ich nach 20 Kilometern schon mal müde.

In der Online-Abendveranstaltung hatte ich eine rein technische Funktion im Hintergrund, konnte also währenddessen kurz nach sieben gegen Hunger-Bauchweh den zerknautschten Eiweißriegel aus der Schreibtischschublade essen, der genau auf diesen Not-Einsatz gewartet hatte.

Alles klappte, die Vorbereitung mit Tests zahlte sich aus. Jetzt kann ich anfangen, mich vor dem nächsten Termin am 10. Dezember zu fürchten. Doch es wurde kurz vor halb neun, bis ich aus dem Bürohaus kam. Um schneller heim zu kommen, nahm ich bis Theresienwiese für zwei Stationen die U-Bahn (bis ganz nach Hause hätte ich unterm Hauptbahnhof umsteigen müssen), ging nur das letzte Drittel zu Fuß. Zu Hause wartete ein müder Herr Kaltmamsell mit dem Abendessen auf mich: Er hatte die letzten Ernteanteil-Rote-Bete zu einem Linsensalat verarbeitet, der hervorragend schmeckte und auch noch genug für die Brotzeit am Donnerstag hergab.

Zu müde für Schokolade, ich wollte ins Bett. Dort Jonathan Lethem You don’t love me yet ausgelesen – der war nix, Lethem kann das viel besser.

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Wenn man im Studium nachweisen muss, dass die eigene Arbeit nicht KI-generiert ist.
Hilfreiche Detail-Tipps in den Drukos.

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Alte Menschen wie ich witzeln ja gerne, dass ihre orthopädisch gefährlichste Aktivität der Nachtschlaf ist. Mache ich nicht mehr so schnell. Aus dem Wissenschaftsmagazin spektrum.de:
“Tod durch Bett”.

Journal Dienstag, 3. Dezember 2024 – Die Zukunft des Online-Kaufens

Mittwoch, 4. Dezember 2024

Aufgewacht zu Regenrauschen, Arbeitsweg im Regen unter Schirm und im Finsteren.

Turbulenter Arbeitsvormittag, ich musste Jobs abgeben, die ich eigentlich am liebsten mache, aber sie waren für mich nicht mit dieser Deadline zu schaffen.

Dennoch rannte ich auf einen Mittagscappuccino raus an die Theresienhöhe, der Regen hatte aufgehört.

Im Vordergrund eine Capuccino-Tasse auf einem Holztisch, dahinter ein kleines goldenes Weihnachtbäumchen, im Hintergrund Café-Szene, an einem Tisch sitzen zwei Menschen, hinter ihnen die Glasfront mit Blick auf einen gepflasterten Platz

Spätes Mittagessen waren dann der Rest Körnerbrot sowie Granatapfelkerne mit Joghurt.

Der Nachmittag wurde sehr arbeitsreich und anstrengend (aber ich sah, dass draußen sogar die Sonne herausgekommen war), ich musste am Ende die eigentlich nicht mehr vorhandene Konzentration mit aller Kraft zusammenkratzen.

Da der Arbeitstag am Mittwoch bis in die Nacht dauern würde, hatte ich eigentlich geplant, am nächsten Morgen eine Stunde später anzutreten – doch es zeichnete sich ab, dass das schwierig werden könnte.

Irgendwann machte ich mit Gewalt Feierabend: Ich wollte in der Innenstadt eine Click-and-collect-Bestellung abholen – wenn ich schon in der Innenstadt wohne, konnte ich mir ja das Porto nach Hause sparen.

U-Bahn zum Odeonsplatz, von dort aus ging ich zum Kosmetik-Laden in der Kaufingerstraße, ich hatte ein sehr spezielles, kleines Pflegeprodukt bestellt (dass es dieses im Laden selbst nicht gab, sondern nur im Online-Shop der Kette, hatte ich schon vor Monaten herausgefunden). Im mehrgeschoßigen Laden lief ich ein wenig irr, der Click-and-collect-Ort war kaum ausgewiesen.

In einem Laden, links hinten die Schrift "Click & Collect Abholstation", davor bis direkt davor hohe Stapel schwarze Paletten in Folie

Als ich ihn gefunden hatte, half mir das allerdings auch nicht. Mehr Herumirren, bis ich eine Angestellte um Hilfe bitten konnte. Sie suchte dann eine Weile an verschiedenen Stellen hinter der Kasse und hinter Türen, bis ich in einer völlig überdimensionierten Postverpackung meine Bestellung bekam und zahlen konnte. So hatte ich mir die Zukunft des Online-Kaufens auch nicht vorgestellt.

Schnelle Lebensmittel-Vorratseinkäufe, daheim holte ich lediglich Herrn Kaltmamsell ab, denn Abendessen sollte es auf dem Christkindlmarkt geben. Es wurde für uns beide je eine Rengschburger spezial und eine Portion Pommes.

Nachtischschokolade zu Hause.

Festgestellt, dass nicht alle Menschen mit Freude an deutscher Sprache meine Allergie gegen die Arbeitsweltbegriffe “zeitnah” und “im Nachgang” nachvollziehen können. Die Alterserscheinung Sprach-Überempfindlichkeit scheint bei mir früh und heftig zuzuschlagen. (Dafür habe ich kein Problem mit Gluten oder Laktose.)

Journal Montag, 2. Dezember 2024 – Noch so ein Arbeitsmontag

Dienstag, 3. Dezember 2024

Eigentlich eine gute Nacht, aber mit mehrfachem leichten Aufwachen.

Wetter war kalt mit buntem Sonnenaufgangshimmel, die Temperatur in der Innenstadt lag leicht über Null.

Häuser-Silhouette vor Morgenrosa

Blick zurück auf der Theresienwiese.

Im Büro die gewohnte Montagshektik nach Öffnen des Postfachs, weil andere am Wochenende gearbeitet hatten. Das Wetter verdüsterte sich, es regnete auch mal, der Rest des Tages war gemischt.

Für meinen Mittagscappuccino ging ich nach durchgehender Emsigkeit rüber zu Nachbars, schloss Einkäufe im nahen Lidl an.

Weitere Besprechungen und Tätigkeiten, bevor ich zu Mittag Rote-Bete-Salat aus Ernteanteil (super) und etwas Körnerbrot (ist mir vielleicht schlicht zu salzig) aß.

Arbeitsreicher Nachmittag, musste halt. Der anstrengendste Tag der Woche wird aber Mittwoch, mit Ansage und lange vorbereitet.

Nach Feierabend Einkäufe: Granatäpfel im Obst- und Gemüseladen, die zweite Crowdfarming-Lieferung fällt ja aus (Fachsimpeln mit dem Verkäufer über das Entkernen, wir waren uns über die Methode einig), im Vollcorner Lebensmittel, im Drogeriemarkt Dorgeriemarktprodukte.

Daheim Häuslichkeiten, Yoga-Gymnastik (nur Dehnen und Schnaufen, war gestern aber ok), Brotzeitvorbereitung. Zum Nachtmahl hatte Herr Kaltmamsell aus Ernteanteil-Wirsing und -Kartoffeln Eintopf gekocht, auf meinen Wunsch Wurst (Kabanossi) reingeschnippelt, gut und nährend. Nachtisch die beste Entwicklung auf dem Weihnachtsgebäckmarkt der vergangenen Jahre: Stollen-Konfekt.

Zum ersten Mal wollte ich etwas auf der Second-Hand-Kleidungs-Plattform Vinted kaufen, seit Jahren bekannt über die Nifften, einen altmodischen roten Damen-Janker. Doch ich schaffte es nicht, ein Konto mit E-Mail und Passwort anzulegen: In drei Browsern, über zwei IPs, an mehreren Tagen wurde ich in dem Prozess gesperrt, “irgendwas an dem Browser kommt uns komisch vor”. Aber auch nach drei Tagen wollte ich diesen Janker: Ich bat also Herrn Kaltmamsell, ein Konto anzulegen und den Janker für mich zu kaufen. Er schaffte es mit seinem Google-Konto. (Die Zukunft des Online-Handels hatte ich mir anders vorgestellt.)

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Gestern lernte ich den Begriff “Entsorgungssicherheit”: Die Garantie, den eigenen Müll loszuwerden. Das ist überhaupt nicht trivial: Stellen Sie sich mal vor, es gäbe keine Müllabfuhr und Sie müssten selbst sehen, wohin mit Ihren Abfällen. Ich erinnere mich ans kastlilische Dorf meiner spanischen Oma in den frühen 70ern: Da gab es halt auf dem Weg zum Bach einen Platz, an den alle ihren Müll brachten, vor allem Plastik, und hin und wieder fackelte den jemand ab.

Dieser Artikel von Lucretia Gather auf tagesschau.de brachte mich drauf:
“Zahl der Deponien geht zurück
Wohin mit den Bauabfällen?”

Journal Sonntag, 1. Dezember 2024 – Nebliger Isarlauf mit neuen Schuhen und Eisvogel

Montag, 2. Dezember 2024

Wie schön, den letzten Monat des Jahres ins Überschriftenfeld zu schreiben: Fast wieder ein Jahr rumgebracht.

Nach recht guter und ausgeschlafener Nacht schlug ich die Augen zu energischem Nebel auf: Es sah aus, als ließe sich der Dunst nicht mehr als einen Tag des Wochenendes von der Sonne abringen, das waren ja Ingolstädter Verhältnisse!

Blick an Balkonen vorbei auf Kirchturm im Nebel

Wieder als erstes erbost den Kirchturm im Nebel fotografiert. Wie so ‘ne Hundebesitzerin, die die Schnauze ihres Welpen in die Pippi-Lache auf dem Wohnzimmerparkett stupst.

Nach Bloggen, Stollenpuderzuckern und- alufolieeren, Telefonat mit Papa, der sich auf seine Reha vorbereitet, Teetrinken machte ich mich fertig für den ersten Lauf mit neuen Schuhen:

Ganzkörper-Spiegelselfie einer Person in Laufkleidung: Blaue Schuhe, schwarze lange Leggins, schwarze Jacke mit weißem Muster, Brille, graue Mütze, in der Hand graue Fingerhandschuhe

Gleich bei den ersten Schritten waren sie sehr bouncy, das fühlte sich angenehm an. Gesamtergebnis nach 100 Minuten Joggen: Die Bouncyness blieb, und zum ersten Mal wurden die Schmerzen im linken Fußballen im Verlauf der Runde weniger. Ich bin sehr zufrieden.

Die gestrige Strecke: Start gleich vor der Haustür, ich lief über den Alten Südfriedhof zum Flaucher, dort eine größere Gruppe Eisbader*innen. Ich sehe durchaus die Attraktion des Eintauchens in Isarwasser bei kaltem Wetter, andere Beschäftigungen attrahieren mich aber deutlich mehr.

Da ich unterwegs immer mehr wissen wollte, wie der Ausblick von der Großhesseloher Brücke bei diesen Witterungsverhältnisse war, plante ich die ursprüngliche Strecke um, lief weiter zur Brücke und hoch, zurück nur bis Thalkirchen (dann waren 100 Minuten voll, mehr tut mir wirklich nicht gut), nahm die U-Bahn zurück.

Alte Grabsteine, das Gras zwischen ihnen ist weiß von Raureif

Alter Südfriedhof mit Raureif.

Alter, parkähnlicher Friedhof mit kahlen Bäumen in grauem Licht, im Vordergrund einige Grabsteine in Packfoliegehült, daneben Holzpaletten

Wie schön: Irgendwo ist offensichtlich Geld für die Restaurierung dieser Grabsteine hergekommen (die Stadt hat keines dafür, sie sorgt nur für Stabilisierung, damit niemand gefährdet wird, Mitarbeiter des Friedhofsamts gehen regelmäßig durch und juckeln an den Steinen).

Industrieanlage hinter kahlen Bäumen im Nebeldunst; an einem rostigen Kreisrunden Metallbau sieht man Markierungen und Ziffern

Altes Heizkraftwerk, das abgebrochen wird – sind das rechts Abbruchmarken?

Steg aus Holzbohlen über Flusslandschaft, darauf wenige Menschen, im Hintergrund Raureif-geweißte kahle Bäume

Krähe auf Geländer vor Kiesbänken und kahlen Bäumen

Flaucher

Gewässer in trübem Licht, darin spiegeln sich kahle Bäume, im Vordergrund zwei Stockenten

Was Sie hier nicht sehen: Den Kormoran, der gerade abgetaucht ist.

See in trübem Licht, umgeben von kahlen, Raureif-geweißten Bäumen, im Hintergrund eine Holzhütte

Hinterbrühler See mit erster Eisschicht.

Sehr erhöhter Blick auf Fluss und parallelen Kanal, Licht neblig trüb, Boden und Bäume Raureif-geweißt

Blick von der Großhesseloher Brücke nach Norden.

Aus sehr erhöhter Sicht durch ein Gitter fotografierter Blick auf eine FLusslandschaft mit entferntem Schleusenhäuschen

Blick von der Großhesseloher Brücke nach Süden.

Erhöhter Blick auf einen Raureif-weißen bewaldeten Abhang, durch den eine grobe Treppe nach unten führt

Nahaufnahme eines Schwans, dessen Hals unter Wasser zu sehen ist

Im Isarwerkkanal gründelnder Schwan.

Auf dem Rückweg sah ich den Kormoran hinterm Isarwerk wieder, jetzt trocknete er gerade seine Flügel – doch das Highlight war ein Eisvogel! An fast exakt der Stelle, an der ich einen (diesen?) erstmals an Heilig Abend 2023 gesehen hatte, setzte er sich auf einen Ast, flatterte dann weiter. Wie ungeheuer BLAU! er im Flug war! Ein Foto versuchte ich erst gar nicht.

Auf den letzten Metern vor dem U-Bahnhof Thalkirchen wurde es deutlich heller. Als sich ab halb zwei dann doch die Sonne durchsetzte, war ich schon daheim.

Zum Frühstück gab es viel Körnerbrot, mal mit Majo, mal mit Honig.

Nachmittag mit Zeitunglesen und Bügeln, bei Letzterem hörte ich den Soundtrack von The Room Next Door – klang wie von Thomas Newman (den ich mag), war aber von Alberto Iglesias.

Ein wenig Yoga-Gymnastik (am heiligen Sonntag eine Folge “After Work Yoga”, wie herrlich unkonventionell ich bin!), zum Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell eine Quiche auf der Basis des Grünkohls aus Ernteanteil:

Auf einer schwarzen Kochfeldfläche steht eine mittelgroße Springform mit einer gebackenen Quiche, rechts davon ein Glasteller

In der Füllung zudem rote Paprika, Birne, Feta – schmeckte ganz ausgezeichnet. Nachtisch Schokolade.

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Wenn aus einem ehemaligen Multitoxler der abstinente Chronist der Multitoxlerei seiner Heimatstadt wird, wird es irgendwann beim Altern berechenbar einsam um ihn – wie bei Glumm. Das tut mir sehr leid.
“Timing”.

Der sehr lange Text ist eine Aneinanderreihung von Fragmenten – Gedanken, Wahrnehmungen und Erinnerungen in Schleifen: Manche Wiederholung ergänzt ein Detail, dann geht es wieder von vorn los. Ungefiltert und unsortiert.

Journal Samstag, 30. November 2024 – Sonnensieg, Abend mit Besuch

Sonntag, 1. Dezember 2024

Lang geschlafen, kurz vor dem Aufwachen von einem französischen Ferienhaus in einer Provinzstadt geträumt, hohe Räume, dunkle Holzdecken, alles ziemlich unaufgeräumt, kurz nach mir trafen zwei Mitbewohner*innen ein, die ich noch nicht kannte.

Aufgestanden mit demselben Schlimm-Gefühl, mit dem ich ins Bett gegangen war. Ich bin mal wieder völlig hilflos, was ich dagegen machen soll, neige in solchen Phasen sehr zum Kaputtmachen, damit sich überhaupt was rührt, kämpfe dagegen an.

Gemütlich gebloggt, über den oberen Brillenrand den Himmelskampf zwischen Blau und Nebel beobachtet. Blau hatte noch nicht ganz gewonnen, als ich mich auf den Weg zum Schwimmen machte – abgeschreckt von der Aussicht auf dichten Stadtverkehr dann doch mit der U-Bahn zum grässlichen Halt Olympiapark.

Gegenlichtaufnahme sonniger Olymoiapark, links der Fernsehturm, rechts deneben die Spitzen der Schwimmhalle, im Vordergrund einige Spaziergänger*innen

Noch hatte sich der Nebel nicht ganz verzogen.

Meine 3.000 Meter im mittel frequentierten Becken liefen gut, nichts schmerzte sehr. Danach spazierte ich in herrlichem Sonnenschein durch den Olympiapark zu einer Tram-Haltestelle, ließ mich in die Maxvorstadt schaukeln, spazierte zum Bäcker für Frühstück, nahm eine U-Bahn nach Hause.

Frühstück kurz nach zwei im sonnigen Wohnzimmer: Körnerbrot (der Haferling vom Wimmer besteht fast nur aus Körnern – das las sich auf der Website, auf dem ich dieses Kastenbrot entdeckt hatte, besser, als es mir dann schmeckte) mit Butter und Meyer Lemon Curd, eine Orange.

Eine zweite Runde Stollenbacken, diesmal aber nur die halbe Menge und nur einen Stollen: Das verschenkte Backwerk soll nicht bis in den Januar rumliegen, sondern gerade genug sein.

Außerdem Zeitunglesen, Zusammenstellung der Lieblings-Microblogging-Posts und Yoga-Gymnastik, bis es Zeit zum Fertigmachen für die Abendverabredung war: Herr Kaltmamsell und ich trafen uns zum Abendessen mit München-Besuch aus Berlin und Hamburg in der Brasserie Thi – die schon länger auf meiner Mal-ausprobieren-Liste für München gestanden hatte.

Man hatte uns vieren den Tisch im Séparée gegeben, in dem ich erfuhr, was die Herren in ihrer München-Woche so erlebt hatten (unter anderem den Niedergang des Münchner S-Bahn-Wesens), eine weitere Geschichte über die vielen Aufgaben nach dem Versterben von Eltern hörte, mich zu unterschiedlichen Vergangenheiten mit Filmkunst austauschte.

Zu essen und trinken gab es auch.

Holztisch, darauf im Vordergrund ein weißer Teller mit gemischtem Feldsalat, Radieschenscheiben, kleinen Tomatenvierteln, Stücken gebratene Champignons

Feldsalat (und ein Glas Crémant) – daneben wurde Croque Monsieur mit Pickles und Sauerkraut gegessen

Holztisch, darauf ein tiefer Teller mit einer hellen Sauce, darauf ein Stück rosa Fisch

Konfierter Saibling mit Beurre blanc und Saiblingskaviar (dazu ein Glas Grauburgunder Andres aus der Pfalz, der mich nicht nur mit leicht animalischen Noten, sondern auch mit einem Hauch Restsüße überraschte)

Holztisch, darauf ein großer, grauer Teller mit gebackenen Hokkaido-Spalten, darauf Kräuter und in Streifen gespritzt eine helle Sauce

Hokkaido mit Sesamsauce und Rosenkohl (dazu probierte ich einen Pinot Noir Maison Mypont aus der Bourgogne – ja, ich mag Pinot Noir)

Aufsicht auf ein blaues Tonschüsselchen mit Rand, darin eine helle Creme, ein Klops grünes Eis, darauf karamellisierte Nüsse

Den Nachtisch teilte ich mir mit Herrn Kaltmamsell – dieser Gang erwies sich als der interessanteste: Banane, Erdnuss, Karamell.

Noch vor Mitternacht spazierten die einen zur S-Bahn Isartor, wir anderen zwischen geschlossenen Christkindlmarktbuden nach Hause – beide Paare in knackiger Winterkälte.

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Herzbruch packt ihre berufliche Expertise in Politik-Kommunikation aus und zerlegt offizielle Behauptungen der FDP zum aktiven Zerbrechen der Regierungs-Koalition. Ich kann mir vorstellen, dass das für viele eine ungewohnte Perspektive ist. Erhellend fand ich auch den Kommentar von Guido zum Stand liberaler Politik in Deutschland. (Ich würde eine konstruktive liberale Partei in der deutschen politischen Landschaft sehr begrüßen.)

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Es soll ja Regionen der Deutschsprachigkeit geben, die völlig auf eine Schimpfwortkultur verzichten müssen. Dazu gehören wir hier im Süden sicher nicht – und wir geben gern ab. Teresa Präauer lässt in ihrer SZ-Glosse über Wien als hoffentlich bald wieder unfreundlichste Stadt der Welt das Füllhorn fast leerrieseln: Bedienen Sie sich!

Zeitungsausschnitt: "vermehrt anzuschicken habe: Blede Blunzn! Zwiidawuaz! Deppata, drah di haam! Gschissena! Gfiiiida! Schwammal! Dillo! Oasch! Wappla! Gusch, Oide! Heast, pudel di ned auf! Bsoffane! Schwindlicha ‘in deim Spuckal! Geig di haam! Des is a Schmafu. Gschaftlhuaba! Du Lulu! Schi- achs Miichgsicht. Piilicha! Beidl! Wap- pla. Zuanbinggal. Schneebrunza. Falott. Schméahdandla. Du Weh, du! Blede Nockn. Du Nudl-Aug! A klaans Oamutsch- gal. So a Off. So a Schaas! Gsoochta! Pfostn. Saubartl. Zwutschgal. Schastrom- mel. Saufhaufn. A grausliche Schmie- raasch. Oide Schochtl. Bleeds Tschoppal. Ois umasunst! So a unnedicha Ungustl! A Truutschn. Und a Urschl. De Biisguan. A Trampl. Schiache Funsn und oide Keifn. Lastiche Wonzn. Wiaschtl. Dodl. Weiwa- ra. Oozwiggda. Wuchtldrucka. Koffa. Zni- achtl! Gfrast!"

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Foto des Jahres ohne Foto.