Journal Montag, 13. Januar 2025 – Deniz Ohde, Streulicht
Dienstag, 14. Januar 2025 um 6:16Wieder Mal hielt ich mich an Feierabend-Vorhaben (da reicht bereits ein Lebensmittel-Einkauf) und Wochenendplänen (Freitagssteak! Rotwein!) fest, um bei der Aussicht auf die Arbeitswoche mit vielen Unwägbarkeiten und vielem bereits feststehenden Druck nicht zu verzweifeln.
ABER! Ich hatte von einem hinreißenden Badeanzug in Weiß-Lila-Grün geträumt, perfekt schwimmtauglich.
Fast-Vollmond riesig über der Theresienwiese (das untere Licht) (in Echt natürlich VIEL größer).
Übers Wochenende war wieder gearbeitet worden, ich musste mich am Schreibtisch nach Öffnen meines Postfachs erstmal orientieren. Besprechungen, Wegarbeiten.
Ich nahm mir aber Zeit, durch klaren Sonnenschein und Kälte zu einem Mittagscappuccino (teurer geworden) ins Westend zu gehen.
Mittagessen: Orangen (ich brauche bald eine Pause), Roggenvollkornbrot.
Am Nachmittag heftig weitergearbeitet; es wurde bereits dunkel, als ich erstmals in Welt- und private Nachrichten sah.
Auf dem knackig kalten Heimweg kurzer Lebensmitteleinkauf beim Vollcorner.
Daheim erwarteten mich Crowdfarming-Avocados – aber zwei Kisten, zwei Liefertermine waren kurzerhand zusammengelegt worden. 5 Kilo Avocados überfordern mich wirklich: Ich kündigte die Adoption des Baums, werde künftig einzelne Kisten bei Bedarf bestellen. Denn Wegwerfenmüssen ist genau das Gegenteil meiner Unterstützung von Crowdfarming.
Gereizte Stimmung, diesmal half mir die Yoga-Gymnastik nicht raus. Brotzeit vorbereitet, fürs Abendessen Endiviensalat mit Orangen(…)saft-Tahini-Dressing. Außerdem gab es einen Rest Lasagne vom Vorabend. Nachtisch Schokolade.
Früh ins Bett zum Lesen: Ursula März, Tante Martl – “Roman” genannt, doch die Geschichte der tatsächlichen Patentante der Autorin, ich wüsste gerne, warum sie das Buch “Roman” genannt hat.
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Deniz Ohde, Streulicht.
Eine junge Frau erzählt, wie sie zur Hochzeit ihrer einst besten Freundin nochmal in ihre deutsche Heimatgegend kommt, Industrierand einer großen Stadt, in die heruntergekommene Arbeiter-Wohnung, in der sie groß geworden ist, in der nur noch ihr Vater lebt. Sie erzählt, wie es war, dort groß zu werden, nahezu unsichtbar als schüchternes Mädchen, das schon äußerlich nicht zu den anderen passte, wohl das Erbe ihrer türkischen Mutter. Aber alles sehend, wahrnehmend, und von so vielem davon niedergedrückt, klein gemacht. Nicht mal ihre Eltern können etwas mit ihr anfangen.
In einem ganz eigenen, spröden Tonfall und oft fragmentarisch erzählt diese Frau, deren Namen wir nie erfahren, der zu ihrer Ausgegrenzheit gehörte. Ohne Lamento, eher stoisch klingt sie in ihrer trostlosen Chancenlosigkeit, aus der sie sich spät und auch nur zum Teil und vorübergehend wegboxt – denn ihr fällt ja doch nichts ein, was als Ziel eines Kämpfens taugt.
Folgerichtig ist das keine Aufsteigerinnen-, keine Befreiungsgeschichte, und es gibt auch kein Happy End. Die Geschichte endet halt dort, wo sie endet. Und könnte in viele Richtungen weitergehen. Das fand ich alles sehr gut und überzeugend gemacht.
Falls jemand nach dem Gesellschaftsklassen-Gegenteil von Christian Krachts Faserland sucht: Bitteschön.
(Aber jetzt brauchte ich wirklich mal wieder was Heiteres.)
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Das Landgericht Köln hat entschieden, dass Dubai-Schokolade in Dubai hergestellt sein muss.
Ich sehe schwarz für mein Malaga-Eis. Und erst für Mars-Riegel!
die Kaltmamsell9 Kommentare zu „Journal Montag, 13. Januar 2025 – Deniz Ohde, Streulicht“
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14. Januar 2025 um 6:26
Ich habe Avocados schon eingefroren und später für Guacamole verwendet. Das ist zwar nicht ideal, aber allemal besser als Wegwerfen.
14. Januar 2025 um 6:48
Deniz Ohdes Roman hat mir auch sehr gut gefallen. Obwohl ich keinen Migrationshintergrund habe, konnte ich, aufgewachsen als Arbeiterkind in den 1980ern, viele ihrer Erfahrungen nachvollziehen.
14. Januar 2025 um 7:37
Streulicht habe ich vor zwei Jahren im Rahmen des Lesefests “Frankfurt liest ein Buch” gelesen und das Buch hat mich sehr berührt.
Einerseits ist es die Beschreibung des Stadtteils in Frankfurt, in dem die Protagonistin aufgewachsen ist. Diese ist so voller Tristesse und Melancholie und dieses ist auch für mich so spürbar, wenn ich mich in diesem Stadtteil aufhalte.
Andererseits habe ich mich in vielen ihren Erfahrungen als Arbeiterkind wiedergefunden.
Alles in allem fand und finde ich, dass es ein sehr lesenswertes Buch ist.
14. Januar 2025 um 9:34
Leipziger Allerlei, Pichelsteiner Eintopf, Königsberger Klopse, Hamburger Aalsuppe … Hat das LG Köln der bürgerlichen Gastronomie den Todesstoß versetzt?
14. Januar 2025 um 10:04
Zu den überzähligen Avocados: gibt es in Ihrer Umgebung eine Fairteiler-Station? Dort gibt es zwar kein Geld, aber zumindest werden sie noch verwertet.
14. Januar 2025 um 11:07
Man will es sich gar nicht vorstellen: Münchener Apfelstrudel, französische Fischsuppe, Münchener Weisswürste… Es gibt einen Berliner Metzger, der macht letztere wunderbar.
14. Januar 2025 um 15:23
Mars-Riegel! Herrlich! Tante Martl habe ich beim Lesen sehr ins Herz geschlossen!
14. Januar 2025 um 16:54
Schweizer Wurstsalat.
Habe ich als Schweizer zum erstem Mal in Augsburg gegessen.
Wir wüssten nicht mal, wie das geht!
Die Mars-Riegel könnte ja dann Elon Musk produzieren, nachdem er dorthin geflogen sein wird!
14. Januar 2025 um 19:12
Sollte eigentlich Teil von Einbürgerungstests sein, Schlosswiler: Was wird im Ausland für typisch Schweizerisch/Deutsch etc. gehalten?