Journal Samstag, 1. Februar 2025 – Uni-Erinnerungen

Sonntag, 2. Februar 2025 um 9:21

Gut und lang geschlafen, interessant geträumt. Gemütliches Bloggen, Nachlesen der Mastodon-Timeline der vorhergehenden 24 Stunden – anhand der Verarbeitung dort auch tagespolitische Ereignisse des Vortrages nachverfolgt, ähnlich wie die Aufzeichnung eines Sport-Ereignisses.

Erst beim ersten Auftauchen von Lieblings-Microblogging-Posts in dieser Timeline bemerkte ich, dass ich selbst die für Januar komplett vergessen hatte. Vermutlich wäre ich eh nicht dazu gekommen, aber diesmal hatte sie einfach vergessen.

Fester Plan war Schwimmen gewesen, vor allem hatte ich darauf gehofft, dass dadurch die seltsamen Kreuz-/Hüftschmerzen verschwinden würden. Doch als es Zeit für Packen und Aufbruch wurde, hatte ich keine Lust. In diesem Fall fiel das Hadern aus: Ich hatte ja Urlaub, also verschob ich die Schwimmrunde einfach auf Montag – an dem ich ursprünglich wandern wollte, für den mir aber keine wirklich attraktive Route eingefallen war.

Statt dessen: Schweizer Sonntagszopf! Ich hatte sehr im Kopf, dass noch ein angebrochener Würfel Hefe im Kühlschrank mit Vergammeln drohte. Während der Teig ging (ohne Ei, weil keines im Haus, aber ich wusste ja, dass er auch ohne funktionieren würde), duschte ich und ging auf eine Einkaufsrunde – für die ich energisch “Blumen” auf die Liste setzte, schließlich konnte ihr Anblick mich in der Urlaubswoche besonders häufig erfreuen.

Die Front eines sehr alten Kinos mit leeren Schaukästen, mit verblichen rotem Samt ausgekleidet, über dem Eingang die Buchstaben "Filmtheater Sendlinger Tor", ein Mann mit Wollmütze und Jeans geht gerade vorüber

Trauriger Abschied von einer Kino-Institution:1 Das Kino Sendlinger Tor ist jetzt Vergangenheit, Mitte Januar war die letzte Vorstellung.

Auch in den Nachbarschafts-Blumenladen bog ich ein, bewunderte beim Warten die überraschend große Auswahl an Nelken, nahm davon ein paar in Dunkelweinrot mit, die Kundin nach mir war eine der örtlichen Verkehrswächterinnen.

Weiterarbeit am Sonntagszopf, wieder scheiterte ich am zweisträngigen Flechten (vielleicht fehlt mir einfach die Ablenkung durch ein Gespräch über Relativitätstheorie), aber das Ergebnis war zopfoid.

Durch die Backofenscheibe fotografierter Hefezopf, der gerade am Aufgehen ist, noch ungebräunt

Meiner Nase traue ich beim Backen mehr als der Uhr: Wenn der Duft meldet “Hefezopf 1 Minute über fertig”, kann die Uhr noch so sehr anzeigen “noch 5 Minuten Backzeit” – Zopf kommt raus.

Aufsicht auf glänzend braun gebackenen Hefezopf auf Backpapier auf Blech

Nach 20 Minuten Abkühlen ließ er sich in flaumige Stränge zupfen, die ich mit Käse und Orangenmarmelade genoss. Ich freute mich sehr darüber, dass ich backen kann.

Zeitungslektüre, doch dann holte ich die Lieblingsmicrobloggingpostst nach: Die nächste Runde hat bereits die Bundestagswahl hinter sich, Vieles würde sich überholt haben.

Programm war gestern ein Ausflug nach Augsburg: Herr Kaltmamsell ist immer noch im Verteiler des Anglistentheaters der Uni Augsburg, dessen Teil er als Student war (nicht auf der Bühne, sondern mit Orga und Ticketverkauf), und jetzt hatten wir uns nach Jahrzehnten aufgerafft, mal wieder Tickets für eine Vorstellung zu kaufen. (Wir haben beide an der Uni Augsburg studiert, uns dort als Hiwis kennengelernt.) Gegeben wurde Dracula: A Postmodern Postmortem, eine Verarbeitung von Bram Stokers Roman von 1897.

Das Hinkommen war gar nicht so einfach: Die Regionalbahn, die uns mit unserem Deutschlandticket rechtzeitig für einen Abend-Snack vor der Vorstellung nach Augsburg bringen sollte, fiel aus – „Grund ist die kurzfristige Erkrankung des Personals.“ Herr Kaltmamsell spendierte kurzerhand zwei ICE-Tickets, doch in diesem schickeren Zug saßen wir erstmal: Er fuhr „auf unbestimmte Zeit“ nicht ab, „wegen fehlendem Personal“.

Schließlich kamen wir aber nach Augsburg, zu spät für ein Einkehren (wir hatten nach dem vielen warmen Sonntagszopf eh noch keinen Hunger), doch mit reichlich Zeit für einen Spaziergang übers Uni-Gelände.

Augsburg hat eine Campus-Uni im Süden der Stadt, wir versuchten uns in der nächtlichen Szenerie zu erinnern, welche Gebäude und Infrastruktur es zu unserer Zeit schon gab (Abschluss 1995 – mein Studiengang Englische Literaturwissenschaft existiert längst nicht mehr, nicht mal mehr mein Studienabschluss Magister), sahen in der Zentralbibliothek vorbei (die rosa Zettel damals für Fernleihe!), rekonstruierten unsere Recherche-Wege durch die Bibliotheksgebäude als Hiwis, guckten von außen in die stille Cafeteria. Ich hatte schon sehr lang nicht mehr an diese Zeit gedacht. (Damals, krächzte sie, gab es ja noch nicht mal die Straßenbahn raus zur Uni, es fuhr nur ein Bus, und die Haltestelle hieß “Alter Postweg, Universität” – mit Universität als Nebensache.)

Vertraut war das Hörsaal-Gebäude, in dem das Theaterstück aufgeführt wurde.

Kunstbeleuchtetes Foyer eines modernen Hörsaalgebäudes, vom ersten Stock aus fotografiert; der Boden besteht aus Pflastersteinen, Wände und Treppen aus Beton, links sieht man eine gelbe Hörsaaltür, manche Blenden sind grün. Vereinzelt stehen Menschen herum

Ich weiß, dass rechts unten ein öffentlicher Telefonapparat hing, unter anderem weil ich daran im ersten Semester für meine allererste Uni-Seminararbeit telefonierte, die gleich mal ein großes Abenteuer war (Nebenfach Alte Geschichte, Proseminar Epigrafie, Inschriften aus der späten Kaiserzeit) – die Geschichte habe ich immer noch nicht erzählt.

Im gut gefüllten Hörsaal fühlte sich der Holzsitz unterm Po durchaus vertraut an (und immer noch bequemer als die Sitze in den Münchner Kammerspielen, aber dazu gehört nicht viel), der heruntergeklappte Tisch machte das Sitzen noch bequemer – ich sitze einfach am liebsten an einem Tisch.

Das konventionelle Bühnenbild mit realistischen Möbeln und einem silbernen Theaterdeko-Sarg bereitete mich auf die Art der Inszenierung vor. Bis zur Pause fühlte ich mich gut unterhalten von der leichten und immer wieder scherzhaft erklärten Geschichte um Jonathan Harkers Reise zu Graf Dracula, das war liebevoll und mit Herzblut (haha) gemacht. Nach der Pause allerdings zog sich der Abschluss der Handlung in Wiederholungen, da half auch Klamauk nicht.

Draußen war es knackig kalt, statt an der Uni auf die nächste Tram zu warten, marschierten wir eine Haltestelle weiter. Dann erwischten wir aber gleich eine pünktliche Regionalbahn zurück nach München – auch wenn wir in Pasing nochmal umsteigen mussten (am Wochenende immer Bauarbeiten), kamen wir noch vor elf nach Hause. Hunger hatten wir beide immer noch keinen echten, doch aus Vernunftgründen bereitete Herr Kaltmamsell aus den Fertig-Gnocchi im Kühlschrank mit Käsesauce ein kleines warmes Abendessen zu.

§

Nochmal Prof. Drosten zu Corona – mei, er ist halt auch weiterhin weltweit führend in der Sars-CoV-Forschung, es ist nur seriös, sich mit Fragen dazu an ihn zu wenden. Zum Beispiel mit Fragen über den Forschungsstand zum Ursprung des Sars-CoV-2-Virus.
“Christian Drosten
‘Je mehr Zeit vergeht, desto skeptischer werde ich'”.

(Herzchen für den Schlusssatz:
“Drosten: Mitdenken ist anstrengend. So ist das nun mal.”)

  1. Sehr schön in der kleinen Doku: Der Sprachunterschied zwischen den Generationen – eine spricht noch Bayrisch, die nächste komplett ungefärbtes Deutsch, rollt nichtmal das R. []
die Kaltmamsell

2 Kommentare zu „Journal Samstag, 1. Februar 2025 – Uni-Erinnerungen“

  1. Nina meint:

    Oh weh, das Sendlinger Tor Filmtheather, wie traurig! Auch ich habe da meine Kindheit und Jugend verbracht. Wusste nicht, dass es jetzt geschlossen wurde, danke für den Hinweis.

  2. Sigrid meint:

    Mir geht es genau wie Nina. In den 10 Jahren, die ich on München gewohnt habe, war ich so oft in diesem Kino – damals anfangcder 90er gab es dort sogar noch handgemalte Filmplakate. Schade!

Beifall spenden: (Unterlassen Sie bitte Gesundheitstipps. Ich werde sonst sehr böse.)

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