Journal Samstag, 17. August 2024 – Regenwanderung am Chiemsee, aber fast ohne Regen
Sonntag, 18. August 2024 um 8:12Das lange Wochenende zerrinnt mir in den Fingern, und ich fürchte mich schon vor dem Arbeitsmontag, ab dem ich mich im Gegensatz zu den vergangenen Wochen nicht mehr auf das lange Mariä-Einschulungs-Wochenende freuen kann. Auf den Wanderurlaub zur Oktoberfestflucht gelingt es mir nicht recht mich zu freuen, im Vordergrund steht das Gruseln vor der zweitägigen Anreise per Zug (mit Umsteigen in Paris) und Fähre ab Barcelona mit Übernachtung in Barcelona.1
Auf gestern hatte ich gut geschlafen, mich von Wecker wecken lassen, denn vor der geplanten Wanderung wollte ich fürs Abendessen noch Auberginen im Ofen garen und dann bei niedrigerer Temperatur Kirschtomatenhäften angaren. Was ich auch tat. Das Draußen wie angekündigt kühl und düster, in meinen Balkonkaffee regnete es kräftig rein. Was das Wetter unterm Strich zu gutem Wanderwetter machte: Mit Herrn Kaltmamsell wollte ich mal wieder am Chiemsee den Obst- und Kulturwanderweg Ratzinger Höhe gehen.
Am Chiemsee war für gestern hin und wieder Regen angekündigt, bevorzuge ich bei Wandertouren im August statt Hitze. Ein wenig fürchtete ich mich vor “Gewitter möglich”, doch wir wanderten ja nicht in den Bergen, sondern eigentlich immer in Reichweite von Schutz. Kurz vor zehn nahmen wir ab München Hauptbahnhof (Überschrift im Lokalen der gestrigen Süddeutschen zu den Folgen der Baustelle – €: “Wo, bitte, ist hier eigentlich der Hauptbahnhof?”) eine Regionalbahn Richtung Salzburg, wie gewohnt dicht gefüllt.
Gleich nach Ankunft in Prien bekam ich in der Bäckerei Miedl gegenüber meinen Mittagscappuccino, Herr Kaltmamsell ein Frühstück, wir beide einen letzten Klogang vor Wanderstart. Die dunkelgrauen Regenwolken sonderten bereits ein paar Tropfen ab, nach der ersten halben Stunde Gehen holten wir gegen den deutlicheren Regen unsere Superduper-Wanderjacken heraus. Doch diese Viertelstunde Regen sollte auf unserer Wanderung die einzige Nässe von oben bleiben (von unten nasses Gras und regelmäßig Matsch), statt dessen schwitzten wir in schwüler Luft enorm, und ich war sehr froh über die Ach-egal-schadet-ja-nicht Sonnencremung. Auch weil diese Route viele Wegstücke ohne Sonnenschutz hat, sie ist wirklich keine Hitzestrecke.
Wir hatten den Weg fast für uns allein, begegneten nur hin und wieder Radler*innen, Ansässigen beim Spazieren. Was möglicherweise einen Grund hatte außer Wetter und Samstag: Der Weg wirkt derzeit ungepflegt. An einigen Abzweigungen fehlten die Hinweisschilder (ich kenne die Route von zahlreichen Wanderungen darauf inzwischen auswending, Sie als Leser*innen dieses Blogs anhand der Fotos vermutlich auch, und Herr Kaltmamsell guckte im Zweifel auf den GPS-Track), zweimal mussten wir gestürzte Bäume über-/unterklettern.
Aufbruch in Prien bei Regen.
Neben reichlich Kühen gab es zu sehen: Rehe, in der Prien eine Forelle, am Himmel ein Falke, Krähen, Schwalben, Bussarde, auf den Wiesen viele Katzen, in den Dörfern Spatzen, Rotschwänze, Schafe.
Weinberg hinter Prien
Greimharting und seine Birnbäume. In der schwülen Luft hatte ich nach nicht mal einer Stunde die erste Wasserflasche leer getrunken; ich folgte einem kürzlichen Tipp und füllte sie im Greimhartinger Friedhof auf -> wo Friedhof, da Wasserhahn.
Außerdem guckte ich mich unter den Gräbern um, Friedhöfe finde ich immer spannend. Und plädiere bei dieser Gelegenheit wieder dafür: Schreiben Sie auf die Grabsteine Ihrer Hinterbliebenen doch bitte so viele Informationen, wie der Geldbeutel hergibt, Historiker*innen werden Ihnen lang dankbar sein. Anlässlich der Bestattung ihrer Mutter erzählt Gaga Nielsen ihre eigenen Überlegungen dazu.
Unwegsamer Weg
Obstweg heißt aber weiterhin: Ganz, ganz viele beschilderte Obstbäume am Weg. Und welche Pracht das war! Apfel-, Birn- und Zwetschenbäume hingen berstend voll Früchten. Diese Gegend scheint dieses Jahr zu den Witterungsgewinnern zu gehören, denn vor wenigen Tagen hieß es: “Die Obstbaubetriebe erwarten eine weit unterdurchschnittliche Menge.”
Hier die Aussicht von der Ratzinger Höhe auf den Chiemsee – nach unten war die Sicht sogar besonders gut.
Und hier auf den Simssee. Links sehen sie einen Wehrkirchenturm, er ist weithin sichtbar und fiel mir immer in den Ausblicken auf. Irgendwann recherchierten wir ihn: Das ist die Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Hirnsberg. Diesmal dachte Herr Kaltmamsell rechtzeitig daran, dass wir uns die ansehen wollten, auch wenn nur eine Straße hinführt.
Der Haken: Diese Straße war gestern durch eine riesige Baustelle unten im Tal komplett gesperrt, nicht umgehbar. Wir suchten auf allen verfügbaren Karten eine Weile nach einem alternativen Weg, gaben dann aber auf. Das nächste Mal halt.
Nach knapp zweieinhalb Stunden machten wir Brotzeitpause (Apfel und Rest des Picknick Pies von Donnerstagabend) – mit Blick auf die unerreichbare Kirche. Schöne restliche Wanderung, lediglich mit einem Tick zu viel Sonne.
Aber weiterhin mit viel Obst (und hier Hornisse).
In Prien kamen wir gerade rechtzeitig zu einem Zug zurück an den Bahnhof. Das waren laut meinem Smartphone knapp 17 Kilometer in viereinhalb Stunden. Wir fühlten uns beide fit, keine Schäden oder besondere Schmerzen (halt wieder Wanderkrätze, aber mei).
Bei Ankunft in München erleichterte mich die nicht zu warme Außentemperatur: Mit Blick auf den angekündigten Regentag hatten wir die Wohnung nicht durch Verdunkelung gegen Sonne geschützt. Zum Glück hatte sie sich nicht aufgeheizt.
Unter der Sonnencreme-Mückenspray-Schweiß-Schicht freute ich mich sehr auf eine Dusche, doch erstmal bereitete ich die Streusel für Apple Crumble vor, diesmal mit gemahlenen Mandeln und mit Mohn: Wir hatten von Nachbarn nahezu geschmacksneutrale Äpfel aus eigenem Anbau bekommen. Dann aber Dusche!
Das Nachtmahl kochte Herr Kaltmamsell zu Ende: Pasta (Paccheri) mit Auberginen, Tomaten und Mozzarella nach einem Rezept aus Rachel Roddys An A-Z of Pasta.
Interessantes Nudelformat (jedes Exemplar ein ganzer Mund voll), guter Geschmack – aber die Aubergine geht neben den Tomaten fast unter. Nachtisch Crumble: Die Kombi Mandel-Mohn schmeckte mir sehr gut.
Früh ins Bett zum Lesen.
- Hier, bitte: Das ist dieses ständig geforderte Verlassen meiner Komfortzone, wehe ich komme nicht als besserer Mensch zurück. [↩]
6 Kommentare zu „Journal Samstag, 17. August 2024 – Regenwanderung am Chiemsee, aber fast ohne Regen“
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18. August 2024 um 8:31
Wenn man nicht so eine Familiengrabstätte hat wie Frau Nielsen, bleibt der Grabstein nicht unbedingt lang genug stehen, um für Historiker interessant zu sein. Auf den Friedhöfen meiner Stadt dauert die “ewige Ruhe” im kürzesten Fall 20 Jahre… das ist schon ein bisschen traurig.
18. August 2024 um 8:32
Die Ratzinger Höhe gefällt mir. Sie hieß aber vor dem Papst so?
Und die Strecke nach Malle ohne Flug zu bewältigen, ist sportlich.
Ach ja, zu den Grabsteinen. Meine Vatersfamilie kommt aus einer sehr selbstbewussten Stadt mit selbstbewussten Bürgern. Und da standen früher alle Titel auf dem Grabstein. Es gab aber auch Erheiratetes, die Oberlokführerswitwe zum Beispiel
18. August 2024 um 9:19
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Gerne gelesen
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18. August 2024 um 9:20
Guten Morgen, ich habe mich vergangenes Jahr auf den Weg nach Barcelona über Paris gemacht, das hat ganz wunderbar geklappt. Dank Ihrer Planung bin ich auf die Idee gekommen, einmal mit der Fähre weiter zu fahren und freue mich darauf. Erst auf Ihren Bericht und dann einmal auf meinen eigenen Mallorcaurlaub.
18. August 2024 um 10:29
Bezüglich Trinkwasserentnahme auf dem Friedhof würde ich etwas Vorsicht walten lassen, da die Wasserqualität nicht in jedem Fall gewährleistet ist und dies auch nicht unbedingt gekennzeichnet ist.
Evtl. vorhandene Brunnen/ Pumpen selbstverständlich auf keinen Fall nutzen.
18. August 2024 um 12:05
Mir ging es bei der Entscheidung der Art der Fortsetzung der Gravuren auf dem Familiengrabstein vor allem darum, der Idee der Verstorbenen gerecht zu werden, mit denen man doch noch in irgendeinem gedanklichen Kontakt steht. Dass hier keine Fehlstelle empfunden wird.
Jedoch hat Frau C sehr recht mit dem Gedanken, dass es in den seltensten Fällen Grabsteine für die Ewigkeit sind. Jüdische Gräber bestehen ewig, christliche nicht. Wenn das Grab zudem kein Ehrengrab ist, das von einer Stadtverwaltung für alle Zeiten gepflegt und finanziert wird und es auch kunsthistorisch nicht von Interesse ist UND sogar nicht einmal eine sehr frequentierte Gedenkstätte für Nachfahren, wird es sicher über die vorgeschriebene Ruhezeit selten fortgeführt werden. Das ist auch richtig teuer. Ein gewisses inneres Dilemma auch für die Angehörigen, wann so eine Grabstätte dann aufgelöst werden kann.
Das hat mich trotz der gerade stattgefundenen Beisetzung meiner Mutter bereits jetzt schon sehr umgetrieben in den vergangenen Tagen (Anlass war die Rechnung der Friedhofsverwaltung für die Verlängerung für die nächsten drei Jahre). Ich selbst will dort nicht bestattet werden und mein Neffe mit seiner eigenen Familie sicher auch nicht. So ein großformatiges Doppelgrab ist wirklich nicht nötig, wenn die Erdbestattungen schon vierzig Jahre zurückliegen. Kunsthistorisch ist es in keiner Weise relevant, der Grabstein konventionell. Es ist noch eine Bestattung (Urnenbeisetzung, hoffe ich doch) von einer weiteren betagten Angehörigen dort abzusehen, die sicher hinein will. Dann erneuert sich die Frist der Ruhezeit – für Urnen zwanzig Jahre. Davor darf nicht aufgelöst werden.
Ich bin allerdings ein Fan von kunsthistorisch relevanten, gelungenen, besonderen Grabmälern, die eine Bereicherung darstellen, unabhängig, ob eine Verbindung zu den dort Begrabenen besteht. Meine Empfehlung, wenn Geld keine so große Rolle spielt, wäre eher, ein möglichst schönes, kunstvolles Grabmal zu wählen, damit sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass auch spätere Nachfahren Interesse am Erhalt haben und dafür Geld in die Hand nehmen.