Journal Dienstag, 8. Oktober 2024 – Wenigstens milde Sonne
Mittwoch, 9. Oktober 2024 um 6:28Mist, der Arbeitsscheiß würgte mich auch nachts, ab drei bekam ich kaum mehr Schlaf vor lauter Überforderung (Oh Gott, das ist ja auch liegengeblieben / Dafür ist jetzt auch niemand mehr zuständig / Das kann nicht auch noch bei mir landen, das schaffe ich nicht / Das steht ja auch noch an). Entsprechend gerädert fühlte ich mich beim Weckerklingeln. (Aber sicher zähle ich runter: Noch acht Jahre.)
Draußen war es mild, ich hatte mir als Aufmunterungskleidung ein besonders schönes dunkelblaues Shirt zu weißen Jeans und meinen aktuellen Lieblingsturnschuhen einfallen lassen, genoss den Fußweg in die Arbeit.
Wieder wenig geordnetes Losrennen im Büro. Bis ich zu dem eigentlich gestern Dringenden kam, waren bereits anderthalb Stunde mit Reagieren auf Querschüsse vergangen. Ab dann etwas geordneteres Ackern, ich versuchte so gut es ging zu verdrängen, was ich gerade nicht auch noch schaffte.
Spätestens beim E-Mail-Sichten und -Sortieren am Wochenende hatte ich bestätigt gesehen, was mich schon bei der Urlaubs-Übergabe drei Wochen vorher belastet hatte: Ich hatte in meinem Berufsleben nie vorher eine Stelle, in der ich so wenig ersetzbar war. In allen früheren Jobs hatte ich einen gewissen Ehrgeiz drangesetzt, möglichst ersetzbar zu sein, das war für mich ein Zeichen von Professionalität: Projekt so zu planen, zu dokumentieren und zu terminieren, dass bei geplanter Abwesenheit jemand anderes für Kleinigkeiten ansprechbar sein konnte. Doch mein jetziger Job besteht in erster Linie aus Reaktion, aus Erfahrung und Kenntnis unzähliger Kleinigkeiten, die eben gerade nicht planbare Veränderungen erst ermöglichen. Diesmal hatte ich noch eine Urlaubsvertretung, die über Jahre mein Gegenstück in einer parallelen Struktur einer Schwesterabteilung war und die das leisten konnte – wenn auch mit der Erschwernis Doppelbelastung.
Die Kiste Quitten beduftete mein Büro so herrlich, dass zweimal Kolleginnen reinschauten, weil sie den Duft im Gang durch die geschlossene Tür gerochen hatten. Ich beschloss, die Früchte nicht gleich gestern im mitgebrachten Koffer heimzubringen, sondern sie noch den einen oder anderen Tag im Büro duften zu lassen. Weitertransport zur Verarbeitung ist eh frühstens am Freitag vorgesehen.
In das herrliche Wetter riss ich mich los für einen Mittagscappuccino im Westend.
Wieder spätes Mittagessen, ich war eigentlich längst über zwickenden Hunger hinaus: Apfel und Karottensalat (Ernteanteil), den ich am Vorabend vor lauter Erledigtsein nicht mal selbst gemacht hatte – auch er stammte von Herrn Kaltmamsell. Und schmeckte wunderbar.
Diesmal war es erst um 15 Uhr, dass ich die Arbeiten des Morgens für am Vortag erledigt hielt. Doch auch gestern reichte die Energie (Panik?) für einen weiteren Arbeitstag, ich schaffte einen großen Brocken ganz weg.
Als ich mich auf den Heimweg machte, hatte der Himmel zugezogen, doch es war weiterhin mild. Lebensmitteleinkäufe im Vollcorner. Daheim wickelte ich zwei mitgebrachte kleine Quiten in Alufolie und schob sie in den sehr heißen Ofen: Nachtisch.
Blumengießen, Yoga-Gymnastik (ich ließ mich aus reinem Erledigtsein auf eine lange Anfangsphase Schnaufen und Geplapper ein). Herr Kaltmamsell servierte als Nachtmahl restliches Wirsinggemüse vom Vortag mit Orecchiette. Nachtisch gebackene Quitten mit griechischem Joghurt und Honig. Schokolade.
die Kaltmamsell4 Kommentare zu „Journal Dienstag, 8. Oktober 2024 – Wenigstens milde Sonne“
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9. Oktober 2024 um 6:35
Hatten Sie eigentlich auch mal eine Arbeit, die Ihnen Freude bereitet hat – oder könnten Sie sich eine solche vorstellen? Ich leide bei Ihren Schilderungen zum Arbeitsstress immer sehr mit…
9. Oktober 2024 um 6:50
Aber ja, Karin, schon oft: Mit einer Ausnahme war das bei jeder Arbeit meines Berufslebens so – in der Anfangsphase.
9. Oktober 2024 um 8:07
Tut mir leid, dass die Arbeit so vieles Unvorhersehbares bietet.
Da kommt man kaum in die Routine, die ein ruhiges Arbeiten ermöglicht. Und nach dem Urlaub gleich Doppelbelastung: Uff!
(Unsere Quitten fangen immer schnell an den Kontaktstellen zu faulen, wenn man kein Zeitungspapier dazwischen legt.)
9. Oktober 2024 um 13:55
das problem der fehlenden vertretung kenne ich auch nur zu gut. erinnert werde ich immer wieder, wenn ich meine eigene urlaubskarte (as in: pappe) einreiche und das feld der vertretung frei bleibt, oder ich urlaubskarten unterschreibe und dann eben dieses feld sehe.
die ersetzbarkeit ist gegeben – sollte man vom bus erfasst werden, findet die institution einen weg, innerhalb von 3 monaten die stelle wieder neu besetzt zu haben. aber wehe, man ist mal zwei wochen nicht da…
ist es der akademisch geprägte betrieb? der öd?