Journal Montag, 14. Oktober 2024 – Montagmittagsbesuch

Dienstag, 15. Oktober 2024 um 6:27

Gut geschlafen, unwillig aufgestanden. Auf dem Weg in die Arbeit interessanten Himmel mit morgenrosa Ackerfurchenwölkchen gesehen.

Im Büro nur kurzes Anpacken, dann traten prognostizierte Komplikationen ein. Ich gestehe: Diesmal hatte ich mir nicht wieder das eine oder andere Bein ausgerissen, um sie zu verhindern, weil ich wirklich, wirklich nicht zuständig war.

Als Karotte vor der Nase hatte ich gestern eine Mittagsverabredung: Alter Internet-Hochadel war gerade beruflich in der Stadt und hatte Zeit für eine Kaffee-Verabredung. Ich lotste den Herrn zu meinen Coffee Bro’s im Westend. Wie sich herausstellte, hatte ihn sein Fachgebiet Architektur/Städtebau in den Tagen davor ohnehin in diese Gegend Münchens gebracht, und wie so oft verhalf er mir zu neuen Blicken auf die eigenen Stadt. Nicht nur das war sehr schön.

Entsprechen beseelt kehrte ich ins Büro zurück, durch ungewöhnlich milde Luft (und ungehörig für Mitte Oktober). Brotzeit hatte ich noch davor gemacht: Ein Stück Roggenvollkornbrot sowie Mango mit Joghurt.

Emsiger Nachmittag. Der Himmel verdunkelte sich immer weiter, es regnete auch mal ordentlich.

Zu meinem Feierabend aber hatte es aufgehört: Ich kam trocken heim, unterwegs kaufte ich beim Verdi Süpermarket eine Runde Obst. Hinter der Kasse stand ein mir bislang unbekannter Herr (ich hatte aber schon lange nicht mehr hier eingekauft), der allerdings routiniert und gut eingearbeitet wirkte. Nur als er an meine süße Zwiebel kam, stutzte er. Ich erklärte: “Das ist eine von den süßen”, hatte aber nicht auf den Preis geachtet (welch Privileg Lebensmittel einzukaufen, ohne auf die Preise achten zu müssen). Herr Kassier zückte seine Handy und begann in einer Foto-Bibliothek zu blättern: Ich sah, dass er die Regale des Ladens ausschnittweise abfotografiert hatte, alle und mit vielen, vielen Einzelbildern. Bald hatte er den erforderlichen Ausschnitt des vielfältig bestückten Zwiebel-Regals gefunden und gab den Preis meiner Zwiebel in die Kassenwaage ein. Ich fand das ausgesprochen findig und war sehr beeindruckt.

Daheim ein paar Häuslichkeiten, dann Yoga-Gymnastik: Viel Dehnen, fast nur Hüfte, eher schmerzhaft, deshalb anstrengend – und im Schneidersitz hindern mich meine ersten drei miteinander und mit der Hüfte verwachsenen Wirbel sehr daran, mit geradem Rücken weit nach vorne zu dehnen.

Für eine Cocktail-Verabredung am Freitag reserviert, einen Sound-of-music-Samstagnachmittag mit Bruder-Familie festgezurrt, eine Geburtstagseinladung Anfang Dezember angenommmen (wenn diesmal Wetter und Bahn bitte nicht spönnen?).

Zum Abendessen hatte Herr Kaltmamsell Tom Kha Gai gekocht (weil ein Rest Kokosmilch weg musste), gute Suppe. Zum Nachtisch gab es restliches Apple Crisp und Schokolade.

§

Edmund de Waal hatte ich als Autor des wundervollen Buchs The Hare with the Amber Eyes kennengelernt, wusste daraus auch, dass er eigentlich vor allem Keramik-Künstler ist. Erst vor Kurzem wurde ich auf seinen instagram-Account aufmerksam – und ich empfehle ihn sehr weiter, gucken Sie zum Beispiel mal hier, in dieser Bilderserie stellt er vor: Ein “palimpsest of a building- an early eighteenth century Huguenot silk weavers house, a synagogue, a meeting hall for the Jewish community of Spitalfields, a workshop for generations of people, lieu de mémoire, an archive”. (Und er kann halt auch noch schreiben.)

die Kaltmamsell

3 Kommentare zu „Journal Montag, 14. Oktober 2024 – Montagmittagsbesuch“

  1. nochEinGlasWein meint:

    “wenn diesmal Wetter und Bahn bitte nicht spönnen?”
    Konjuktiv II, sehr schön, vor allem als irrealis (fürchte ich)

  2. Anne Rüsing meint:

    Ach, wäre doch die “Kaffirlimette” im verlinkten Rezept auch irreal …

    Meine innere Oberlehrerin fuchtelt mit dem Zeigestock: Als Kaffir oder Kaffer wurden ursprünglich Nicht-Muslime bezeichnet, anschliessend wurde der Begriff Kāfir von Europäern später in rassistischer Weise für die in Südafrika lebenden Xhosa verwendet (englische Form Kaffir, eingedeutscht Kaffern). Dieses Wort wird oft auch von Muslimen generalisierend für Nichtmuslime oder für Muslime heterodoxer Glaubensrichtungen verwendet und gilt seit dem Erlass des türkischen Sultans von 1856 als herabwürdigend (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/K%C4%81fir; eine weitere Etymologie findet sich hier: https://www.duden.de/rechtschreibung/Kaffer_Trottel_Narr, in beiden Fällen steht fest, dass der Begriff problematisch ist).

    Die Pflanze trägt auch den unproblematischen Namen Makrut-Limette (https://www.adamah.at/Produktdetailseite/Makrutlimette_67930).

    Es wäre wünschenswert, wenn diese Bezeichnung überhandnähme und die «Kaffirlimette» dorthin schickte, wo alle rassistischen Bezeichnungen hingehören …

    Herzlich
    a

  3. Anne meint:

    Den kleinen Hasen mit den Bernsteinaugen und die anderen Netsuke konnte ich im Frühjahr in Wien bestaunen, sie sind als Dauerleihgabe im Jüdischen Museum am Judenplatz.
    Davor steht erst seit 2000 das Mahnmal für die österreichischen Opfer der Shoah, die “Namenlose Bibliothek” (ein großer, sandsteinfarbener Betonquader, gestaltet mit nicht zu öffnenden Türen und Regalen, auf denen Bücher mit den Rücken nach innen stehen – verlorenes Leben und Wissen…).
    Dieses Denk-Mal empfand ich viel ‘dezenter’ als das in Berlin, und doch gab es auch hier vorab Proteste (“ja, aber das klassizistische Ensemble des Platzes, wie sieht das denn aus…”, Video im Museum).
    *seufz*

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