Journal Freitag, 13. Dezember 2024 – Die Geschichte meines Nudelholzes
Samstag, 14. Dezember 2024 um 7:24Einen eigenen Haushalt führe ich, seit ich gerade 19 geworden war. Zu meinen ersten Anschaffungen dafür gehörte ein Handrührgerät (KRUPPSCH – besitze ich noch heute, riecht bei Einsatz manchmal ein wenig nach verbranntem Gummi, tut aber eisern seinen Dienst) sowie ein Bügeleisen samt Bügelbrett (ich komme aus einer Bügelfamilie, it’s cultural). Zu den am längsten genutzten Gegenständen in meinem Haushalt gehört fast 40 Jahre später auch dieses Nudelholz.
Erst neulich fiel mir seine Geschichte ein, nämlich als ich es zum Stollenbacken benutzte (meiner wird gefaltet und nicht etwas in einer Form gebacken): Es ist das Geschenk meines damaligen Freundes, als ich 20/21 war. Wir hatten uns als Volontär/Volontärin derselben Regionalzeitung kennengelernt, und der Herr war sensationell unpünktlich. Als er mal wieder Stunden später als vereinbart bei mir klingelte, öffnete ich die Tür, und er hielt mir vorsichtig ein eigens dafür gekauftes Nudelholz hin: Damit ich bei der nächsten solchen Gelegenheit dieses drohend erhoben hinter der Tür stehen konnte. Ich musste sehr lachen, es hatte seinen Zweck erfüllt.
Auch fiel mir ein, dass man diesen Scherz vermutlich heute nicht mehr machen könnte, weil die Witzbildchen von der Ehefrau, die hinter der Wohnungstür mit erhobenem Nudelholz auf ihren (betrunkenen?) Ehemann wartet, ausgestorben sind. Hurra.
Den Fehler im Holz enteckte ich erst beim Abstreifen der Papp-Umhüllung – ich finde ihn sehr schön.
§
Mittelguter Schlaf, bei Weckerklingeln wäre ich gerne noch liegen geblieben.
Der Morgen hielt sich nicht lang mit Hellwerden auf: Auf halber Strecke blieb es bei düsterem Grau. So neblig-hochneblig blieb es, in dieser Woche ein weiterer Düsterkeitsrekord.
Ich war den Vormittag über fleißig – wie viel mehr sich das so anfühlt, wenn ich geordnet Dinge abarbeiten kann, als wenn ich Querschüssen hinterher hechte.
Schöne Nachrichten aus dem Freundeskreis, ein Wiedersehen wurde in die Wege geleitet.
Mittagscappuccino beim Nachbarn.
Wieder spätes Mittagessen – aber diesmal, weil ich einen Job vorher abschließen wollte (und eh keinen Appetit hatte): Apfel aus Ernteanteil (köstlich), Pumpernickel mit Butter.
Emsiger Nachmittag. Da ich es nicht zu spät werden lassen wollte, nahm ich mich zusammen und machte Tempo. Als ich gerade guten Mut gewann, erwischte mich noch ein Auftrag – zwar mit Deadline erst in ein paar Wochen, doch zufällig in genau der Woche, die ich mir eigentlich frei nehmen wollte (einfach so mal für reines Nichtstun), und mit beträchtlichem Arbeitsumfang, den ich leider sofort absehen konnte. Andere gewinnen aus Berufserfahrung Gelassenheit, bei mir führt sie zu einem reflexartigen Blick für die involvierten Tasks und Unter-Tasks, die eine Aufgabe für mich bedeutet; und die fast immer deutlich mehr sind, als die Auftraggebenden denken. Nein: Ich kann nicht delegieren, ich bin bereits das letzte Glied der Delegier-Kette.
Es trat der Dementoren-Effekt meines Arbeitslebens ein, ohne Lebenswillen machte ich mich auf den Heimweg. Vorm Bürohaus wieder der Amslerich mit Revier-Koloraturgesang – der spinnt. Kurze Drogerie-Einkäufe.
Daheim bellte ich Herrn Kaltmamsell nur kurz an, der mir dann erstmal auswich. Plätzchenbacken (die Schneeflocken), zum Glück machte ich nichts richtig kaputt in meiner Laune. Aber der Teig war zu weich und klebte (ich wusste, dass er direkt aus dem Kühlschrank zu hart sein würde und hatte ihn bereits morgens rausgestellt, das war falsch), die Plätzchen wurden zu flach.
Yoga-Gymnastik brachte zwar keine innere Entspannung, stoppte aber zumindest das Rutschen in immer düstereres Befinden. Nächstes Mittel: Alkohol.
Dieser Manhattan perfect hatte eine große Verantwortung: Er musste eine Dementoren-Woche in der Arbeit gutmachen. Funktionierte ein wenig.
Das Nachtmahl servierte Herr Kaltmamsell zweigängig: Zunächst Jalapeños mit Frischkäse-Füllung aus dem Ofen (super und gerade nicht zu scharf), dann Ernteanteil-Spinat mit Entrecôte.
Dazu öffnete ich einen Würtemberger Lemberger/Merlot Weinkonvent Dürrenzimmern, schmeckte mir immer noch so gut, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Nachtisch Schokolade.
Schließlich machten wir die Küche ein bisschen kaputt: Der schwere Bräter, der auf dem Abtropfgitter neben der Spüle lag (unterschiedliche Auffassungen: für manche – Herrn Kaltmamsell – ist das ein Abtrockengitter, für mich ein Abtropfgitter), rutschte lärmend auf den Boden. Sprung im Bräter, Schramme im Boden. Vielleicht ist noch ein Slot im Brief ans Christkindl frei.
§
Diese Woche kam mal wieder die Idee eines Altersheims für Blogschaffende auf, in diesem Fall eine Villa Buddenbohm nach dem Vorbild der Villa Verdi. Auf Mastodon wurde die Idee weitergesponnen: Die einen beantragten Aufnahme, die anderen träumten von guter Gesellschaft, Leseabenden, gemeinsamen Essen.
Oh ja, die Vorstellung eines Bloghauses gefällt mir. Ich wiederum beantrage einen eigenen Flügel für die vielen Menschenscheuen unter uns, der nur mit expliziter Einladung betreten werden darf, und von dessen Einwohnerschaft Abwesenheit bei Geselligkeiten vorausgesetzt wird (manchmal schaffen sie es ja doch).
die Kaltmamsell4 Kommentare zu „Journal Freitag, 13. Dezember 2024 – Die Geschichte meines Nudelholzes“
Beifall spenden: (Unterlassen Sie bitte Gesundheitstipps. Ich werde sonst sehr böse.)
Sie möchten gerne einen Kommentar hinterlassen, scheuen aber die Mühe einer Formulierung? Dann nutzen Sie doch den KOMMENTAROMAT! Ein Klick auf einen der Buttons unten trägt automatisch die gewählte Reaktion in das Kommentarfeld ein, Sternchen darüber und darunter kennzeichnen den Text als KOMMENTAROMAT-generiert. Sie müssen nur noch die Pflichtfelder "Name" und "E-Mail" ausfüllen und den Kommentar abschicken.
14. Dezember 2024 um 8:14
Oh nein, der Bräter?
Doch nicht das handgeschmiedete Wunderstück im Wert eines …äh… sehr teueren Gegenstandes?
14. Dezember 2024 um 8:28
Nein, nein, Bleistifterin, der Alltagsbräter, der nicht nur für stundenlange Schmorgerichte im Ofen eingesetzt wird.
14. Dezember 2024 um 11:19
Die Nudelholzgeschichte! Solche Erzählungen liebe ich!
Vor drei Jahren musste ich mein erstes Rührgerät (auch Krups, von Mutti geerbt) in den Ruhestand schicken. Zu Weihnachten gab’s ein neues.
14. Dezember 2024 um 12:18
Abtropfgitter und Wellholz.
Eine schöne Geschichte ist das.
Und es tut mir Leid, dass sie Dich mit Arbeit zuschmeißen, und das am Ende der Woche.